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Barrierefreiheit attraktiv umgesetzt

Inhalt
  • Die Herausforderung: in einem verschachtelten Altbau barrierefreie Sanitärbereiche unterzubringen.
  • Ein durchgängiges Farb­konzept über alle Räume ­hinweg erleichtert die ­Orientierung.
  • In einem farbigen Mosaik­streifen angeordnet finden sich alle wichtigen Funktionen ­wieder: Schalter, Bedienelemente und Armaturen.
  • Die WC-Spülung wurde an ­einem anderen Platz ­installiert, um für mobil ein­geschränkte Personen bessere Erreichbarkeit zu gewährleisten.
  • Aufsatz- und Halbeinbaubecken bieten am Waschtisch zwei Nutzerebenen an.
  • Für die Handbrause ist eine gesonderte Halterung ­deutlich weiter unten im Dusch­bereich vorgesehen.
  • Vor einigen Jahren wurde im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg eines der letzten alten Mietshäuser modernisiert. Die Mietergenossenschaft Selbstbau e.G. hatte das Gründerzeitgebäude übernommen. Mithilfe umfangreicher Förderung, u. a. von zwei Bundesministerien, konnte hier bezahlbarer Wohnraum für alte und neue Bewohner und Bewohnerinnen erhalten werden. Dazu kam der Anspruch, generationsübergreifend, altersgerecht und barrierefrei zu planen und zu sanieren. Gemeinschaftliches Wohnen und nachbarschaftliche Hilfe standen im Vordergrund.

    Im gesamten Projekt wurde selbstverständlich auf genügend Bewegungsfreiheit und schwellenlose Böden geachtet.

    Im gesamten Projekt wurde selbstverständlich auf genügend Bewegungsfreiheit und schwellenlose Böden geachtet.

    Zusätzlich zum aufwendigen Gesamtumbau, geplant und begleitet vom Architekten ­Woo-Jung Son (ai3-Architekten), entstand im Erdgeschoss eine Musterwohnung mit angeschlossenem Veranstaltungsraum als Ergebnis eines Gestaltungswettbewerbs. Diesen konnte unser Büro „raumdeuter“ für sich entscheiden. Die Herausforderung war, in der recht dunklen und kleinteiligen Fläche alle Funktionen mit genügend Bewegungsraum, regelkonform und mit gastlicher Atmosphäre unterzubringen. Diese Räume sind nicht nur Vorzeigeobjekt für eine attraktive barrierefreie Ausstattung, sondern werden von der Hausgemeinschaft und ihren Gästen bis heute aktiv und gern genutzt.

    Aber: Was bedeutet nun barrierefreies Bauen für alle, insbesondere im Sanitärbereich? Im gesamten Projekt wurde selbstverständlich auf genügend Bewegungsfreiheit und schwellenlose Böden geachtet. Während in den Wohnbereichen pflegeleichter Kautschuk verlegt wurde, ist die Farbgebung passend zum Konzept als Fliesenbelag in Küchenbereich und Bädern fortgeführt. Durch die gleiche Farbgebung in allen Räumen erscheint die Musterwohnung als fließende Einheit.

    Zudem werden starke Kontraste vermieden, die von manchen Personen mit Sehbeeinträchtigung oder psychischen Einschränkungen als Stufe oder Höhenwechsel (und somit nicht vorhandene, irritierende Stolperfalle) wahrgenommen werden könnten. Aus dem gleichen Grund wurde eine spiegelnde, glänzende Oberfläche ausgeschlossen. Die Rutschfestigkeit wird im Duschbereich durch den Wechsel ins Mosaikformat zusätzlich verstärkt.

    Sehbeeinträchtigungen spielten auch bei der Entscheidung für die Wandgestaltung eine Rolle. In der gesamten Wohnung ist ein kontrastreicher farbiger Wandstreifen angelegt, auf dem wichtige Schalter, Bedienelemente und Armaturen angeordnet sind. So wird die Orientierung im Raum erleichtert. Dieser Streifen zieht sich als farbiger Mosaikstreifen auch bis in Bad und WC und hebt sich von dem warmen und wohnlichen, dabei aber hellen Beige der Wandfliesen ab.

    Die Rutschfestigkeit wird im Duschbereich durch den Wechsel ins Mosaikformat zusätzlich verstärkt.

    Bild: Thomas Imo/ photothek.net

    Die Rutschfestigkeit wird im Duschbereich durch den Wechsel ins Mosaikformat zusätzlich verstärkt.

    Der Zugang zum Hauptbad wurde mit einer Schiebetür im Systembausatz umgesetzt. Um den Wandfliesen auch bei Erschütterungen durch die Nutzung einen gewissen Bewegungsspielraum zu lassen, ist ein kleineres Fliesenformat angeraten. So setzt sich die beige Wandfarbe hier als Mosaik fort.

