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Öffentliche Mitgliederversammlung und Fachtagungen

Verbandstag in Tuttlingen

Inhalt

An der Donau unweit des Bodensees gelegen, fand in Tuttlingen nach 1957 zum zweiten Mal ein SHK-Verbandstag statt. Bei sommerlichen Temperaturen freute sich Bernd Simon, Obermeister der gastgebenden Innung, die Kollegen zu den zahlreichen Veranstaltungen in der Stadthalle begrüßen zu können. Mittelpunkt des gesellschaftlichen Interesses war die öffentliche Mitgliederversammlung. Neben einem Grußwort von Wirtschaftsminister Ernst Pfister, dem Festreferat von Prof. Heribert Schmitz und Ehrungen standen die Grundsatzausführungen des Vorstandsvorsitzenden Manfred Stather auf dem Programm.

Schwarze Null für 2009

Trotz der allgemeinen Krise konnte der Verbandsvorsitzende in der öffentlichen Mitgliederversammlung Erfreuliches berichten. Der Handwerksbereich Sanitär-Heizung-Klima, der in Baden-Württemberg mit 42000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von annähernd fünf Milliarden Euro erzielt, konnte die Umsätze im letzten Jahr um rund 5 % deutlich steigern. Regenerative Energien wie Solarthermie, Wärmepumpen sowie Pellets, waren und sind die Renner. Allerdings „schwächelte“ der Sanitärsektor im Jahr 2008 im Gegensatz zum Heizungsbereich erneut. Und auch mit der aktuellen Auftragslage zeigte sich Vorstandsvorsitzender Manfred Stather trotz fehlender Anschlussaufträge für das restliche Jahr „einigermaßen zufrieden“. Stather dazu: „Wenn eine Branche aus der Finanz- und Wirtschaftskrise gestärkt herauskommt, dann ist es unser Handwerksbereich. Denn in unsicheren Zeiten ist nichts so sicher wie eine eigene Immobilie. Sparer, Investoren und Hauseigentümer sind durch die Krise am Kapitalmarkt irritiert und werden auf Sachwerte setzen. Trotz schwarz-roter Belastungen der Politik rechnen wir zum Jahresende 2009 mit einer schwarz-roten Null mit der Betonung auf schwarz.“

Steuerliche Abzugsfähigkeit kontra Schwarzarbeit

Um der Konkurrenz durch die Schwarzarbeit besser entgegnen zu können, forderte Stather eine Erhöhung der Sätze bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Handwerkerleistungen sowie einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Dienstleistungen. Durch die EU-Richt­inie zur optionalen Anwendung eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes sei jetzt der Weg zur Anwendung dieses Instruments auch in Deutschland frei. Zwar können Eigentümer und Mieter seit diesem Jahr 20 % bestimmter Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen bis zu einem Betrag von 6000 Euro pro Jahr steuerlich absetzen. Das mache aber maximal 1200 Euro für die Leistungen aller Bau- und Ausbaugewerke aus. Der typische Häuslesbesitzer lasse sich hiervon nicht hinter dem Ofen hervor­locken, führte Stather aus und befürwortete die Erhöhung der Absetzbarkeit des Steuersatzes von 20 % auf 30 % und die steuerliche Gleichstellung von Handwerksleistungen mit haushaltsnahen Dienstleistungen. Diese können mit 20 % der Aufwendungen von maximal 20000 ­Euro steuerlich abgesetzt werden.

