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Eins und eins gibt eins

Das ist ein oft vernommener Kundenwunsch: möglichst lange in den eigenen vier Wänden leben zu können. Leider stellt sich die Umsetzung gerade bei Einfamilienhäusern mit mehreren Etagen oft als problematisch dar – nicht nur im Bad. In jedem Fall sollte geprüft werden, ob ein Alltagsleben auf nur einer Etage möglich ist oder ob Treppenlifte eingesetzt werden können, bevor letztlich ein teurerer barrierefreier Badumbau vollzogen wird.

Kundenbedürfnisse analysieren und vorausschauend planen

Das heißt allgemein gesprochen: Soll ein Bad barrierefrei oder sogar rollstuhlgerecht umgebaut werden, muss der Planer nicht nur das Bad, sondern auch die anderen räumlichen Bedingungen prüfen. Denn was nützt ein rollstuhlgerechtes Bad, wenn die Erreichbarkeit nicht gegeben ist? Genauso ist bei altersgerecht barrierefreien Badplanungen zu berücksichtigen, dass eventuell in Zukunft der Nutzer einen Rollator benötigt. Dies bedeutet: Schwellen vermeiden. Besonders im Duschbereich, wo schon kleine Fliesenkanten als Überlaufschutz hinderlich oder für geschwächte ältere Personen mit Rollator unüberwindbar werden. Jeder, der einen Kinderwagen geschoben hat, weiß, wie schnell Bodenkanten zu hinderlichen Barrieren werden können.

Des Weiteren sollte die Eingangstür möglichst groß ausfallen (mindestens 90 cm breit) und nach außen aufschlagen. Zum einen, um in kleinen Bädern die Benutzung mit Rollator zu ermöglichen. Zum anderen, um einer gestürzten Person im Bad zu Hilfe kommen zu können. Analog zu Duschtüren, wo dies Vorschrift ist.

Was im Einzelnen zu tun ist, erläutert der Beitrag anhand eines klassischen Planungsbeispiels. Das Konzept zeigt beispielhaft, wie aus zwei kleinen Räumen ein barrierefreies Bad konstruiert wird. Das Besondere dabei: Es wurde ein deutlicher Höhenunterschied überwunden.

Aus zwei Räumen wird ein Badezimmer

Im Beispiel handelt es sich um ein Einfamilienhaus, in dem im Erdgeschoss ein Miniduschbad (1,83 m x 1,45 m) ohne Toilette vorhanden war. Die Gästetoilette befand sich daneben auf einer halben Etage höher und war von einem Treppenpodest aus zugänglich. Um für die Zukunft zu bauen, mit dem Ziel, ein möglichst selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden führen zu können, musste eine den vorhandenen Räumlichkeiten angemessene optimale Lösung gefunden werden. Kurz gesagt: eine ausreichende Funktion und Größe des Bades geschaffen werden.

Der Bereich unter der Gästetoilette war nicht unterkellert. Baujahr des Hauses und die alten Baupläne ließen darauf schließen, dass dieser Bereich einfach nur mit Sand und Schutt zum Höhenversprung aufgefüllt worden war. Eine Probebohrung in diesem Bereich brachte letztlich Gewissheit. Der komplette Boden des Gäste-WCs mitsamt darunter befindlichem Schutt wurde entfernt. Im nächsten Schritt wurde eine Dämmschicht eingebracht und ein neuer Betonboden gegossen, um auf die Ebene des Erdgeschosses mit dem Miniduschbad zu kommen.

Kompromisse bei Bewegungsflächen eingehen

Bewegungsflächen sind das „A und O“ eines barrierefreien Badezimmers. In diesem Beispiel wurde als Grundlage ein Bewegungsradius von 120 cm zugrunde gelegt. Dies entspricht einem Rollator und eigentlich auch heutigen Rollstühlen, bei angewinkelten Beinen des Nutzers – auch wenn nach DIN der Bewegungsradius mit 150 cm angegeben wird. Denn: Gibt der Raum bzw. der Grundriss nicht mehr Bewegungsfläche her, besonders in der Breite, muss eben ein Optimum mit kleinen Kompromissen gefunden werden. In diesem Fall liegt der bodengleiche Duschbereich im hinteren Teil des Raumes (wo sich vorher das abgetrennte Gäste-WC befand). So ist eine Zonierung in Nass- und Trockenbereich gewährleistet, das mindert die Ausrutschgefahr.

Aus diesem Grund wurden auch zwei Abflussrinnen eingeplant: eine an der rückwärtigen Seite der Dusche und eine im Antrittsbereich, um überschießendes Wasser zu verhindern. Dies empfiehlt sich besonders, wenn aus Sicherheitsgründen ein Duschvorhang gewählt wurde oder um Hilfestellungen des Partners oder des Pflegepersonals zu ermöglichen. Für Sicherheit im Duschbereich sorgt außerdem eine Dusch-/Haltegriffkombination, in der auch ein Sitz bei Bedarf eingehängt werden kann. Das ist flexibler als eine feste Montage, er kann auf die genaue Position des Nutzers und auf sein mögliches Handicap angepasst werden.

