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Größer denken

SBZ: Wir sprechen über große bzw. vergrößerte Bäder. Bei all Ihrer Erfahrung: Gibt es so etwas wie eine optimale Raumgröße für Bäder, die Bauherren beim Umbau anstreben sollten?

Sandra Pharrachova: Für den Wohlfühlfaktor gibt es keinen Richtwert im Sinne einer bestimmten Anzahl an Quadratmetern. Es kommt immer auf das subjektive Empfinden des Kunden an. Auch ein kleines Bad kann komfortabel sein, wenn es für die Bedürfnisse des Nutzers optimal geplant wurde.

SBZ: Verführen die erweiterten Planungsmöglichkeiten eigentlich dazu, sich in Entwürfen und Details zu verlieren?

Hanns-Christian Hofmann: Mehr Fläche sollte nicht dazu verleiten, immer mehr Ideen zu entwickeln und den Raum gestalterisch zu überladen. Es ist ja nicht so, dass Fläche übrig bleibt. Freiraum wirkt aufwertend, wirkt kostbar. Freie Flächen sind immer auch Entfaltungsraum für den Nutzer. Wir suchen ein Leitthema, um dieses auf dem zur Verfügung stehenden Raum anzuwenden.

SBZ: Welches Vorgehen empfehlen Sie Badplanern generell, damit sie quasi die Linie wahren und die Kunden nicht überfordern (oder gar sich selbst)?

Pharrachova: Konsequenz! Wichtig ist es, ein Konzept schlüssig zu verfolgen. Die Auswahl der Objekte, der Materialien, der Formen und der Farben folgt einem Leitgedanken. Ein verwässerter Entwurf entsteht immer dann, wenn der ursprüngliche Entwurfsgedanke verlassen wird. Da gehört auch Fingerspitzengefühl beim Umgang mit den Kunden dazu, wenn in der Planungsphase die Ideen sprudeln und neue Wünsche entstehen. Diese Ideen muss der Planer aufnehmen und aufeinander abstimmen – und auch zeigen, dass zu viele Highlights in einem Raum sich gegenseitig der Wirkung berauben.

SBZ: Wovon machen Sie es abhängig, ob Sie den Platz konsequent ausnutzen oder großzügigen Freiraum einplanen?

Hofmann: Wir fragen uns immer: Welcher Anspruch wird an das Bad gestellt? Wer sich einen Rückzugsort wünscht, will nicht tausend Dinge im Bad haben. Wir haben das grundsätzliche Bestreben, mit Freiraum zu arbeiten, denn der wirkt beruhigend. Wenn im Bad auch noch Waschmaschine und Trockner Platz finden müssen, achten wir umso konsequenter auf die Fläche und die Linienführung. Eventuell hilft es schon, die bodenebene Dusche so zu gestalten, dass sie bei Nichtgebrauch zusätzliche Verkehrsfläche bietet.

SBZ: Wie und vor allem wo setzt man bei der Planung zur Hinzunahme von Räumen an? Was sollte Ausgangs- bzw. Fixpunkt sein?

Pharrachova: Zuallererst wollen wir die Qualitäten eines Raumes erkennen: Ist er schmal, hat er eine hohe Decke, hat er eine Dachschräge? In der Regel wird ein früheres Kinderzimmer, seltener eine Abstellkammer hinzugenommen. Wohnräume haben aber einen anderen Zuschnitt, andere Fenster als Bäder. Hier können wir beispielsweise mit der Ausrichtung zum Tageslicht arbeiten und so die Besonderheit des Raumes betonen.

SBZ: Welche Faktoren sind bei der Unterteilung in Zonen und bei der Positionierung der Sanitärobjekte ausschlaggebend?

Pharrachova: Technisch betrachtet ist wichtig zu wissen, wo diverse Zu- und Abwasserleitungen liegen beziehungsweise liegen sollen. Zu achten ist auch auf den natürlichen Lichteinfall. Wie sieht sich der Kunde im Spiegel – sieht er nur einen schwarzen Schatten, weil die natürliche Lichtquelle unmittelbar hinter ihm liegt? Der Nutzen für den Kunden sollte immer im Fokus stehen.

