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Farbe(n) richtig einsetzen

Farbe verändert die „Aussage“ eines Raumes – wobei eine pauschale, generelle Beurteilung von Farbe nicht möglich ist. Farbe wird unterschiedlich wahrgenommen und wirkt daher auch verschieden auf die Betrachter. Was für den einen dunkelblau ist, kann für den anderen schon schwarz sein. Auch Raumgröße, Deckenhöhe und Oberflächen beeinflussen maßgeblich die Wirkung der Farbe(n) – beziehungsweise des Raumes – auf uns. Umgekehrt kann ich also durch den richtigen Einsatz von Farbe die Wirkung des Raumes verändern: ihn niedriger, höher, breiter oder schmaler wirken lassen.

Farbe ist also nie alleine zu betrachten, sondern steht in direktem Zusammenhang zum Raum, ebenso wie zu allen im Raum befindlichen Gegenständen. Mit ein bisschen Gespür und unter Einbeziehung einiger Grundregeln lässt sich die Unsicherheit vor der Verwendung von Farbe(n) überwinden. Vertrauen in das eigene Gefühl ist grundlegend, denn unser Unterbewusstsein verknüpft mit Farbe bestimmte Empfindungen und Assoziationen.

Gehen wir erst mal auf die Wirkung von Farbe in Bezug zur Raumproportion ein. Durch Einsatz von Farben und/oder Mustern lässt sich das Raumgefühl wesentlich beeinflussen, was Größe, Höhe und Form angeht.

So wirken Räume höher oder niedriger

Niedrige Raumhöhen lassen sich optisch nach oben versetzen, indem die Decke heller als die Wände gestrichen wird. Dieser Effekt lässt sich noch verstärken, indem umlaufend die Deckenfarbe an der Wand als kleiner Streifen eingesetzt wird – sprich, die Deckenfläche mit Rand wie ein Schuhkartondeckel in einer Farbe ist. Die Wandfarbe hört also vor der Decke schon auf und geht nicht bis zur Decke. Eine hellblaue Decke verstärkt diesen Eindruck noch, da sie an den Himmel erinnert, der ja unendlich wirkt. Vertikale Streifen an den Wänden lassen den Raum ebenfalls höher erscheinen. Auch eine farbige Teilung der Wandfläche kann dies bewirken.

Bei hohen Räumen, zum Beispiel im Altbau, kann man die Decke optisch nach unten versetzen, indem der gerade beschriebene Trick genau andersherum angewendet wird: also die Decke dunkler als die Wände streichen. Querstreifen an den Wänden sind eine weitere Möglichkeit, aber nicht so effektiv wie das Abtönen der Decke. Bild 1 zeigt zum Beispiel einen Raum über zwei Etagen mit Luftraum und Galerie. Die Wand unter der Galerie wurde in einem dunklen, abgetönten Blau gestrichen, dies bewirkt eine bewusste Trennung in zwei Bereiche: Luftraum und Erdgeschoss. Wäre diese Wand auch weiß, würde der Raum noch höher wirken. Zeitgleich weicht das dunkle Blau optisch zurück und lässt so den Bereich breiter erscheinen.

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte: Die einzeln zu erreichenden Effekte stellen die Bilder 2 bis 5 vereinfacht dar.

Farbe und die psychologische Wirkung

Neben der Wirkung von Farbe auf die Raumproportionen gibt es beim Einsatz von Farbe noch einen wesentlichen Punkt zu berücksichtigen: ihre emotionale/psychologische Wirkung auf Menschen.

Vieles ist dabei in der Evolution des Menschen begründet. Leuchtendes Gelb zum Beispiel steht für Gefahr (viele Reptilien und Insekten nutzen es als Warnfarbe) und wird heute im Straßenverkehr noch als Warn- beziehungsweise Aufmerksamkeitsfarbe eingesetzt. Frisches Grün steht für junges, frisches Gemüse, dunkles Grün für reife Früchte. Rot ist da die schwierigste Farbe: Sie kann eine reife Frucht, aber auch Gefahr bedeuten, je nach Gelb- oder Blauanteil: Giftige Früchte (z. B. Eibe) haben eher ein blaustichiges Rot, ein reifer Apfel oder eine Erdbeere haben einen Gelbanteil (Orange). Feuer symbolisiert Wärme, aber auch Gefahr.