Dabei ist die richtige Anordnung der Objekte im Duschbereich wichtig. Sowohl eine auf dem Klappsitz sitzende Person als auch eine helfende Person außerhalb des Duschbereiches sollten die Armatur und den Duschkopf bedienen können. Dank des wegklappbaren WC-Haltegriffs ist in dem Kleinbad gerade so noch genügend Platz für eine Hilfsperson. Damit im Bodenbereich genügend Bewegungsfläche bleibt, wurde für die WC-Bürste ein Wand-Einbaumodul gewählt.

Der Handtuchheizkörper im Duschbereich ist nicht optimal, er sollte wie in diesem Fall verzinkt sein, um Rostbildung zu verhindern. Aus Platzmangel kam aber keine andere Position infrage, denn gegenüber dem WC hätte er den Durchgang zur Dusche noch mehr eingeengt.

Waschplatz zukunftsorientiert ausgestattet

Wegen des geringen Platzangebotes und der Zuwegung im Bereich des Waschtisches sowie um die Bedienbarkeit des Fensters zu gewähren, wurde ein möglichst schmales Waschbecken gewählt. Allerdings tief genug, um Wasser anstauen zu können für eine eventuelle Oberkörperpflege. Zeitgleich musste eingeplant werden, dass an dem Waschbecken auch mit einem Stuhl gesessen werden kann. Siphon und Abfluss sind daher dementsprechend angepasst. Ebenso wurde eine Armatur mit herausziehbarer Handbrause gewählt. Seitlich nimmt dazu ein Schrank alle Hygieneartikel auf, eine kleine Ablage für den direkten Zugriff ergänzt das Ensemble.

Bewusst geht die Ablage nicht bis an das Waschbecken, um ein Abstützen, Halten oder Heranziehen zu ermöglichen. Unter der Ablage befinden sich auf Teleskopstangen die Handtücher der beiden Nutzer, auf der anderen Seite Haken für Waschlappen und Gästehandtücher. Den barrierefreien Aspekt runden ein tiefgesetzter Spiegel und ein Kosmetikspiegel ab.

Wandflächen hell, freundlich und pflegeleicht

Da bei älteren Nutzern, besonders mit Gehhilfe oder Rollator, mit Verschleiß der Wandflächen gerechnet werden muss, sollten diese strapazierfähig gestaltet werden. Es empfiehlt sich, im Nass- und WC-Bereich raumhoch zu fliesen. Damit die Flächen nicht zu dunkel und nicht zu kalt wirken, wurde eine großformatige Fliese 30 x 60 cm in leichtem creme-beigen Farbton ausgesucht. Dazu passt der keramische Bodenbelag in R11 mit leichter Sandoptik.

Der ganze Waschtischbereich wurde zudem mit einer Holzdekorplatte verkleidet und ergänzt durch einen seitlichen Schrank. Das macht das Ganze wohnlicher und strahlt Ruhe aus, zeitgleich konnte so die sehr desolate und schiefe Wand in diesem Bereich ausgeglichen werden. Als Pendant dazu wurde über dem WC ein kleiner Schrank mit darüber liegendem offenem Fach mit Beleuchtung eingeplant.

Warum in diesem Fall die Vorwand im Duschbereich nicht als Ablagefläche für Duschutensilien genutzt wurde, liegt zum einen an der schlechten Nutzbarkeit durch eine sitzende Person, zum anderen an der Verletzungsgefahr durch eine Ablagekante bei einem eventuellen Sturz im Duschbereich.

Ausreichend Licht für dieSicherheit einplanen

Da im Alter die Sehleistung nachlässt, sollte im barrierefreien Bad genügend Licht vorhanden sein. Denn eine schlechte, ungleichmäßige Ausleuchtung kann bei älteren Menschen Unsicherheit hervorrufen und im schlimmsten Fall zu Unfällen (Stürzen) führen. So ist eine gute Gesamtausleuchtung empfehlenswert. Dazu wurde am Waschtisch seitliches Licht für eine gute Gesichtsausleuchtung geplant, der Kosmetikspiegel ist ebenfalls beleuchtet.

Die auskragenden Leuchten oberhalb des Spiegels waren übrigens ein Wunsch des Mannes nach einem Ausstellungsbesuch, bei dem die vorgeschlagenen Objekte in Augenschein genommen wurden. Sein Argument: Er könne sonst sein Haar nicht richtig frisieren. Eine Bemusterung in Funktion kann also sehr hilfreich sein und vermindert die Gefahr, dass die Kunden später unzufrieden sind.

Der Wunsch nach einem möglichst langfristig selbstbestimmten Leben in den eigenen vier Wänden ist gestiegen und fordert vom Planer mehr als nur ein barrierefreies Bad. Die Rahmenbedingungen müssen ebenfalls barrierefrei sein oder dementsprechend umgebaut werden (können). Eingangsbereich, Türdurchgangsbreiten und die Prüfung, ob ein Treppenlift eingebaut werden kann, sodass das barrierefreie Leben auf zwei oder mehreren Etagen möglich ist, muss im Vorfeld ermittelt und mit dem Kunden besprochen werden. Im Zweifel empfehle ich, lieber fachlichen Planungs- oder Bau-Beistand einzuholen.

