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Öffentliche Mitgliederversammlung und Fachtagung

Verbandstag in Esslingen

Inhalt

Am Freitag, dem 25. Juni, konnte der Vorsitzende Manfred Stather zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Handel und Industrie zur öffentlichen Mitgliederversammlung begrüßen. Sie wartete mit einem außergewöhnlichen Festreferat von Dr. Klaus Eisele auf. Unter der Überschrift „Wirtschaft ist Kunst und Kunst ist Wirtschaft“ zeigte er anhand der niederländischen „Malerbranche“ des 17. Jahrhunderts die Entstehung und den Niedergang eines Marktes auf. Den aufmerksamen Besuchern wurden schnell Parallelen mit dem heutigen Wirtschaftsgeschehen deutlich. Schon damals hatten Innovationen für einen aufstrebenden, lukrativen Malermarkt gesorgt, der schnell seinen Zenit überschritt und durch Rationalisierung, Massenprodukte und Plagiate letztlich ruiniert wurde. Quintessenz für den aufmerksamen Zuhörer: Der individuellen, maßgeschneiderten Handwerksleistung gehört die Zukunft.

Umsatzplus trotz ­Weltwirtschaftskrise

In seinem Grundsatzreferat nutzte der Verbandsvorsitzende Manfred Stather die Gelegenheit, die Standpunkte und Forderungen der SHK-Handwerke der Öffentlichkeit näherzubringen. Die wirtschaftliche Situation sieht Stather für den SHK-Handwerksbereich in Baden-Württemberg, der mit 42000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von ca. fünf Milliarden Euro erzielte, positiv. Sogar im letzten Krisenjahr habe sich der Markt – trotz der Rekordtiefstwerte im Wohnungsneubau – mit einem Umsatzplus von 1,5 % behauptet. Dies sei hauptsächlich durch die Nachfrage nach effizienter Heizungstechnik und erneuerbaren Energien sowie dem Kundendienstbereich zuzuschreiben. Dagegen schwächelte das Segment Sanitär/Bad erneut. Stather teilte die Auffassung von Wirtschaftsminister Pfister, dass der Sanitärbereich der Abwrackprämie für Pkw zum Opfer gefallen sei. Das SHK-Handwerk sei aus der globalen Krise gar gestärkt herausgekommen, denn in unsicheren Zeiten rücken werterhaltende Investitionen in die eigene Immobilie stärker in den Fokus.

Damit das auch in schwierigen Zeiten einen Beitrag zur Stabilisierung der Wirtschaft leisten könne, forderte der Verbandsvorsitzende von der Politik verbesserte Rahmenbedingungen, wie die Einführung einer Abwrackprämie für alte Heizkessel in Baden-Württemberg und die Erhöhung der Sätze bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Handwerkerleistungen von 20 % auf 30 %. Damit könne der Seuche „Schwarzarbeit“ entgegengewirkt werden. Als „noch effektiver“ bezeichnete Stather die steuerliche Gleichstellung von Handwerksleistungen mit haushaltsnahen Dienstleistungen. Solche können mit 20 % der Aufwendungen von maximal 20000 Euro steuerlich abgesetzt werden.

Des Weiteren forderte Stather die Landesregierung auf, nach Auslaufen des Konjunkturprogramms zur Flexibilisierung der öffentlichen Auftragsvergabe, deutlich höhere Wertgrenzen festzulegen als vor dem Konjunkturprogramm, nämlich 20000 Euro bei freihändiger Vergabe und 200000 Euro bei beschränkter Ausschreibung. Zudem prangerte er die Entscheidung der Landesregierung an, verstärkt auf Private Public Partnership zu setzen. Damit verlasse die Landes­regierung die VOB/A. Stather: „Wir sehen dar­in einen Verstoß gegen den Geist des Mittelstandsförderungsgesetzes, das ausdrücklich eine kleinteilige Ausschreibung und die Bindung an die VOB/A vorsieht.“

Hoffnungsträger Werkrealschule

Für unsere SHK-Handwerke in Baden-Württemberg stellte der Verbandsvorsitzende auch für dieses Jahr einen Rückgang der Lehrverhältnisse um 1,4 % fest.

