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Alles, außer gewöhnlich

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Bei der Bad-Planung sollten Wünsche, Vorlieben und Bedürfnisse des Kunden im Mittelpunkt stehen. Die Planungsphase ist entscheidend für den Gesammterfolg. Dabei muss der Planer sich auf den Stil des Kunden einstellen, lenkend einwirken und Empfehlungen aussprechen. Im Kundengespräch werden die grundlegenden Aspekte geklärt und reelle Bedürfnisse ermittelt. Das ist erst mal nicht neu – spannend wird die Umsetzung aber, wenn vonseiten der Nutzer die verschiedensten Ansprüche in einer Planung vereint werden sollen.

Wenn Nutzer und Bauherr unterschiedliche Personen sind

Die Bedürfnisse und Wünsche der Auftraggeber hängen von vielen Faktoren ab. Ob es sich bei ihnen um Singles, ein Paar, eine Familie oder Best-Ager handelt ist das wohl offensichtlichste Unterscheidungskriterium und lässt erste Rückschlüsse auf Anzahl der Nutzer und Ihrer Bedürfnisse zu – das allein ist aber nicht der Maßstab. Im folgenden Beispiel war der Auftraggeber eine Familie, die Nutzer allerdings „nur“ die beiden Teenager. Bei der Modernisierung trafen also viele unterschiedliche Vorstellungen aufeinander: Die der Eltern als Geldgeber und die der Kinder als Nutzer.

Ausschlaggebend sind in einem solchen Fall erst mal die Bedürfnisse der Nutzer. Da es sich um verschieden geschlechtliche Teenager handelte, war eine gewisse Wahrung der Intimität als planerisches Ziel wünschenswert. Denn gerade morgens ist auch mal mit einer zeitgleichen Nutzung zu rechnen – und wenn es dabei nur um eben den Lidstrich nachziehen oder den letzten Feinschliff mit Gel bei der Frisur geht. Daraus ergab sich folgende planerische Zielsetzung:

  • WC möglichst abgetrennt
  • Zwei Waschbecken mit personenbezogenem Stauraum
  • Duschbereich zum Eingang hin etwas sichtgeschützt, wenn möglich mit Standfläche davor zum Abtrocknen
  • Wünschenswert eine Sitzgelegenheit, besonders für Beautystunden mit den Freundinnen (von ihr).

Gegenläufige Vorstellungen in einer Planung vereinbar?

Die Wünsche vom Jungen und Mädchen klafften in einem wesentlichen Punkt weit auseinander: so wollte der Junge eine großzügige offene Dusche ohne Tür – sie dagegen eine eher geschlossene Duschkabine, da sie sonst unter Dusche frieren würde. „Kannst ja die Tür offenstehen lassen“ war der Vorschlag des Mädchens – keine zufriedenstellende Lösung. Wie also diese konträren Wünsche vereinen?

Das Raumkonzept ergab eine Gliederung, bei der das WC im vorderen Bereich nahe des Eingangs liegen sollte. Der Doppelwaschtisch wäre zwar von der Zonierung in Trocken- und Nassbereich und als stark frequentiertes Objekt ebenfalls idealerweise dort anzusiedeln. Aus Platzgründen und um eine Kollision zwischen davorstehenden Personen mit der Eingangstür zu vermeiden, wurde dieser in den hinteren Bereich vors Fenster verfrachtet. Aus technischen Gründen wurde das WC auf der linken Raumseite platziert.

Da hier allerdings nur etwa 87 cm Wand bis zur Türbekleidung blieb, musste zur WC-Abtrennung eine filigrane Lösung gefunden werden. Wegen Platzmangels wurde eine Schiebetür zum Schließen gewählt, auch wenn diese akustisch nicht so wirksam ist.

