Der Einsatz von Licht und Beleuchtung im Badbereich ist umfangreich und spannend. Erst durch gute Beleuchtung werden das Badezimmer, die eingesetzten Fliesen, die Armaturen und das Interieur sichtbar. 80 % der Wahrnehmung des Menschen erfolgt über das Auge, entsprechend wichtig ist eine gute und professionelle Beleuchtung.
Das richtige Licht fürs Bad
Die Wirkung des Lichts kann man in verschiedene Bereiche unterteilen. Licht macht Objekte wahrnehmbar, bringt Farben und Oberflächen zur Geltung und ist verantwortlich für die Güte der Wahrnehmung und Licht wirkt motivierend auf die Menschen.
„Ein Haus ist nur bewohnbar, wenn es voller Licht und Luft ist.“ Diese Zitat des großen Architekten Le Corbusier, 1923, zeigt die Wichtigkeit von Licht in Gebäuden, in unserem besonderen Fokus das Licht im Badezimmer. Im Badezimmer beginnt und endet der Tag des Menschen. Hier starten wir am Morgen in den Tag und kommen am Abend zur Ruhe. Das bedeutet die Ausstrahlung des Badezimmers trägt entscheidend zum Wohlbefinden des Menschen bei.
Trotzdem wird Licht im Badezimmerbereich immer noch unterschätzt bzw. teilweise stiefmütterlich behandelt, dabei gibt es eine Vielzahl von Leuchten, Lichtquellen, farbigem LED-Licht, um ein Bad in Szene zu setzen.
Ziele, Natur und Stimmungen
Man unterscheidet drei Ziele, um Licht zu definieren. Erstens: Licht wird benötigt um Sehen zu können, gleichzeitig darf es aber nicht blenden, dies vor allem nicht im Bereich des Spiegels. Zweitens: Licht wirkt auf den Menschen aktivierend und drittens, Licht ist leistungsfördernd und dient zum Wohlfühlen.
- Sehen mit Licht
- Aktivieren mit Licht
- Wohlfühlen mit Licht
Die Umsetzung, insbesondere die Lichtplanung mit diesen drei Aspekten ist Hauptthema dieser Artikelserie. Bevor wir in die Lichtplanung und die Details einsteigen, soll die Natur und die dort vorhandenen Lichtstimmungen kurz beleuchtet werden. Die Natur macht es uns vor, wie eine Lichtstimmung, insbesondere eine farbige Lichtstimmung, aussehen sollte. Da der Mensch durch die Natur geprägt ist, sind sowohl die Lichtrichtungen als auch die farbige Zusammensetzung des Lichtes für den Menschen von Bedeutung. Wir alle kennen einen Sonnenaufgang mit einem leicht blauen Himmelshintergrund, in dem ein rötlich wirkender Sonnenball aufsteigt. Tagsüber der blaue Himmel und am Abend der Sonnenuntergang mit einem meist orange- oft auch magentafarbenen Himmelslicht (Bild 3).
Dynamisches Licht
Was wäre, wenn sich dieses Licht, während man sich duscht oder Zähne putzt, langsam heller und auch immer bläulicher würde? Und am Ende komme ich aus meinem Badezimmer, bin fit und wohlgelaunt. Wäre das nicht etwas, das wir uns wünschen? Und der umgekehrte Fall, wenn wir abends zu Bett gehen, dass sich das Licht langsam vermindert, abgedimmt wird (entweder automatisch oder von Hand gedimmt) und immer rötlicher wird, so wie die Natur es uns vormacht? Zukunftsvision, ja und nein. Es gibt schon Beispiele, wo so etwas eingesetzt wird, Stichwort Living Place, eine Wohnung der Zukunft, die in den nächsten Artikelserien noch genauer vorgestellt wird. Oder der neue Lichtspiegel Letizia von der Firma Kiteo (Bild 4) mit im Moment noch von Hand veränderbarem weißem Licht.
Natürliche Lichtrichtungen
Aus unserer alltäglichen Erfahrung sind uns die verschiedenen Beleuchtungssituationen vertraut. Das gerichtete Licht der Sonne bei wolkenlosem Himmel und das diffuse Licht bei geschlossener Wolkendecke. Bei der Ausleuchtung des Badezimmers muss entsprechend ein der jeweiligen Situation angemessenes Verhältnis von diffusem und gerichtetem Licht erzeugt werden. Bei der Lichtplanung bzw. der Ausleuchtung eines Badezimmers müssen die elementaren Erfahrungen bezüglich Lichtrichtung und Lichtfarbe bei Tageslicht aus der Natur berücksichtigt werden. So kommt das gerichtete Sonnenlicht von oben oder von der Seite, jedoch nie von unten. Die Lichtfarbe des Sonnenlichts ist deutlich wärmer als die des diffusen Himmelslichts. Das bedeutet, eine Beleuchtung, bei der ein gerichtetes Licht schräg von oben einfällt und eine warme Lichtfarbe besitzt, wird als natürlich empfunden.
