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Verbandstag in der Fuggerstadt Augsburg

Denken ist Körperverletzung

Zum diesjährigen Verbandstag konnte der Verbandsvorsitzende Michael Hilpert zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Handel und Industrie zur öffentlichen Kundgebung begrüßen. Sie bot Gelegenheit, die Standpunkte und Forderungen der SHK-Handwerke näher zu bringen. Der Landesinnungsmeister ging auf die Klimapolitik der Bundesregierung ein. Dabei machte er deutlich, dass es aus Sicht des Handwerks drei gute Ansatzpunkte gäbe, die Umwelt zu entlasten, ohne den Staat unterm Strich zu belasten. Vielmehr würde dadurch zusätzliche Beschäftigung geschaffen.

50 Milliarden Euro ­stehen auf dem Spiel

Zum einen unterstrich Hilpert die bereits gehegte Forderung des Fachverbandes nach einer Umweltprämie für alte Heizkessel. Nach seiner Auffassung ist diese Prämie eine Pflicht. Denn diese Maßnahme würde nicht nur Energie einsparen, sondern auch den CO2-Ausstoß minimieren und dazu noch einen wirkungsvollen Konjunkturimpuls aussenden. Ohne Umweltprämie für ­alte Heizkessel würde eine Chance für den Klimaschutz verspielt, vor allem dort, wo heute weiter unnötigerweise Energie verpulvert und Geld verheizt wird, nämlich in der Gebäudetechnik. Nach einer Emnid-Umfrage sollen immerhin 39 % der Eigenheimbesitzer bereit sein, bei einer Kesselprämie sofort ihre alte Heizungsanlage erneuern zu lassen. „Das sind immerhin 4,7 Millionen neue Anlagen, bei einem Investitionsvolumen von 50 Milliarden Euro“, gibt Hilpert zu bedenken. Als zweiten hilfreichen Ansatzpunkt nannte der Landesinnungsmeister die Ausdehnung der Kfz-Abwrackprämie auf gewerbliche Fahrzeuge. Dadurch würde auch hier wieder ein positiver, ökologischer Effekt erreicht, die Fuhrparkmodernisierung für kleine und mittlere Betriebe erleichtert und die innovative Nutzfahrzeugindustrie gezielt gefördert. Last but not least forderte Hilpert von der Politik eine schnelle Absenkung des Mehrwertsteuersatzes von 19 auf 7 %, für arbeitsintensive Dienstleistungen. Dies werde die Hauseigentümer motivieren, auch in kommenden wirtschaftlich schwierigen Zeiten in die stabilen Werte ihrer eigenen Immobilie zu investieren.

Mahnende Worte an Fachhandel und Industrie

Nach einem kurzen Abstecher in Richtung bayerische Staatsregierung ermahnte Landesinnungsmeister Michael Hilpert die Teilnehmer, neue Technologien künftig schneller zu besetzen. Das Beispiel der Kraft-Wärme-Kopplung zeige, dass nicht nur fremde Gewerke, sondern auch Versorger und fadenscheinig auf Gebäudemanagement spezialisierte Investoren und Produkthersteller immer offensiver auf den Markt drängen. „Vor diesen Raubtier-Angriffen können wir uns nur schützen, wenn wir hier von Anfang an Flagge zeigen“, so Hilpert. Eine weitere Forderung des Landesinnungsmeisters lautete, dass sich die Branche künftig mehr dem Thema Klimatechnik widmet. Hierfür habe die SHK-Fachorganisation in Abstimmung mit den zuständigen Behörden eigens für Innungsfachbetriebe ein Schulungs- und Prüfungskonzept erarbeitet, das alle Vorgaben der entsprechenden Verordnung erfüllt. Mit dieser Befähigung könne dem Installateur- und Heizungsbauer-Handwerk niemand mehr die Qualifikation für den Umgang mit umweltrelevanten Stoffen absprechen. Zum Abschluss seiner Ausführungen richtete der Landesinnungsmeister noch ein paar mahnende Worte zum Thema Partnerschaft an die Marktpartner aus Fachhandel und Industrie. Hilpert hierzu: „Wir sind der Garant für eine hohe Wertschöpfung bei Handel und Industrie. Partnerschaft heißt aber Geben und Nehmen, und nicht nur Nehmen und Nehmen. Darauf sollten sich alle wieder besinnen. Es wird Zeit, die guten alten deutschen Tugenden, Ehrlichkeit, Fleiß, Leistung und Streben nach Qualität wieder in die Waagschale zu werfen“. Der Landesinnungsmeister forderte vor allem die Industrie auf, nicht zu vergessen, dass es die Handwerker sind, die seit jeher die Produkte an den Mann bringen und maßgeblich daran beteiligt waren, bekannte Marken zu einer starken Marktstellung weltweit zu verhelfen.

