Ein sehr wichtiger Aspekt bei der Betriebsübergabe im Zuge einer Nachfolgeregelung ist die Frage nach dem Wert des Unternehmens. Oft wird dieser Begriff deckungsgleich mit dem Preis für ein Unternehmen bzw. dem möglichen Verkaufserlös verwendet. Das sorgt für Missverständnisse. Die Begrifflichkeit „Wert“ alleine ist bereits abstrakt. Es gibt den Wert des Lebenswerkes und den Wert von zukünftigen Erträgen. Wert wird etwas zugemessen – aber Wert wird auch generiert.
Grundsätzlich werden bei der Wertermittlung für einen Betrieb die unterschiedlichsten Faktoren herangezogen. Dazu gehören weiche Faktoren, wie die Abhängigkeit des Unternehmens vom derzeitigen Inhaber, und harte Faktoren, etwa betriebswirtschaftliche Kennzahlen (Umsatz, Rentabilität, Ebit etc.). Vorweg sei schon mal gesagt: Ohne den detaillierten Blick auf die Zahlen und die Strukturen eines Unternehmens durch Fachleute, wie Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, lässt sich keine absolut fundierte Aussage über einen Wert treffen. Möchte man dennoch ein erstes „Gefühl“ dafür bekommen, in welcher Größenordnung man sich bewegt, kann eine Annäherung sehr gut selbst durchgeführt werden.
Was wird übernommen?
Für den Start ist es wichtig, einen möglichst objektiven Blick auf das Unternehmen zu erhalten. Für die sehr emotional geprägte Inhaberseite bietet sich ein Perspektivwechsel an unter der Fragestellung: „Was ist aus der Sicht eines potenziellen Nachfolgers das wirklich Interessante an meinem Unternehmen – was lohnt, weitergeführt zu werden?“ Aus der Perspektive einer Einzelperson, also des möglichen Nachfolgers (typischerweise ein Mitarbeiter oder ein externer Interessierter), sind beispielsweise wichtige Faktoren ein fester Kundenstamm, ein guter Name und eine damit einhergehende gesicherte Auftragslage. Zudem hat die vorhandene Infrastruktur mit Buchführung, IT und Fuhrpark große Bedeutung und wird gerne mitübernommen.
Steht eine andere Unternehmung als Nachfolger in den Startlöchern, ist die Ausgangslage bei der Wertermittlung eine andere. Hier erhalten der aktuelle und vergangene Unternehmensertrag sowie die qualifizierten Mitarbeiter die größte Aufmerksamkeit. Die Unternehmensinfrastruktur und die Räumlichkeiten werden häufiger vernachlässigt, da diese künftig vom Übernehmer gestellt, gesteuert bzw. angemietet werden.
Was, wenn der Chef morgen nicht mehr kommt?
Ein weicher Faktor, der von allen potenziellen Nachfolgern gleichermaßen bei der Wertermittlung herangezogen wird, ist die Abhängigkeit des Unternehmens von dem derzeitigen Inhaber. Bricht das komplette Chaos aus und können Aufträge schlichtweg nicht mehr erfüllt werden, wenn der Chef mal nicht da ist? Oder kann der auch mal zwei Wochen in den Urlaub fahren, ohne dass sein Handy ständig klingelt?
Ist der Inhaber der „Flaschenhals“ für alle Vorgänge und der alleinige Kompetenzträger im Unternehmen, stellt das eine sehr große Hürde in der Nachfolgeregelung dar und drückt extrem auf den Wert des Unternehmens. Für eine Einzelperson als Nachfolger können die Fußstapfen zu groß und das auf den jetzigen Inhaber zugeschnittene Unternehmen nur schwer steuerbar sein. Übernimmt eine andere Unternehmung den Betrieb und möchte diesen Standort eigenständig weiterlaufen lassen, steht nach der Übernahme voraussichtlich die schwierige Geschäftsführersuche an. Fehlt dann noch die Zeit des jetzigen Inhabers, den Nachfolger bzw. neuen Geschäftsführer entsprechend einzuarbeiten, gehen alle Beteiligten ein zusätzliches wertminderndes Risiko ein.
Mit Zahlen „jonglieren“
Um zumindest einige Zahlen in der Hand zu haben, bietet sich das Multiplikationsverfahren für eine Do-it-yourself-Wertermittlung an. Hier wird der Gewinn vor Abzug von Zinsen, Steuern und Abschreibungen mit einem Branchenmultiplikator verrechnet (Tipp: Für eine noch genauere Annäherung empfiehlt sich hier, den Durchschnittswert der letzten drei bis fünf Jahre zu nehmen).