Um diese komplexen Zusammenhänge deutlich zu machen, erläutert der Beitrag verschiedene Farbwelten, deren Stimmungen und Einflussnahme auf die Raumproportionen anhand mehrerer Beispiele.

Effekt: natürlich entspannen

Alle Farbabstufungen von Braun sorgen für ein entspannendes Ambiente. Sie erzeugen eine elegante, vornehme und solide Atmosphäre und erinnern an ein schickes Kaffeehaus. Geschickt eingesetzt, lassen einen diese Farben den heißen Kaffee oder Cappuccino förmlich schmecken. Creme- und Sahnetöne wie Cashmere und Mango tragen hier ein Übriges zur „schmackhaften” Vision bei. Schokolade wirkt nobel, Mocca sinnlich und edel. Die Kombination mit Cremetönen erzeugt eine wohlig leichte Spannung. Ebenfalls spannend und doch niemals unruhig wirken große Kontraste zwischen Mocca- und Sahnetönen oder zwischen Schokolade- und Cremetönen.

Schon seit Urzeiten werden erdige Brauntöne bei der Gestaltung von Innenräumen verwendet und erzeugen eine erdverbundene, schützende Atmosphäre. Zusätzlich wirken Brauntöne mit Rotanteil lebendig und warm, ein nicht zu unterschätzender Effekt, den man sich bei der Gestaltung psychologisch zunutze machen kann. Diese Farbharmonie ermöglicht ein weites Farbspektrum in den Accessoires: von gedecktem Grün über Grau bis hin zu gedecktem Rot und Pink. So können je nach Jahreszeit, Lust und Laune mit minimalem Aufwand immer neue Spannungen und Atmosphären erzielt werden. Langeweile kommt so nie auf.

Wohlige Spannung entsteht also durch Kontraste innerhalb einer Farbwelt. Ein dunkler Holzboden wie im Beispiel (Bild 6) schafft die richtige Basis. Zum einen als natürliches Material, zum anderen sorgt er dafür, dass die eingestellte Wand in einem dunklen, gedeckten Braunton (mit Grün- und Schwarzanteil) Halt bekommt. Diese Wand bestimmt maßgeblich den Raum und verkürzt ihn optisch. Allerdings sorgt die Verlegerichtung des Parketts wieder für eine optische Streckung in die Tiefe. Hier wirken zwei gestalterische Mittel konträr: Die dunklere Wand mindert sozusagen den Schlauchcharakter, der durch die Verlegerichtung des Parketts hervorgerufen wird. Die Wirkung ist wie ein grafisches Bild. Um den starken Kontrast aufzufangen, wurde die lange Wand mit dem Waschtisch in einem hellen Beige gestrichen – der Rest bleibt weiß. Accessoires aus der Natur runden das Konzept ab.

Effekt: Kontrast verstärken

Noch kontrastreicher wird es durch eine eingestellte schwarze Wand (Bild 7), kombiniert mit Boden und Wandverkleidungen aus dem gleichen hellen Holz. Allein durch die horizontale Wandstrukturierung und ihr Schattenspiel wirkt der Raum nicht eintönig und greift so indirekt (durch die dunklen Schattenfugen) das Schwarz der Wand in abgeschwächter Form auf und sorgt so für Harmonie.

Auch hier wird mit den Raumproportionen gespielt: Horizontale Streifen lassen den Raum eher niedriger wirken, während der vertikale Lichtstreifen und der schmale, hohe Spiegel wieder strecken. Es entsteht eine Spannung schon in der Raumarchitektur. Intensive oder dunkle Farben sollten also als Akzente eingesetzt werden und einen Gegenpart erhalten. Grundsätzlich gilt: Je größer die Wandfläche, desto heller sollte die Farbe sein. Aber es muss nicht immer mit starken Gegensätzen gearbeitet werden.

Effekt: sanfte Farbabstufungen

Reine Ruhe strahlen Naturfarben und -materialien in sanften Farbabstufungen aus. Sie haben sich als Grundstock in der Gestaltung bewährt. Sie sind schlicht, elegant und niemals laut. Der Zeitgeist kann ihnen gestohlen bleiben. Modische Trends lassen sie unbeeindruckt. Sie sind unkompliziert, nicht aufdringlich und vermitteln echte Wohlfühlatmosphäre. Sand- und Steintöne harmonieren untereinander und lassen sich perfekt mit Hölzern kombinieren. Es entsteht ein Rückzugsort der Ausgeglichenheit. Wie in unserem Beispiel Bild 8 mit einer Natursteinwand in zarten Farbabstufungen von Sand bis Steingrau.