    Während der Detaillierung der Planung wurde gemeinsam mit den Auftraggebern entschieden, die Ausstattung möglichst niedrigschwellig und unkompliziert zu halten. Es wurde auf technische Demonstrationen etwa von elektrisch höhenverstellbaren Waschtischen oder gar verfahrbaren WCs verzichtet. Das WC ist klassisch mit ästhetisch ansprechenden Haltegriffen angelegt (die von Besuchern ggf. auch profan als Handtuchhalter verwendet werden können), die Bedienung wird – wie weitgehend üblich – durch einen gesonderten Spültaster in Reichweite erleichtert.

    Der Waschtisch erhielt dagegen eine individuelle Planung: Die Platte aus Mineralwerkstoff liegt auf einer Seite auf einer Konsole auf, die ebenfalls als Handtuchhalter genutzt werden kann. Durch die Verwendung eines Aufsatz- und eines Halbeinbaubeckens entstehen automatisch zwei Höhen, sodass Personen im Rollstuhl, kleine Menschen und Kinder das eine, alle anderen das andere Becken nutzen können. Das Schränkchen aus Bambus führt das Materialkonzept der gesamten Wohnung fort; die großen, weißen Möbelgriffe unterstützen wiederum Erkennbarkeit und leichte Handhabung. Der Spiegel des Badschrankes ist nach unten gezogen, um auch sitzenden Personen den prüfenden Blick zu gewährleisten.

    Ebenso universell ist die geflieste Sitzbank im Duschbereich. Sie entspricht dem Wunsch, zeitweise bei der Körperpflege sitzen zu können, etwa beim Füßewaschen. Und: Ist es nicht praktisch, kleine Kinder auf der Bank sitzen oder stehen zu lassen, wenn man ihnen beim Waschen hilft? So ist diese Bank nicht nur für Pflegebedürftige sinnvoll und sieht vor allem in Verbindung mit dem Farbverlauf des Wandmosaiks auch noch richtig gut aus.

    Besondere Aufmerksamkeit sollte man den Armaturen schenken. In diesem Fall bietet die Dusche eine erreichbare Halterung für den Duschkopf, integrierte Haltegriffe und eine gut lesbare und leicht bedienbare Druckbetätigung. Armaturen mit Mischhebeln und Temperaturbegrenzung für die Sicherheit erleichtern den Alltag nicht nur für Kinder, sondern auch Menschen mit Arthritis und Rheuma oder sehbeeinträchtigte Personen.

    Für gute und blendfreie Ausleuchtung im Raum sorgen Decken- und Spiegelleuchten mit satiniertem Glas. Ein interessantes Detail: Der barrierefrei gestaltete WC-Bürsten-Halter soll laut Hersteller die Greifbarkeit der Bürste erleichtern.

    Fazit: Auch in einem verschachtelten Altbau lassen sich mit individueller Planung ansprechende und gleichzeitig barrierefreie Sanitärbereiche umsetzen! Gestaltung für alle bezieht dabei vielfältige, individuelle Anforderungen und Bedürfnisse ein.

    In der gesamten Wohnung ist ein kontrastreicher farbiger Wandstreifen angelegt, auf dem wichtige Schalter, Bedien­elemente und Armaturen angeordnet sind.

    Bild: Thomas Imo / phototek.net

    In der gesamten Wohnung ist ein kontrastreicher farbiger Wandstreifen angelegt, auf dem wichtige Schalter, Bedien­elemente und Armaturen angeordnet sind.
    Durch die Verwendung eines Aufsatz- und eines Halbeinbaubeckens entstehen zwei Höhen, sodass Personen im Rollstuhl, kleine Menschen und Kinder das eine, alle anderen das andere Becken nutzen können.

    Bild: Thomas Imo / photothek.net

    Durch die Verwendung eines Aufsatz- und eines Halbeinbaubeckens entstehen zwei Höhen, sodass Personen im Rollstuhl, kleine Menschen und Kinder das eine, alle anderen das andere Becken nutzen können.
    Wie auch im Gäste-WC setzt sich das Gestaltungskonzept in der gesamten Musterwohnung fort.

    Bild: Thomas Imo / phototek.net

    Wie auch im Gäste-WC setzt sich das Gestaltungskonzept in der gesamten Musterwohnung fort.

    Produkte und Hersteller

    Unter anderem Produkte dieser Hersteller wurden bei dem Projekt verwendet:

  • Bodenfliesen: Atala
  • Mosaik: Jasba
  • Armaturen: Hansgrohe
  • WC-Bürste: FSB
  • Leuchten: Glashütte
  • Die Musterwohnung der Selbstbau e.G. in Berlin und das vorgestellte Vorzeigebad können besichtigt werden. Weitere Auskünfte gibt Daniela Herr, Kontakt: info@sredzki44.de.

    Autorin

    Inga Ganzer
    (Dr. phil. Dipl.-Ing.) ist Geschäftsführerin bei „raumdeuter GbR Planungsbüro für Innenarchitektur“ mit Sitz in Berlin.

    Bild: Finn Eidam, kowerk

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