SBZ: Dusch-WCs bewegen sich in Deutschland außerhalb jeglicher Normung. Darf denn jeder Hersteller machen, was er will?
Hans Messerschmid: Nein, ganz so einfach ist es nicht. In Deutschland gilt das Produktsicherheitsgesetzt. Darin wird gefordert, dass Produkte nur auf dem Markt bereitgestellt werden dürfen, wenn sie die vom Hersteller vorgesehenen Anforderungen erfüllen und die Sicherheit und Gesundheit bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung nicht gefährden. Bei der Beurteilung, ob ein Produkt den Anforderungen dieses Gesetzes entspricht, können Normen zugrunde gelegt werden. Eine solche Norm wird derzeit von einem Arbeitskreis für Dusch-WCs erarbeitet. Also momentan gibt es außer den grundlegenden gesetzlichen Anforderungen noch keine gültige Norm.
SBZ: Das bedeutet ja, für die Kernaufgabe – nämlich die komfortable Reinigung – gibt es annähernd so viele unterschiedliche Lösungen, wie es Produktserien gibt. Außerdem ist jeder Mensch ein Stück weit anatomisch anders gebaut. Wie ist es da überhaupt möglich, die Reinigungswirkung einheitlich abzufragen?
Messerschmid: Das ist in der Tat nicht ganz einfach. Die Oberfläche der menschlichen Haut ist in diesem speziellen Bereich individuell unterschiedlich. Deshalb ist es natürlich schwierig, einen Test zu entwickeln, der allen Gegebenheiten gerecht wird. Allerdings hat der Normungsausschuss bereits mehrere Ideen formuliert, wie solche Tests aussehen könnten. Wir haben in unserer Testreihe drei dieser Vorschläge umgesetzt und die Dusch-WCs danach überprüft.
SBZ: Wie legen Sie die Ergebnisse aus, die der SBZ-Praxistest gerade beim Thema Duschstrahlwirkung zutage gefördert hat?
Messerschmid: Die Ergebnisse verraten uns, welche Philosophie der jeweilige Hersteller beim Thema Wasserverbrauch, Behaglichkeit und Wellness vertritt. Hersteller, die im asiatischen und amerikanischen Raum tätig sind, nehmen das Thema Wassersparen sehr ernst, da in diesen Ländern teilweise akuter Wassermangel herrscht.
Bei uns hat eine Körperdusche heutzutage vor allem den Zweck, sich wohl zu fühlen, die Dusche zu „erleben“. Bei einem Dusch-WC soll demgegenüber vor allem gereinigt werden. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten, um ein gutes Ergebnis zu erhalten. Einerseits kann mit hoher Strahlintensität und kleinem Volumenstrom ein ähnliches Ergebnis erreicht werden wie mit einem großen Volumenstrom, jedoch geringerem Druck. Das jeweilige Behaglichkeitsgefühl kann jedoch von Nutzer zu Nutzer unterschiedlich empfunden werden. Zwar bieten alle getesteten Dusch-WCs die Möglichkeit, die Strahlintensität in einem kleinen Bereich zu variieren, jedoch besteht für den Anwender derzeit nicht die Möglichkeit, ähnlich wie bei der Körperdusche einfach einen anderen Duschkopf mit einem individuell als angenehm empfundenen Strahl zu installieren.
Offenbar ist es aus technischer Sicht nicht einfach, ein variables, individuell einsetzbares Pumpe-Düse-System zu entwickeln, das eine gründliche Reinigung sicherstellt und gleichzeitig dem Nutzer die Entscheidung überlässt, ob er mit sparsamem oder Wellness-Strahl duschen möchte. Bei unseren Testreihen zum Reinigungseffekt konnten deutliche Unterschiede festgestellt werden. Jedoch konnte das Behaglichkeits- und Wellnessgefühl naturgemäß nicht getestet werden, da hier jeder Mensch anders empfindet.
SBZ: Was bedeutet das für die Praxis?
Messerschmid: Bezüglich der Duschstrahlwirkung muss sich der Normungsausschuss entscheiden, welchen Test er für den aussagekräftigsten hält. Meiner Meinung nach sollte dieser dann möglichst nahe an die natürlichen Gegebenheiten kommen.
SBZ: Was sind aus Ihrer Sicht weitere entscheidende Faktoren für eine saubere Reinigung?
Messerschmid: Warmes Wasser! Eine angenehme, gleichbleibende Temperatur, ohne Schwankungen während des Duschvorganges ist wichtig für ein gutes Reinigungsergebnis, aber vor allem, um sich wohl zu fühlen.
