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Regenwasser mit Unterdruck ableiten

Inhalt

Bei der Erweiterung eines Logistikzentrums mit einer Leichtbau-Flachdachkonstruktion aus Trapezblech setzten Bauherr und Planungsverantwortliche auf ein Unterdruck-Dachentwässerungssystem. Zu den räumlichen Anforderungen an das Industrie-Hallengebäude zählte eine optimale Raumausnutzung für die Hochregallagerplätze, sodass sich der Platzbedarf für gebäudetechnische Installationen im Dachbereich sowie entlang der Hallenwände auf ein notwendiges Minimum beschränken sollte. Für die Berechnung und Materialermittlung des eingesetzten Dachentwässerungssystems waren zunächst folgende Gegebenheiten zu ermitteln:

  • die zu entwässernde Dachfläche,
  • Art und Aufbau der Flachdachkonstruktion mit der Lage der Entwässerungsebene,
  • Rohrleitungsführung und -längen der Entwässerungsleitungen,
  • die Höhe von der Entwässerungsebene bis zum Grundleitungsanschluss,
  • Lage und Anzahl der Grundleitungsanschlüsse als Übergang in die Freispiegelentwässerung.

Im Gegensatz zur konventionellen Freispiegel-Dachentwässerung wird beim Prinzip der Druckströmung eine planmäßige Vollfüllung der Rohrleitung angestrebt. Durch die vergleichsweise kleinen Rohrquerschnitte und hohe Fließgeschwindigkeiten erfolgt bei Vollfüllung ein „Absaugen“ des Regenwassers von der Dachfläche in den Ablauf. Eine Funktionsscheibe in den Dachwassereinläufen verhindert ab einer Anstauhöhe von 10 mm den Lufteintritt, um das Wirkungsprinzip der Druckströmung zu unterstützen. Richtungsänderungen und Abzweigungen werden strömungsgünstig mit 45°-Bogen ausgeführt. Im Leitungsinneren entsteht durch die Vollfüllung und die hohen Fließgeschwindigkeiten ( 0,5 m/s) ein Selbstreinigungseffekt. Bei geringeren Niederschlagsmengen arbeitet das Dachentwässerungssystem wie eine konventionelle Freispiegelentwässerung.

Auswahl des Dacheinlaufs

Einer der ersten Planungsschritte ist, den passenden Dachwassereinlauf für die jeweilige Dachkonstruktion und -abdichtung zu bestimmen. Die Art der Flachdachkonstruktion entscheidet über die Einbausituation und die Lage der Abdichtungsanschlüsse, da sich die wasserführende Ebene je nach Flachdachart in unterschiedlichen Lagen befindet.

Für die hydraulische Dimensionierung (geodätische Druckhöhe und Druckverluste aus Rohrreibung und Einzelwiderständen) standen verschiedene Höhen zwischen 12,8 m und 31,2 m zwischen der jeweiligen Entwässerungsebene und den Grundleitungsanschlüssen zur Verfügung. Die projektspezifische Berechnung für die zu entwässernde, ca. 20 000 m² große Dachfläche ergab die Anzahl von insgesamt 140 Dachwassereinläufen (davon 65 Einläufe für die Notentwässerung) mit Ablaufleistungen von 4,7 l/s bis 12 l/s (Bild 1). Eine EPDM-Flanschdichtung gewährleistet den Anschluss an die Flachdachabdichtung. Ablaufkörper und Rohranschluss bestehen aus PE, so dass der Anschluss an die Entwässerungsleitungen ohne Werkstoffübergang erfolgt.

Waagrechte Leitungsverlegung vereinfacht Montage

Die Verlegung der PE-Entwässerungsleitungen erfolgt bei Druckströmungs-Dachentwässerungssystemen nach der Wasserwaage. Damit entfällt das ansonsten nötige Ausrichten des Gefälles. Das geringere Rohrgewicht reduziert die Gewichtsbelastung der Dachkonstruktion. Zudem eignen sich die PE-Rohre besonders für die Anforderungen in Industriegebäuden, weil das Rohrmaterial auch gegen chemische Einflüsse und hohe Temperaturen beständig ist.

Bereits in der Planung entschärft die Unterdruck-Dachentwässerung die möglichen Kollisionen unterschiedlicher Gebäudetechnik-Installationen. Denn der Installationsraum unter dem Dach ist gerade in gewerblichen Hallengebäuden kostbar – neben der Dachentwässerung müssen dort auch Lüftungskanäle, Elektroverteilungen und Leuchten, Deckenheizgeräte oder Deckenstrahlplatten, Dachventilatoren und andere Installationen Platz finden. Die Kreuzungspunkte treten oft erst in der Ausführung zutage – zum Beispiel dann, wenn die Entwässerungsleitung am oberen Punkt beim ersten Dachwassereinlauf noch problemlos die Sprinklerleitung kreuzt, aber bedingt durch das Gefälle an anderer Stelle ein Kollisionspunkt mit dieser Leitung entsteht (Bild 2).

Tragsystem reduziert Einzelbefestigungen

Zu den Komponenten für die Unterdruck-Dachentwässerung gehört das Befestigungssystem, dessen Basiselement, wie bei der Regenwasserableitung Geberit Pluvia, eine Vierkantrohr-Tragschiene ist. Die einfache Aufhängung an der Tragschiene sorgt für eine Unabhängigkeit von geeigneten Befestigungspunkten. Mit Befestigungsabständen bis maximal 2,5 m eignet sich das Befestigungssystem vor allem für Leichtbaudächer, die beispielsweise aus einer Trapezblechkonstruktion bestehen (Bild 3). Die Systembefestigung ermöglicht sowohl eine starre Montage mit Fixpunktrohrschellen als auch Gleitbefestigungen. Die durch die Längenausdehnung der PE-Rohre entstehenden Kräfte können durch konventionelle starre Montage kompensiert beziehungsweise durch den Einsatz von Langmuffen oder durch die Ausbildung von Biegeschenkeln aufgenommen werden.