Forderung an die ­schwarze Zunft

Auf das neue Schornsteinfeger-Handwerkergesetz, das Anfang 2009 in Kraft trat, ging Haupt­geschäftsführer Dr. Wolfgang Schwarz ein. Seiner Auffassung nach können weder die SHK-Handwerker noch die Kaminkehrer mit diesem Gesetz zu­frieden sein. Deshalb verhandle der Zentralverband zurzeit mit dem Bundesinnungsverband der Schornsteinfeger, um einen Interessenausgleich zwischen den Gewerken herzustellen. Dabei gehe es im Wesentlichen um zwei Dinge: Erstens die Voraussetzungen zur handwerksrechtlichen Eintragung in den jeweils anderen Beruf sowie zweitens die Anerkennung der BImschV-Messung durch die SHK-Handwerker. Sowohl Bundesverband als auch Fachverband seien der Auffassung, dass das Vorrecht der alleinigen BImschV-Messung durch die Kaminkehrer seit Einführung des neuen Gesetzes nicht mehr haltbar ist. Dr. Schwarz forderte die Schornsteinfeger zum fairen Wettbewerb unter den veränderten gesetzlichen Gegebenheiten auf. „Wir sind gerne bereit, mit dem bayerischen Kaminkehrerhandwerk im Dialog zu bleiben und Dinge auf Landesebene zu regeln, die wir in Bayern selber bestimmen können. Hier lassen wir uns gerne vom Grundsatz leiten: „Geben und Nehmen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen“.

Auf Unverständnis stoßen bei Dr. Schwarz auch die Themen Tiefen-Geothermie und städtische Nahwärmeprojekte. Der Hauptgeschäftsführer hierzu: „Wir sind nicht gegen solche Projekte! Sie müssen aber energetisch, ökologisch und ökonomisch sinnvoll sein. Doch wie es aussieht, wird die Tiefengeothermie die Steuerzahler der Zukunft zusätzlich belasten“. Deshalb ist er davon überzeugt, dass moderne Einzelfeuerungen energetisch, ökologisch und ökonomisch der bessere Weg sind. Kollektivlösungen, die von allen finanziert werden, damit einige Nutznießer werden, hält er für ordnungspolitisch falsch.

Fit in die Urne

Aufschlussreich war auch der Vortrag von Dr. Albert Lichtenthal mit dem vielsagenden Titel „Fit in die Urne“. Wie der Sport-Mediziner berichtete, ist Stress längst zum zentralen Problem unserer Gesellschaft geworden. Vor allem für junge Firmenchefs stellten psychische Belastungen ein erhebliches Problem dar. Fast jeder von ihnen leide unter Hektik, Zeit- und Termindruck. Hinzu käme, dass die meisten zu Beginn ihrer Unternehmertätigkeit Existenzängste hätten und den Leistungsdruck als sehr belastend empfänden. Der Körper reagiere darauf mit Stress. Sollte dieser Stress und die Angst länger andauern, wirke sich das auf die Gesundheit aus. Denn bedrohliche Impulse stünden im Zusammenhang mit der Freigabe von Adrenalin und dem Stresshormon Cortisol. Würde Adrenalin und Cortisol durch tagtäglichen Stress ständig an den Körper abgegeben, so der Mediziner, fiele es ihm immer schwerer sich zu erholen. Der Mensch altere schneller, wäre Krankheiten gegenüber leichter anfällig und damit oftmals recht früh schon ein Fall für die Urne. Der Wissenschaftler gab zu bedenken, dass es nicht die äußeren Verhältnisse sind, die den Stress verursachen, sondern vielmehr die Art, wie man über Sachen denkt oder sie interpretiert. Mit den Worten „Denken ist Körperverletzung, denn Denken ist der Auslöser für hohe Adrenalin- und Cortisolkonzentrationen und somit auch Auslöser für Stressbelastung“, beendete er seinen Vortrag.

Fachtagungen im Überblick

Die Fachtagungen des Spenglerhandwerks konferierten wie bereits in den Jahren zuvor parallel zu Betriebswirtschaft und zur Kommission für Aus- und Fortbildung. Dadurch waren die Fachveranstaltungen der einzelnen Berufsgruppen unterschiedlich gut besucht.

  • Drei Referate sowie der Bericht der Kommission erwartete die Teilnehmer im Rahmen der von Landesfachgruppenleiter Ulrich Leib moderierten Fachtagung des Spenglerhandwerks. Mit der Windsogsicherung an Gebäuden beschäftigte sich Dr. Wilfried Krah (Gundelsheim).

Über Änderungen in den Klempner-Fachregeln berichtete Leonard Knobloch (ZVSHK), während Rainer Blaschke (FV-Bayern) zum Thema Haftungsrisiken des Spenglers referierte.

  • Bei der öffentlichen Sitzung der Kommission für Aus- und Fortbildung informierte Birgit Jünger (ZVSHK) über die Kampagne „Wir checken für Deutschland“ – Der Heizungs-Check. Rechtsanwalt Dr. Rainer Koch (Wiesbaden) demonstrierte wie man Baupreise sicher kalkuliert und Nachträge durchsetzt. Prof. Krause (Rosenheim) stellte den Studiengang „Energie- und Gebäudetechnologie vor, während Manfred Klöpfer (FV-Bayern) zum Thema Lehrlingswerbung leicht gemacht – praktische Umsetzungshilfen referierte.
  • Aktuell waren auch die Themen Inspektion, Bewertung und Sanierung von Grundstücksentwässerungsanlagen sowie die DIN V 18599 – Energetische ­Bewertung von Gebäuden, die Robert Thoma (Sachverständiger) und Hans Erhorn (Fraunhofer-Institut für Bauphysik) im Rahmen der Fachtagung Installateur- und Heizungsbauerhandwerk vortrugen.

Bei der öffentlichen Kundgebung waren 230 Gäste anwesend, während an den verschiedenen Tagungen am Nachmittag insgesamt 500 Personen teilnahmen. Beim anschließenden Festabend und dem Besuch der begleitenden Ausstellung nutzten die Teilnehmer die Gelegenheit zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch. Der kommende Verbandstag wird am 11. und 12. Juni 2010 in Bayreuth stattfinden. NS