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Wer hat so viel Geld?

Inhalt

Zu Beginn ein kurzer Rückblick: Im dritten Teil der SBZ-Serie Komplettbad haben wir erläutert, warum es so wichtig ist, dass die Zeit vom ersten Kundenkontakt bis zum Aufmaß und zum Vertragsabschluss kurz und effektiv ist. Das gilt auch und gerade für den Aufwand, den man als Komplettbadanbieter betreibt. Um das zu erreichen, hilft es, im Vorfeld bestimmte Kundentypen zu bestimmen, zu erkennen und einzuordnen. Für diese Art „Vorfilter“ gibt es verschiedene Instrumente für Handwerksunternehmer. Einige erprobte Modelle dazu stellt der Beitrag vor.

Warum ist das Einordnen und Selektieren der potenziellen Kunden so wichtig? Ganz klar, weil SHK-Fachbetriebe aktuell mehr Anfragen bekommen, als mit dem vorhandenen Personal abgearbeitet werden können. Daher – und um das „Hamsterrad“ ein Stück weit langsamer zu drehen – ist es essenziell, in einer frühen Phase des Kundenkontakts sinnvoll vorzufiltern. Die wichtigsten Erkenntnisse dazu sind:

  • Es geht nicht nur darum, unbedingt einen Kunden für eine Komplettbadrenovierung zu gewinnen. Sondern es geht natürlich auch darum, dass sich dieser Auftrag für die Firma als wertvoll erweist.
  • Das Ziel muss einfach lauten, den hohen Beratungsaufwand zu reduzieren und passende Wunschkunden herauszufiltern.
  • In Deutschland wird ca. alle 20 Jahre das Badezimmer renoviert, Verbraucher haben daher zum Großteil keine Vorstellung davon oder kein Gespür dafür, was eine Badrenovierung kostet.
  • Gerade das Kundenklientel im Alter 50+ legt hohen Wert auf die Faktoren Sicherheit, Orientierung und Vertrauen.

Teil 1, Personas: Wer ist mein Kunde und wie tickt er?

Um das herauszufinden, dafür kursieren im Marketing aktuell viele sogenannte Buzzwords (modische Schlagwörter) wie z. B. Customer Journey oder Touchpoint-Management. Die Bezeichnungen klingen zwar ungewohnt, aber die Methodik dahinter erweist sich auch in der Ausgestaltung der Beziehung SHK-Handwerker zu Kunde als sehr wertvoll. Betrachten wir diese Begriffe einmal aus Sicht eines Komplettbadanbieters und überlegen, welche Erkenntnisse wir daraus für uns gewinnen können.

Als Erstes ist es von großer Hilfe, sich ein Bild zu machen von seinen Kunden bzw. Zielgruppen. Wie denken sie, was bewegt sie? Wie entsteht der Kontakt zum SHK-Betrieb, auf welche Reize springen sie? Welche Punkte sind im Angebot und im Verkaufsgespräch besonders angebracht dafür? Dazu empfiehlt es sich, sich nicht allein mit Vermutungen zu der eher „unbekannten Masse“ der Kunden zu begnügen. Stattdessen ist es ratsam, sich archetypische Rollenmodelle zurechtzulegen, die jeweils spezielle Kundengruppen mit all ihren Eigenschaften widerspiegeln. Der Fachbegriff dafür lautet Personas. Damit werden aus anonymen Zielgruppen greifbare Menschen.

Vor diesem Hintergrund gilt es nun, praxistaugliche Personas zu definieren. Das Käufer-Persona-Model wurde ursprünglich von einem Mann Namens Alan Cooper für ein Softwareprojekt Anfang der 1980er-Jahre entwickelt. Heute wird das Nutzermodell zudem im Onlinemarketing, in der Produktentwicklung und auch im Kundenkontaktpunktmanagement angewendet. Einfach ausgedrückt: Mithilfe sogenannter Personas werden aus Zielgruppen menschliche Gestalten. Das kann so weit gehen, dass man ihnen sogar emotionale Eigenschaften zuordnet. Mit dem Effekt, dass Badverkäufer sich gründlicher vorbereiten können als bisher auf den Umgang mit ihren Kunden. Es erfordert zwar etwas Vorstellungsvermögen, im Ergebnis erhält man aber ein sehr gutes Werkzeug, um Kunden effektiv zu filtern.

