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Interview

Mehr Umsatz im Bad

Inhalt

SBZ: Verkaufen Sie jetzt mehr Produkte als vor der Umstellung?

Paul Heldens: Ehrliche Antwort: Nein. Aber vor dem Hintergrund, dass einige für den deutschen Markt wichtige Volumenkunden aus dem Großhandel mit unserem Konzept der Differenzierung von Premium- und Nicht-Premium-Ausstellungen nicht einverstanden sind und uns daher komplett ausgelistet haben, sind wir mit der diesbezüglichen Entwicklung recht zufrieden. Wir sehen unser Vorgehen klar strategisch und verfolgen langfristige Ziele. Es geht uns darum, im Sinne der Premium-Endkunden die Ausstellungen zu differenzieren und eine klare Orientierung und Sicherheit hinsichtlich der Auswahl eines für ihre Bedürfnisse passenden Premium-Badstudios zu bieten und unsere Marke in diesem Umfeld adäquat und konsistent zu präsentieren.

SBZ: Das Konzept passt also?

Heldens: Dass das Konzept stimmig und der Weg richtig ist, zeigt sich an der Akzeptanz und der Entwicklung der Zugriffe auf unsere Seite www.beste-badstudios.de: Die Besucherzahlen über Google, sowohl durch Suchmaschinenwerbung als auch über Suchergebnisse, sind innerhalb der letzten zwölf Monate fast um die Hälfte gestiegen und befinden sich im hohen vierstelligen Bereich. Auch die Bekanntheit des Portals ist inzwischen recht hoch, wie die Zahl der Direktzugriffe auf die Seite belegt. Im Vergleich zum Vorjahr kamen 30 % mehr Besuche durch direkte Eingabe der Webadresse zustande. Dadurch wird klar, dass die Plattform von Endkunden zunehmend als Suchmaschine für Badausstellungen im Premiumsegment wahrgenommen und genutzt wird.

Unser internes Monitoring zeigt außerdem, dass auf der Plattform insbesondere die komfortable Online-Terminvereinbarung sowie der Routenplaner in Anspruch genommen werden. Die teilnehmenden Fachbetriebe konnten durch ihre Präsenz auf unserem Empfehlungsportal viele konkrete Kundenkontakte generieren. Wir unterstützen die Seite durch eine Google-AdWords-Kampagne, mit der wir, wie gesagt, sehr erfolgreich die Auffindbarkeit der „Besten Badstudios“ im Netz erhöhen.

SBZ: Wie hat sich das Konzept auf das Ansehen der Marke Dornbracht allgemein ausgewirkt?

Heldens: Neben dem Aufbau der Internet-Plattform www.beste-badstudios.de haben wir mit verschiedenen Maßnahmen auch die Wahrnehmung der Wertigkeit unserer Produkte gestärkt, um deren Preiswürdigkeit zu verdeutlichen. Ein Beispiel ist die Kampagne „Feine Unterschiede“, die wir in reichweitenstarken Titeln geschaltet hatten. Damit konnten wir unsere Markenbekanntheit, aus dem einstelligen Bereich kommend, deutlich auf über 20 % steigern.

Es ist eine Kampagne für das Premium- und das Luxusbad, denn nur dort ist die Marke Dornbracht zu Hause. Wir sind dabei abhängig vom stationären Ausstellungsgeschäft und den Online-Markenplattformen und unterstützen unsere Marktpartner, höherwertig zu beraten, indem wir in Seminarreihen, in Ausstellungskonzepte, Verkaufsunterstützung und Services investieren, um mehr Wertschöpfung zu generieren. Daraus ergibt sich natürlich auch eine höhere und vor allem angemessenere Sichtbarkeit unserer Premiummarke, mit der sich auch der jeweilige Betrieb differenziert.

SBZ: Was ist in Ihren Augen ein verkaufsaktiver Handwerksunternehmer?

