Von den zahlreichen Fugenarten an einem Bauwerk finden sich im häuslichen Sanitärbereich üblicherweise Boden- und Wandfugen, Randfugen (am Übergang vom Boden zur Wand) sowie Anschlussfugen (zum Anschluss von Sanitärobjekten an die Wand). Während Fugen in Boden- und Wandbelägen in aller Regel zementär (erhärtend, starr) verfugt werden, kommen am Übergang vom Boden zur Wand oder aber von der Wand zu den Sanitärobjekten bevorzugt elastische Dichtstoffe zum Einsatz. Ganz einfach deshalb, weil diese Fugen die Bewegung der unterschiedlichen Bauteile auffangen können bzw. müssen. Deswegen sind diese Fugen letztlich „Bewegungsfugen“ – ihnen kommt aber eine weitere wichtige Funktion zu: Sie sollen den Untergrund vor dem Eindringen von Feuchtigkeit schützen.
Unsachgemäß ausgeführte Fugen, gerade im Duschbereich oder am Anschluss der Wanne zur Wand, gefährden über kurz oder lang die Bausubstanz. Und nicht nur das – sie gefährden auch die menschliche Gesundheit, denn sie sind besonders anfällig für Schimmelpilzbefall.
Fugen „fachgerecht“ ausführen
Das fachgerechte Ausbilden von Fugen will gelernt sein; nur dann können die einzelnen Schritte mit der erforderlichen Routine abgewickelt werden. Die geltenden Vorschriften (siehe Infokasten) beschreiben detailliert, wie eine Fuge im Sanitärbereich auszuführen ist. Sehr viel anschaulicher dargestellt werden die einzelnen Arbeitsschritte jedoch in dem neuen Schulungsvideo von
Otto-Chemie. Mithilfe der detaillierten Schritt-für-Schritt-Anleitungen können Sanitärhandwerker ihre Arbeitsweise optimieren. Die Videoaufnahmen helfen zudem, Sprachbarrieren zu überwinden.
„Geeignete“ Dichtstoffe wählen
Bei der Auswahl des richtigen Dichtstoffs müssen die geltenden Vorschriften und die zu erwartenden Einflüsse bzw. Belastungen beachtet werden. Im Bodenbereich ist der Dichtstoff wechselnden Schub-, Zug- und Scherkräften ausgesetzt. Dazu kommen die Belastungen durch organische Ablagerungen wie Körperpflegemittel oder Hautschuppen, chemische Reinigungsmittel und scheuernde Reinigungsgeräte.
Damit ein Dichtstoff unter diesen Bedingungen seine Funktion zuverlässig und über lange Zeit hinweg erfüllt, muss er für den Anwendungsbereich geeignet sein. Ist ein passender Dichtstoff gefunden, zeigt ein Blick in das technische Datenblatt (Normen und Prüfungen), ob die Eigenschaften des Dichtstoffs die gestellten Anforderungen erfüllen – es zu prüfen, ist unabdingbar.
Dimensionierung von Fugen
Damit ein Dichtstoff zuverlässig und langfristig seine Funktion erfüllt, muss die Fuge fachgerecht aufgebaut und angemessen dimensioniert sein. Eine gängige Faustformel lautet: Fugentiefe = halbe Fugenbreite. Präziser formuliert es das IVD-Merkblatt Nr. 3-1 „Konstruktive Ausführung und Abdichtung von Fugen in Sanitär- und Feuchträumen“. Um eine beständige Flankenhaftung herzustellen, müssen demnach bei der Ausführung einer Dreiecksfuge beide Haftflächen mindestens 6 mm breit sein. Im Fall einer Rechteckfuge ist eine Mindestfugentiefe von 5 mm einzuhalten.
Grundsätzlich ist bei der Berechnung der Fugenbreite zu berücksichtigen, dass die erforderliche Gesamtverformung des Dichtstoffs nicht größer sein darf als die zulässige Gesamtverformung des verwendeten Dichtstoffs an sich. Bei hochwertigen Sanitärdichtstoffen beträgt dieser Wert maximal 25 %, bezogen auf die Fugenbreite. Zur Verdeutlichung: Selbst bei fachgerechter Ausführung mit einem Premium-Fugendicht-Silikon wie „Ottoseal S 100“, welches ca. 25 % zulässige Gesamtverformung aufweist, entspricht dies bei einer Fugenbreite von 10 mm einer maximalen Dehnung von nur 2,5 mm. Das zeigt ganz deutlich, wie wichtig es ist, bereits im Vorfeld alle Maßnahmen zu ergreifen, die zuverlässig ein Abreißen des Dichtstoffs vermeiden.
Dreiflankenhaftung verhindern
Zu diesen Maßnahmen zählt es, den Kontakt des Dichtstoffs zur dritten Flanke (die sogenannte Dreiflankenhaftung) zu verhindern. Dies wird durch die Verwendung einer entsprechend dimensionierten PE-Rundschnur sichergestellt. Ohne Rundschnur wird der Dichtstoff ins Leere gedrückt! Durch den fehlenden Rückhalt kann keine einheitliche Fugenform gebildet werden und es entstehen Risse.
Darüber hinaus entkoppelt eine Rundschnur den Untergrund und verhindert so, dass der Dichtstoff mit noch nicht komplett erhärtetem Fliesenkleber in Kontakt kommt; das kann in gewissen Fällen, z. B. bei Dichtstoffen auf Acetatbasis, zu Problemen führen.