Reduzierte Anzahl an Fallleitungen

Das Prinzip der Dachentwässerung mittels Druckströmung bietet für den Gebäudeeigentümer die Vorteile, dass die Entwässerungsleitungen im Dachbereich horizontal verlegt werden, somit weniger Aufbauhöhe beanspruchen und zudem eine geringere Anzahl von senkrechten Fallleitungen der Ausnutzung der Gesamtnutzfläche zugutekommt. Dies wirkt sich auch auf die Rohbaukosten aus, da unter der Fundamentplatte weniger Grundleitungen zu verlegen sind. Die waagrechte Leitungsführung erlaubt zudem längere Leitungsstrecken, sodass die Grundleitungsanschlüsse an den Außenwänden angeordnet werden konnten und damit keine Fallleitungen im mittleren Hallenbereich nötig waren. Die gesamte Dachentwässerungsanlage des Logistikzentrums verteilt sich auf 13 Fallleitungen (Bild 4). Die Notentwässerung wurde ebenfalls als innenliegende Entwässerung ausgeführt, die trotz der Gebäudegeometrie mit unterschiedlichen Höhen auf 10 Fallleitungen begrenzt werden konnte.

Fazit

Die Systemunterschiede und Vorteile zeigen sich vor allem im Inneren des Gebäudes: Die Unterdruck-Dachentwässerung arbeitet mit kleineren Rohrquerschnitten und benötigt weniger Fallleitungen und damit auch weniger Grundleitungsanschlüsse als konventionelle Dachentwässerungen. Durch die Verlegung ohne Gefälle sind die Kreuzungspunkte mit anderen gebäudetechnischen Installationen unter dem Dach einfacher planbar. So eröffnen sich mehr Gestaltungsmöglichkeiten und der vorhandene Raum kann besser genutzt werden. Weitere Infos zum Thema unter

www.geberit.de

Info

Unterdruck-Dachentwässerung – Prinzip und allgemeine Grundlagen

Flachdachkonstruktionen: Als Flachdächer werden Dachkonstruktionen mit einer Gefälleneigung von weniger als 5° bezeichnet. Zum Schutz des Bauwerks vor Niederschlagswasser dient eine Dachabdichtung aus Bitumen-, Kunststoff- oder Elastomerwerkstoffen. Für Flachdächer ist eine zuverlässige Entwässerung von Bedeutung – auch weil die Statik oft größere Spannweiten vorsieht und hohe Lasten durch das angestaute Wasser auftreten können (Bild 5).

Ablaufpunkte: Die Lage der Entwässerungspunkte und damit die Einbauorte von Dachwassereinläufen orientieren sich an einem linearen Tiefpunkt, der im Regelfall entlang der Attika verläuft. Sind diese Tiefpunkte aufgrund der Dachgeometrie vorgegeben, ist zusätzlich zur Hauptentwässerung auch eine Notentwässerung einzuplanen. Die Flachdachentwässerung wird überwiegend als innen liegende Entwässerung ausgeführt; die Notentwässerung kann als innen liegende Entwässerung oder mittels Gebäudedurchdringungen durch die Außenwand (Speier) ausgeführt werden.

Zur Planung der Flachdachentwässerung wird die Geometrie des Flachdachgrundrisses zunächst in mehrere Teildachflächen unterteilt, die jeweils über eine bestimmte Anzahl von Dachwassereinläufen entwässert wird. Grundlage ist die DIN EN 12056 Teil 3 in Verbindung mit der nationalen Ergänzungsnorm DIN 1986-100.

Vollfüllung + Wassersäule = Druckströmung: Flachdachentwässerungen können als konventionelle Freispiegelentwässerung oder als hydraulisches Druckströmungssystem (Unterdruckentwässerung) ausgeführt werden. Die Unterdruck-Dachentwässerung wird als planmäßig vollgefülltes System betrieben, bei dem die Ableitung des Regenwassers als Druckströmung erfolgt. Genutzt wird hierbei die Wassersäule im senkrechten Teil des Entwässerungssystems. Damit der nötige Unterdruck zustande kommt, ist eine Mindesthöhe zwischen der Dachentwässerungsebene und dem Übergang in eine Freispiegelentwässerungsleitung (im Regelfall der Grundleitungsanschluss) erforderlich.

Geringere Anzahl an Fallleitungen: Die einzelnen Sammelleitungen der Unterdruck-Dachentwässerung werden in einer gemeinsamen Fallleitung zusammengeführt. Über eine Fallleitung können bis zu 5000 m² Dachfläche entwässert werden. Damit verringert sich im Vergleich zu konventioneller Dachentwässerung auch die Anzahl der benötigten Kanal-Grundleitungsanschlüsse.

Dimensionierung nach hydraulischer Berechnung: Eine Unterdruck-Dachentwässerung wird mit einem hydraulischen Berechnungsverfahren dimensioniert. Erforderlich sind dazu konkrete Planungsdaten für die abzuleitenden Regenwassermengen, für die Rohrleitungsführung und die hydraulischen Höhen. Änderungen an der ursprünglichen Planung erfordern auch eine Neuberechnung der projektspezifischen Dimensionierung.