Heldens: Für uns ist nicht nur entscheidend, ob ein Handwerksunternehmen verkaufsaktiv ist, sondern ebenso, ob es das Produkt „Komplettbad“ anbietet. Der ideale Absatzmittler für Dornbracht kann ein Bad komplett aus einer Hand anbieten. Seine Kunden bezahlen dafür, eine Gesamtleistung zu bekommen. Es geht um kompetente Beratung, Sicherheit, Problemlosigkeit, Schnelligkeit. Das ist die Quintessenz des Produkts Komplettbad – dieses Null-Sorgen-Paket.

Verkaufsaktiv bedeutet für uns in diesem Zusammenhang, dass der Bäderbauer in seiner Region im Idealfall schon selber eine kompetente Marke als Komplettbadanbieter ist. Der Handwerksunternehmer sollte geschäftsfeldorientiert sein. Also: Hat er eine Geschäftsfeldstrategie mit einer eigenständigen Positionierung, einem „eigenständigen“ Marketing und mit eigenständigen Fähigkeiten und Kompetenzen? Ein besonders guter Bäderbauer hat in der Regel ein Team, das ausschließlich Bäder plant und baut und nicht morgen z. B. eine Heizung montiert. Damit kann ich mich im Markt auch selbstständig und unabhängig, beispielsweise von bestehenden Bäder-Vermarktungskonzepten des Großhandels, positionieren und einen eigenen Pull erzeugen.

Die Alternative zur Unabhängigkeit des Handwerksunternehmens ist, wenn es sich voll in die bestehenden Konzepte des Großhandels einbinden lässt und sich damit auch von dessen Akquisitionsbemühungen abhängig macht. Wie sind davon überzeugt, dass es auf Dauer besser ist, den Kunden im gesamten Customer-Journey nicht aus der Hand zu geben, und dabei wollen wir als Premiumanbieter auch die Premiumhandwerker und -ausstellungen mit unserem Konzept unterstützen.

SBZ: Hat unsere Branche eigentlich genug davon?

Heldens: Das ist sicher nicht leicht einzuschätzen, weil es eine ganze Bandbreite von Geschäftsmodellen und Vorgehensweisen bei Komplettbadanbietern gibt. Es gibt Gewerke-Partnerschaften, bei denen jeder selbstständig abrechnet, und andere wiederum koordinieren das Komplettangebot. Diese Komplettbad-Planungs- und Koordinationskompetenz beherrschen nach unserer Einschätzung etwa 10 % aller Betriebe in Deutschland, also etwa 4000.

Wir können nicht alle gleich betreuen, dessen sind wir uns bewusst, denn das können wir uns bei unserer Unternehmensgröße überhaupt nicht leisten. Wir sind kein Mengen- oder gar Massenhersteller. Wir meinen das nicht abwertend. Wir wollen damit aber unseren Ansatz verdeutlichen, dass wir uns auf eine ganz bestimmte Klientel im Sinne von Preissegment, man könnte sogar fast sagen Stilsegment, fokussiert haben. Das ist im Kern unser Markt, den wir möglichst optimal für unsere Partner und uns ausschöpfen wollen.

Was Premiumausstellungen angeht, gibt es derzeit etwa einige Hundert von den geschätzt 2500 in Deutschland. Und genau die sind nach unserer Überzeugung für die qualitätsorientierte Klientel besonders interessant und eignen sich damit für unsere Internetseite www.beste-badstudios.de. Was nicht bedeutet, dass die anderen nicht auch gute Geschäfte machen können. Darum bieten wir Betrieben mit entsprechendem Potenzial auch Unterstützung bei der Entwicklung und Qualifizierung an. Aber wir müssen aus Kundensicht nach klaren Kriterien selektieren, damit er tatsächlich findet, was er sucht.

SBZ: Warum sollte jeder einzelne Betrieb gerade jetzt in der guten Konjunkturlage seine Fähigkeiten ausweiten, um hochpreisiger verkaufen zu können?

Heldens: Marketing bedeutet, wenn man eine klare Strategie hat, eben auch, bewusst auf Kunden zu verzichten und sich anderen intensiver zu widmen. Das gilt für den Bäderbauer genauso wie für uns als Hersteller.