Beste Lösung aus der Situation heraus entwickelt

Die Schiebetür des WC-Raumes könnte doch auch für den Duschbereich als Abschottung gegen Zugluft fungieren (Bilder 1, 2 und 3). Jetzt musste nur noch eine gestalterisch ansprechende, technische Lösung her. Da eine Bodenschiene bekanntlich ein Dreckfang ist, war eine nur oben geführte Aufhängung angestrebt. Da die Abtrennung des WCs aus Platzmangel nicht mit einer massiven Wand ausgeführt werden konnte, eine einfache Werkstoffplatte als Abtrennung (wie bei öffentlichen WC-Reihenanlagen) gestalterisch nicht ansprechend erschien, wurde eine filigrane Wand aus wasserfestem Holzwerkstoff gewählt. Dadurch wirkt die WC-Abtrennung eher wie ein Möbel statt wie eine massive Wand.

Es lag nahe, diesem Bereich einen „Deckel“ zu verpassen. Die Decke wurde abgehängt und als Auskragung wie ein Baldachin (Bild 4) über den „Duschvorraum“ gezogen. So konnte elegant eine verdeckte Laufschiene für die Schiebetür eingearbeitet werden. Als Raffinesse erhielt der Baldachin über dem Duschaustrittsbereich eine hinterleuchtete, satinierte Glasscheibe (Bild 5).

Ohne untere Führung würde die Schiebetür jedoch schwingen. Also mussten Führungsstifte her. Im Bereich der Trennwand zwischen WC und Dusche wurde ein kleiner Winkel montiert. Die Schiebetür erhielt in der oberen Schiene einen Stopper, der dafür sorgt, dass die Tür beim Schließen des WC-Raums nicht überschießt. Ein kleiner Wiederstand muss überwunden werden, um die Schiebetür weiter, vor den Duschaustrittsbereich, zu bewegen.

Der „Teenager-Unordnung“ planerisch entgegenwirken

Zwei Waschbecken vermeiden morgendlichen Stau und vor allem Streit – auch wenn in dem Alter lieber alleine im Bad hantiert wird, so kann sich wenigstens im Notfall jeder zeitgleich fertig machen. Dazu kommt, dass sich keiner über den anderen beschweren kann, er hätte das Waschbecken verdreckt zurückgelassen – ein Punkt weniger für Teenager-Gezanke.

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Ermittlung der benötigten Kosmetikmengen und Ihre Handhabung. Soll die griffbereit und sichtbar oder unsichtbar verstaut werden? Hier gibt es bei den Müttern von Teenager oft verschiedene Sichtweisen: Die einen wünschen sich geschlossenen Stauraum, um das Chaos der Kinder nicht zu sehen (Bild 6), die anderen plädieren für offene Ablagen, um das Kind zur Ordnung anzuhalten.

Gleiches gilt für elektrische Geräte: Zahnbürsten, Föhn, Lockenstab und Rasierer oder Munddusche etc. pp. sind maßgeblich für die Gestaltung des Waschplatzes. Praktisch sind Wandeinbauspiegelschränke, die Steckdosen vorhalten und so unsichtbar die elektronischen Helfer aufnehmen und gleichzeitig laden. Bei den größeren Elektrogeräten wie Föhn und Co wird es schon schwieriger. Schön sind Waschtischunterbaumöbel, die in den Schüben Steckdosen vorhalten. So fällt es selbst chaotischen Teenagern leicht, diese Geräte nicht im ganzen Bad zu verteilen.

Zusätzlicher Stauraum für Hygieneartikel (Klopapier und Co.) sowie Handtücher in Duschgriffnähe sind selbstverständlich. Oft vergessen wird dagegen die Frage nach Handhabung der Schmutzwäsche. Biologisch stellt sich ja gerade bei Teenagern der Körper hormonell um und so neigen einige zu übermäßiger Schweißbildung. Außerdem steigt das Körperbewusstsein und mehrmaliges Wechseln der Klamotten am Tag ist keine Seltenheit. Wünschenswert, wenn dann von vornherein bei der Planung an das Sammeln von Schmutzwäsche gedacht wurde – hier in den Schüben der Bank – und so die bekannten Klamottenberge auf dem Boden vermieden werden können (wenn denn der Teenager diese Möglichkeit annimmt ...).

