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Verliebt, verlobt, Arbeitsvertrag

Inhalt

Viele Frauen, deren Partner einen Handwerksbetrieb besitzen, möchten noch einmal durchstarten, wenn die Kinder größer sind, oder unabhängig davon ihren Mann bei der Arbeit unterstützen. Ihr Tätigkeitsfeld umfasst vorwiegend die Verwaltungsarbeiten, häufig sind sie auch teilzeitbeschäftigt. Der Einstieg und die Ausgestaltung der Mitarbeit sollten gut durchdacht werden, damit daraus keine Konfliktpunkte für die Beteiligten erwachsen: Chef, Partnerin, Angestellte und Kunden.

Zuallererst sollten sich beide Ehepartner sicher sein, dass die Zusammenarbeit von beiden gewünscht und ein gangbarer Weg ist. Denn wenn beide in der Firma engagiert sind, gibt es neben den persönlichen auch berufliche Schnittstellen und damit auch potenzielle Unstimmigkeiten. Da Beruf und Privates miteinander verschmelzen, ist es kaum noch möglich, Abstand zueinander und zur Arbeit zu gewinnen. Kundenaufträge, die Arbeitseinteilung und das Personal werden auch nach Feierabend zu Hause noch Thema sein. Die strikte Trennung ist nur selten Realität, tatsächlich abzuschalten kann schwierig werden.

Schnuppertage als Testphase

Keinesfalls sollte die Ehefrau oder Partnerin von ihrem Mann überredet werden, sondern selbst ein lebendiges Interesse haben, mitzuhelfen. Um herauszufinden, ob ihr die Arbeit wirklich liegt, sind einige Schnuppertage zu empfehlen, an denen sie Einblick in den Betriebsalltag gewinnt und sich mit dem Umfeld vertraut macht. So weiß sie, was auf sie zukommt, und sie kann besser einschätzen, ob sie den Erwartungen entsprechen kann. Dies gibt ihr die Zeit und Sicherheit, zu entscheiden, ob sie den Einstieg wirklich wagen will. Dabei muss sie sich bewusst sein, dass sich dadurch einige Familienrituale und persönliche Gewohnheiten ändern werden. Dann hat auch die Einsteigerin Ü40 gute Perspektiven, wenn sie motiviert ist und sorgfältig eingearbeitet wird.

Handwerksbetriebe, in denen er und sie verständnisvoll zusammenarbeiten, entwickeln sich positiv. Kommt es in der Führung zu Defiziten, kann die Ehefrau ausgleichen: Ist ihr Mann streng und leicht autoritär, kompensiert sie dies durch Anerkennung und persönliche Beziehungen zum Personal. Allerdings muss das Ehepaar sich in den wesentlichen Punkten der Betriebsführung einig sein, denn Widersprüche verwirren das Team. Sollte der Haussegen schief hängen, wird dies den Mitarbeitern nicht lange verborgen bleiben. Auch wenn beide sich bemühen, Diskretion zu wahren und persönliche Differenzen nicht im Betrieb auszufechten. Daher sollte das Ehepaar nicht nur im Beruf harmonieren, sondern auch privat. Damit alles glatt läuft, sind bestimmte Punkte unbedingt vorab zu klären.

Bevor es losgeht: Klare Regelungen treffen

  1. Definieren Sie die Kompetenzbereiche unmissverständlich und halten Sie sich daran.
  2. Schaffen Sie eindeutige Grenzen zwischen Privatleben und Betrieb.
  3. Vereinbaren Sie feste Arbeitszeiten, Ausnahmen dürfen nicht zur Regel werden.
  4. Planen Sie die Einarbeitungszeit mit einer Person aus dem Team.

Zur Definition der Verantwortungsbereiche gehört auch, dass klar geregelt ist, welche Aufgaben im Betrieb und welche im Homeoffice erledigt werden können. Etwa die Lohnabrechnung und alle Arbeiten, für die sie nicht im Büro präsent sein muss, können durchaus nach Hause verlagert werden. Allerdings verlangt die freie Arbeitseinteilung ein hohes Maß an Disziplin, denn Ablenkungen sind immer eine große Versuchung, die Arbeit zu unterbrechen.

Von den Mitarbeitern wird der Einstieg der Partnerin unterschiedlich aufgenommen. Ist viel Arbeit vorhanden, wird das Team die Verstärkung an der Spitze begrüßen. Zuweilen gehen aber auch Befürchtungen damit einher: Nimmt die Ehefrau jemandem die Arbeit weg? Kommt es etwa zur Entlassung einer Kollegin? Muss man mit Einmischung und mehr Kontrolle rechnen? Umso wichtiger ist es, dass Unterstellungsverhältnisse und Kompetenzen unmissverständlich geklärt sind: Für welche Bereiche ist sie zuständig? Für wen ist sie Ansprechpartnerin? In welchem Umfang und wem gibt sie Anweisungen? Mit welchen Fragen wenden sich die Mitarbeiter an sie oder an ihren Mann? Wird sie das Personal duzen oder siezen?