Ein guter Bäderbauer, der seine Prozesse effizient gestalten will, kann nicht mit zehn verschiedenen Armaturenherstellern arbeiten. Natürlich auch nicht nur mit einem. Das kennen wir von den Online-Markenanbietern oder vom stationären Fachhandel – Fachhandel heißt immer Selektion. Und Selektion auf Lieferantenseite heißt natürlich auch, dass man wechselweise eine engere Beziehung aufbaut. Das ist aus unserer Sicht der Grund, warum Bäderbauer, wenn sie effizient Bäder bauen wollen, keine große Varianz bei den Lieferanten zulassen. Bei dem, der nur installiert, spielt das keine große Rolle. Der installiert das, was er vorgesetzt bekommt.

Der Verkaufsprozess Bad, zumindest in den Ausstellungen, ist auf das Material vor der Wand fokussiert. Eine Liste von Produkten vor der Wand hinzubekommen – das ist aber nicht Bäder verkaufen.

SBZ: Sie glauben also, die Kombination aus Produkt- und Handwerksqualität wird auch in Zukunft nachgefragt – trotz nach wie vor eher ansteigender „Geiz-ist-geil-Mentalität“ in weiten Teilen der Verbraucherlandschaft?

Heldens: Wir haben vor einigen Jahren mal vom Industrieverband aus eine Studie gemacht und Mystery Shopping in den Ausstellungen betrieben. Dabei stellte sich heraus, dass der Mystery Shopper bei 35 % der Badberatungen hinterher weniger vom Betrag auf dem Angebot stehen hatte, als er beim Betreten der Ausstellung eigentlich bereit gewesen wäre auszugeben. In 35 % aller Fälle wurde also die Ausgabenbereitschaft des Kunden nicht voll ausgeschöpft.

Das zeigt doch, dass in der Wertschöpfung, die wir über Markt machen, also interessante Produkte, interessantes Marketing, interessante Marken, noch mehr drin ist. Es geht nicht um die Frage, ob wir mehr Bäder verkaufen oder bauen können – schon bedingt durch den Engpass bei der Installationskapazität –, sondern darum, mehr Wert pro Bad zu generieren.

Und es geht um Differenzierung für den Betrieb, der Komplettbadanbieter ist, der den Kunden ganzheitlich betreut und nicht nur Installateur ist. Über diese Kompetenzen kann ich zusätzlich Wertschöpfung betreiben. Einmal hinsichtlich einer tatsächlichen kaufmännischen, betriebswirtschaftlichen Wertschöpfung, aber eben auch und nachhaltig in Bezug auf die Wertsteigerung meiner eigenen Marke und Kompetenz.

SBZ: Es ist also wichtig, als Handwerker „eine Marke“ zu sein?

Heldens: Besonders in einer Zeit, in der die Marketingkonzepte des Großhandels und der Onlineanbieter dem durchschnittlichen Handwerker die gesamte Vermarktungsarbeit abnehmen – und zwar mit einem sehr guten und sichtbaren Auftritt, Fernsehwerbung und so weiter – muss der Handwerksbetrieb doch seinen Differenzierungsvorsprung eigenständig ausbauen und in eine Richtung entwickeln.

Und schließlich: Im Premiummarkt akzeptiert der Kunde eher höhere Stundensätze, denn Premium ist eine Qualitätsfrage und keine Preisfrage.

Info

Mystery Shopping

Unter dem Begriff Mystery Shopping bzw. Testkauf werden laut Wikipedia im Allgemeinen Verfahren zur Erhebung von Dienstleistungsqualität subsumiert, bei denen geschulte Beobachter, sogenannte Testkäufer oder Testkunden, als normale Kunden auftreten und reale Kundensituationen wahrnehmen. Das Dienstleistungsgeschehen wird dabei nach einem zuvor festgelegten Kriterienkatalog bewertet. Eine möglichst objektive Beurteilung von Qualitätsaspekten ist zentrales Ziel des Verfahrens. Die dienstleistenden Mitarbeiter sollen nicht bemerken, dass es sich um Testkäufe handelt; wenn sie es merken würden, würden sie die Qualität ihrer Dienstleistung für den Testkäufer maximieren.

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