Am Vormittag des 1. Juli während der Delegiertenversammlung mit überzeugendem Votum in seinem Amt wiedergewählt, konnte Manfred Stather zur öffentlichen Mitgliederversammlung als alter und neuer Vorsitzender zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Handel und Industrie begrüßen.
Sanitär schlägt Heizung
In seinen Grundsatzausführungen nutzte Stather die Gelegenheit, die Standpunkte und Forderungen der SHK-Handwerke der Öffentlichkeit näherzubringen. Die wirtschaftliche Situation sieht Stather für den SHK-Handwerksbereich in Baden-Württemberg, der mit 42000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von über fünf Milliarden Euro erzielte, positiv. Sogar im letzten Krisenjahr habe sich der Markt – trotz der Rekordtiefstwerte im Wohnungsneubau – mit einem Umsatzplus von 1,5 % behauptet. Dies sei hauptsächlich dem Sanitärbereich zu verdanken, der nach Jahren erstmals wieder deutlich zugelegt habe. Der Bereich Heizungstechnik und erneuerbare Energien sei dagegen rückläufig gewesen. Maßgeblich dazu beigetragen habe die wechselnde Gesetzeslage und unzählige Vorschriften von Land, Bund und EU, die für den Bürger nicht mehr überschaubar sind. „Die unsteten staatlichen Fördermaßnahmen sind Gift für ein gutes Investitionsklima. Dies führt zu einem Sanierungs- und Modernisierungsstau. Das Potenzial ist aber vorhanden: 700000 Heizungsanlagen in Baden-Württemberg sind 15 Jahre und älter. Die Energiepreise sind konstant hoch, die Wende in der Energiepolitik ist eingeläutet,“ begründete Stather seine auch für den Heizungsbereich optimistische Grundhaltung. Beinahe die Hälfte des deutschen Energieverbrauchs entfällt auf den Gebäudesektor.
1500 Euro für den Alten
Der Vorsitzende weiter: „Man muss sich jedoch eines deutlich vor Augen führen: im privaten Bereich ist die Energiewende kein Stromthema, sondern ein Wärmethema. So verbraucht ein Einfamilienhaus durchschnittlich im Jahr nur 4400 kWh Strom, dagegen aber 25000 bis 35000 kWh für die Heizung – also etwa 6- bis 8-mal soviel. Wenn CO2 und Energie nennenswert eingespart werden sollen, dann geht dies nur im privaten Wohnungsbereich. Hier schlummert ein gigantisches Einsparpotenzial.“ Kritisch sah Stather in dem Zusammenhang jedoch „das völlig unnötige Hau-Ruck-Verfahren rund um den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden“. Das Anforderungsniveau für Fördermittel sei zu hoch. Um in den Genuss der steuerlichen Abschreibung zu kommen, muss das Wohngebäude eine um mindestens 15 % höhere Anforderung beim Jahresprimärenergiebedarf einhalten, als bei einem Neubau. Das lasse sich dem Bürger beim besten Willen nicht vermitteln. Und Stather äußerte noch einen massiven Kritikpunkt an diesem Gesetzesvorhaben: die Durchführung einer Einzelmaßnahme zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden, wie eine Heizungsanlagenerneuerung, wird nicht begünstigt. Damit bleiben große Energieeinspar- und CO2- Minderungspotenziale ungenutzt. Stather forderte abermals die Einführung einer Abwrackprämie von 1500 Euro für technisch veraltete Heizkessel, um den Sanierungsstau im Ländle aufzulösen.
Als längst überfällig bezeichnete der Vorsitzende eine Änderung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes Baden-Württemberg. Dieses Gesetz schreibt vor, dass beim Tausch eines zentralen Heizkessels im Wohngebäude 10% des Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden müssen. 63 % der SHK-Betriebe haben laut Fachverbandsumfrage die Erfahrung gemacht, dass Hausbesitzer aufgrund des Gesetzes auf einen Heizkesseltausch verzichtet haben. Im Schnitt bedeute dies fünf entgangene Aufträge pro Betrieb. Positiv sah Stather dagegen die Bestrebungen der neuen grün-roten Landesregierung, das Gesetz auch auf Nicht-Wohngebäude auszuweiten, mahnte jedoch gleichzeitig an, den Gültigkeitsbereich des Gesetzes auch auf öffentliche Gebäude auszuweiten.