Licht und Strahlung
Bevor im nächsten Artikel die lichttechnischen Grundgrößen wie Lux und Lumen genauer behandelt werden sollen, soll hier ein kurzer Blick auf die physikalischen Grundlagen von Licht bzw. den spektralen Verlauf von Tageslicht im Vergleich zu künstlichen Lichtquellen wie Halogenglühlampen und Leuchtstofflampen gerichtet werden.
Sichtbare Strahlung: Das Licht bzw. die Strahlung, die der Mensch erkennen kann, gehört zum Gesamtbereich der elektromagnetischen Strahlung, die von der kosmischen Strahlung bzw. Höhenstrahlung bis zu den technischen Wechselströmen reicht. Der Bereich der optischen Strahlung reicht vom kurzwelligen Bereich der UV-Strahlung bis zum langwelligen Infrarot-Bereich (Bild 5). Von dieser optischen Strahlung vermag das menschliche Auge nur den schmalen Bereich von etwa 380 nm bis 780 nm Wellenlänge als Licht empfinden, das nach dem Eintritt in das Auge eine Hellempfindung auslöst.
Licht- und Emissionsspektren: Um die Wirkungsweise der verschiedenen im Badezimmer eingesetzten Lichtquellen zu verstehen, soll und muss an dieser Stelle kurz auf die Licht- bzw. die Emissionsspektren der Lichtquellen eingegangen werden, um zu verstehen, wie wirken Räume, Materialien und vor allem Fliesen unter verschiedenen Lichtquellen. Man unterscheidet bei der Strahlung bzw. der Emission von Strahlung zwischen natürlichen Lichtquellen (Sonne, Tageslicht) und künstlichen Lichtquellen (Halogenlampe, LED etc.). Das Licht bzw. die Strahlung wird dabei von den Lichtquellen emittiert (ausgestrahlt). Die Strahlung von natürlichen und künstlichen Lichtquellen kann sehr unterschiedliche Spektren (Emissionsspektren) besitzen, siehe dazu die nachfolgenden Abbildungen mit den entsprechenden Spektren. Des Weiteren unterscheidet man bei den Spektren zwei Arten von Strahlung. Entweder wird das Licht kontinuierlich abgestrahlt wie beim Tageslicht oder einer Glühlampe oder als Linienspektrum wie bei Leuchtstofflampen.
Wie wir noch aus dem Physikunterricht in der Schule wissen, setzt sich das Tageslicht aus Strahlen verschiedener Wellenlängen zusammen (Bild 6). Trifft dieses Licht auf eine diffus reflektierende Oberfläche und wird gleichmäßig reflektiert, erscheint dem Menschen die beleuchtete Oberfläche als weiß, da alle Wellenlängen zurückgestrahlt werden. Fehlen Teile des Spektrums in der Lichtquelle oder werden Teile des Spektrums von den beleuchteten Oberflächen absorbiert, so erscheinen die Flächen farbig. Ein ganz heikles Thema bei Fliesen.
Physiologie des Sehens
Der Mensch ist, wie bereits erwähnt, ein „Augenmensch“. 80 % aller Sinneseindrücke nimmt er über seine Augen wahr. Man unterscheidet zur Aufnahme bzw. Verarbeitung der Lichtreize durch das Auge und das Gehirn dabei verschiedene „Baugruppen“ wie das optische System des Auges (Bild 9), die Netzhaut, den Sehnerv und das Sehzentrum im Großhirnbereich. Die Netzhaut enthält dabei lichtempfindliche Rezeptoren, die auf das einfallende Licht reagieren. Es gibt dabei zwei Arten von Empfängerzellen (Zapfen und Stäbchen).
- Die Zapfen reagieren dabei auf die unterschiedliche spektrale Zusammensetzung des Lichts und sind somit für die Farbwahrnehmung und das Tagessehen zuständig. Man spricht dabei von einem Rot-, Grün- und Blau-Zapfen.
- Die Stäbchen nehmen die unterschiedliche Intensität des Lichts wahr und registrieren somit die Helligkeitswerte, wobei sie keine Farben unterscheiden können und aus diesem Grund vor allem für das Nachtsehen zuständig sind.
Die Netzhaut des Menschen enthält rund 6,5 Millionen Zapfen und rund 125 Millionen Stäbchen. Nach der Absorption von Lichtquanten in der Netzhaut erfolgt daran anschließend eine sehr komplexe Weiterverarbeitung der Lichtreize in den verschiedenen Neuronenschichten der Netzhaut. Dort werden die Informationen in elektrische Signale umgewandelt und gelangen dann über die Sehnervenbahnen in das Sehzentrum innerhalb der Großhirnrinde (Areal 17), die zum visuellen Cortex gehört.