Die Bank dient als Stauraum und für die heranwachsende Tochter als Sitzbereich (auch mit Freundinnen) und Lager für Beauty-Anwendungen. Oder einfach als Ablage bei der morgen- oder abendlichen Entscheidungsfindung, welches Outfit heute gefällt.

Bei der Gestaltung imMaterial-Dreiklang bleiben

Steht das Raumkonzept, die Anordnung der Objekte, gilt es den Raum mittels Farbe und Materialien zum Leben zu erwecken. Dabei gibt es sogenannte Material- und Farbfamilien. Bei der Auswahl ist die Beschränkung auf eine Farbfamilie ratsam. Materialien dürfen unterschiedlich sein, solange sie dem Ton-in-Ton-Konzept oder einem Thema folgen. Denn durch zuviel Stil- und Materialmix kann eine unruhige Atmosphäre geschaffen werden. Dennoch ist Abwechslung erlaubt und gewünscht, denn dadurch entsteht Spannung.

Gegenüber der früheren Annahme, kleine Fliesen würden kleine Räume größer erscheinen lassen, weiß man heute, dass Großformate sich dazu besser eignen. Durch den geringeren Fugenanteil wirken sie ruhiger und flächiger. Kleine Mosaikformate eignen sich besonders gut zur Betonung einzelner Flächen.

Farbe und Materialien gehören im Beispiel der Natur-Welt an, allein der Hell-Dunkel-Kontrast durch das Mosaik und seine lebendige Ausstrahlung erzeugt Spannung und garantiert, dass es nicht langweilig wird. Allerdings sollte man den Kunden auf den höheren Pflegeaufwand bei Mosaik im Duschbereich informieren. Großformatige Fliesen auf dem Boden und den übrigen Wandflächen wirken wie eine Fläche und geben so einen ruhigen Hintergrund. Der WC-Raum ist mit Holzwänden in gleichem Dekor wie Waschtischmöbel, Bank und Heiznischenverkleidung abgeteilt und integriert sich so perfekt ins Gestaltungskonzept.

Naturfarben und Materialien (Bild 7) sind schlicht, elegant und niemals laut. Der Zeitgeist kann ihnen gestohlen bleiben. Modische Trends lassen sie unbeeindruckt. Sie sind unkompliziert, nicht aufdringlich und vermitteln echte Wohlfühlatmosphäre. Sand- und Steintöne harmonieren untereinander und lassen sich perfekt mit Hölzern kombinieren. Sie lassen Raum für farbige Akzente mittels Accessoires, so lässt sich dem Raum auch nach Jahren mit einfachen Mitteln ein neues Gesicht geben. Es entsteht ein Rückzugsort der Ausgeglichenheit.

Beleuchtung als Gestaltungselement nutzen

Licht wird von seinem bisherigen Zweck der notwendigen allgemeinen Beleuchtung befreit und wird zu einem Gestaltungselement mit kreativem Potenzial erhoben. Es sollte in seinem Einsatz umfassend und vorausschauend, das heißt auf Nutzung, Anwendung, Wechselwirkung und in Beziehung zur Architektur und der sich in ihr bewegenden Menschen geplant werden.

Dabei kann Licht als diffus, gerichtet und in Form von Reflexion und Glanz auf Oberflächen, sowie als architektonisches Werkzeug zur Bearbeitung von Räumen eingesetzt werden. Letzteres bedeutet, dass erst durch den bewussten Einsatz von Licht die gewollte Wirkung des Raumes erreicht wird. Gleichmäßig ausgeleuchtete Räume erzeugen keine Atmosphäre und wirken langweilig. Sie erzeugen weder Geborgenheit noch Entspannung oder wecken die Lebensgeister.