SBZ: Wenn wir den Komfortmaßstab anlegen, an welchen Punkten sollte ein Dusch-WC darüber hinaus zuverlässig funktionieren?
Messerschmid: Geräte mit beheiztem WC-Sitz sollten eine angenehme und vor allem gleichmäßige Temperatur auf dem Sitz erzeugen. Dies ist nicht bei allen Modellen der Fall gewesen. Geräte mit integriertem Föhn sollten das Hinterteil auch in einer überschaubaren Zeit trocknen können. Die Föhneinrichtungen der Hersteller sind teilweise sehr unterschiedlich konstruiert. Entsprechend sind beim Test der Trocknungsfähigkeit auch die Ergebnisse deutlich voneinander abweichend.
SBZ: Aber wird das Produkt bei so viel Technik nicht anfälliger für Funktionsstörungen?
Messerschmid: Geräte- oder Funktionsausfälle hatten wir beim Test keine. Aber natürlich kann so eine komplexe Technik auch mal versagen. Hierbei darf es jedoch nicht zu Gefahren für den Nutzer kommen. So schlage ich beispielsweise vor, zu überprüfen, ob bei einer Vollfüllung der WC-Keramik, z. B. bei einer Verstopfung der Abflussleitung, die elektrische Sicherheit gewährleistet ist. Teilweise sind nämlich einzelne Gerätekomponenten unterhalb des maximalen Schmutzwasserspiegels angeordnet. Auch der Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigung gehört in die künftige Überprüfung. Es muss auf jeden Fall sichergestellt sein, dass Wasser aus dem Gerät nicht wieder in das vorgelagerte Trinkwassernetz zurückfließen kann.
SBZ: Ein Knackpunkt ist die hygienische Unbedenklichkeit des Duschkopfs. Ein sauberer und trockener Po ist die eine Sache, aber was nützt das, wenn die Elemente wie Duschkopf oder Föhn selbst nicht hygienisch rein sind, sondern noch sichtbare oder unsichtbare Verschmutzungen vom Vornutzer aufweisen. Der Test hat aufgezeigt, dass da bei einigen Produkten Nachholbedarf besteht. Was empfehlen Sie?
Messerschmid: Die Selbstreinigungsfunktion der Düseneinrichtung wurde von uns überprüft. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede. Einige Hersteller haben dieses Problem aber gut gelöst. Hier spielen vor allem die richtige Materialwahl und die Dauer und Intensität der Düsenreinigung eine wichtige Rolle. Bei der Föhneinrichtung gibt es meiner Ansicht nach noch Entwicklungsbedarf. Der Föhnauslass ist aufgrund der Temperaturen beim Trocknen und der Gefahr von Fäkal- und Urinanhaftungen besonders anfällig für Bakterienwachstum. Auch hier wäre zu überlegen, ob der Föhnauslass mit einer Spüleinrichtung ausgestattet werden kann. Konstruktiv ist das aber sicher nicht ganz einfach.
SBZ: Wenn Sie die Ergebnisse aller getesteten Dusch-WCs zusammen betrachten, welchen Rat können Sie dem SHK-Handwerk für die Praxis mitgeben?
Messerschmid: Da es momentan noch keine verbindliche Prüfregel für die Dusch-WCs gibt, sind auch die Ergebnisse des Tests teilweise sehr unterschiedlich. Natürlich spielt dabei auch häufig eine jahrelange Erfahrung von bereits etablierten Herstellern eine Rolle. Allerdings schneiden auch Newcomer teilweise bei einzelnen Tests gut ab. Für das Fachhandwerk ist es wichtig, den Kunden mit den Informationen seriös zu beraten, die er im Moment zu den einzelnen Produkten bekommen kann.
Auch ist es wichtig zu wissen, was der Kunde für Ansprüche hat. Will er Wasser sparen, braucht er einen heizbaren Sitz, einen Föhn oder eine Geruchsabsaugung? Es wäre schlimm, wenn der Kunde ein Produkt kauft, das nicht genau die Eigenschaften hat, die er will. Schließlich zahlt er bei komfortablen Geräten mehrere tausend Euro. Ich selbst habe bei mir zuhause seit vielen Jahren bereits ein Dusch-WC. Seit einigen Monaten sogar noch ein zweites im Gäste-WC. Mit beiden bin ich sehr zufrieden. Als Neukunde würde ich mich allerdings nur für ein so teures Produkt entscheiden, wenn ich es vorher ausgiebig testen könnte. Hier gibt es meiner Ansicht nach zu wenige Möglichkeiten.