Mut zur Lücke während der Einarbeitung

Tritt sie ihre Arbeit schließlich an, muss sie sich in die tägliche Arbeitspraxis erst einfinden. Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen verdient Respekt. Keinesfalls sollte sie zu hohe Ansprüche an sich selbst stellen. Es gibt Frauen, die sich selbst unter Druck setzen, weil sie glauben, dass ein Arbeitsergebnis von 99 % nicht ausreicht. Gerade als Frau des Chefs streben sie eine 120 -prozentige Leistung an, denn sie sehen sich in einer Vorbildfunktion fürs Team und gestehen sich nicht zu, Fehler zu machen.

Bei den Mitarbeitern dagegen kommt es viel besser an, wenn sie anfängliche Lücken nicht zu kaschieren versucht, sondern in der ersten Zeit explizit um Unterstützung bittet. In der Regel engagieren sich Mitarbeiter bei der Einweisung gerne und fühlen sich geehrt, wenn sie ihre Erfahrung und ihr Wissen weitergeben können. Auch ist es normal, dass sie bei Fachfragen überfordert ist und ihren Mann konsultieren muss.

Zweiter Chef oder Kollegin?

Natürlich möchte die Ehefrau sich schnell im Betrieb einleben und sich ins Team integrieren. Aber soll sie eingreifen, wenn sie Fehlverhalten des Personals feststellt? Wie soll sie reagieren, wenn Mitarbeiter z. B. während der Arbeitszeit das Handy für private Zwecke nutzen? Sie hört auch mit, wie sich das Personal am Telefon gegenüber Kunden verhält. Den Mitarbeitern ist bewusst, dass sie eventuell alles dem Chef berichtet. So wird sie gewissermaßen als zweiter Chef und zusätzliches Kontrollorgan gesehen, auch wenn ihr das nicht bewusst ist und sie es nicht beabsichtigt. Wie damit umzugehen ist und inwieweit ihr tatsächlich eine Kontrollfunktion obliegt, ist vorab mit dem eigentlichen Chef zu klären.

Mit Änderungsvorschlägen sollte die Partnerin zumindest in der Einarbeitungsphase zurückhaltend sein. Zwar ist ihr Einstieg eine Gelegenheit, Details in der Firmenstruktur oder in den Arbeitsabläufen auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls neu zu organisieren. Mitarbeitern und Chef könnte eine allzu rasch vorgebrachte Kritik an den gewohnten Prozessen und Strukturen allerdings übel aufstoßen oder sie überfordern. Daher ist es ratsam, damit zu warten, bis sie sich an ihrem Arbeitsplatz etabliert und das Vertrauen der Mitarbeiter gewonnen hat.

Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser

Ein klar definiertes Anforderungsprofil ist notwendig, um Verantwortungsbereiche abzugrenzen. So muss der Chef akzeptieren, dass die Ehefrau jetzt mitmischt, und darf es nicht als Einschränkung seiner Führungsrolle betrachten. Vor allem muss er Vertrauen haben und sie nicht permanent kontrollieren, schon gar nicht hintenherum! Genauso unangebracht und betriebsschädigend ist es, wenn die Partnerin gerne selbst Chef sein will, sich überall einmischt und (bewusst oder unbewusst) die alleinige Kontrolle anstrebt.

Gerade weil ein Partner vom Arbeitsgebiet des anderen viel versteht, ist die Versuchung groß, bei Abwesenheit eine Entscheidung zu treffen, die vorher nicht abgesprochen wurde. Damit sind Konflikte vorprogrammiert. Die Mitarbeiter sind verunsichert, wenn eine Entscheidung wieder revidiert werden muss. Sie müssen sich darauf verlassen können, dass einmal getroffene Entscheidungen gültig sind. Daher muss klar sein, was in ihren und was in den ausschließlichen Kompetenzbereich ihres Mannes fällt. Diese Abgrenzung der Kompetenzbereiche ist strikt einzuhalten. Sollte sich eine Regelung als nicht praktikabel erweisen, muss die Trennung der Delegationsbereiche notfalls geändert werden. Eine gewisse Flexibilität ist prinzipiell unabdingbar.

Von allem das Beste

Männer und Frauen ticken unterschiedlich, was sich auch im beruflichen Alltag äußern kann. Idealerweise sind die Aufgaben so verteilt und die Prozesse so organisiert, dass die Eigenheiten beider Geschlechter ausbalanciert sind und die Firma optimal davon profitiert. So kann beispielsweise die eher weibliche Art zu kommunizieren zu einem harmonischeren Betriebsklima beitragen, während in bestimmten Fällen, wenn z. B. rasche Entscheidungen getroffen werden müssen, die eher männliche Vorgehensweise angebracht ist.

Autor

Rolf Leicher ist Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und Referent. Er lebt in Heidelberg. Telefon (0 62 21) 80 48 82, Rolf.Leicher@T-Online.de