  • Nur noch durchschnittlich jeder zweite SHK-Betrieb verfügt über einen Lehrling
  • Nur jeder siebte Betrieb kann sich Hoffnungen auf einen Junggesellen machen
  • Noch Anfang der 80er-Jahre waren es 8000 Lehrlinge; 1996 waren es noch 6000; derzeit sind es noch etwas mehr als 4000.
  • 1000 Lehrstellen sind nicht besetzt, und dies trotz der höchsten Löhne im gesamten Handwerk.

Als Hauptgrund für diese Tendenz sieht Stather, die vielfach fehlende Ausbildungs­fähigkeit bzw. Ausbildungswilligkeit von Hauptschülern. Daher setze der Fachverband seine Hoffnungen in die neue Werkrealschule, die ab kommendem Schuljahr an 525 Schulstandorten in Baden-Württemberg an den Start geht. Die Berufswegeplanung ab Klasse 5, die verstärkte Förderung in Mathematik und Deutsch in den Klassen 5 und 6, die Kompetenzanalyse in Klasse 7 sowie das Pflichtwahlfach „Natur und Technik“ enthält Ansätze zur Stärkung der Ausbildungsfähigkeit und die Chance, mit dem SHK-Handwerk in Berührung zu kommen.

Badenova brüskiert SHK-Handwerk

Aktuell bereiten dem SHK-Handwerk die Tätigkeiten von Energieversorgern im originären SHK-Handwerksbereich Probleme. Hierzu fand der Verbandsvorsitzende deutliche Worte: „Nicht nur wir fragen uns, wieso muss ausgerechnet ein Energieversorger, konkret die Badenova in Südbaden, dem Endverbraucher den Einbau eines Mikro-Blockheizkraftwerkes anbieten? Es gibt vor Ort genügend qualifizierte Handwerksbetriebe, die bereits jahrelange Erfahrung im Einbau und Betrieb von Blockheizkraftwerken haben.

Dies ist eindeutig der falsche Weg. Es gleicht einem Foulspiel. Wir sprechen Badenova und anderen Energieversorgern, die ähnliche Bestrebungen haben, ab, Tätigkeiten im handwerklichen Bereich anzubieten. Planung, Einbau und Wartung von effizienten Heizungen ist und bleibt Aufgabe der SHK-Handwerksbetriebe. Wir lassen uns nicht auf die Reservebank setzen!

In diesem Zusammenhang dürfen wir die Gemeinden, die eine Beteiligung an badenova halten, an die Erfordernisse des § 102 Abs. 1 Gemeindeordnung erinnern. Danach darf sich eine Gemeinde an wirtschaftlichen Unternehmen nur beteiligen, wenn bei einem Tätigwerden außerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Anbieter erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Spielregeln sind dazu da, dass sich alle daran halten!“ Der Verbandsvorsitzende machte deutlich, dass das SHK-Handwerk ein Verhalten, wie das der Badenova, nicht tatenlos dulden werde. Mehr dazu demnächst in der SBZ.

Modernisierungsstau im Ländle

Trotz der hohen Öl- und Gaspreise und trotz der gesetzlichen Anforderungen sowie zahlreicher Kampagnen zum Klimaschutz sind nur 13 % der Heizungsanlagen energetisch auf dem Stand der Technik. 40 % der Heizungen sind älter als 15 Jahre und müssen erneuert werden. Demgegenüber steht gegenwärtig eine Modernisierungsrate bei ­Heizungskesseln von nur rund 3 % pro Jahr. Die Folge ist, dass das durchschnittliche Alter der Heizungsanlagen nicht fällt, sondern steigt.

Doch der Anteil erneuerbarer Energie im Wärmemarkt soll laut Politik bis 2020 von derzeit rund 7 % auf Bundesebene auf 14 % verdoppelt werden. Das Land Baden-Württemberg hat sich sogar eine Erhöhung auf 16 % auf die Fahnen geschrieben. Um dieser Diskrepanz entgegenzuwirken, forderte Stather einen Impuls der Landesregierung in Form einer Abwrackprämie für alte Heizkessel; „Durch eine staatliche Prämie lassen sich laut einer Emnid-Umfrage in Baden-Württemberg rund 600000 alte Heizungsanlagen modernisieren. Eine solche Prämie schafft nicht nur kurzfristig einen Investitionsimpuls von über sechs Milliarden Euro, sondern gleichzeitig ließen sich pro Jahr rund 3,6 Milliarden Kilowattstunden an Energie und knapp 1 Million Tonne CO2 einsparen. Und der Staat könnte die Abwrackprämie über das steigende Steuereinkommen quasi selbst finanzieren.“ Zudem forderte Stather die mittlerweile erfolgte Aufhebung der Haushaltssperre für das Marktanreizprogramm.

