Bei bestem Sommerwetter konnte der Obermeister der Innung Esslingen-Nürtingen, Klaus Weinmann, die aus ganz Baden-Württemberg angereisten Teilnehmer in der Zwiebelstadt Esslingen am Neckar begrüßen. „Zukunftsorientierte Entscheidungen und positive Diskussionen“ wünschte und prognostizierte er den Teilnehmern – und sollte damit recht behalten. Positives hatte der Fachverbandsvorsitzende Manfred Stather zu berichten: „Trotz der tiefsten Rezession in Baden-Württemberg ist unser Handwerksbereich aus der globalen Krise gestärkt herausgekommen.“ Die momentane Auftragslage sei einigermaßen zufriedenstellend und die Erwartungen für das weitere Jahr schätze die Berufsorganisation leicht positiv ein. Gleichwohl befürchtet das SHK-Handwerk doch, dass aufgrund der maroden Finanzsituation vieler öffentlicher Haushalte zukünftig Fördermaßnahmen weiter zurückgefahren und öffentliche Aufträge gekürzt würden. So hat die Haushaltssperre für das Marktanreizprogramm zur Förderung der erneuerbaren Energien das SHK-Handwerk schwer getroffen, bestätigte Stather. Es sei „eine Einsparung am falschen Platz“, denn die gesperrten 115 Millionen Euro würden 900 Millionen Euro Investitionen für den Bereich der erneuerbaren Energien auslösen, Arbeitsplätze im Mittelstand sichern und sich über Steuermehreinnahmen für den Staat mehr als rechnen. Vorausschauend müsse man sich bereits heute mit alternativen Ansätzen auseinandersetzen, wenn derlei „Quasi-Subventionen“ zukünftig teilweise oder ganz gestrichen würden.
Schulungskonzept für Schornsteinfeger- und SHK-Handwerk
Der Zentralverband SHK und der Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks haben Ende 2009 eine Verbändevereinbarung über ein gegenseitiges Schulungskonzept abgeschlossen. Ziel ist die Eintragung in die Handwerksrolle gemäß § 7a HwO im jeweils anderen Gewerk. Das Konzept soll in Baden-Württemberg baldmöglichst umgesetzt werden, weshalb bereits im Mai ein erstes Gespräch mit dem LIV Schornsteinfegerhandwerk Baden-Württemberg stattgefunden hat. Die Ergebnisse und die geplante Vorgehensweise präsentierte Dietmar Zahn, Geschäftsführer des Fachverbandes, den Delegierten. Demnach soll mit der Organisation und Umsetzung der Schulungsmaßnahmen „in eigener Regie“ bereits nach der Sommerpause begonnen werden, damit die Maßnahmen im Frühjahr 2011 starten können. Während der LIV Schornsteinfegerhandwerk die Schulung der SHK-Betriebe in der Schornsteinfegerschule in Ulm übernimmt, ist der Fachverband SHK Baden-Württemberg für die Weiterbildung der Schornsteinfegerbetriebe im Bereich Installateur- und Heizungsbauerhandwerk zuständig. Das Konzept für die SHK-Betriebe sieht drei Module mit 40, 96 und 216 Stunden vor, in denen es schwerpunktmäßig um die 1. BImSchV, Überprüfungs- und Messtätigkeiten an Feuerstätten und KÜO-Arbeiten gehen wird. Schornsteinfegerbetriebe, die nur im Bereich Wartung tätig sein wollen, müssen Schulungsmaßnahmen über 60 Stunden absolvieren. Diejenigen, die auch den Heizungsbau in ihr Leistungsrepertoire aufnehmen möchten, müssen rund 380 Stunden einplanen.
