Mit der Konzentration auf ein zentrales Thema setzte der Branchen-Dachverband dabei die konzeptionelle Basis der Veranstaltungsreihe erneut in die Informations- und Dialogpraxis um. „Komplettbad-Kompetenz strukturieren und inszenieren“ – unter diesem Motto lieferten Experten aus unterschiedlichen Bereichen „vielfältige Erkenntnisse und Denkanstöße“.
Komplettbad-Kompetenz im Mittelpunkt
Auch Andreas Dornbracht wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass das Komplettbad als Kernkompetenz der Branche im Bewusstsein der Verbraucher noch „viel zu wenig verankert“ sei, obwohl es häufig gewünscht werde und der Fachschiene zugleich große Profilierungs- und Differenzierungschancen biete. Der VDS-Vorsitzende: „Daher ist es wichtig, breit gefächerte Anregungen und Ideen aufzunehmen.“ Genau darum gehe es bei dem Badforum.
Für Handlungsdruck sorge zudem die auf dem Internet beruhende wachsende Preistransparenz für Sanitärprodukte. Die Branche sei daher aufgefordert, nicht nur ihre professionellen Dienstleistungen besser zu vermarkten, sondern auch darüber nachzudenken, ob es eventuell neuer Preismodelle und Verkaufsmechanismen bedürfe. Das setze u.a. entsprechend geschultes Fachpersonal voraus. Nach Meinung von Dornbracht kämen daher gemeinsame Anstrengungen für eine vertriebsstufenübergreifende Badweiterbildung in den Feldern „Badverkauf“ und „Badmanagement“ jetzt zum richtigen Zeitpunkt. Professionalität müsse eben ganzheitlich sein. Dazu gehören, wie es hieß, neben Produkten, Technik, Logistik und Einbau auch Beratung, Planung, Verkauf und Service.
Im Mittelpunkt der eigenen Welt
Ein per saldo sehr positives Zukunftsbild für die Sanitärbranche zeichnete Prof. Peter Wippermann. Als Konsequenz des generellen gesellschaftlichen Wandels sieht der Gründer des Hamburger Trendbüro im Bad einen klaren Gewinner. Zwar seien die Deutschen vor allem nach Ausbruch der Krise verstärkt preis- und angebotssensibel. Modernisierungsmaßnahmen im eigenen Zuhause gehörten jedoch „klassischerweise“ nicht zu den Bereichen, in denen der Fokus auf dem Sparen liege. Wichtigere Werte seien hier Beständigkeit, solide Verarbeitung, Funktionalität und Design. Deshalb gelte: „Wer renovieren will, entscheidet sich eher für die große Lösung.“
Von dieser Entwicklung und der „steigenden Investitionslaune“ werde die Badbranche profitieren. Aber auch unabhängig davon sieht der Professor für Kommunikationsdesign das Bad eindeutig im Aufwind. Die „Optimierung der Möglichkeiten“ bilde ein Grundprinzip der heutigen Gesellschaft. Das beziehe sich ausdrücklich auch auf den eigenen Körper. Seine Funktionsfähigkeit sei die Basis für Gesundheit, Leistungskraft, Schönheit und Glück. Er werde daher zum „Mittelpunkt der eigenen Welt“. Das Bad sei der Raum, in dem die Menschen die „neue Form der Selbstverantwortung“ am besten ausleben könnten. Mehr noch: Er rücke in Zukunft zur „gesundheitlichen Servicestation“ auf. Die Installation vieler medizinisch-technischer Hilfsmittel erfolge im Bad, das damit als „Schnittstelle zwischen Körper und Computer“ fungiere.
Parallel dazu wird das Bad wohnlicher, konstatierte der renommierte Trendforscher. Denn: Ein Zimmer, das der Optimierung der wichtigsten persönlichen Werte diene, müsse angenehm gestaltet und ausgestattet sein. Daher spiele das Design in den nächsten Jahren eine (noch) größere Rolle. Wippermann: „Ein gestyltes Bad steht für Lebensfreude und Körperbewusstsein. Beides sind anerkannte Werte in unserer Selbstdesign-Gesellschaft.“ Außerdem löse sich das Bad aus seiner Isolation. Als Teil des Wohn- oder Schlafzimmers werde es in Zukunft immer selbstverständlicher. Noch kurz ein paar Kernthesen des Trendforschers zu den einzelnen Altersgruppen, die es bei der Kundenansprache zu berücksichtigen gilt:
- bereits ab 30 Jahren reflektieren die Menschen auf ein Anti-Aging-Bad
- mit 50 Jahren wollen die Leute ein Fitnessbad, starten noch einmal durch und legen viel Wert auf ihren Körper.
