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Krankheitsbedingten Fehlzeiten im Arbeitsalltag vorbeugen

Halbkrank zur Arbeit kommen? 

Inhalt

Den meisten Arbeitnehmern ist es peinlich, wenn sie fehlen („Ich kann doch meine Kollegen nicht im Stich lassen“) und sie setzen sich selbst unter Druck. Wer halbkrank zur Arbeit kommt, steckt noch die Kollegen an. Insoweit kann die Anwesenheit sogar kontraproduktiv sein. Eine vorhandene Krankheit könnte sich verschlimmern, die Fehlzeit später wäre länger. Ein alter Grundsatz bei Aldi: „Wer halbkrank zur Arbeit kommt, verursacht größeren Verlust als ein Abwesender“ (Theo Albrecht: „Die Albrechts“, Redline Verlag 2015). Bekämpft werden müssen also nicht die Fehlzeiten, sondern die Ursachen.

Mitarbeiter glauben, etwas Gutes zu tun, wenn sie halbkrank zur Arbeit kommen und hoffen, dies würde von Kollegen und Vorgesetzten positiv ausgelegt werden. Dabei wird vergessen, dass man Kollegen ansteckt, Krankheiten verschleppt und die Fehlerquote bei der Arbeit steigt. Der Mitarbeiter, Typ „Durchhalter“, ignoriert Unwohlsein. Ist das Gefühl der Unentbehrlichkeit da, kommt es nicht zur Absenz. Sein Kollege, Typ „Weich­ei“, verträgt gar nichts und lässt sich gleich krankschreiben. Wer nie oder selten fehlt, erwartet bei passender Gelegenheit auch eine Anerkennung. Das darf aber nicht jemand anderen diskriminieren, der gerade fehlt.

Wie man sein eigener Gesundheitsmanager wird

Dynamisches Sitzen: „Bis zu 40 Prozent aller Fehlzeiten werden laut Expertenschätzung durch das Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst“, (Joachim Gutmann: „Personalmanagement“, Haufe Verlag 2016). Es gibt immer mehr Mitarbeiter, die wegen nicht ergonomischen Sitzens im Büro Rückenschmerzen haben und wegen des Arztbesuchs stundenweise Fehlzeiten verursachen. Abhilfe schafft „dynamisches Sitzen“, das bedeutet, das Gewicht häufig zwischen rechts und links zu verlagern. Damit wird die einseitige Belastung der Wirbelsäule erheblich reduziert und eine aktive Vorbeugung für leidige Rückenprobleme gewährleistet. Synchronmechanik unterstützt das dynamische Sitzen und verhindert Rückenschmerzen und damit Abwesenheit. Außerdem ist es wichtig, dass die Rückenlehne bis zu den Schulterblättern reicht. Sie muss im Lendenwirbelbereich in jeder Sitzposition den Rücken gut abstützen. Das beugt Bandscheibenschäden vor.

Der Rücken muss Kontakt zur Rückenlehne haben, die Lendenwirbelsäule – das „Kreuz“ – senkrecht zur Sitzfläche stehen. Die aufrechte Sitzhaltung muss zur festen Gewohnheit werden: Ganz bewusst den Rücken aufrichten, den Blick gerade nach vorne, die Schultern zurück und den Oberkörper leicht nach vorne nehmen. Richtiges Sitzen muss ins Bewusstsein gerufen werden. Häufig beugt man sich unbewusst mit krummen Rücken nach vorne. Gesundheitsprävention ist förderungswürdig, sie verhindert Fehlzeiten.

Der beliebige Wechsel zwischen stehender und sitzender Arbeitshaltung ist durch den Blick auf die Uhr oder Erinnerung per App sogar planbar. Aufstehen und ein paar Schritte gehen beeinflusst auch die Atmung und ist mit besserer Konzentration verbunden. Kurzgespräche kann man z. B. an einem Stehtisch führen – warum muss man immer sitzen?

Raumklima: Gesundheit braucht Achtsamkeit. Überheizte Büroräume sind ungesund. Irgendeiner hat immer etwas zu meckern: Zu kalt. Zu warm. Zu trocken. Fenster auf. Fenster zu. Die klimatischen Verhältnisse führen schnell zu Meinungsverschiedenheiten, besonders im Großraumbüro. Das Temperaturempfinden ist sehr unterschiedlich. Die Temperatur ist mehr als ein Wohlfühlfaktor. Ideale Werte bietet die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) mit der Information 215-520 „Klima im Büro“. Empfohlen werden eine Temperatur von 20 bis 22 Grad und eine Luftfeuchte zwischen 40 und 60 Prozent. Die Luftfeuchte ist wichtig, denn die trockene Nasenschleimhaut nimmt Keime auf. Trockene Luft am Arbeitsplatz ist schlecht für die Schleimhäute. Der natürliche Schutzfilm, den die Schleimhäute bilden, ist nicht mehr stark genug. Das führt zu Entzündungen und ist mit einem Luftbefeuchter zu beheben. Durch die Atmung steigt der Kohlendioxidgehalt laufend, das erfordert regelmäßige Zufuhr von Frischluft. Bewährt hat sich das Stoßlüften anstelle des Dauerlüftens, am besten alle 90 Minuten. Ein dauerhaft gleichbleibendes Klima mit optimaler Feuchte erreicht man durch eine Klimaanlage, die jedoch von vielen kritisch gesehen wird, auch durch ihren Stromverbrauch.