Hofmann: Es gilt, den Raum neu zu denken und nicht nur die Objekte zu tauschen. Der Planer sollte sich frei machen von dem, was vorher an der Wand gestanden hat. So darf zum Beispiel auch über die Positionierung eines Waschbeckens vor dem Fenster nachgedacht werden.

SBZ: Sollten bei Gestaltung/Design der Zonen Gegensätze oder Harmonie dominieren?

Hofmann: Unter Gegensätzen verstehe ich Kontraste. Kontraste und Harmonie schließen sich aber nicht unbedingt aus. Ein gestalterischer Bruch erweckt Aufmerksamkeit und sollte daher dem Highlight im Raum vorbehalten sein. Ich muss darauf achten, derartige Betonungen zu minimieren, damit sie sich in ihrer Wirkung nicht gegenseitig aufheben.

SBZ: Was ist sinnvoll: die neue Größe optisch herauszustellen oder eher zurückfahren, damit der Nutzer sich nicht verloren vorkommt, damit die Intimsphäre erhalten bleibt?

Pharrachova: Größe schließt Intimsphäre nicht aus. Ein guter Badplaner wird bei einem großen Raum ein besonderes Augenmerk auf die Materialien legen. Große, helle und spiegelnde Oberflächen werden meistens als kühl empfunden. Mit Holzoptik, Texturen, Stoffen, Accessoires und Licht gelingt es, auch in einem großen Raum eine intime Atmosphäre zu generieren.

SBZ: Wie lässt sich dabei verhindern, dass der Raum kalt und leer wirkt – und eine Bad-Kathedrale entsteht, die außer Ehrfurcht keine weiteren Emotionen weckt?

Hofmann: In einer Kathedrale ist die Akustik ein wesentliches Merkmal. Diese besondere Akustik wollen wir im Bad aber nicht haben. Um besagte Raumwirkung auszuschließen, gilt: je gedämpfter, desto gemütlicher und entspannender die Atmosphäre. Eine Akustikdecke, entsprechender Wandputz oder Textilien können hier probate Mittel sein.

SBZ: Welche Möglichkeiten sehen Sie, gerade bei eigenwilligen, verwinkelten Grundrissen ein ruhiges und klares Raumbild entstehen zu lassen?

Hofmann: Wir achten auf konsequente Bezugslinien und stärken diese durch ein ebenso konsequentes Farbkonzept. Ich muss aber genau wissen, welcher Raumzone ich Farbe zuordne, denn sie ist dann nicht nur dekorativ, sondern unterstützt die Architektur. In verwinkelten Räumen darf ich deshalb Flächen und Raumproportionen nicht noch zusätzlich unterteilen. Das kann dann dazu führen, dass eine Wand raumhoch gefliest wird und keine Bordüre die Fläche unterbrechen darf.

SBZ: Sollte jeder Winkel genutzt werden oder gilt hier: Mut zur Lücke?

Pharrachova: Natürlich muss ich nicht jeden Winkel mit einer sinnbefreiten Funktion belegen, aber Lücken sinnvoll zu nutzen ist legitim. Ich denke da an intelligente Lösungen, wie zum Beispiel integrierte Einbauten, praktische Ablagen, Sitzmöglichkeiten und nicht zuletzt an Smarthome-Lösungen. Andererseits kann Mut zur Lücke dazu beitragen, dass Objekte entsprechend wahrgenommen werden. Eine frei stehende Wanne darf nicht zugebaut werden und Platz an beiden Seiten eines Waschtisches bewirkt einen aufwertenden Passepartout-Effekt.

SBZ: Ein Trend beim Badumbau ist ja, Bad und Schlafbereich verschmelzen zu lassen. Wann können Sie dieses Vorgehen empfehlen?