Vereinbarung mit den Schornsteinfegern greift

Das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz ist seit über einem Jahr in Kraft. Der ZVSHK und der Bundesverband der Schornsteinfeger ­haben eine Verbändevereinbarung abgeschlossen. Diese umfasst ein Schulungskonzept zur Weiterbildung im jeweils anderen Gewerk mit dem Ziel, dass einerseits inte­ressierte SHK-Betriebe einen Teileintrag als Schornsteinfegerbetrieb in der Handwerksrolle erhalten und andererseits ebenso interessierte Schornsteinfegerbetriebe einen Teil­eintrag als Installateur- und Heizungsbauer erhalten.

Damit besteht ein geordnetes Verfahren mit Schulung und Prüfung zum Eintrag entsprechender Betriebe gemäß §7a Handwerksordnung in die Handwerksrolle. Stather berichtete über eine zügige Umsetzung dieses Schulungskonzeptes in Baden-Württemberg, die gemeinsam mit dem Landes­innungsverband des Schornsteinfegerhandwerks erfolgt.

Blick nach vorne

Stather sieht für das SHK-Handwerk gute Chancen im Gebäudebestand: „Von den fünf Millionen Bädern im Land ist jedes zweite Bad älter als 15 Jahre. Sogar jedes vierte Bad ist älter als 25 Jahre. Und in baden-württembergischen Kellern bullern 650000 technisch veraltete Heizungsanlagen vor sich hin. Wir alle – Hersteller, Großhandel, Handwerk – müssen Markt machen. Hierfür bieten sich der Tag des Bades und der Energietag Baden-Württemberg 2010 an. Am 18. September 2010 öffnen viele Sanitärausstellungen ihre Türen. Beim Energietag der Landesregierung am 25. und 26. September finden im ganzen Land Veranstaltungen und Aktionen statt. Ziel ist, die Bürger gebündelt zu den Themen Energiesparen und erneuerbare Energien zu informieren. Aktionstage wie diese müssen vom SHK-Handwerk genutzt werden, um das Interesse, Vertrauen und die Akzeptanz der potenziellen Kunden zu gewinnen. Dann wird auch im Jahr 2010 ein leichtes Umsatzplus von 1–2 % möglich sein.“

Besondere Leistungen gewürdigt

Die öffentliche Mitgliederversammlung war willkommener Anlass, Personen, die sich mit ihrem Einsatz in der Berufsorganisation verdient gemacht haben, zu ehren. Mit dem Wilhelm-Braun-Preis, der höchsten Auszeichnung des Fachverbandes wurde der Verbandsvorsitzende Manfred Stather geehrt. Er wurde durch den stellvertretenden Vorsitzenden Hans Lanz für seine außerordentlichen Verdienste rund um die Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit im Sinne einer zukunftsorientierten Berufsorganisation ausgezeichnet. Die goldene Nadel des Fachverbandes erhielten Joachim Butz aus Pforzheim und Hansjörg Zimmermann aus Villingen-Schwenningen. Die Ehrennadel in Silber ging an Wolfgang Müller (Wehr), Otto Ruppert (Weil der Stadt), Karl Senner (Mannheim) und Richard Wengert aus Grünkraut. Allen Ausgezeichneten auch seitens der SBZ herz­lichen Glückwunsch!