Energieversorger, bleib bei deinen Leisten
Zunehmend bereiten dem SHK-Handwerk die Tätigkeiten von Energieversorgern im originären SHK-Handwerksbereich Probleme. Hierzu fand der Verbandsvorsitzende deutliche Worte: „Warum muss es sein, dass Energieversorgungsunternehmen Photovoltaikanlagen anbieten, Wärmedämmverbundsysteme vertreiben oder aber Kleinblockheizkraftwerke zentral beschaffen und vertreiben? Traditionelle Aufgabe der Energieversorger ist die Bereitstellung von leitungsgebundenen Energien wie Strom und Gas. Immer mehr wird in Baden-Württemberg von Versorgern die auf dieser Grundlage erworbene Marktdominanz genutzt, um Handwerksbetriebe aus deren abgestammtem Markt zu verdrängen. Die neue Landesregierung fördert diese Entwicklung noch indirekt, indem sie die Kommunen stärker auch als Akteure der Energie- und Klimapolitik gewinnen will.“ Stather forderte, dass die Umsetzung der Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien nicht allein den Stadtwerken überlassen werde. Wenn dem Land am Mittelstand, dem Handwerk, gelegen sei, dann müsse dem Treiben von Stadtwerken, was das Angebot von handwerklichen Leistungen angeht, Einhalt geboten werden. Der Verbandsvorsitzende forderte deshalb, Versorgungsunternehmen den Vertrieb von nachgelagerten Leistungen nach der Energielieferung zu untersagen. Ein Blick in den § 102 der Gemeindeordnung zeige, dass entsprechende Möglichkeiten gegeben sind. Als erfreulich wertete Stather das Zurückrudern der Badenova, die aufgrund der gemeinsamen Intervention von Landesverband und Innungen den Verkauf an Endverbraucher wieder eingestellt hat.
Nur ein halber Lehrling pro Betrieb
Noch Anfang der 80er-Jahre gab es in Baden-Württemberg 8000 SHK-Lehrlinge; 1996 waren es noch 6000; heute sind es noch 4000. Der Fachverband musste auch für dieses Jahr einen Rückgang der Lehrverhältnisse um weitere 2,2 % feststellen. Im Durchschnitt verfügt jeder SHK-Handwerksbetrieb nur noch über „einen halben Lehrling“ – und dies über alle Lehrjahre hinweg. 1100 Lehrstellen sind nicht besetzt. Stather forderte die Handwerksunternehmer auf, nicht müde zu werden, in der Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass der SHK-Bereich ein sehr zukunftsträchtiges Berufsgebiet ist. Es komme auch darauf an, in die Schulen zu gehen und Eltern, Lehrer, aber auch die Arbeitsagenturen für das SHK-Handwerk zu sensibilisieren.
Blick nach vorne
Des Weiteren informierte Stather über die neue Marketingkampagne des Fachverbandes „Die Meister mit dem Eckring.de“. Er betonte, dass man den Markt aber nur gemeinsam mit Handwerk, Herstellern und Großhandel aufbereiten könne. Gelegenheit hierzu biete der „Tag des Bades“ am 17. September. Der Vorsitzende rief Großhandel und Sanitärindustrie und Handwerksbetriebe zur aktiven Beteiligung an dieser bundesweiten Veranstaltung – entweder mit der eigenen Badausstellung oder aber in Kooperation mit dem regionalen Großhändler – auf. Zudem bietet der am 24. und 25. September zum fünften Mal stattfindende „Energietag Baden-Württemberg“ ebenfalls die Möglichkeit, aktiv Markt zu machen. Für 2011 erwartet der Fachverband ein Umsatzplus von 2 bis 3 %.
Games World und Social Media
In seinem abwechslungsreichen Festreferat zeigte Prof. Dr. Thorsten Quandt eindrucksvoll auf, wie die modernen Medien unseren Alltag verändern. Dabei wusste der an der Universität Hohenheim lehrende, zu den Top 40 der deutschen Wissenschaftler unter 40 Jahren gehörende Quandt, mit interessanten Einblicken in die Games World die Zuhörer ebenso in seinen Bann zu ziehen, wie mit seinen Ausführungen im Bereich Social Media. Den aufmerksamen Besuchern wurde vor Augen geführt, dass mit der Nutzung von neuen Medien und Netzwerken auch große wirtschaftliche Potenziale erschlossen werden können.
Leistungen gewürdigt
Die öffentliche Mitgliederversammlung war Anlass, Personen, die sich mit ihrem Einsatz in der Berufsorganisation verdient gemacht haben, zu ehren. Mit dem Wilhelm-Braun-Preis, der höchsten Auszeichnung des Fachverbandes wurde Vorstandsmitglied Hansjörg Zimmermann geehrt. Zimmermann sei es mit zu verdanken, so Manfred Stather in seiner Laudatio, dass es seit 2009 ein einheitliches Tarifwerk für das gesamte Land Baden-Württemberg gibt. Der 56-jährige Diplom-Ingenieur führt einen Familienbetrieb mit über 40 Mitarbeitern.
Die goldene Nadel des Fachverbandes erhielt Rudolf Singer aus Tettnang. Die Ehrennadel in Silber ging an Bernd John (Villingen-Schwenningen), Bernd Simon (Kolbingen), Ralph Späth (Ulm) und Jürgen Walter (Ulm). Zudem wurden die Landessieger im praktischen Leistungswettbewerb geehrt. Das wurde im Bereich Klempnerei Riad Zymeri vom Ausbildungsbetrieb Schlecht in Ammerbuch-Entringen. Und bei den Behälter- und Apparatebauern Jochen Habenschuss, Lauchheim, vom Ausbildungsbetrieb Althammer in Heidenheim.