600000 Heizungs­anlagen abwracken

Als Maßnahme zur Konjunkturbelebung forderte der Verbandsvorsitzende in Anbetracht der Milliardensubventionen für Banken und die Fahrzeugherstel­ler auch Unterstützungsmaßnahmen für den Mittelstand. So konkret die Einführung einer Abwrackprämie für alte Heizkessel. Laut einer Emnid-Umfrage vom März würden 39 % der Eigenheimbesitzer bei Aussicht auf ­eine staatliche Prämie ihre alte Heizungsanlage modernisieren. In Baden-Württemberg wären das rund 600000 neue Anlagen. Eine solche Prämie würde nicht nur kurzfristig einen Investitions­impuls von über sechs Milliarden Euro schaffen, sondern gleichzeitig ließen sich pro Jahr rund 3,6 Milliarden Kilowattstunden an Energie und knapp eine Mil­lion Tonne CO2 einsparen. Als positives Beispiel nannte Stather Sachsen, das als erstes Bundesland den Austausch veralteter Heizkessel und Thermen durch eine Brennwertheizung mit einer Prämie von 1250 Euro fördere. Um den Sanierungsstau aufzulösen, plädierte er dafür, eine „Kesselprämie“ von 1500 Euro für technisch veraltete Heizungen einzuführen.

Handwerksbetriebe sind doch keine Bank

Im Verlauf seiner Ausführungen prangerte der Verbandsvorsitzende die Unternehmenssteuerreform 2008 an, bei der gerade die kleinen Unternehmen benachteiligt würden. Diese einseitige Steuerbelastung bedürfe der Korrekturen bei der Sofort- Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter und bei den Umsatzgrenzen bei der Ist-Versteuerung. Die sofortige Absetzbarkeit der Anschaffungskosten geringwertiger Wirtschaftsgüter müsse verbessert werden, die Senkung auf 150 Euro sei zurückzunehmen und der Abzugsbetrag auf 1000 Euro anzuheben.

Zum Thema „Ist-Versteuerung“: Betriebe mit einem Jahresumsatz von mehr als 250000 Euro müssen die Umsatzsteuer bereits nach erfolgter Rechnungsstellung abführen. Im Prinzip fungieren die Betriebe dabei in zwei Richtungen als Bank – nämlich sowohl für den Kunden als auch für den Staat. Nicht selten geraten sie dabei in Liquiditätsprobleme. Zwar habe die Bundesregierung rückwirkend zum 1. Januar 2009 die Höchstgrenze bundeseinheitlich auf 500000 Euro angehoben. Dieser Schritt reiche bei Weitem nicht aus, denn im SHK-Handwerk wird ­diese Umsatzgrenze bereits bei Betrieben mit über vier Beschäftigten überschritten. Deshalb unterstützt der Fachverband die Forderung des Baden-Württembergischen Handwerkstages nach einer Ist-Versteuerungsgrenze von einer Million Euro.

1100 freie Lehrstellen im Ländle

In Anbetracht von 1100 freien Lehrstellen in Baden-Württemberg bezeichnete es der Vorsitzende in Ballungszentren fast schon als aussichtslos, einen geeigneten Lehrling zu finden. Die SHK-Betriebe mussten sich im vergangenen Jahr mit 4200 und somit 1,3 % weniger Ausbildungsverhältnissen als noch im Vorjahr zufrieden geben. Dies nicht zuletzt, weil viele Schulabgänger, insbesondere der Hauptschulen nicht die nötige Quali­fikation für die technisch anspruchsvollen Berufe mitbringen würden. Wenig erfreulich bezeichnete Stather auch die Entwicklung zur „neuen“ Werkrealschule. Die Hauptschule habe sich in den letzten Jahren immer mehr zur Restschule entwickelt. Es sei nicht zu erkennen, inwiefern die Werkrealschule/Hauptschule dem abhelfen könne. Eine bloße Umetikettierung reiche nicht aus. Der Fachverband unterstützt deshalb die Forderung des Handwerkstages nach einer echten Umwandlung der Hauptschulen in Werkrealschulen, die den Realschulen gleichwertig und gleichgestellt sind.

Erfreulich bezeichnete Stather dagegen die Entwicklung, dass die Landesregierung mit der Gleichwertigkeit der Bildungswege ernst macht. Seit März können Meister ein dem erworbenen Meistertitel verwandtes Studium aufnehmen, ohne noch mehrjährige Berufserfahrung angesammelt zu haben. Begabte Jugendliche würden sich leichter für eine praktische Ausbildung entscheiden, wenn klar sei, dass eine Berufsausbildung viele Türen öffnet, auch die zur Hochschule.