Das helle Grau wird im Boden aufgegriffen und sorgt für eine warme Grundatmosphäre. Auch der Sandton findet sich in dem hellen Holz der Waschtischplatte und einem dekorativen Baumstamm wieder. Die natürliche Schönheit der Natursteinwand mit ihren unterschiedlich großen Steinen und Farbvarianten zaubert eine lebendige, aber nicht aufdringliche Atmosphäre. Hier liegt das Geheimnis in der Verwendung sanfter, heller Farbnuancen mit wenig Kontrast. Die Raumwirkung ist eher niedrig, dafür breit. Die Wirkung entsteht durch die horizontalen Streifen an der Glasfassade und den langen Waschtisch mit schmalem, langem Spiegel.

Ein ähnliches Konzept zeigt Bild 9 mit Sandstein an Wänden und Boden. Trotz der Verwendung nur eines Materials sorgt die natürliche Maserung der matten Steinplatten für dezente, unaufdringliche Lebendigkeit. Durch die vertikale Maserung des Natursteins und die optische Teilung in zwei Hälften durch das Podest sowie das raumhohe Fenster wirkt der Raum hoch. Eine Farbkomposition aus der Natur mit einem Sandgrundton und rotbraunen Adern.

Zusätzliche Spannung entsteht durch das gestalterische Element des eingestellten Kubus mit seinem Höhenunterschied. Gepaart mit dem Lichtspiel entstehen natürliche Hell-Dunkel-Kontraste.

Effekt: pulsierende Energie

Rot ist die Farbe des Feuers und symbolisiert daher Energie. Seit jeher werden ihr die gegensätzlichsten Bedeutungen zugeschrieben: Liebe, Wärme und Leidenschaft gegenüber Macht, Krieg und Gefahr. So zählt sie auch in der Raumgestaltung zu den schwierigsten Farben. Denn schon kleinste Nuancierungen entscheiden über ihre Ausstrahlung. Klare, helle Rottöne wirken auf großen Flächen kalt und grell. Gebrochene Rottöne dagegen wärmen, da sie einen großen Braunanteil haben. Gekonnt eingesetzt, ist Rot ein echter Hingucker.

Rot macht dem langweiligen Alltag förmlich „Feuer unterm Hintern”. Setzt man es wie in unserem Beispiel (Bild 10) als komplette Wandgestaltung in Glas ein, ist die Wirkung umwerfend und gleicht einer Theaterinszenierung. Die Solisten sind zwei Waschsäulen und stehen hier im Vordergrund. Bei diesem massiven Einsatz von Rot dämpfen ein dunkler Boden und ein hoher Sockel die aggressive Wirkung. Das Ganze lebt vor allem durch den Lichtschlitz, der wie ein weißer Balken zum Dreiklang mit den Waschsäulen wird. Hoher Sockel und horizontaler Lichtschlitz minimieren optisch die Höhe des Raumes, trotz heller Lichtdecke, die optisch ja für Raumhöhe sorgt.

Es wirkt eher, als hätte der Raum keine massive Decke, die roten Glaswände definieren hier sozusagen den Raum und somit die Raumhöhe. So eine Gestaltung ist wohl eher etwas für mutige Bauherren, meist wird Rot im Bad nur partiell an einer Wand und an Accessoires eingesetzt. Komplett in Rot getauchte Räume haben aber einen positiven Nebeneffekt: Die empfundene Raumtemperatur liegt bis zu 4 °C höher als in einem in Blau gehaltenen Raum.

Effekt: Lass Sonne herein

Heiter bis sonnig sorgen Gelb und Orange für gute Laune und strahlen Wärme aus. Sie erinnern an heiße Sandstrände und die warme Mittagssonne. Dies vermittelt Orange am besten, da es sehr kräftig ausfällt. Am besten setzt man viel Weiß dazu (Bild 11), denn Orange beeinflusst die umliegenden Farben oder Materialien stark. So kann helles Holz oder Beige schnell selbst orangestichig wirken. In den 60er-Jahren war es eine der beliebtesten Einrichtungsfarben und wurde gerne mit dunklem Braun kombiniert. Gelb dagegen bietet eine größere Farbvielfalt – von Pastell bis zu intensivem Sonnengelb. Meist wird es als Wandanstrich (vor allem in Wohnräumen) eingesetzt. Pastelltöne lassen kleine Räume größer erscheinen, da sie luftig und leicht sind und so nicht einengen.