Vielfältiges Fachprogramm
Zum Programm des Verbandtages gehörten auch sechs Referate im Rahmen der Fachtagung „SHK-Informationen und aktuelle Trends“. Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Balthas Klein erläuterte die wirtschaftliche Situation und wies noch einmal auf die kritische Nachwuchssituation hin, die sich aufgrund der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren noch drastisch verschärfen dürfte. Dr. Klein motivierte die Handwerksunternehmer verstärkt, Anstrengungen bei der Akquisition geeigneter Bewerber zu unternehmen. Denn ausreichend zur Verfügung stehende qualifizierte Fachkräfte würden immer mehr den Schlüssel zum Erfolg bilden.
Von Trinkwasser bis Mikro-KWK
Über den aktuellen Sachstand der Normung im Trinkwasserbereich berichtete ZVSHK-Referent Franz Josef Heinrichs. Im Mittelpunkt stand die neue Trinkwasserverordnung, die am 1. November des Jahres in Kraft tritt und zahlreiche Auswirkungen auf die künftige Ausführung von Anlagen haben wird. Im gewerblichen Bereich, dazu zählt auch der Mietwohnungsbau, muss zukünftig einmal pro Jahr bei Großanlagen (Warmwasserspeicher über 400 Liter) das Trinkwasser auf Legionellen untersucht werden. Kommt es in drei aufeinander folgenden Jahren zu keinen Beanstandungen, kann das Gesundheitsamt längere Überprüfungsintervalle festlegen. Künftig werden zudem Teile der DIN 1988, die EN 1717 und weitere Normen im Trinkwasserbereich Gültigkeit haben. Um die Übersicht im Normendschungel nicht zu verlieren, bringt die Berufsorganisation einen Kommentar rund um die Trinkwasserinstallation heraus, der alle wichtigen Normenanforderungen und entsprechende Handlungsempfehlungen dazu enthält.
Über die ersten Eindrücke eines Feldtestes, bei dem die Praxistauglichkeit von Mikro-KWK-Anlagen geprüft wird, berichtete Horst Korte von der EON Ruhrgas AG. „Innerhalb von drei Jahren sollen mehr als 200 Mikro-KWKs von E.ON und seinen Partnern in Einfamilienhäusern in der Praxis getestet werden“. Bei der Auswahl ist je nach Anwendungsfall insbesondere auf die sehr unterschiedlichen Leistungskombinationen elektrischer Leistung und thermischer Nennwärmeleistung zu achten. Die Unterschiede sind hier groß. Interessant auch die Tatsache, dass der Einsatz von Mikro-KWKs als Ersatzmaßnahme nach dem EEWärmegesetz gilt. Sobald auch statistisch belastbare Ergebnisse des Feldtests vorliegen, wird die SBZ darüber berichten.
Verjährungsverkürzung auch nutzen
Rechtsreferent Matthias Bergmann gab Tipps zur Bauvertragsgestaltung und erläuterte die Vorteile bei Verwendung der Bauvertragsmuster der Berufsorganisation. Insbesondere sind die Vertragsmuster mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bei Bauverträgen mit Privatkunden hilfreich. Gerade bei diesem Kundenkreis kann nach Rechtsprechungs- und Gesetzesänderungen nämlich nicht mehr rechtssicher auf die VOB/B als Rechtsgrundlage zurückgegriffen werden. Vorteil ist beim BGB-Vertragsmuster mit AGB insbesondere die Verjährungsverkürzung für Mängel von zwei Jahren (Gesetz) auf ein Jahr. Sie greift beispielsweise bei Reparatur- und Reinigungsarbeiten sowie einzelnem Pumpentausch, einzelnem Kesseltausch oder einzelner nachgerüsteter Solaranlage. Weitere Vorteile liegen in der Distanzierung von Garantien, Kostenersatz bei erfolglosem Reparaturversuch, Zahlungsbedingungen und „automatischem“ Verzugseintritt, rechtssicheren Vertretungsregelungen bei Abnahme und Rapport-/Stundenlohnarbeiten sowie der Durchsetzung von Nachtragsansprüchen.
Über Änderungen im aktuellen Steuerrecht berichtete Steuerberater Klaus Maiss. Er vermittelte nicht nur den aktuellen Wissenstand, sondern prangerte auch die willkürliche und unstete Steuerpolitik der Bundesregierung an. Und last but not least referierte Clemens Kling aus Oberstdorf zum Thema Knack- und Knistergeräusche bei Metalldächern.
So weit an dieser Stelle zum ersten Teil des Verbandtages. Über die Delegiertenversammlung berichten wir in der nächsten SBZ. Ein gelungener Festabend mit Showprogramm und ein Stadtrundgang rundeten das SHK-Branchentreffen in Aalen ab. DS