Biologische Wirkung von Licht
Neben den bisher ausgeführten Erklärungen zu Licht und Auge besitzt das Auge und insbesondere das einfallende Licht und die Lichtart einen sehr großen Einfluss auf unser Wohlempfinden. Im Jahr 2002 haben Mediziner einen neuen Rezeptorzelltyp (melanopische Ganglienzelle) in der Netzhaut des Auges entdeckt, den sogenannten „dritten Rezeptor“. Diesen Rezeptor gab es in der Netzhaut schon immer, nur hat man die spezielle Wirkungsweise dieser Ganglienzelle erst vor rund 10 Jahren entdeckt, nämlich dass dieser Rezeptor relativ langsam auf Lichtveränderungen reagiert und über einen eigenen speziellen Pfad, den blauen Pfad, direkt mit dem suprachiasmatischen Nukleus (SCN) im Hypothalamus verbunden ist (Bild 10).
Dieser Rezeptorzelltyp reagiert vor allem auf helles, bläuliches Licht und ermöglicht durch nachfolgende hormonelle Abläufe die Unterdrückung des Schlafhormons Melatonin (Melatoninsuppression). Melatonin ist vereinfacht ausgedrückt ein Schlafhormon. Erhält der Mensch bzw. die Netzhaut viel helles, blaues Licht von oben (typischerweise Tageslicht), so signalisiert bzw. bewirkt dieses Licht, dass der Mensch aktiv ist. Fehlt dieses Licht oder ist es nur in geringer Menge vorhanden, so beginnt die Ausschüttung des Schlafhormons und der Mensch wird müde.
Durch diese Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass die melatoninunterdrückende Wirkung von Licht auf einen eigenen Photorezeptor im Auge zurückgeht, der im Wesentlichen im blauen Spektralbereich empfindlich ist. Damit konnte auch belegt werden, dass von den externen Reizen (sogenannte Zeitgeber), die unseren Organismus in einem 24-Stunden-Tag-Nacht-Wechsel in Einklang bringen, das Licht der wichtigste Zeitgeber ist. Dieser 24-Stunden-Rhythmus wird auch Circadianer Rhythmus genannt. Alle die an Jetlag leiden, kennen das Problem. Die Richtigkeit dieser Aussagen wurde mittlerweile in klinischen Tests im Schlaflabor an der Charité in Berlin bestätigt. Das bedeutet, dass Licht auch eine biologische Wirkung besitzt.
Da diese melanopsinhaltigen Rezeptoren vor allem im unteren Bereich der Netzhaut liegen, bedeutet dies, dass wenn Licht aktivieren soll, das Licht von oben kommen muss, hohe Intensitäten (Beleuchtungsstärke in Lux) besitzen muss und ein bläuliches Licht (Farbtemperatur in Kelvin) sein soll. Diese Entdeckung der circadianen Wirkung von Licht ist für die Lichttechnik und die Medizin der Auslöser, sich intensiv mit dem Thema zu befassen. Man muss in Zukunft Lichtquellen nicht nur nach ihrer Energieeffizienz, ihren lichttechnischen Größen und ihrer Ausstrahlcharakteristik betrachten, sondern auch nach ihrer biologischen Wirkung, Stichwort: circadiane Wirkung des Lichtes. Details dazu dann im nächsten Artikel. Man kann also ganz pauschal sagen, dass Glühlampen und vor allem Kerzen ein sehr entspannendes Licht produzieren, während sehr kühles (bläuliches) Licht aktivierend wirkt.
Konsequenzen fürs Bad
Das bedeutet, wenn wir morgens fit sein wollen oder müssen, benötigen wir viel helles, bläuliches Licht von einer großen Fläche von oben oder schräg von oben. Unsere Halogenlampen mit dem warmen, roten Anteil sind für den „Morgenkick“ genau das Falsche. Umgekehrt, wollen wir abends im Badezimmer relaxen oder vor dem ins Bett gehen nur noch die Zähne putzen, dann sollte das Licht nicht von oben kommen, es sollte deutlich gedimmt sein, bzw. von geringen Intensität sein und es sollte warm, bzw. rötliches Licht sein, damit der Körper zu Ruhe kommt. Entsprechendes gilt für die anderen Bereiche im Bad- bzw. Wellnessbereich.
In dieser Folge haben wir uns mit den Grundlagen des Lichts, vor allem mit der Wahrnehmung des Auges und der Entdeckung eines dritten Rezeptors im Auge beschäftigt. Dieser dritte Rezeptor, der für die aktivierende bzw. entspannende Wirkung von Licht zuständig ist, wird die Lichttechnik revolutionieren, da Licht nicht nur der Beleuchtung dient, sondern auch biologisch wirkt.