Hofmann: Man kennt das ja von großzügigen Hotelsuiten. Im privaten Bereich gilt es zu bedenken: Hier treffen zwei völlig unterschiedliche klimatische Bedingungen aufeinander: Im Bad ist es warm und feucht, im Schlafzimmer trocken und kühl. Um die Komfortansprüche der Kunden zu erfüllen, ist ein exakt geplantes und perfekt ausgeführtes Lüftungssystem unbedingte Voraussetzung, wenn beide Bereiche tatsächlich eng miteinander verbunden werden sollen. Oft ist eine behagliche Ruhezone im Bad bereits eine Lösung.

SBZ: Sind frei stehende Badewannen ein Muss?

Hofmann: Definitiv sind sie kein Muss, obwohl sie in einem großen Bad natürlich in ihrer Wirkung voll zur Entfaltung kommen. Der Planer sollte immer fragen, ob eine frei stehende Wanne gewünscht wird oder nicht. Eine großzügige Wanneninszenierung kann im Übrigen auch auf andere Art und Weise erzeugt werden. Halbeinbauten oder besondere Wannenpodeste, eine exponierte, raumgreifende Ausrichtung der Wanne und/oder hinterleuchtete Schattenfugen können ebenfalls dazu beitragen, dass die Funktionszone „Wanne“ eine Aufwertung erfährt und als großzügiges, dominierendes Raumelement wahrgenommen wird.

SBZ: Und wie verhält es sich mit der Positionierung des Duschplatzes mitten im Raum?

Pharrachova: Ich sehe hier keinen allgemeinen Trend. Genau wie bei der frei stehenden Badewanne stellt sich auch hier die Frage nach den Beweggründen für den Kundenwunsch. Sind die geklärt, ist es die Aufgabe des Badplaners, eine technisch und gestalterisch überzeugende Lösung zu finden.

SBZ: Stellen Statik und Entwässerungsführung bei den heutigen technischen Möglichkeiten noch eine Ideenbremse dar? Oder sind dem Umbau zumindest da keine Grenzen mehr gesetzt?

Hofmann: Für die Ideenfindung ist es oft hilfreich, frei und unbelastet an die Aufgabenstellung heranzugehen. In der Entwurfsplanung rücken Statik und die technischen Voraussetzungen aber in den Fokus. Man kann sich nicht über Gesetzmäßigkeiten, Regeln und Standards hinwegsetzen. Doch ist es immer wieder faszinierend, welche Lösungen die ausführenden Handwerker in Zusammenarbeit mit Statiker und Techniker finden, um ausgefallene Entwürfe praktisch umzusetzen. Sehr vieles ist technisch machbar, wenn alle Beteiligten einander wertschätzen und gemeinsam an der besten Lösung für den Kunden arbeiten.

Tipp

Leitsätze für die Planung großer Bäder

 1. Suchen Sie nach einem Leitthema und halten Sie es konsequent durch.

 2. Planen Sie explizit mit Freiraum, denn freie Fläche wirkt luxuriös.

 3. Setzen Sie wenige, exakt geplante und aufeinander abgestimmte Highlights im Raum.

 4. Erfassen sie vor der Planung die Qualitäten des Raums.

 5. Machen Sie sich frei von dem, was vorher in dem Raum installiert war.

 6. Legen Sie ein besonderes Augenmerk auf die Materialien.

 7. Beachten Sie bei Ihrer Planung auch die Akustik und die Lichtführung.

 8. Arbeiten Sie mit konsequenten Bezugslinien und unterstreichen Sie diese mit einem ebenso konsequenten Farbkonzept.

 9. Denken Sie auch an die richtige Klimatisierung des neuen Bades.

10. Planen Sie nicht nur ein neues Bad, sondern inszenieren Sie ein Raumgefühl nach dem persönlichen Geschmack Ihres Kunden.

Info

Die in diesem Beitrag genannten Planungsbeispiele stammen alle von Unternehmen, die Mitglieder (Teilhaber) der SHK AG sind. Das Know-how haben sie bei den Badplanungs-Seminaren dieser Handwerkerkooperation erworben.

www.shknet.de

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