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Marke, Risiko, Preis: Worauf das Handwerk bei der Produktauswahl setzt

Vorbemerkung: Der Artikel basiert auf einer Befragung des Studiengangs BWL (Branchenhandel Bau, Haustechnik, Elektro) der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mosbach zu „Hersteller- versus Handelsmarken“, die Anfang 2024 durchgeführt wurde (1).

Marke und deren Bedeutung

Eine Marke kann als „die Summe aller Vorstellungen verstanden werden, die ein Markenname (Brand Name) oder ein Markenzeichen (Brand Mark) bei Kunden hervorruft bzw. beim Kunden hervorrufen soll, um die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“ (2). Die Marke und die beim Kunden erzeugten Vorstellungen sind damit ein erfolgreiches Differenzierungselement am Markt.

Dies gilt für die Marke des Herstellers, die Marke des Handels wie auch für den Handwerker mit seinem Namen und damit seiner Marke. Bekannte (Hersteller-)Marken, welche für Qualität stehen, besitzen ein positives Image und sorgen für eine höhere (Preis-)Akzeptanz.

Die großen und bekannten Herstellerunternehmen (z. B. Knauf, Eternit, Velux, Weru, ­Schüco, Grohe, Geberit, Hager etc.) versuchen, sich erfolgreich zu differenzieren. Über die eigene Marke und ihr positives Image bei den Kunden soll eine klare Präferenz erreicht werden für die eigenen Produkte, auch wenn diese nicht die günstigsten am Markt sind.

Das Setzen auf die eigene „Marke“ gilt genauso für das Handwerk. Auch für das Handwerk ist der eigene Ruf maßgeblich, vielfach lebt man ja nur von der positiven Mundpropaganda.

Anforderungen an das Handwerk und dessen Priorisierung

Wichtig ist im Bausektor besonders, dass die Qualität und die Langlebigkeit stimmen, weil der Hausbau sehr teuer ist. Durchgängig wird deswegen eine hohe Lebensdauer vom Kunden erwartet, weil häufig nur einmal im Leben gebaut wird (Priorität 1). Das Preis-Leistungs-Verhältnis wird durch die Lebensdauer maßgeblich beeinflusst. Hierzu gehört für den Kunden das Thema Garantie, welches die Langlebigkeit für den Kunden greifbar macht. Und für das Handwerk wichtig ist die Kulanz bei Problemen, und zwar nicht nur der Ersatz der Produkte, sondern auch die Übernahme der Handwerkskosten für Aus- und Einbau, um bei Produktproblemen nicht geschädigt zu werden.

Relevant ist für das Handwerk aber auch die Verfügbarkeit der Produkte (wieder allgemein gegeben) und fast noch mehr der zugehörigen Ersatzteile (auch im Hinblick auf lange Lebensdauer und langfristige Kundenzufriedenheit) (Priorität 2).

Auch für die Verfügbarkeit von Ersatzteilen ist gerade das Handwerk bereit, mehr Geld zu bezahlen. Dies kann das Handwerk ggf. auch dem Kunden gut vermitteln als Grund für die Preisdifferenz.

Der Preis spielt natürlich auch eine Rolle für den Kunden (Priorität 3). Dieser setzt sich aber zusammen aus dem Preis der verbauten Materialien und Produkte und den Kosten der Handwerksleistung. Diese wird beeinflusst durch den nötigen Zeitbedarf, der sich durch einfache Verarbeitbarkeit ggf. reduziert. Eine hohe Vorfertigung gekoppelt mit einer einfachen, problemlosen Installation vor Ort nimmt an Bedeutung zu, nicht nur durch die hohen Personalkosten, sondern auch die geringe Verfügbarkeit von Personal beim Handwerk. Diese Reihenfolge zeigt sich bei der Befragung auch sehr deutlich bei den Entscheidungskriterien des Handwerks für die Produktauswahl.

Hersteller- versus Handelsmarken im Kontext der Anforderungen

Die Verfügbarkeit der Produkte stellt aktuell kein Problem dar. Die großen Hersteller gibt es bei fast jedem Händler, der eigene Händler wiederum hat in den Abholmärkten fast immer seine Handelsmarke präferiert verfügbar. Bei den Ersatzteilen hingegen punkten gerade die großen, bekannten Herstellerunternehmen, weil die langfristige Verfügbarkeit über 20 oder 25 Jahre hinweg von Ersatzteilen bzw. gleicher Ersatzware bei Handelsmarken häufig ein Problem darstellt (Stichwort Wechsel des herstellenden Lieferanten).

Bei Innovation, Qualität und Langlebigkeit sowie Kulanz gibt es meist klare Vorteile bei den bekannten Herstellermarken. Allgemein kommen die technologischen Innovationen fast immer von den Herstellern und diese werden als deutlich innovativer bewertet (vom Handwerk), und auch der Handel bewertet die Innovation mit 61,4 % als sehr wichtig für die Markenauswahl.

Aber das Handwerk ist tendenziell eher konservativ, man setzt auf bewährte Lösungen und vermeidet Umstellungen zu neuen Produkten wegen des möglichen (Lebensdauer-)Risikos.