Effekt: Frühlingsgefühle

Frisch und frei mit hellen Grüntönen in den Tag: Wie junge Triebe eines Baumes verkörpern sie die Erneuerung und Jugend. Sie wirken besänftigend, aber zugleich anregend und sorgen für ein vitales Gefühl (Bild 12). Aber Vorsicht: Es kommt auf die richtige Beleuchtung an, sonst schlägt seine Wirkung ins Gegenteil um und lässt das Umfeld eher fahl und krank aussehen. Daher vom Fachmann bezüglich Leuchtmittel beraten lassen (Tipp: SBZ-Serie Licht aus dem Jahr 2016 liefert Grundlagen der Lichtplanung).

Wählt man dagegen dunkle Grüntöne (Bild 13), ist der Effekt beruhigend und ausgleichend. Kombiniert werden kann Grün mit hellem und dunklem Holz, Grau, Weiß und Sandtönen sowie seinen Grundfarben Gelb und Blau.

Effekt: Leichtigkeit

Die Farben für gute Laune sind kühle Eis- und Türkistöne, sie sorgen für ein positives und optimistisches Gefühl. Je höher der Grünanteil, umso wärmer die Ausstrahlung. Verwendet man Türkis-Pastelltöne, zieht Leichtigkeit ein. Sie bieten zudem den Vorteil, kleine Räume größer erscheinen zu lassen. Es ruft Assoziationen von südlichen Meeren oder Gletschereis hervor – je nach dem Mischverhältnis von Blau und Grün sowie dem Weißanteil (Bild 14).

Effekt: dem Himmel so nah

Blau gilt zu Unrecht als unangenehm kühl. Zwar ist es die kälteste Farbe des Farbkreises, doch je dunkler es ausfällt, umso beruhigender ist es. Vor allem lässt Blau Räume größer erscheinen, da der Farbton optisch zurückweicht. Daher wird Blau auch gerne mit Sehnsucht und Ferne in Verbindung gebracht. Nicht verwunderlich, dass die meisten Nuancen Namen wie Himmelblau oder Marine tragen. Je heller also die Farbe ist, umso eher schweben wir auf Wolke sieben – je dunkler der Ton gewählt wird (Bild 15 und 16), desto eher tauchen wir in Meerestiefen ab. Stille und unendliche Weite scheinen uns hier zu umgeben. Bild 15 wirkt durch die Wahl der ungleichmäßig gefärbten, mehrfarbigen Fliesen lebendig und gleicht bewegtem Wasser.

Effekt: Romantik erreichen

Violett, Rosa, Pink und Lila werden mit Plüsch und vor allem mit Romantik in Verbindung gebracht. Seit jeher sind diese Farben der Inbegriff für Wärme und Geborgenheit. Je dunkler die Nuancen, umso eleganter die Ausstrahlung. Bei Violett gibt es auch sogenannte Grenzfälle, die wir je nach Lichtverhältnissen eher dem Blau zuordnen. So ergänzen sich z.B. die Vorteile der optisch vergrößernden Wirkung von Blau und die wärmende Wirkung von Rot sehr gut. Das erzeugt einen Hauch von Eleganz und Romantik, auch ohne verspielte Stilelemente. Soll es romantischer werden, muss Pink oder Rosa verwendet werden. Gepaart mit dunklen Farbakzenten, eher rustikalen Materialien wie Holz und Stein oder viel Weiß und verspielten Mustern wird daraus ein „Mädchentraum“ (Bild 17).

Effekt: klassisches Schattenspiel

Inszenierungen in Schwarz-Weiß gehören zu den Klassikern der Badgestaltung – obwohl es wohl keinen größeren Kontrast gibt. Ihr Reiz liegt gerade darin. Im Allgemeinen überwiegt Weiß, Schwarz wird als Akzent genutzt. Im Beispiel (Bild 18) wird eine grafische Gestaltung in Szene gesetzt: der Waschtischunterbau als hochglänzender Kubus, eine leicht grau marmorierte Wand. Runde und eckige Formen kombiniert als starker Gegensatz wie Schwarz und Weiß. Der dunkelgraue, spiegelnde Boden gibt dem Ganzen Halt.