Über das Bad hinaus beraten

Denn wer die Rahmenbedingungen nicht abklärt und sich auf den Status „er sei ja nur für den barrierefreien Badumbau bestellt“ zurückzieht, der riskiert nicht nur unzufriedene Kunden, sondern auch seinen Ruf als kompetenter Berater. Der Kunde ist Laie und von diesem ist Weitblick und vorausschauendes Denken nicht grundsätzlich zu erwarten.

Tipp

Nutzung durchspielen

Was leider allzu oft bei der Planung barrierefreier Bäder vergessen wird: Bei Benutzung mit einem Rollator müssen auch entsprechende Parkpositionen vorgehalten werden. Um diese Abläufe optimal zu berücksichtigen, sollte man als Planer im Grundriss einfach mal die verschiedenen Bewegungsabläufe durchspielen – am besten geht dies, wenn man einen Rollator aus Papier ausschneidet und auf dem Grundriss die einzelnen Handlungen im Bad nachspielt – ähnlich einem Kind, das mit Spielzeugautos auf einem Teppich mit Straßenmuster rumkurvt. Schnell wird man feststellen, wo die Planung noch hakt.

SBZ-Checkliste

Allgemeine Tipps für altersgerechte Bäder

  • Bewegungsradius von mindestens 120 cm zugrunde legen
  • Eingangstür nach außen aufschlagen lassen und möglichst breit gestalten
  • Parkpositionen für Rollator vorsehen
  • Stand- und Bewegungsflächen von helfenden Personen berücksichtigen
  • Haltegriffe einplanen bzw. nachrüstbar vorsehen – also auf Wandunterkonstruktionen achten
  • Evtl. schon alles für eine Nachrüstung einer WC-Bidetkombination vorsehen
  • Gleichmäßige Ausleuchtung vermindert Unsicherheit und verhindert Stürze

Fliesen und Co.

  • Bei schmalen Bädern beachten, dass die Wandflächen mehr beansprucht werden durch: Abstützen, Gehhilfen, Rollator etc.
  • Ideal sind beflieste Wandflächen oder Vertäfelungen aus wasserfesten Materialien
  • Helle Farben wählen, da diese weniger Licht schlucken
  • Nachtlicht einplanen zur Orientierung
  • Holz sorgt für natürliches, wohnliches Flair
  • Auf hohe rutschhemmende Werte bei Bodenfliesen achten

Waschplatz vorausschauend planen

  • Höhe sollte auch für eine sitzende Person geeignet sein
  • Auf genügend Beinfreiheit unter dem Waschtisch achten (Siphon)
  • Waschbecken sollte Wasserstaumöglichkeit haben, um eine Oberkörperpflege zu ermöglichen
  • Waschbecken sollte sich zum Abstützen und Heranziehen eignen
  • Eventuell höhenverstellbare Waschtischsysteme wählen, besonders bei Nutzung durch mehrere Personen/Altersklassen
  • Kosmetikspiegel einplanen, dieser findet im Alter auch bei Männern Zustimmung

„Der Kunde ist Laie und von diesem ist Weitblick und vorausschauendes Denken nicht grundsätzlich zu erwarten.“

Nicola Stammer

Duschbereich

  • Zukunftsorientiert Unterkonstruktion für Haltegriffe vorhalten
  • Haltegriffsysteme mit Duschstange sind optisch ansprechend und funktional
  • Klappeinhängesitze sind festmontierten vorzuziehen, da flexibel in der Position, nachrüstbar und demontabel
  • Auf Bedienbarkeit von Armatur und Brause aus sitzender Position achten sowie von Helfern außerhalb der Dusche
  • Kleine Schwellen erschweren älteren Menschen das Hantieren mit dem Rollator

Info

Serie: Kleinbäder planen

Bei der Badmodernisierung stellen gerade Kleinbäder eine große Herausforderung dar. Unsere Bad-Expertin Nicola Stammer zeigt in dieser und in kommenden SBZ-Ausgaben mit dem Schwerpunkt Badwelt, wie Planer auch kniffelige Fälle zu einem ansehnlichen Ergebnis bringen.

21/2016: Schlauchbäder

24/2016: Vom Gäste-WC zum Familienbad

03/2017: Barrierefreier Badumbau

Sie greift dazu auf reale Planungsbeispiele mit Vorzeigecharakter zurück.

Autor

Nicola Stammer (Dipl.-Ing. Innenarchitektur) aus Rullstorf übernimmt die Gestaltung von Hotels, Büros und Privathäusern. Ihr Repertoire reicht bis hin zum Ladenbau, aber Badplanung ist ihr eigentliches Steckenpferd. Schon zweimal konnte sie als Siegerin des SBZ-Bad-Kreativ-Wettbewerbs überzeugen. innenarchitektur@nico-stammer.de www.nico-stammer.de

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