- ab 60 geht es dann langsam in Richtung Komfort und Aufzug
- erst ab einem Alter von 74 Jahren sieht man sich selbst als alt an – das Thema Barrierefrei ist kein Tabu mehr.
Auch die Raumakustik berücksichtigen
Die Relevanz der Raumakustik für die gegenwärtigen und künftigen Wohlfühl-Komplettbäder untersuchte Sabine A. Fischer. Die Gründerin und Geschäftsführerin von modern-life-design im hessischen Königstein hält das für einen integralen Bestandteil eines „naturkonformen Badezimmers“. Es schaffe ein „positives Energiesystem“ für die Bewohner und fördere damit ihre Gesundheit. Das gelinge aber nur dann, wenn das ganze Badkonzept stimme. Dazu sei es erforderlich, geometrische Kriterien, eine ausgewogene Materialverwendung sowie die Anordnung von Möbeln, Pflanzen, Beleuchtung, Farben und raumakustischen Konstruktionen harmonisch in Einklang zu bringen. Ferner gelte es, die oft durch moderne Technik ausgelösten hohen Schallpegel sowie Wärme-, Tauwasser- und Korrosionsschutz und Be- und Entlüftung zu berücksichtigen.
Es sei bekannt, dass eine ungünstige Möblierung und schallharte Oberflächen das Hörvermögen der Menschen beeinträchtigen. Durch Messungen von Nachhallzeiten und Schallreflexionen wisse man um die Notwendigkeit eines „Behaglichkeitsfeldes für Badezimmer“. Fest stehe, dass deutsche Bäder „viel zu hallig“ und damit verbesserungswürdig seien. Bei der Material- und Designentwicklung komme es deshalb verstärkt auf einen „gesunden Klang“ an. Das Fazit der Referentin: „Das naturkonforme Bad vereint viele Herausforderungen und findet so seine neue Rolle als intimster Wellnessbereich für den Menschen.“
Spielregeln da ändern, wo es notwendig ist
Ganz andere Branchenaufgaben identifizierte Berthold Hellmann. In seinen „Denkanstößen zum Geschäftsmodell ,Komplettbad’“ machte der Mitbegründer der Unternehmensberatung market-first mit Büros in Bonn und München auf den „schleichenden Kontrollverlust“ aufmerksam, den die Partner des dreistufigen Vertriebsweges seit etwa 25 Jahren über das SHK-Marktgeschehen erleben. Nach der Offensive der Baumärkte Mitte der 80er-Jahre und der scharfen Konkurrenz durch Direktimporte in den 90er-Jahren sorge dafür jetzt das Internet. Um künftig erfolgreich zu sein, setze Hellmann die Bereitschaft voraus, die Spielregeln des dreistufigen Vertriebs dort zu ändern, wo es „zwingend notwendig“ sei. Hellmann nannte konkret unmittelbare Verkaufsabschlüsse in den Ausstellungen in Kooperation mit dem Fachhandwerk. Entscheidend sei, vorhandene Angebotslücken im Komplettbad-Geschäft zu schließen.
Kampf gegen Verschwendung
Im übertragenen Sinne aufs Tempo drückte Jörg Kaiser. Der für den Bausektor verantwortliche Geschäftsbereichsleiter der Porsche Consulting GmbH im baden-württembergischen Bietigheim-Bissingen präsentierte den Besuchern zum Badforum-Finale die Ergebnisse einer Praxisanalyse. Ihr Thema: die – wie sich rasch zeigte – gegenwärtig nur bedingt rationellen Komplettbadprozesse in der dreistufigen Wertschöpfungskette. Herzstück des von Kaiser vorgestellten Konzeptes „Lean Construction“ ist eine „verschwendungsarme Projektabwicklung“ auf allen Stufen. Um die geforderten Qualitäts-, Kosten- und Terminziele zu erfüllen, sei ein professionelles Projektmanagement das A und O.
Die von Porsche Consulting durchgeführte Komplettbad-Studie hat sich auf alle drei Vertriebsstufen erstreckt. Die wesentlichen Resultate fasste Kaiser als „Herausforderungen“ wie folgt zusammen:
Hersteller: Instabile Produktionsprozesse, hoher Steuerungsaufwand, geringe Termintreue, lange Durchlaufzeiten.