Das Beispiel Bild 19 zeigt noch eindrucksvoller das grafische Spiel mit Schwarz-Weiß: Der schwarze Boden wird an der Stirnwand fortgeführt, die Berührungskante verschwimmt. Lediglich durch die davorstehende Waschtischsäule ahnt man die Raumkante. Die Lichtdecke hebt sich durch eine Einfassung in Schwarz von der Wand ab. Bewusst wird hier die Deckenkante betont, um die grafische Wirkung zu verstärken.

Warum nur ist diese Farbkombination so beliebt? Vielleicht liegt der Schlüssel in der Symbolik, die selbst nicht gegensätzlicher sein könnte: Weiß ist die Farbe der Reinheit und des Guten. Sie steht für Unschuld, aber auch für Neutralität. Schwarz dagegen ist die Farbe der Trauer und des Bösen. Sie steht für Macht, Individualismus und Exklusivität. Vielleicht ist es der Wunsch, beides – Reinheit und Macht – zu verkörpern, der diese Kombination zum Klassiker gemacht hat. Die aus beiden resultierende Mischfarbe Grau finden wir häufig in der Raumgestaltung, obwohl sie zu den kalten Farben zählt.

Der Trick ist, dass Grau eine hervorragende Grundlage zur Mischung mit anderen Farben bietet. Vor allem mit warmen Farben wie Braun, Grün und Rot lässt sich Grau zu einem Warmton wandeln und bleibt dennoch neutral. Man bezeichnet diese als gedeckte Farben, die eine angenehme Ausstrahlung haben. Daher eignen sie sich besonders gut zum Kombinieren und passen somit in jede Farbwelt.

Weiß-Grau: die neue Schlichtheit

Neben dem aktuellen Trend von Grau und Naturtönen bzw. Naturmaterialien ist schlichtes Weiß wieder angesagt. Ob modern oder im Vintage-Stil: Kombiniert wird damit meist ein Naturholzboden (Optik), weiß oder grau lasiert. Dezent, zurückhaltend und luftig-samtig in seiner Ausstrahlung. Alles verschwimmt ineinander – besonders die meist weißen Sanitärkeramiken. Allerdings wird hier möglichst auf Wandfliesen verzichtet, da man den samtigen Eindruck erhalten will. Im Beispiel Bild 20 wird bewusst die Raumtiefe betont durch die Bodenverlegerichtung und das Deckenfeld mit Lichtvoute.

Gibt es „die“ Farbgestaltung fürs Privatbad? Nein, denn Gestaltung ist Geschmacksache. Der Bauherr (Nutzer) ist hier also genauestens unter die Lupe zu nehmen: Wie ist sein Einrichtungsstil? Wie konservativ oder mutig ist er? Sieht er sein Bad eher als langlebige Investition oder will er „en vouge“ sein? Wie ein Visagist muss der Planer das Bad nach dem Bauherrentyp und auf die Gegebenheiten abgestimmt kreieren.

Ein eher konservativer, auf Langlebigkeit ausgerichteter Kunde wird sich in einem Bad in gedeckten Farben, klassischem Schwarz-Weiß oder Naturfarben und -materialien am ehesten wiederfinden. Beschränkt man sich bei Farbe auf Wandanstriche und Accessoires, lässt sich dem Raum auch nach Jahren leicht eine neue Atmosphäre geben. Wandelndem Zeitgeist oder Geschmack kann so einfach entsprochen werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass bei Unsicherheit – seitens Kunde oder Planer – der Anstrich ganz zum Schluss erfolgen kann, wenn der Raum fertiggestellt ist.

Wirkung vorab testen und mit Kunden besprechen

So können alle Einflussfaktoren (Licht, Flächenverhältnisse etc.) berücksichtigt und die genaue Farbnuance ausprobiert werden. Gefällt das Ergebnis gar nicht, kann ohne große Investitionen umgestrichen werden. Fest eingebaute Materialien und Objekte dagegen sind nur mit großem Aufwand veränderbar. Neigt man in jungen Jahren eher zu mutigen, kräftigen Inszenierungen, sind im Alter meist schlichte, gedeckte Töne angesagt.