„Personas sind fiktive Stellvertreter einer Kundengruppe, die deren charakteristische Eigenschaften, Erwartungen, Erwartungshaltungen und Vorgehensweisen in sich vereinen.“ Diese Definition des Begriffs verfasste Anne M. Schüller, die als Europas führende Expertin für das Touchpoint-Management gilt. Bei Personas handelt es sich um eine Zielgruppen-Clusterung auf emotionaler Basis. Grundlage für die Erstellung einer Persona ist, sich zunächst die Brille des Kunden aufzusetzen und den SHK-Betrieb bzw. das Produkt Komplettbad aus dessen Perspektive zu betrachten. Für unterschiedliche Kundengruppen und -typen ergeben sich so unterschiedliche Profile. In der Praxis kann man dadurch besser und zutreffender auf genau diesen oder jenen Typ reagieren, da man ihn ja schon kennt – zumindest theoretisch.

Jeder Kunde jeder Kundengruppe, von dessen Sichtweise ausgegangen wird, hat also ein bestimmtes Profil. Dies kann in Form eines Steckbriefes dargestellt werden. Dabei sollte zuerst einmal auf die ersten vier wesentlichen Bestandteile eingegangen werden, um die Persona lebendig werden zu lassen:

  1. Im ersten Schritt wird für den Kunden ein Name festgelegt und ein passendes Foto zugeordnet.
  2. Erweitert wird der Steckbrief durch Hintergrundinformationen. Faktoren wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Beruf, familiäre Verhältnisse, Einkommenssituation, Hobbys und andere Interessen werden im zweiten Schritt als Profil definiert. Der Faktor Geschlecht ist dabei besonders interessant, da Studien belegen, dass bis zu 80 % aller Konsumentscheidungen von Frauen getroffen werden. Diese Information ist für die meisten Branchen relevant, denn Frauen denken, fühlen und kaufen anders als Männer.
  3. Welche wörtlichen Aussagen könnten für diesen Kundentyp typisch sein? Dies wird im dritten Schritt festgehalten. Ebenso Werte, Standpunkte, Ansichten und Einstellungen der Persona. Zudem werden dem Kunden an dieser Stelle seine präferierten Marken zugeordnet, durch die er ein Statement über sich machen könnte (oder: die für ihn aussagekräftig sind und mit denen er sich identifizieren kann). Ein Beispiel hierfür ist die präferierte Automarke.
  4. Der vierte Schritt trägt die Überschrift „Erwartungen und Ziele“. Es wird aufgezeigt, was die Persona mit dem Kauf eines Produktes bzw. der Inanspruchnahme einer Dienstleistung erreichen will. Weiterhin auch, welchen Nutzen sie erreichen will und welche Gefühle sie begleiten. Ob es zu Ängsten kommt oder zum Gefühl der besonderen Begeisterung. Gegebenenfalls möchte die Persona mit dem Kauf des Produktes auch Probleme lösen, die es dann in einem Steckbrief darzustellen gilt.

Teil 2, Touchpoints: Was ist das und wie nutzt man sie?

Oder einfach ausgedrückt: warum die sogenannten Kundenkontaktpunkte (Touchpoints) für uns so wichtig sind. Die Berührungspunkte bzw. Kundenkontaktpunkte entstehen, sobald ein Verbraucher mit einem Unternehmen beziehungsweise einem Produkt oder einer Marke in Berührung kommt. Wichtig ist dabei, dass wir uns bewusst machen, dass es solche Berührungspunkte sowohl vor, während als auch nach dem Kauf eines Bades geben kann. Es wichtig, zwei wesentliche Arten von Kontaktpunkten zu unterscheiden:

  • Die direkten Kontaktpunkte – welche beeinflusst werden können wie z. B. Telefonannahme, Angebotspräsentation, Firmenfahrzeug etc.
  • Die indirekten Kontaktpunkte – welche nicht oder nur indirekt gesteuert werden können wie z. B. Meinungsportale, PR-Berichte etc.

Sowohl bei den direkten als auch bei den indirekten Kundenkontaktpunkten sollten wir uns bewusst sein, dass es sowohl zu positiven als auch zu negativen Kundenerlebnissen kommen kann.

Meine Empfehlung lautet daher: Überlegen Sie in Ruhe, was sind allgemein die direkten und indirekten Kontaktpunkte mit Ihrer Firma, wenn es um das Thema Komplettbad geht? Also z. B.: Wie sehen Ihre Fahrzeuge aus, welche Botschaft vermittelt Ihr Firmensitz? Was wird im Sportverein über Sie gesprochen, wurden Sie eventuell sogar schon auf Onlineportalen bewertet? Das Kundenkontaktpunktmanagement soll helfen, die einzelnen Berührungspunkte zu benennen, zu koordinieren, zu integrieren und aufeinander abzustimmen. Ziel ist es dabei, die Berührungspunkte so zu steuern, dass sie vom Kunden als herausragend, verlässlich und vertrauenswürdig wahrgenommen werden.