Der Branchenmultiplikator für Handwerks- und Bauunternehmen ist variabel und liegt derzeit zwischen minimal 3,9 und maximal 5,9 (Quelle: https://www.dub.de/kmu-multiples/).
Für SHK-Handwerksunternehmen empfiehlt es sich, mit einem Multiplikator mit dem Wert 5 zu arbeiten. Liegt beispielsweise das Durchschnittsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen der letzten Jahre bei 150 000 Euro, kann der Unternehmenswert auf 750 000 Euro angenähert werden. Gar nicht mal schlecht.
Unternehmenswert gleich Übergabepreis?
Ist der ermittelte Unternehmenswert gleichzeitig der erzielbare Übergabepreis? Leider nein! Die Krux ist: Der ermittelte Wert ist zwar mit ein wichtiges Fundament für die Übernahmegespräche, aber dennoch unabhängig von einem fest planbaren Erlös – egal, ob selbst oder vom Finanzprofi ermittelt. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass die Informationen, die für die Wertermittlung herangezogen werden, in der Vergangenheit liegen und keine Erfolgsgarantie für die Zukunft darstellen. Zudem bewegen wir uns auch im Nachfolgegeschäft auf einem transparenten Markt, wo das Angebot und die Nachfrage den Preis bestimmen. Befindlichkeiten und Nostalgie haben da keinen Platz.
Doch immer wieder fühlen sich Unternehmer auf den berühmten Schlips getreten, wenn das erste Übernahmeangebot auf dem Tisch liegt. Die Gemüter kochen schnell hoch, wenn das Gegenüber nicht in der Lage zu sein scheint, den wahren Wert des Unternehmens anzuerkennen. Der potenzielle Nachfolger sieht hingegen keinen Grund dafür, der 100-jährigen Eiche auf dem Firmengrundstück einen Wert beizumessen, wenn diese ihm nicht dabei hilft, künftig eine gute geschäftliche Ausgangsbasis zu haben. Am Ende ist der tatsächliche Wert eines Unternehmens der, für den ein Nachfolger den Betrieb zu übernehmen bereit ist und zu dem der Inhaber bereit ist, ihn abzugeben. So einfach kann es manchmal sein.
Praxistipps für die Ermittlung des Unternehmenswertes
Es ist nicht das alltägliche Geschäft eines Firmeninhabers, sich über den Wert seines Unternehmens den Kopf zu zerbrechen. Um daher bei diesem Thema nicht ins Schwimmen zu geraten und für die anstehende Nachfolgeregelung gut aufgestellt zu sein, helfen drei einfache Vorgehensweisen:
Info
Artikel plus Webinar
Das beinhaltet die SBZ-Serie zur Betriebsübergabe:
SBZ 16-2020: Sich für den Schritt zur Nachfolgeregelung entscheiden; als Chef zurückziehen; neue Perspektiven leben!
SBZ 18-2020 (aktuelle Ausgabe): Was ist das Unternehmen wert?
SBZ 1-2021: Welche Nachfolgeoptionen gibt es und welche ist für welchen Betrieb die richtige?
SBZ 2-2021: Welche Unterlagen benötigt man für den Verkauf und die Übergabe?
SBZ 3-2021: Den Betrieb übergeben!
SBZ-Webinar am 16. April 2021: mehr dazu im Kasten „SBZ-Tipp“ in diesem Artikel.
SBZ Tipp
Im Webinar mehr erfahren!
Die SBZ bietet mit dem Autor Christian Bräuer ein Webinar zum Thema Nachfolgeregelung/Betriebsübergabe an. Es bildet den Abschluss der laufenden Artikelserie und ist geplant für den 16. April 2021 (das ist ein Freitag, 11 Uhr). SHK-Handwerksunternehmer können bereits heute per Mail ihr Interesse bei SBZ-Chefredakteur Dennis Jäger bekunden (jaeger@sbz-online.de), sie werden dann über den Termin auf dem Laufenden gehalten bzw. daran erinnert.
Teilnahme für regelmäßige SBZ-Leser kostenlos
Das Webinar ist für SBZ-Abonnenten kostenlos, alle anderen zahlen 95 Euro oder können Abonnent der SBZ werden (mehr zu den Modalitäten und zur Anmeldung in den kommenden Wochen über jaeger@sbz-online.de). Mehr zum Abo unter:
gentnershop.de/sbz