Als Erstes steht also die Überlegung an, welche Stimmung geschaffen werden soll und welche Farbwelt(en) und Materialien diese vermitteln. Ist die Entscheidung gefällt, geht es an die Verteilung, welche Flächen welche Farbe oder Materialien erhalten sollen. Aber wie findet man das richtige Farbkonzept für einen Raum? Grundrisse und Ansichten spiegeln leider immer nur eine Ebene wider und nie das Zusammenspiel von Boden, Wänden und Decke. Perspektiven oder Isometrien sind hier das beste Mittel – sie bringen die Ebenen in Bezug zueinander und verdeutlichen die Flächenverhältnisse. Zur Unterstützung dienen Material- und Farbcollagen, da diese die tatsächliche Wirkung und Farbigkeit eins zu eins zeigen, besonders auch in Bezug auf deren Haptik und Oberflächenbeschaffenheit (matt, glänzend oder strukturiert). Denn eine rot gestrichene Wand wirkt anders – eher samtig – als eine Wand aus rotem Glas mit ihren Lichtreflexen.

Fazit

Was ist also das Wichtigste im Umgang mit Farbe? Zum einen die Berücksichtigung der jeweiligen Wirkung und Symbolik, zum anderen die richtige Kombination unter Berücksichtigung aller Faktoren und Gegenstände des Raumes. Farbe beeinflusst die Raumproportionen, unsere Psyche und das Wohlbefinden. Bei gestiegenem Bewusstsein, das Bad als regenerativen Ort für Körper und Seele zu nutzen, sind Farben und Materialien der Schlüssel zum perfekten Wellnessbad.

Checkliste

Kleine/niedrige Räume

Mit Farbe kann das Raumempfinden positiv beeinflusst werden:

  • Helle Farben sorgen für Weite
  • Dunklere Wände mit hellerer Decke lassen Räume höher wirken
  • Vertikale Streifen an Wänden lassen Räume höher wirken
  • Kalte Töne (Blau und Türkis) lassen Räume größer erscheinen, da sie optisch zurückweichen
  • Dunkle Stirnwände lassen Räume optisch kürzer wirken und können den Schlauchcharakter nehmen
  • Verspiegelte Wände lassen kleine Räume größer wirken

Farben und ihre Wirkung

Farben rufen Gefühle hervor und können psychologisch unterstützend wirken:

  • Helles Grün gibt sich freundlich und anregend, dunkles Grün wirkt ausgleichend und beruhigend
  • Rot steht für Vitalität und regt den Kreislauf an. Es kann sinnlich, aber auch aggressiv wirken. Positiver Effekt: Rote Räume erscheinen uns ca. 4 °C wärmer als blaue
  • Gelb wirkt heiter/positiv aufs Gemüt
  • Blau als die kälteste Farbe verlangsamt den Puls und beruhigt deshalb
  • Erd- und Naturtöne vermitteln Geborgenheit
  • Rosa steht für Romantik/Verspieltheit

Hohe und/oder große Räume

Mit Farbe kann das Raumempfinden positiv beeinflusst werden:

  • Helle Wände mit dunklerer Decke lassen Räume niedriger wirken
  • Horizontale Streifen/Muster an den Wänden lassen Räume ebenfalls niedriger wirken
  • Abgehängte Leuchten/Deckensegel schaffen eine Unterbrechung der Höhe
  • Eingestellte Wände nicht raumhoch gliedern, ohne die gefühlte Größe des Raumes zu zerstören
  • Objekte frei in den Raum gestellt gliedern, das sorgt für angenehmes Raumgefühl, da nicht eine riesige ungenutzte Freifläche entsteht
„Ohne Farbe wäre unsere Welt trist und langweilig – um bei gestiegenem Bedürfnis der Kunden im Bad die Hektik des Alltags zurückzulassen, sollten Planer die positive, unterstützende Wirkung von Farbe und Materialien nicht außer Acht lassen.“

Jens Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft VDS

Farbkombinationen

Erst die Kombination von Farben lässt Eintönigkeit verschwinden:

  • Farbkontraste sorgen für Spannung, Farben einer Farbfamilie sorgen für ein ausgeglichenes Ambiente
  • Komplementärkontraste geben den Farben mehr Leuchtkraft (Rot und Grün)
  • Eine Farbe sollte sich im Raum wiederholen
  • Dabei muss es nicht der gleiche Ton sein, sondern es können Nuancen der Farbe sein
  • Nie mehr als drei Farben verwenden. Bei Farbnuancen gehen auch mehr
  • Zur Farbkombination gehören alle Gegenstände des Raumes

Info

Farbenlehre

Primärfarben sind „reine“ Farben. Insgesamt gibt es nur drei Primärfarben: Rot, Gelb und Blau.