Praxisnahes Fachprogramm

Zum Programm gehörten auch die sechs Referate im Rahmen der Fachtagung „SHK-Infos und aktuelle Trends“. Hauptgeschäftsführer Hans-Balthas Klein ging auf die wirtschaftliche Situation ein. Trotz des insgesamt rückläufigen Bruttoinlandsproduktes von 7 % im letzten Jahr habe das Sanitär- und Heizungshandwerk im letzten Jahr ein kleines Plus von 1,5 % zu verzeichnen. Die Anzahl der SHK-Betriebe in Baden-Württemberg blieb mit 8161 Betrieben auf gleichem Niveau. Der durchschnittliche Stundenverrechnungssatz lag im letzten Jahr bei 41,50 Euro (+0,5 %). Die Ertragssituation hat sich in 2009 stabilisiert. Die Eigenkapitalquote vieler Betriebe verharrt auf einem unbefriedigenden Niveau. Um 0,5 % rückläufig war die Entwicklung der Beschäftigtenzahlen, die Betriebe taten sich schwer, den fluktuationsbedingten Stellenwechsel auszugleichen. Der Hauptgeschäftsführer wies auf die kritische Nachwuchssituation hin, die sich aufgrund der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren noch drastisch verschärfen dürfte. Dr. Klein motivierte die Handwerksunternehmer schon jetzt, verstärkte Anstrengungen bei der Akquisition geeigneter Bewerber zu unternehmen und sich mit der Werkrealschule zu befassen. Zudem legte er den Betriebsinhabern nahe, den Mitarbeiterstamm zu halten und dessen Qualität zu steigern. Denn ausreichend zur Verfügung stehende qualifizierte Fachkräfte würden immer mehr den Schlüssel zum Erfolg bilden.

Von VAwS bis Hagelschaden

Uta Zepf vom Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr berichtete über das neue Wasserhaushaltsgesetz und die Neuregelung der Fachbetriebspflicht. Noch gilt die 1000-Liter-Regelung für Tankanlagen nur in einigen Ländern. Das Wasserhaushaltsgesetz soll im nächsten Jahr mit neuer Verordnung dafür sorgen, dass dieser Grenzwert für die Fachbetriebspflicht generell eingeführt wird. Auf die Betriebe kommen nicht nur Formalien zu. Die engagierte Umweltschützerin machte klar, dass der Aufwand der Fachbetriebsüberwachung steigen wird. Zwar sind Einzelheiten dazu noch nicht festgelegt, doch bereits jetzt zeichnet sich ab, dass wiederkehrende Prüfungen verschärft werden. Eine Übergangsfrist von zwei Jahren soll es den Sachverständigen und Fachbetrieben ermöglichen, sich auf die Auflagen der neuen Verordnung einzustellen. Bis dahin sollen auch die länderspezifischen Regelungen Schritt für Schritt in die bundeseinheitliche Verordnung überführt werden (siehe SBZ 13/2010).

Rechtsreferent Matthias Bergmann gab Tipps rund um das Wartungsgeschäft und die Anwendung von Wartungsverträgen. Praxisbeispiele zu den einzelnen Alltagssituationen verdeutlichten rechtliche Fallstricke. Bergmann empfahl den Einsatz der Musterwartungsverträge der Berufsorganisation, die speziell auf die Belange der SHK-Fachbetriebe abgestimmt sind. Ein Muster lag der Tagungsmappe, die alle Referate erhielt, bei. Über die aktuelle Novelle der 1 BImSchV informierte Fachverbandsreferent Jörg Knapp. Das am 22. März 2010 in Kraft getretene Gesetz brachte deutliche Verschärfungen der Emissionswerte von Feuerstätten, die mit festen Brennstoffen beheizt werden (siehe SBZ 8/2010).

Über Änderungen im aktuellen Steuerrecht berichtete Steuerberater Dr. Eberhard Kern. Er vermittelte nicht nur den aktuellen Wissenstand, sondern prangerte auch die selbst für Steuerexperten nicht mehr nachvollziehbare, willkürliche und unstete Steuerpolitik der Bundesregierung an. Und not least referierte Andreas Schmelzer von der Novelis GmbH zum Thema Hagelschäden an Metalldächern. Soweit zu den Fachtagungen.

Über die Ergebnisse der Delegiertenversammlung berichten wir in der nächsten SBZ. Ein gelungener Festabend mit Showprogramm rundete den Verbandstag ab. Zudem ließen viele Gäste den Fachtagungen ein Besuch des historischen Esslinger Stadtkerns folgen. Für die Tagungsteilnehmer entpuppte sich der Verbandstag einmal mehr zu einer Informationsveranstaltung erster Güte. DS