Eine Fehlentscheidung und die Beratung der Kunden zu einem negativen Produkt kann ein Handwerksunternehmen die Existenz kosten durch Rufschaden in der Region. Das will man nicht riskieren und setzt deswegen auf die bekannten Herstellermarken, bei denen man sich ggf. auch viel besser entschuldigen kann und die einen nicht im Regen stehen lassen bei Problemen.

Allgemein gilt aber, dass die Handelsmarken sehr häufig von etablierten Herstellern mit eigenen Marken gefertigt werden und damit die Qualität absolut gleichwertig ist. Bei der Handelsmarke besteht jedoch deutlich stärker die Möglichkeit abrupter Veränderungen, wenn der Handel sich für einen Wechsel zu einem anderen Lieferanten entscheidet. Das hat vielfach beim Thema Qualität zu einem enormen Vertrauensverlust beim Handwerk geführt.

Beim Preis punkten die Handelsmarken. Gerade die Hersteller sehen den Preis als extrem wichtig an für die Entscheidung, was als nachvollziehbar angesehen wird. Letztendlich ist für das Handwerk aber der Preis nur sekundär, die Gesamtkosten, inklusive Einbau, sind entscheidender. Hier kann die Ausrichtung auf einen Hersteller mit entsprechenden Schulungen durch den Hersteller für die optimale Verarbeitung einen enormen Vorteil für das Handwerk darstellen. Und wie zu Beginn dargestellt, zahlt der Kunde teilweise auch mehr für eine bekannte, renommierte Herstellermarke.

Klar ist: Risikovermeidung sollte beim Handwerk dominieren, neben kurzfristiger Gesamtkostenbetrachtung. Die drei folgenden Bereiche sind zu berücksichtigen:

  • Gibt es maßgebliche Produktunterschiede?
  • Wie hoch ist das eigene Risiko? Wer ist Hersteller der Handelsmarke und welche Garantien, welche Verfügbarkeit von Ersatzteilen und welche Kulanz werden vom Handel geboten?
  • Wie groß ist die Preisdifferenz zwischen Hersteller- und Handelsmarke?
  • Allgemein gilt es für das Handwerk zuerst einmal, Risiken zu vermeiden und dann die eigene Effizienz zu sichern. Die Reduktion auf wenige Produkte und Marken, die bekannt sind von der Qualität und Lebensdauer bzw. langfristigen Verfügbarkeit, also eher Herstellermarken, macht vielfach Sinn. Gleichwohl gehört für das Handwerk auch das Hinterfragen der Risiken und Chancen und die Wahl von Handelsmarken dazu.

    Wichtig ist für das Handwerk zu wissen, dass der Handel seine Handelsmarke stark präferiert. Schließlich erhält er dort höhere Margen und entgeht dem Preiswettbewerb. Interessant ist, dass sowohl Hersteller ihre Herstellermarke überschätzen (69 % versus 62 %) als auch der Handel seine Handelsmarke (23,9 % zu 9,4 %), Letzterer sogar noch deutlicher.

    Das Handwerk präferiert bisher aus der Risikoaversion heraus deutlich die Herstellermarke (62,5 %), ist aber in vielen Fällen (28,1 %) flexibel, häufig auch aus dem wirtschaftlichen Druck heraus. Und es gilt, neben der allgemeinen Abschätzung der Risiken auch die verschiedenen Kundensegmente differenziert zu betrachten:

  • Gut betuchte private Endkunden
  • Hier wird die Wertigkeit der bekannten Herstellermarke geschätzt und meist erwartet oder gefordert.

  • Preissensible private Endkunden
  • Ein guter, differenzierter Einsatz von Handelsmarken wird geschätzt, um ein Bauprojekt wirtschaftlich realisieren zu können.

  • Private Ausschreibungen
  • Über entsprechende Projektrabatte sind Herstellermarken vielfach nicht teurer als Handelsmarken und daher zu bevorzugen.

  • Öffentliche Hand
  • Es gibt klar definierte, ausgeschriebene Leistungen, der Preis ist zentrales Element der Entscheidung, sodass Handelsmarken bei Preisvorteilen umfassend genutzt werden ­sollten.

    Beim reinen Preiswettbewerb muss das Handwerk auf das günstigste, Mindestqualität liefernde Angebot setzen. Eine Festlegung auf einen Hersteller gibt es bei öffentlichen Ausschreibungen meist nicht. Und bei Großprojekten wird intensiv um die Auftragsvolumina gekämpft, mit Sonderrabatten vonseiten der Industrie und des Handels.

    Quellen

    1) Befragungsstudie des Studiengangs BWL – Branchenhandel Bau, Haustechnik, Elektro im 4. ­Semester, Kurs HD22D von Januar bis März 2024

    2) Gablers Wirtschaftslexikon

    Weitere Informationen unter
    www.mosbach.dhbw.de/bhe
    auch zum dualen Studiengang der Branchen Bau, Haustechnik, Elektro.

    Alle Grafiken: DHBW Mosbach

    Autor

    Prof. Alexander Neumann
    Ist Leiter des Studiengangs BWL – Handel – Branchenhandel Bau, Haustechnik, Elektro an der DHBW Mosbach. Der duale Studiengang wird von BDB, Bauwirtschaft BW, VDS, DGH, ZVSHK und VEG unterstützt.

    Bild: SBZ

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