Sekundärfarben entstehen, wenn man die Primärfarben in verschiedenen Verhältnissen miteinander mischt. Zahllose Farben können so kreiert werden. Grundlegend werden aus Rot und Blau Lilatöne. Aus Blau und Gelb entstehen Grüntöne und mischt man Gelb und Rot, bekommt man Orange. Komplementärfarben können sowohl Primär- als auch Sekundärfarben sein. Sie liegen sich im Farbkreis direkt gegenüber. Verwendet man diese nebeneinander, bilden sie einen starken Kontrast und erhöhen die Leuchtkraft der jeweiligen Farbe (zum Beispiel Rot und Grün). Harmonierende Farben liegen im Farbkreis direkt nebeneinander und sind nicht so kontrastreich. Sie können ineinander übergehen bzw. verschmelzen.

RAL-System

Das RAL-Farbregister nummeriert Farbtöne – mittlerweile über 1900 gelistete Nuancen. Dieses System hilft dank Farbkarten (Farbfächern) beim Auswählen oder Identifizieren eines Farbtons und gewährt eine Nachmischgarantie. Jeder Farbenhersteller bietet seinen eigenen individuellen Farbfächer an. Besonders gut sind Farbkarten auf mattem Papier, da bei diesen der Farbton am ehesten der Farbe auf Tapete oder geputzter Wandfläche entspricht.

Kontraste gegen Eintönigkeit

Wenn Farben zu stark harmonieren, müssen kleine „Brüche“ geschaffen werden. Dabei unterscheidet man:

  • Farbliche Kontraste sind komplementäre Farbpaare – solche, die sich im Farbkreis gegenüberliegen (zum Beispiel Rot und Grün, Blau und Orange, Gelb und Violett)
  • Hell-Dunkel-Kontrast dagegen bedeutet, eine Farbe in unterschiedlichen Helligkeitsgraden im Raum zu verwenden.
  • Farbmix ist die Kombination von Unis in Streifen und Karos. Diese sollten dezent und minimalistisch eingesetzt werden, denn sie brauchen Fläche und Abstand, um zu wirken.
  • Materialmix spielt mit den verschiedenen einsetzbaren Materialien in einer Farbwelt und ihren Oberflächen. Die unterschiedlichen Oberflächen lassen eine Farbe unterschiedlich wirken und sprechen zudem noch durch verschiedene Haptik den Tastsinn an.

Tipp

Farbnuancen bestimmen

Da Farbe in direktem Zusammenhang mit den Lichtverhältnissen steht, empfiehlt es sich, bei Wandanstrichen den genauen Farbton vor Ort zu bestimmen. Denn je nach Lichteinfall kann der ausgesuchte Farbton ein bis zwei Nuancen dunkler oder heller wirken. Am besten die vorher ausgesuchte Farbe in drei Farbabstufungen auf je ein DIN-A3-Blatt auftragen und an die zu gestaltenden Wandflächen halten.

Info

Weiß als Raumfarbe in der Geschichte

Ein Rückblick in vergangene Epochen lässt staunen. Waren doch seit jeher Wände und sogar Möbel farbig gestaltet. Weiß an den Wänden fand man nur in ärmeren Häusern. Hier fehlte es an finanziellen Mitteln, und so wurden die Wände einfach nur gekalkt. Mit diesem Hintergrundwissen betrachtet sind weiß gehaltene Bäder also ein „Armutszeugnis“. Sicher, in unserer heutigen puristischen Architektur ist Weiß nicht mehr wegzudenken – aber auch hier hat sich ein Wandel vollzogen, indem einzelne Wandflächen bewusst farbig betont werden oder an die Stelle von Weiß gedecktes Grau oder Schlamm gerückt ist. Werfen wir einen Blick über unsere Landesgrenzen, werden wir feststellen, dass Weiß in der Innenarchitektur selten anzutreffen ist. Ausnahme: Griechenland ist wohl der Inbegriff weißer Wände. Aber selbst in der nächsten Umgebung zu Deutschland findet man traditionell farbige Wände, allen voran England und die skandinavischen Länder.

Autor

Nicola Stammer (Dipl. Ing. Innenarchitektur) übernimmt die Gestaltung von Hotels, Büros und Privathäusern. Obwohl ihr Repertoire bis zum Ladenbau reicht, hat sie sich das Bad als eigentliches Steckenpferd ausgesucht. Außerdem hat sie einen Lehrauftrag an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg. Telefon (0 41 36) 3 62 06 12, innenarchitektur@nico-stammer.de