Konkurrenz mit Energieversorgern
Die Umsetzung der EU-Richtlinie über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen in nationales Recht hat in Deutschland für Verunsicherung gesorgt. Dietmar Zahn erörterte den Delegierten den seit März veröffentlichten zweiten Gesetzentwurf der Bundesregierung. Demnach müssen Energielieferanten bei ihren Kunden keine Maßnahmen zur Energieeffizienz durchführen. „Es besteht nur noch eine jährliche Informationspflicht der Kunden zum Beispiel über die Wirksamkeit von Energieeffizienzmaßnahmen und über deren Anbieter“, erklärte Zahn. Dennoch beobachte der Fachverband in jüngster Zeit verstärkte Aktivitäten von Energieversorgern, die direkt beim Endkunden in den Markt einsteigen wollten und damit in Konkurrenz zu den SHK-Betrieben gingen. In diesem Zusammenhang übte FV-Vorsitzender Stather scharfe Kritik an dem Vorhaben des Energieversorgers Badenova, der Kunden die Planung und den Einbau eines Mikro-Blockheizkraftwerkes als Komplettpaket zu einem Festpreis anbieten will. Bewusst gehe das Unternehmen damit in einen Wettbewerb mit den SHK-Handwerksbetrieben. „Heute in Südbaden – morgen in allen Landesteilen“, verdeutlichte Stather die Brisanz des Themas und mahnte zu Geschlossenheit: „Auf keinen Fall dürfen wir uns durch das Vorgehen der Badenova als Berufsorganisation auseinander dividieren lassen. Gerade jetzt gilt mehr denn je, dass die Innungen geschlossen auftreten müssen.“ Es müsse deutlich werden, dass die Planung, der Einbau und die Wartung von modernen, effizienten Heizgeräten ureigenste Aufgabe der SHK-Handwerksbetriebe sei.
Konkurrenz durch das Internet
Die Konkurrenzsituation der Mitgliedsbetriebe zum Internethandel lässt die Berufsorganisation ebenfalls nicht ruhen. Verbraucher würden mit Dumpingofferten diverser Online-Shops konfrontiert, so Stather, mit dem Ergebnis, dass damit die Preisdurchsetzungsprobleme zunähmen und die Betriebe nicht selten in Argumentationsnöte gerieten. Mit „nicht lamentieren, sondern agieren“ riet er den Mitgliedern zu cleveren Gegenmaßnahmen. Bei den Preisdiskussionen müsse dem Kunden stets verdeutlicht werden, dass es sich beim klassischen Internetkauf in aller Regel um einen reinen „Produktkauf“ handele, während die Beauftragung eines Fachbetriebes im Normalfall einen „Produkt-Dienstleistungs-Kauf“ mit Mehrwert darstelle. Dieser setze sich aus Beratung, Planung, Montage, Kundendienst, Gewährleistung und den eigentlichen Produkten zusammen. Stather verwies auf spezielle Verkaufstrainings sowie auf Seminare und Innungsvorträge durch den Fachverband, die den Mitgliedsbetrieben wirksame Argumentationshilfen und Lösungsansätze bieten würden.
Vom Nachwuchs- zum Fachkräftemangel
Auch wenn die problematische Nachwuchssituation keinem der Delegierten neu war, so musste das Thema angesichts der aktuellen Datenlage auf die Tagesordnung gesetzt werden. Fachverbandsvorsitzender Stather konstatierte, dass die Zahl der Lehrlinge im Jahr 2009 erneut gesunken sei. Allein in Baden-Württemberg wären rund 1000 Lehrstellen frei mit steigender Tendenz. Denn das Statistische Landesamt Baden-Württemberg gehe für das Jahr 2030 mit einem demografisch bedingten Rückgang der Schülerzahlen an Haupt- und Werkrealschulen von 28 Prozent sowie an beruflichen Schulen von 30 Prozent aus. Doch nicht nur die Demografie sei Schuld an der Misere, auch die unzureichende Ausbildungsreife vieler Schulabgänger und das Image des Handwerks trügen dazu bei. Deshalb sei ein Ziel der Berufsorganisation, dass der Erwerb von Schlüsselqualifikationen im Bildungsplan entsprechend gewichtet werde. „Über die Berufsorientierung müssen wir die Chance erhalten, als Handwerk überhaupt wahrgenommen zu werden und uns als Ausbilder mit attraktivem Karriereweg zu präsentieren“, forderte Stather.