Flüssigkeitszufuhr: Nach der Forsa-Studie „Trink Wasser“ 2019, im Auftrag der TKK, vergisst man die Zufuhr von Flüssigkeit und wird dadurch zum Trinkmuffel. Schon ein geringer Wassermangel im Körper kann die Immunität verringern. Es fehlt meist am Bewusstsein, dass Mineralwasser Nahrung für die Nerven ist und die Konzentrationsfähigkeit verbessert. Schon bevor das Durstgefühl einsetzt, soll man trinken. Inzwischen gibt es Erinnerungshilfen auf dem Smartphone. So kann man den Griff zur Sprudelflasche einfach speichern und sich durch eine App erinnern lassen. Für das iPhone gibt es den „Trink-Wecker“, die „Trink-Uhr“ und den „Aqua-Plan“. Anhand des eigenen Körpergewichts wird die empfohlene Trinkmenge ermittelt und man wird per Push-Benachrichtigung erinnert zu trinken.

Arbeitspause: Mittags durcharbeiten, nur schnell einen Kaffee trinken und einen Müsliriegel knabbern, bitte nicht. Wer Pausenzeiten missachtet, riskiert ein Erholungsdefizit und erste gesundheitliche Nachteile. Pausen sollten nicht unterdrückt werden, nur damit man früher aus dem Büro kommt. Der Körper hat sogar ein gutes Gespür für eine Auszeit, er verlangt nach der Pause, das sollte man nicht übersehen. Wo „work in“ ist, muss auch „work out“ sein. Kurzpausen sind ideal, wenn man sich nicht mit dem privaten Handy befasst. Muss man denn immer etwas tun?

Angenehme Arbeitsbedingungen: Generell gilt: Je besser das Betriebsklima, desto geringer sind die krankheitsbedingten Absenzen. Wer die Wertschätzung vom Chef und seinen Kollegen spürt, hat mehr Arbeitsfreude. Geringe Arbeitsfreude erhöht Fehlzeiten. Steht Kollegialität hoch im Kurs, sinkt die Dauer der Absenzen. Der Abwesende ist von zu Hause aus für seine Kollegen in dringenden Fällen telefonisch erreichbar. Wer große Arbeitsfreude hat, leidet fast schon unter seiner Abwesenheit.

Hygiene durch Desinfektionsmittel: Während die einen zu den Befürwortern zählen, gibt es die ersten Gegner, die Desinfektionsmittel ablehnen, weil diese der Haut schaden würden. Handhygiene ist auch mit Seife möglich, dazu gehört das richtige Abtrocknen. Bleiben die Hände feucht, besteht die Gefahr, dass sich Mikroorganismen dort halten und sogar vermehren. Durch das Reiben der Hände am Handtuch können Keime eher entfernt werden. Manche bevorzugen Luftgebläse, andere Papier- oder Stoffhandtücher. Bei allen Möglichkeiten gibt es Kritiker.

Das Rückkehrgespräch

Bei längeren Fehlzeiten werden die Ursachen der Abwesenheit im Rückkehrgespräch geklärt, um Präventivmaßnahmen zu treffen. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass der Arbeitgeber die Diskretion verletzt, wenn er fragt, wie sich der Mitarbeiter auskuriert hat. Fehlzeiten müssen zwar angesprochen werden, wer dem Mitarbeiter die Kosten der Fehlzeiten erläutert, übt Druck aus. Das Gespräch darf nicht zur Strafpredigt ausarten, sondern soll den Mitarbeiter durch Fragen nachdenklich machen. Beim Rückkehrgespräch wird ihm deutlich gemacht, dass er geschätzt wird und seine Abwesenheit eine Lücke hinterlässt. Der Rückkehrer wird informiert, was in seiner Abwesenheit an wichtigen Dingen geschehen ist.

Rückkehrgespräche haben vor allem einen präventiven Charakter. Es soll besprochen werden, wie man weitere Fehlzeiten verhindern kann. Es verpflichtet den Betrieb aber zu Dank, wenn jemand trotz Krankenstand für das Büro erreichbar ist und Fragen beantwortet.

Info

Ursachen für Fehlzeiten

Einfluss: Alter
Jüngere Mitarbeiter fehlen häufiger als ältere Mitarbeiter, aber meist ­kürzer.

Einfluss: Führung
Je besser das Betriebsklima, desto weniger Fehltage.

Einfluss: Verantwortung
Mitarbeiter, die geringe Verantwortung tragen, fehlen häufiger als ­solche mit größerer Eigenverant­wortung.

Einfluss: Belastung
Permanente Überbelastung und Hektik beeinflussen das Wohlbefinden negativ.

Autor

Rolf Leicher 
ist ­Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und ­Referent. Er lebt in Heidelberg. Telefon (0 62 21) 80 48 82

Bild: Rolf Leicher

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