Schornsteinfeger­handwerksgesetz treibt Stilblüten

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes Ende 2008 gibt es zahlreiche Aktivitäten der schwarzen Zunft. So schlossen sich einzelne Schornsteinfeger zu Gemeinschaften im Rahmen einer GmbH zusammen. Diese Gemeinschaften bieten zum Teil über den Umweg über das EU-Ausland nicht nur die gesamte Palette der Schornsteinfegerarbeiten, sondern auch die Inspektion und Wartung von Heizungsanlagen an. Für den Vorsitzenden Stather liegen die Probleme auf der Hand: „Wenn zum Beispiel eine GmbH eine Rechnung erstellt, ist nicht mehr nachvollziehbar, welcher Schornsteinfeger konkret welche Arbeiten durchgeführt hat. Insofern kann damit der Ansatz im Schornsteinfegergesetz ausgehebelt werden, dass ein Bezirksschornsteinfegermeister keine gewerblichen Wartungsarbeiten an Feuerstätten in seinem eigenen Kehrbezirk durchführen darf. Damit besteht aber die von uns im Gesetzgebungsverfahren angesprochene Ungleichbehandlung mit der Folge von wirtschaftlichen Nachteilen für unsere Gewerke, da in der Übergangszeit Messungen und Überprüfungen an Feuerstätten als hoheitliche Tätigkeit nur von Bezirksschornsteinfegern durchgeführt werden dürfen.“ Ungeachtet der aktuellen Probleme sprach sich Stather für eine kooperative Zusammenarbeit von SHK-Handwerksbetrieben und Schornsteinfegern statt einer Konfrontation aus.

Gegen Ende seiner Ausführungen forderte der Verbandsvorsitzende die Betriebe auf, noch gezielter auf die Kunden zuzugehen. Der Wohnungs-Neubau werde weiter vor sich hindümpeln. Deshalb setze der Fachverband auf Sanierung und Modernisierung. Um Markt für seine Mitgliedsbetriebe zu machen, werde sich der Fachverband und die Innungen am 19. und 20. September wieder am Energietag Baden-Württemberg sowie am Tag des Bades engagieren und gemeinsam mit seinen Mitgliedsbetriebe Markt­impulse setzen. Hier sei die Beteiligung jeden einzelnen Betriebes gefordert.

Über den Tellerrand hinaus gesehen

Prof. Heribert Schmitz, ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender von Hewlett-Packard Deutschland, führte die Teilnehmer weg von den konkreten Alltagssorgen und zeigte die globalen Zusammenhänge von Ressourcen, Umweltschutz und Arbeitsmärkten auf. Seit seinem Ausscheiden engagiert sich Schmitz im Ökosozialen Forum Deutschland e.V. und wirbt für ein humaneres Miteinander. In seinem spannenden Vortrag führte er Parameter auf, unter denen in einer Welt in Balance, alle Menschen ein Leben in Würde führen können. Eine solche Welt gewährleistet die Entfaltung individueller Fähigkeiten in einer solidarischen Gemeinschaft, welche die Natur als Lebensgrund­lage achtet und schützt. Soziale Spaltung und ökologische Übernutzung der Ressourcen betrachtet Schmitz als Ausdruck einer politischen Gesamtkrise der Weltgesellschaft, die es zu überwinden gelte. Er zeigte sich davon überzeugt, dass eine im Weltmaßstab ökologisch und sozial gestaltete Marktwirtschaft als sich selbst tragendes System von Wettbewerb und Koopera­tion zu den wesentlichen Elemen­ten einer Welt in Balance gehört. Damit die Kulturen der Welt ein friedliches Zusammenleben auf der Grund­lage gemeinsamer Werte gestalten können, hält das Ökosoziale Forum Deutschland e.V. die Schaffung zusammenhängender Rahmenbedingungen für unerlässlich. Für die Teilnehmer bedeutete der Vortrag einen interessanten Blick über den Tellerrand hinaus.