Chancen durch die „neue“ Werkrealschule
Mit dem Start der „neuen“ Werkrealschule im kommenden Schuljahr könnten sich auch für das SHK-Handwerk Chancen ergeben, sich im Wettbewerb mit anderen Ausbildern neu zu positionieren. Immerhin werde die Werkrealschule nach den Sommerferien mit 525 Standorten an den Start gehen. Günter Hanninger, Leiter des Referats Recht und Bildung beim Fachverband, erläuterte den Delegierten die Grundzüge der Werkrealschule. Im Vergleich mit den Forderungen des Handwerks bzw. mit den für das Handwerk entscheidenden Bereichen zeigte Hanninger Maßnahmen auf, wie von der „neuen“ Werkrealschule profitiert werden kann:
- durch die Vermittlung eines attraktiven und zukunftsorientierten Bildes vom Handwerk
- durch eine Präsenz in den Klassen 5 bis 10 durch Projekte, im Unterricht und durch Werkstattbesuche
- durch gezielte Bildungspartnerschaften mit Werkrealschulen (insbesondere auch themenspezifisch im Wahlpflichtbereich)
- durch Gewinnung von Lehrkräften als Multiplikatoren für das Handwerk durch Zusammenarbeit in der Berufsorientierung
- durch gemeinsam konzipierte Unterrichtseinheiten z.B. zum Thema Klimawandel mit Bezug zum SHK-Handwerk
„Natürlich bleiben offene Fragen und Risiken“, warnte Joachim Butz, Obmann des Bildungsausschusses. „Wir wissen weder, wie die neue Werkrealschule von Eltern und Schülern angenommen wird, noch ob mehr geeignete Bewerber mit mittlerem Schulabschluss im Handwerk ankommen werden.“ Auch in welchem Ausmaß das Handwerk in der Berufsorientierungsphase berücksichtigt wird, sei noch unklar, läge jedoch auch in der Hand des SHK-Handwerks selbst. „Deshalb müssen wir jetzt schon gegensteuern, sonst kann es sein, dass die Vorteile der Werkrealschule komplett an unserem SHK-Handwerk vorbeigehen“, betonte Butz. Das größte Risiko liege darin, dass die für die Werkrealschule vor Ort angesiedelte Berufsfachschule nicht gewerblich-technisch ausgerichtet sei bzw. nicht das Profil „Metalltechnik“ anbiete. Das berge die Gefahr, dass sich die Schüler mangels Alternativen vor Ort auf andere Berufe einlassen würden.
Zukunft der Berufsorganisation
Um die Aktivitäten und Leistungen des Fachverbandes laufend optimieren zu können, ist nach 2007 im Jahr 2009 zum sechsten Mal die Umfrage zur „Einschätzung der Tätigkeiten und Darstellung des Fachverbandes“ initiiert worden. Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Balthas Klein präsentierte die Ergebnisse der Umfrage, in der die Innungen den Fachverband aus ihrer Sicht bewerten hinsichtlich Kriterien wie beispielsweise Zuverlässigkeit, Reaktionsfähigkeit, Einfühlungsvermögen und Leistungskompetenz. Fachverbands-Vorsitzender Stather zeigte sich zufrieden: „Wir liegen wie all die Jahre zuvor im grünen Bereich und sind gut aufgestellt.“ Trotzdem rief Stather die Delegierten dazu auf, noch stärker als bisher auf allen Ebenen der Berufsorganisation für die Interessenwahrung der Mitglieder einzutreten und dabei noch mehr auf Teamarbeit zu setzen. Slogan der Zukunft müsse sein: „Die Fachorganisation stärken und gemeinsam nach vorne kommen.“ Dabei sei die Vielfalt der Mentalitäten und Dialekte „im Ländle“ selbstverständlich. Aber es gelte eine Sprache zu sprechen, wenn es um die Vertretung von wichtigen SHK-Anliegen ginge. Soweit einige Punkte von der Mitgliederversammlung.