Dieses Basiswissen ist unabdingbar, um die Gesamtzusammenhänge einer guten Badlichtplanung zu verstehen. Im zweiten Teil der Serie geht es dann um die lichttechnischen Grundgrößen wie Lux und Lumen, ohne die man kein Licht planen kann. Dann werden wir uns die verschiedenen Lichtquellen auf dem Markt anschauen, vor allem natürlich LEDs und dabei ihre Wirkungsweise aber auch ihre Vor- und Nachteile betrachten. Doch lesen Sie selbst in der SBZ 6/2014.
SBZ-Tipp
Lichtseminare besuchen
Was unterscheidet eine sehr gute Badplanung von einer durchschnittlichen? Der Planungsansatz. Lichtgestaltung und Farbe im Bad tragen entscheidend zum Wohlbefinden des Menschen bei. So wie die Sonne den Tag zum Leben erweckt, bekommt ein Badezimmer erst durch Licht seinen ganz besonderen Reiz. Für Duravit hält Prof. Dr.-Ing. Roland Greule drei Seminare, die das Bad ins rechte Licht rücken.
Bei „Licht und Lichtplanung im Bad“ geht es darum, das Bad optimal in Szene zu setzen und Funktions- und Stimmungslicht benutzerorientiert einzusetzen. Das Seminar „Farbe und farbige Beleuchtung“ zielt darauf ab, Emotionen und Stimmungen zu erzeugen und zu erleben. Hier steht u.a. Farbpsychologie auf dem Programm. Wer noch tiefer in die Materie eintauchen möchte, kann sein Wissen in einem Aufbau-Seminar vertiefen. Die Kostenbeteiligung liegt bei 200 Euro + MwSt., beim Aufbau-Seminar bei 175 Euro + MwSt. Und hier die Termine:
Licht und Lichtplanung im Bad
03.04.2014, Hornberg
07.07.2014, Hornberg
22.09.2014, Hornberg
06.03.2014, Meißen
20.10.2014, Meißen
Farbe und farbige Beleuchtung
04.04.2014, Hornberg
08.07.2014, Hornberg
23.09.2014, Hornberg
07.03.2014, Meißen
21.10.2014, Meißen
Aufbau-Seminar
24.09.2014, Hornberg
22.10.2014, Meißen
Weitere Infos gibt es bei Sabrina Läufer unter Telefon (0 78 33) 7 03 15. E-Mail: sabrina.laeufer@duravit.de
Extras
Die Schriftenreihe „licht.wissen“ auf http://www.licht.de umfasst 19 Beiträge zum Thema. Den von unserem Autor zur Lektüre empfohlenen Band 19 „Wirkung des Lichts auf den Menschen“ finden Sie unter Extras auf https://www.sbz-online.de/ zum Direktdownload.
Artikelserie
Licht und Beleuchtung im Bad
Teil 1: Einführung in das Thema Licht und Bad; Natur und Stimmungen; Licht und Strahlung; Physiologie des Sehens SBZ 03/2014
Teil 2: Lichttechnische Grundgrößen und Lichtquellen; Lichttechnische Grundgrößen (Lux, Lumen, Candela); Halogenlampe, Energiesparlampe, LEDs; Energieausbeute (Lumen/Watt); Farbtemperatur, Farbwiedergabe SBZ 06/2014
Teil 3: Leuchten; Klassische Leuchten, Moderne Leuchten; Dekorative Leuchten; Leuchten und Lichtwirkungen; Lichtausstrahlrichtungen SBZ 09/2014
Teil 4: Lichtplanung; Lichtphilosophien (Licht zum Sehen, Focal Glow, Play of Brilliance, Play of Color); Lichtplanungsgrundlagen; Spiegelbeleuchtung; Lichtplanung von Badezimmern mit weißem Licht SBZ 18/2014
Teil 5: Lichtfarben; Farbwahrnehmung; Additive und subtraktive Farbmischung; Farbsysteme; Farbkontraste SBZ 21/2014
Teil 6: Emotionen; Grundlagen, Wirkungen, Emotionsmodelle; Lichtsteuerung für farbige Beleuchtung; Lichtplanung von Badezimmern mit farbigem Licht SBZ 24/2014
Autor
Dr. Roland Greule ist Professor für Beleuchtungs- und Lichttechnik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Er leitet das CompetenceCenter Mensch und Medien an der HAW-Hamburg und ist Geschäftsführer des Lichtplanungsbüro Greule in Henstedt-Ulzburg; https://www.haw-hamburg.de/; E-Mail: greule@mt.haw-hamburg.de