Teil 3, Customer Journey: Auf Kundenreise gehen

Ein Hilfsmittel zur Ermittlung dieser Punkte, an denen potenzielle Kunden erstmals mit dem Handwerker bzw. seinem Unternehmen in Kontakt kommen und etwas über ihn erfahren, ist die sogenannte Customer Journey (noch so ein wichtiges Buzzword). Das bedeutet in etwa so viel wie die Reise des Kunden, meint also den Weg, den der Kunde bis zum eventuellen Abschluss zurücklegt. Der Begriff Customer Journey bezeichnet die „Reise“ eines potenziellen Kunden über verschiedene Kontaktpunkte mit einem Produkt bzw. einer Dienstleistung, einer Marke oder einem Unternehmen, von der Inspiration und Bedürfnisweckung über die Informationsbeschaffung und -suche. Wichtig zu wissen ist, als Handwerksbetrieb bekommt man höchstwahrscheinlich gar nicht mehr alles mit. Wenn über ein Unternehmen gegoogelt wird, stehen sie dem Ergebnis erst einmal passiv gegenüber.

Nach Anne M. Schüller sind für die Customer Journey generell vier Elemente von Relevanz:

  1. Personas
  2. Touchpoints
  3. Customer-Journey-Phasen: Die Customer Journey kann dafür in einzelne Phasen unterteilt werden, um noch mehr Details im Auge zu haben
  4. Interaktionen: Dabei handelt es sich um die Interaktionen, die an den Kundenkontaktpunkten entstehen. Mit diesen wird das Verhalten der Kunden in den entsprechenden Phasen beeinflusst. Ein Beispiel: Wird z. B. online ein negativer Kommentar geschrieben, sollte man auf die Kritik eingehen.

Wenn Sie jetzt alle drei genannten Werkzeuge zusammenführen, also Personas, Kontaktpunkte und die Kundenreise, sollten Sie ein scharfes Profil für Ihre unterschiedlichen Kundengruppen bestimmen können. Um das zu ermitteln, hat sich folgende Herangehensweise bewährt:

  • Über wie viele Kundenkontaktpunkte verfügt Ihr Unternehmen?
  • Wo befinden sich die Kundenkontaktpunkte?
  • Wie sieht die Ist-Situation der Kundenkontaktpunkte Ihres Unternehmens aus?
  • Gibt es Verbindungen zwischen den einzelnen Kundenkontaktpunkten?
  • Und zu guter Letzt: Wie nehmen die unterschiedlichen Personas die Kundenkontaktpunkte wahr?

Also, jetzt heißt es: Gedanklich die Ärmel hochkrempeln und die Brille Ihrer Kunden aufziehen.

Tipp

Fachkräfte finden

Nicht nur für Kunden sind Personas, Berührungspunkte, Interaktionen und Kundenreisen relevant, sondern auch für Ihre zukünftigen Mitarbeiter! Daher lohnt es sich, das gleiche Vorgehen wie im Beitrag beschrieben auch aus der Sicht eines zukünftigen Mitarbeiters durchzuführen.

Info

SBZ-Serie Komplettbad

Die SBZ wirft in den kommenden Ausgaben mit Top-Thema Badwelt einen Blick auf die Welt der Komplettbadanbieter. Wer das Vorgehen aus dem Effeff beherrscht, verschafft sich einen Vorsprung gegenüber Mitbewerbern und gegenüber den Anbietern aus dem Internet. Vom Vorgang der Abwicklung eines Komplettbades lässt sich zudem generell viel lernen über den effektiven Einsatz durchdachter Konzepte im Unternehmen.

Teil 1 ist erschienen in der SBZ 18/2016 Allgemeine Betrachtung

Teil 2 in der SBZ 21/2016 Geschäftsfeld strategisch aufbauen

Teil 3 in der SBZ 03/2017 Kundentypen richtig ansprechen

Teil 4 in der SBZ 05/2017 Das fehlerfreie Aufmaß

Teil 5 in der SBZ 13/2017 Präzision benötigt Vorbereitung

Teil 6 in der SBZ 18/2017 Bauleitung

Sie lesen gerade Teil 7: Personas erstellen und einsetzen

Autor

Tobias Pfoh ist Juniorpartner der Handwerkerkooperation BADnet GmbH und tätig als freiberuflicher Dozent, u. a. an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, an der Bad-Akademie der VDS und an der Villeroy & Boch Global-Academy. tp@badnet.de www.badnet.de

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