Die Besten geehrt

Die öffentliche Mitgliederversammlung bildete auch diesmal den angemessenen Rahmen, um außergewöhnliche Leistungen zu würdigen. Für seine Verdienste rund um die Berufsorganisation wurde den SHK-Handwerksunternehmern Horst Fischer (Lampoldshausen), Walter Frank (Schwäbisch Hall), Walter Grötzinger (Heubach), Uwe Gross (Laichingen), Alexander Kotz (Stuttgart), Peter Maier (Zell), Arno Müller (Bühlertal), Alfred Schulz (Bad Saulgau) und Christian Wangart (Freiburg) die silberne Ehrennadel des Fachverbandes überreicht.

Auch der handwerkliche Nachwuchs wartete im letzten Jahr mit außerordentlichen Leistungen auf, die im Rahmen der Öffentlichen Mitgliederversammlung mit der Auszeichnung der Landessieger des praktischen Leistungswettbewerbes der Handwerksjugend ihren Höhepunkt finden. Bei den SHK-Anlagenmechanikern hatte Thomas Volle aus Tübingen die Nase vorn. Ulrich Nesper aus Affalterbach im Landkreis Ludwigsburg gewann den Landeswettbewerb im Bereich Klempnerei. Er konnte sich doppelt freuen, denn auf Bundesebene konnte er ebenfalls den ersten Platz erzielen. Doch auch Thomas Volle durfte mit einer weiteren Auszeichnung die Bühne verlassen. Als bester Anlagenmechaniker erhielt er für seine überdurchschnittlichen Leistungen den Förderpreis der Gasversorgung Süddeutschland.

Fachtagung mit vielen nutzwertigen Infos

Einen weiteren Themenkomplex des Verbandstages bildeten die Fachvorträge, die für jeden Teilnehmer eine willkommene Weiterbildung bedeuteten. Die Ausführungen waren auf die Belange der täglichen Praxis abgestimmt und bargen viele Tipps. Hier die Referenten und Themen im Überblick:

  • Über die wirtschaftliche Situation und Aussichten berichtete Dr. Hans B. Klein, Hauptgeschäftsführer des Fachverban­des.
  • Wie professionelles und effektives Forderungsmanagement aussehen kann, zeigte Tanja Ludwig von der Direkt-Inkasso auf. Das Unternehmen hat sich spe­ziell auf SHK-Handwerksbetriebe spezialisiert.
  • Matthias Bergmann, Referent des Fachverbandes, informierte über die aktuellen Änderungen bei der VOB/B, die nun bei Privatkunden nicht mehr rechts­sicher ist. Zudem gab es aktuelle Infos rund um das Baurecht und das Forderungssicherungsgesetz.
  • Über die Anforderungen der EnEV 2009 und die praxisgerechte Umsetzung auf der Baustelle berichtete Fachverbandsreferent Jörg Knapp.
  • Über Wohlfühlfaktoren und die vielen Faktoren rund um die neue Sinnlichkeit im Bad referierte Prof. Rudolf Schricker aus Stuttgart.
  • Die Anforderungen an die Ausführung von Bauklempner­arbeiten lagen Fachverbandsgeschäftsführer Dietmar Zahn am Herzen.

Ein Festabend und ein attraktives Rahmenprogramm rundeten die Veranstaltung ab. Der Verbandstag 2010 findet am 25. und 26. Juni statt. Klaus Weinmann, Obermeister der gastgebenden Innung Esslingen/Nürtingen lud bereits jetzt hierzu in die Zwiebelstadt Esslingen ein. Einen Teil der Themen werden wir im Rahmen unserer Fachberichterstattung in den nächsten SBZ-Ausgaben aufgreifen.