Nur unterschiedliche Lichtquellen und akzentuiert eingesetztes Licht kann solche Stimmungen erzeugen. Durch Betonungen und Schattenspiel entfalten Materialien erst Ihre Schönheit. So entfaltet Glasmosaik erst seine Tiefen- und Glanzwirkung durch gezielten Licht-Einsatz. Die beleuchteten Nischen sorgen für angenehmes Licht und belebte Wandflächen. Auf weitere Deckeneinbauleuchten wurde bewusst verzichtet um das schmale Deckenfeld als ruhige Fläche zu erhalten.

Alle Ziele in einer Planung vereint?

Konträre Wünsche der Nutzer können realisiert werden, wenn der Planer kreativ nach einer Lösung sucht. Teuere Materialien allein machen noch kein gutes Bad. Nur wenn alle planungsrelevanten Aspekte berücksichtigt werden und eine einwandfreie handwerkliche Leistung erbracht wurde, ist der Kunde auch dauerhaft zufrieden. Und zufriedene, weiterempfehlende Kunden sind bekanntlich die beste Werbung.

Checkliste

Hochwertig von A bis Z

Unterschiedliche Ziele in einer Badplanung vereinen und trotzdem hochwertig planen und bauen: Zuerst gilt es, die Bedürfnisse der Nutzer zu ermitteln:

  • Alter und Größe der Nutzer
  • Tagesabläufe, Vorlieben und Rituale?
  • Wie viele Nutzer halten sich gleichzeitig im Bad auf?
  • Ist eine Wanne erforderlich? Oder reicht eine Duschfläche?
  • Welche elektrischen Geräte sollen integriert werden? (Zahnbürsten, Föhn, Rasierer, Schminkspiegel etc.)
  • Wie viel Stauraum wird wo benötigt?
  • Sind Multi-Media-Systeme gewünscht?

Planung

  • Idee finden, Lösung suchen
  • Bedarfsanalyse einbinden
  • Raumgliederung in Zonen
  • Verkehrsflächen und Achsen berücksichtigen
  • Intimität wahren – WC separieren
  • Gewünschte Blickrichtungen von den Einrichtungsgegenstände aus erfragen
  • Bereits bei der Badplanung auch ein geeignetes Fliesenraster auswählen
  • Atmosphärische und technische Highlights setzen, wie eine besonders betonte Wand oder ein Duschhimmel
  • Badetuchhalter/Heizkörper in Nähe von Dusche und Wanne einplanen

Bestandsaufnahme

Die Bestandsaufnahme sollte man mit der Kamera dokumentieren. Folgende Punkte sind zu beachten

  • Stimmen die internen Raumabläufe?
  • Bringt eine Verlegung der Objekte mehr Lebensqualität?
  • Wäre dies realisierbar? Wie sieht es mit Steigesträngen und Abflüssen aus?
  • Kann das Schlafzimmer angebunden werden?
  • Können benachbarte Flächen, wie ein Abstellraum, hinzugenommen werden?
  • Ist es sinnvoll den Außenbereich, wie Balkon oder Terrasse einzubinden?
  • Wäscheabwurf gewünscht?

Material- und Farben

Die sorgfältige Auswahl von Farben und Materialien ist ein Muss.

  • Optik, Materialbeschaffenheit und Reinigungseigenschaften überprüfen
  • Gefühlsempfinden der einzelnen Materialien/Oberflächen berücksichtigen
  • Muster-Collagen zur Kundenberatung kompetent erstellen
  • Da jeder Farbe anders empfindet und das Tageslicht in jedem Raum anders ausfällt, Farbanstriche erst vor Ort bestimmen, zu Testzwecken in unterschiedlichen Farbnuancen auftragen
  • Beim Einsatz von Holzböden unbedingt nur ausdrücklich geeignete Materialien einplanen

Autor

Nicola Stammer, Dipl. Ing. Innenarchitektur, übernimmt die Gestaltung von Hotels, Büros und Privathäusern. Ihr Repertoire reicht bis zum Ladenbau, das Bad hat sie sich als eigentliches Steckenpferd ausgesucht. Schon zweimal konnte sie als Siegerin des SBZ-Bad-Kreativ-Wettbewerbs überzeugen. innenarchitektur@nico-stammer.de www.nico-stammer.de

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