Großhandel: hoher manueller Aufwand je Angebot, rückläufige Angebotserfolgsquoten, lange Angebotsdurchlaufzeiten (über 43 Arbeitstage), Zwischenpufferung von Materialien aufgrund von Terminverzögerungen.
Handwerk: hoher logistischer Aufwand in Form von Transport und Wegezeiten, lange Rüstzeiten, hoher Koordinationsaufwand, gesamte Projekt-Durchlaufzeit von im Mittel 27 Arbeitstagen mit einem effektiven Wertschöpfungsanteil von lediglich 38 %. Wären alle Arbeitsschritte hintereinander erfolgt, hätte es lediglich zehn Tage (inkl. der auf die Nacht gelegten Trocknungszeiten) bedurft. Deshalb schlug er die zentrale Steuerung durch einen Badmanager und die Einhaltung eines strukturierten Projektmanagement vor.
100 % Leistung und 0 % Fett
Eine eher ernüchternde Bestandsaufnahme, mit der der Bauexperte das Plenum aber nicht „ins Ungewisse“ entlassen wollte. Vielmehr gab er dem Publikum in drei Kategorien gegliederte Handlungsempfehlungen mit auf den Heimweg. Hier ein Auszug in Stichworten:
Connecting Excellence: Bildung regionaler Partnerschaften unterschiedlicher Gewerke; Einführung eines Badmanagers zur Steuerung der Projekte; Standardisierung von betriebsübergreifenden Abläufen; Reduzierung der Schnittstellenproblematiken.
Operative Excellence: Trennung zwischen Wertschöpfung und Verschwendung; Einführung des „Chirurg-Krankenschwester-Prinzips“ (Konzentration auf Kernkompetenzen – z.B. Erledigung von Besorgungsfahrten durch Hilfskräfte und nicht durch Fachpersonal); Taktplanung und -steuerung der täglichen Prozesse; elektronischer Verkaufsassistent.
Qualifizierung zum Prozessmanagement: Praxisnaher Transfer der Lean-Prinzipien durch eine branchenspezifische Modell-Badsanierung bzw. Simulation; Schulung von Methoden und Werkzeugen zur operativen Prozessoptimierung; Integration in die Weiterbildung zum Badmanager.
Auf dieser Basis hält es Kaiser für realistisch, die in der Projektstudie ermittelte durchschnittliche Durchlaufzeit einer Badsanierung nachhaltig zu senken. „Schlankes Bad“ eben. Oder, um das Motto von Porsche Consulting zu zitieren: „100 % Leistung, 0 % Fett“.
Neben den Ergebnissen einer brandaktuellen Forsa-Studie (siehe Beitrag auf Seite 46) wurde im Rahmen des Badforums die neue Ratgeberbroschüre „Ihr Weg zum Traumbad“ präsentiert. Die 28-seitige Fibel informiert Verbraucher herstellerneutral und serviceorientiert über die „10 Schritte“ zum individuellen Profi-Bad. Soweit die wichtigsten Dinge vom 4. Badforum. Schade, dass nur 100 Badprofis zu der Veranstaltung gefunden haben, denn dieser Thementag war eine ideale Dialog-Plattform und Ideen-Börse für wirklich engagierte Sanitärspezialisten.
SBZ KREATIVWETTBEWERB
Jury-Urteil
And the winner is …
Die exakt 122 eingesendeten Bäder nahmen auf der Jurysitzung Anfang September in Hornberg die gesamte Fläche des Duravit- Design-Zentrums in Anspruch. Die zweitägige Auswertung bedeutete Schwerstarbeit für die hochkarätige Jury. Lag doch die Qualität der Arbeiten in der Spitze sehr dicht beieinander. Andreas Dornbracht (Gesellschafter der Aloys F. Dornbracht GmbH), Franz Kook (Vorstandsvorsitzender der Duravit AG) und Thomas Dulas (Geschäftsführer Marketing und Vertrieb der Alape GmbH) wurden vom SBZ-Designexperten Dipl.-Designer Frank A. Reinhardt und Innenarchitektin Nicola Stammer tatkräftig unterstützt.
Dass die Wahl aufgrund der vielen, sehr guten Entwürfe schwer fiel, zeigten die teilweise sehr engagiert geführten Diskussionen. Das Geheimnis, wer unter die Top-Ten gekommen ist und wer gewonnen hat, wird im Rahmen des großen Badprofi-Treffens am 24. September in Stuttgart gelüftet. Und natürlich demnächst in Ihrer SBZ.