Bei autoritärer Führung hat der Vorgesetzte das Zepter in der Hand. Als starker Leader delegiert er nach dem „Top-down-Prinzip“, von oben herab. Von unsicheren oder unerfahrenen Mitarbeitern wird das nicht automatisch negativ wahrgenommen. Wenn im Einzelfall Mitarbeiter eine klare Ansage erwarten, ist eine Anweisung je nach Tonfall zwar autoritär, aber vielleicht angebracht. Deswegen darf der kooperative Führungsstil nicht generell infrage gestellt werden.
Für den autoritären Vorgesetzten sind Mitarbeiter als Befehlsempfänger reine Vollzugsorgane, die sich unterordnen müssen. Er sagt, wo es langgeht, die Mitarbeiter müssen nicht entscheiden. Der Vorgesetzte hat das letzte Wort und tut sich schwer, eine andere Meinung zuzulassen. Widerspruch wird in der Regel nicht geduldet. Bemerkenswert: Der autoritäre Führungsstil wird in manchen Betrieben oft unbewusst in leicht ausgeprägter Form praktiziert, weil der Mitarbeiter keine andere Führung kennt oder Verantwortung für seine Tätigkeit nicht selbst übernehmen möchte. Manchmal ist es besser, wenn der Vorgesetzte den Weg zeigt, den der Mitarbeiter gehen soll. Es ist wie beim Autofahren, das Navi gibt die Route vor, der Fahrer macht, was es ihm sagt. So krass wie Henry Ford autoritäre Personalführung in der Autoproduktion früher praktiziert hat, ist es heute nicht mehr zeitgemäß. Migranten im Arbeitsteam sind aus ihrer Heimat Anweisungen des Vorgesetzten gewöhnt, Unterordnung ist für sie normal. Eigeninitiative und Übernahme der Verantwortung sind gewöhnungsbedürftig.
Vor allem jüngere Mitarbeiter und Neueinsteiger, denen noch die Erfahrung fehlt, möchten nur begrenzt den freien Handlungsspielraum nutzen. Sie finden autoritäres Führen in der „Soft-Ausgabe‘“ in der Einarbeitungszeit sogar als Hilfe. Die Angst vor der Verantwortung führt eher zur Unterordnung. Kein Wunder, dass es auch Arbeitnehmer gibt, die aus Bedenken vor Überforderung lieber weisungsgebunden sind, weil sie die Verantwortung für eine Arbeitsausführung und den Materialeinsatz nicht alleine tragen wollen.
Mitarbeiter brauchen gelegentlich einen klaren Wegweiser, den „Navigator“. Sie akzeptieren Anweisungen und Kontrollen und empfinden keine Abwehr dagegen.
Ideal ist es, wenn der Vorgesetzte oder Teamleiter flexibel reagiert und erkennt, wo er dem Mitarbeiter durch seine Anweisungen die alleinige Verantwortung abnimmt. Wenn schnelles Handeln in bestimmten Fällen oder in einer Notsituation erforderlich ist, sind Anweisungen, die einen autoritären Charakter haben, sogar sinnvoll.
Anweisung oder Leitplanken?
Der Begriff „Anweisung“ wird vom Personal meist negativ gesehen. Er steht für „Anordnung“, und „Vorschrift“, man erkennt den erhobenen Zeigefinger des Chefs. Wer eine Anweisung erhält, fühlt sich in seiner Freiheit eingeengt. Entscheidend ist, wie eine Anordnung präsentiert wird. Bestimmte Handlungsspielräume für den Mitarbeiter werden auch als „Leitplanken“ bezeichnet, innerhalb derer er sich bewegen kann. Sie zeigen, wie es geht, lassen dem Mitarbeiter noch Spielraum, er kann sich frei bewegen, muss aber Grenzwerte einhalten. Im Gegensatz zu festgelegten Regeln einer Anweisung gibt es bei Leitplanken keine starren Vorgaben für den Mitarbeiter, die unbedingt eingehalten werden müssen. Man zeigt dem Mitarbeiter, wie man sich die Arbeitsausführung vorstellt, und überlässt es dem Betreffenden weitgehend, sich innerhalb von
Toleranzangaben frei zu bewegen. Leitplanken sind die „Soft-Ausgabe“ einer Anweisung.
Heute werden vom Chef andere Persönlichkeitswerte erwartet als früher in einer Zeit von Befehl und Gehorsam. Er begegnet seinen Mitarbeitern auf Augenhöhe. Führung muss Orientierung, Sicherheit und Halt geben. Der Vorgesetzte soll Autorität besitzen, ohne autoritär zu führen. Durch seine Fähigkeit, sich in sein Team hineinzuversetzen, kann er Situationen des Einzelnen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Souveränes Auftreten und Organisationstalent machen ihn als Autorität glaubwürdig. Er wird respektiert, ohne dass er Macht ausspielen muss. Mit Persönlichkeit und Ausstrahlung überzeugt er schneller als mit seiner Position. Und obendrein ist es wichtig, dass er beliebt ist.
Führung muss sein
Viele meinen, dass Führung bei einem geringen Personalstand nicht ganz so wichtig ist, weil bisher alles automatisch läuft. Schließlich hat sich noch kein Mitarbeiter über mangelnde Führung beschwert. Auch wenn der Meister stark ins Tagesgeschäft eingebunden ist, muss Zeit sein, sich aktiv um Personalführung zu kümmern. Denn jeder Mitarbeiter ist immer so gut, wie er geführt wird. Dabei muss Führung nicht spürbar sein, so wie eine Injektion am besten ist, wenn der Patient sie gar nicht spürt. Niemand äußert sich ausdrücklich, wenn er mit der Führung zufrieden ist, der Chef erhält also kein Feedback über seinen Führungsstil. Gute Führung schafft Mitarbeiterbindung, das Team arbeitet engagierter.
Kritiker der autoritären Führung
Mit der Beteiligung an Entscheidungen und der Delegation zeigt der Chef sein Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter. Qualifizierte Mitarbeiter akzeptieren kooperative Personalführung, denn sie können dabei ihre Fähigkeiten und Kenntnisse einsetzen und sich weiterentwickeln. Sie begrüßen die Übernahme von Verantwortung und fühlen sich ernst genommen, wenn sie etwas in eigener Regie durchführen. Selbstständigkeit und Kompetenz werden durch die kooperative Führung gefördert, jeder erlebt dies als einen ganz persönlichen Erfolg, sofern es nicht zur Überforderung kommt.
Befürworter der autoritären Führung
Wer nur arbeitet, um zu verdienen, den interessiert der kooperative Führungsstil wenig, weil er dabei Verantwortung übernehmen müsste. Der Vorgesetzte sieht auch Vorteile: Es wird nicht lange diskutiert, sondern Entscheidungen, die dringend sind, werden per Anordnung zeitnah getroffen. Oft wird es sogar begrüßt, wenn der Chef den Ton angibt und nicht erwartet, dass der Mitarbeiter sich Gedanken macht und Vorschläge einbringt. Es soll Arbeitskollegen geben, die akzeptieren, dass der „Obere“ den „Unteren“ anweist.