Anschlussfugen im Spritzwasserbereich
Unabdingbare Voraussetzung für eine zuverlässig dichte Anschlussfuge von Dusch- und Badewannen zur Wand ist die feste und sichere Lagerung der Sanitärobjekte. Für Anschlussfugen im Spritzwasserbereich sind grundsätzlich eine Primär- und eine Sekundärdichtung vorzusehen. Die Primärdichtung ist die nicht sichtbare Dichtung zwischen Wannenrand und Beplankungsebene. Sie kann mit elastischen Materialien, Profilen, Schaumstoffdichtbändern o. Ä. ausgeführt werden. Die Sekundärdichtung ist die sichtbare Dichtstofffuge zwischen Wannenrand und Fliese.
Das Ausbringen des Dichtstoffs
Es hängt von der Düsenform ab, in welchem Winkel die Düse angesetzt wird: Ist sie sehr gerade, ist der Winkel eher steil zu wählen, wurde die Düse schräg abgeschnitten, ist der Winkel eher flach zu wählen. Während des Aufbringens sollte der Dichtstoff mit dem hinteren Rand der Düse gleichauf sein. Sieht man den Dichtstoff nicht, wird zu wenig eingebracht; wird zu viel Dichtstoff ausgepresst, quillt er auf der anderen Seite wieder heraus.
Grundsätzlich sollte man nur so viel Fugendichtstoff ausbringen, wie man in 10 Minuten glätten kann, da die meisten Fugendichtstoffe über eine Hautbildungszeit von eben 10 Minuten verfügen. Danach ist ein einwandfreies Glätten nicht mehr möglich.
Glätten der Dichtstoffoberfläche
Das Glättmittel selbst muss auf den Dichtstoff abgestimmt sein; Informationen hierzu finden sich ebenfalls in den technischen Datenblättern der Hersteller. Wird stattdessen ein Spülmittel hergenommen, können die darin verwendeten Tenside Bestandteile aus der Dichtstoffoberfläche herauslösen und (insbesondere bei empfindlichen Natursteinen) zu Fleckbildung führen.
Beim Abziehen des Dichtstoffs ist darauf zu achten, dass eine absolut plane Oberfläche entsteht. Das gewährleisten nur eigens dafür konzipierte Kunststoffspatel. Wird stattdessen ein Eisstäbchen (oder gar der Daumen) hergenommen, bildet sich eine Hohlkehle, in der sich Wasser, Schmutz sowie die organischen Rückstände von Duschgel und Haushaltsreinigern ansammeln: ein geradezu optimaler Nährboden für Schimmelpilzsporen!
Erneuerung elastischer Fugen
Silikonfugen sind Wartungsfugen, das heißt, dass sie in regelmäßigen Abständen vorsorglich erneuert werden müssen. Zwar werden Sanitärsilikone vonseiten der Dichtstoffhersteller fungizid, d. h. pilzhemmend ausgerüstet, aber der Wirkstoff verbraucht sich mit der Zeit. Zum einen durch seine Wirkungsweise (also durch die Aufnahme von Schimmelpilzsporen), zum anderen durch die Feuchtigkeitsbelastung. Silikonfugen haben eine nur geringe Wärmeleitfähigkeit; innerhalb eines Flächenbelags sind sie der wärmste Teil. In Verbindung mit Feuchtigkeit und organischen Rückständen gedeihen Schimmelpilze auf der Silikonfuge am besten.
Neben dem Befall mit Schimmelpilzen gibt es weitere Gründe bzw. Schadensbilder für die Erneuerung einer Fuge. Ist der Dichtstoff gerissen, so können eine falsche Fugendimensionierung, ein Dichtstoff mit zu geringer Dehnfähigkeit oder eine Dreiflankenhaftung der Grund dafür sein.
Löst sich der Dichtstoff an einer Flanke, kann eine falsche Fugengeometrie die Ursache sein – aber auch ein zu feuchter Untergrund, ein nicht oder schlecht gereinigter Untergrund oder ein fehlender Primer können zu Haftungsverlust führen. Bei ganz gleich welchem Schaden muss zunächst die Ursache festgestellt werden. Erst dann kann entschieden werden, ob allein die Fuge erneuert werden kann oder ob bereits ein Folgeschaden entstanden ist, der weitere Sanierungsschritte erfordert.
Besonderheit: Anschlussfugen an Sanitäracryl
Mit Dusch- und Badewannen aus Sanitäracryl hielt ein neuer Werkstoff Einzug in das Badezimmer. Was bei immer mehr Bauherrn gut ankommt, ist eine große Herausforderung für die einwandfreie Abdichtung zwischen Wanne und Wand. Bade- und Duschwannen aus Sanitäracryl unterliegen sowohl thermisch als auch mechanisch höheren Belastungen als solche aus Guss, Emaille oder Keramik. Ihre Formenvielfalt bringt für den Anschluss an die Wand teilweise ungünstige Randausbildungen mit sich. Darüber hinaus verhindert die auf dem Sanitäracryl aufgebrachte Wachsschicht – die die angenehm hautsympathische und leicht zu reinigende Oberfläche des Werkstoffs ausmacht – die sichere Haftung des Silikons. Diese Schicht muss unbedingt mit einem sanften, aber effektiven Reiniger entfernt werden. Hierzu hält die Industrie speziell formulierte Haftreiniger bereit.
Aktuelle Vorschriften
Verarbeitungsrichtlinien für Dichtstofffugen im Sanitärbereich:
Konstruktive Ausführung und Abdichtung von Fugen im Sanitärbereich und in Feuchträumen – Teil 1: Abdichtung mit spritzbaren Dichtstoffen
Konstruktive Ausführung und Abdichtung von Fugen im Sanitärbereich und in Feuchträumen – Teil 2: Abdichtung von Wannen und Duschwannen mit flexiblen Dichtbändern
Dichtstoffe und Schimmelpilzbefall
Dichtstoffe für Fugen im Sanitärbereich
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