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Welche Vertriebs- und Konditionsmodelle sind zukünftig noch erfolgreich?

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Auch wenn die Branche insgesamt verhalten optimistisch in die nahe Zukunft blickt, sieht es in den Bereichen Sanitär, Heizung und Klima nicht gleich aus. Innerhalb der Marktsegmente gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Eigenmarken des Großhandels und den Premium- bzw. Luxusmarken. Nach meinen Beobachtungen liegen insbesondere im Sanitärbereich die Premium- und Luxusmarken­produkte bleischwer in den Regalen des Großhandels, auch weil das Fachhandwerk derzeit die Finger von „Premium“ und „Luxus“ lässt.

„Premium“ und „Luxus“ verkaufen sich schwer

Die Gründe dafür sind seit Jahren die gleichen. Unrealistische unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) der Markenhersteller im dreistufigen Vertriebsweg; diese UVP ad absurdum führende, preisaggressive Angebote der einschlägigen Online­händler; immer aggressivere Eigenmarkensortimente des Fachgroßhandels und in der Folge das schwindende Interesse des Fachhandwerks an der aufwendigen Beratung und Montage von Premium- und Luxusprodukten.

Investitionen in Neubauten oder Sanierungen werden nach meinen Beobachtungen im privaten und gewerblichen Umfeld aktuell zurückgestellt oder im Ausland getätigt. Und wenn etwas gemacht wird, dann wird konsequent nach Einsparpotenzialen gesucht. Bevor also ein Großhändler oder Fachhandwerker mit zu teuer avisierten Markenprodukten aufläuft und nichts verkauft, bietet er dem Endkunden eben gleich Produkte an, die einerseits in dessen Budget passen und andererseits mindestens „gut genug“ sind, um die Qualitätserwartungen zu erfüllen. Premium und Luxus dienen in diesem Szenario als Glanzpunkte in der Warenpräsentation und im Verkaufsgespräch als Preisanker für die Eigenmarken des Handels. Mehr nicht.

Traditionelle Vertriebsstrukturen aufbrechen

Nun sind in der SHK-Branche traditionelle Vertriebsstrukturen tief verwurzelt. Der ­dreistufige Vertrieb – Hersteller, Großhandel, Handwerk – hat sich bewährt, steht aber zunehmend vor Herausforderungen. In einem sich schnell verändernden Marktumfeld müssen vor allem qualitätsorientierte Hersteller und Fachhandwerker innovative ­Ansätze in Betracht ziehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Ausgehend vom veränderten Beschaffungsverhalten privater und gewerblicher Endkunden, der Preistransparenz durch den Onlinehandel, der unterschiedlichen operativen Leistungsfähigkeit des Fachhandwerks sowie der Türsteherfunktion und damit Steuerungsmöglichkeit des Großhandels in Bezug auf die für Endkunden und Verarbeiter sichtbaren Produkte und Dienstleistungen sind aus meiner Sicht einige grundsätzliche Anpassungen erforderlich.

Im Kern geht es um eine Neuinterpretation des dreistufigen Vertriebs. In meinem Ansatz gewinnt der Hersteller die Hoheit über Markenführung und Vertriebssteuerung zurück, unter anderem durch Veränderungen in der UVP- und Konditionssystematik, Veränderungen im Einsatz des Vertriebspersonals mit einer klugen und sortimentsorien­tierten Nutzung von Social Media zur echten Leadgenerierung sowie der aktiven Einbindung von Online-Marktplätzen als Vertriebskanal für geeignete Standardprodukte. Auf der Fulfillmentseite bleiben etablierte Strukturen insbesondere für wichtige logistische Prozesse sowie maß­gebliche Aufgaben im Projektgeschäft erhalten. Aus kartellrechtlicher Sicht ist Grundlage hierfür eine anforderungsgerechte Vertriebsstrategie des Herstellers, die, wo nötig, durch wirksame ­vertragliche Regelungen umgesetzt und durchgesetzt wird.

Branchenübergreifend schrecken viele Vertriebsteams aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der marktmächtigen Nachfrageseite vor grund­legenden Veränderungsmaßnahmen zurück. Allerdings meist nur so lange, bis ihnen bewusst wird, dass aus Sicht des Großhandels der zweistufige Vertrieb seiner Eigenmarkenprodukte seit vielen Jahren Realität ist und gut funktioniert. Das heißt, wo es möglich und lukrativ war/ist, wurden/werden Markenprodukte durch Eigen­markenprodukte des Handels bereits ersetzt. „Lieb sein“ lohnt sich nicht mehr.

Was also tun?

Was können und sollten beispielsweise Sanitärhersteller von Premium- und Luxusmarken in dieser Situation tun? Vor allem sollte man sich nicht von Quartal zu Quartal in der Hoffnung auf Besserung vertrösten und mit den dringend notwendigen vertriebssystematischen Anpassungen abwarten.

Denn nach meiner Einschätzung wird es noch bis 2029 dauern, bis sich die Neubauzahlen signifikant erhöhen. Und auch wenn das SHK-Handwerk (je nach Aufgabengebiet) aktuell noch gut zu tun hat, wird sich die Eintrübung der gesamtwirtschaftlichen Lage auch dort unmittelbar auf die Auftragslage auswirken.

Hersteller von Premium- und Luxusmarken müssen nach meiner Ansicht also Anpassungen in der Vertriebssystematik, der Sortimentsstruktur, dem UVP- und Konditionensystem sowie der Marktbearbeitung insgesamt vornehmen. Zudem sollten sie ihre Ansprache an den privaten und gewerblichen Endkunden verändern, um aktuell (überhaupt) in die Kaufentscheidung einbezogen zu werden.

Im Fachhandwerk werden sich die größeren Betriebe entscheiden, umstellen und vertrieblich neu aufstellen müssen. Während sich die kleineren Betriebe weiterhin mehr oder weniger strategisch ungeplant von Baustelle zu Baustelle hangeln (können), ändert sich für die mittleren und größeren Betriebe das Leistungsspektrum (neben dem Wartungsgeschäft eben von Neubau zu ­Sanierung, Renovierung, Modernisierung) und damit sowohl die Geschäftsplanung als auch das Akquisitions- und Kalkulationsschema.

Wer sich beispielsweise im Sanitärhandwerk in Richtung „Standard“ orientiert, ist aufgrund der leichter vergleichbaren und austauschbaren Leistung einem harten Preiswettbewerb ausgesetzt. Wer sich in Richtung Badplanung mit Licht-, Farb- und Materialgestaltung sowie Luxus- oder Premiumprodukten orientiert, benötigt Zugang zu entsprechenden Endkunden, entsprechende Ausstellungs-, Beratungs- und Dienstleistungsangebote sowie eine entsprechende Projektplanungs- und Umsetzungsorganisation. Das alles kostet Geld und rechnet sich für den Fachhandwerker nur, wenn seinem Mehraufwand faire ­Ertragschancen gegenüberstehen.

Fazit

Und damit sind wir wieder bei der Ausgangsüberlegung. Alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten werden nicht darum herumkommen, den dreistufigen Vertrieb insgesamt neu zu denken und mit angepassten Strategien angepasst operativ umzusetzen. Der Ball liegt bei den Beteiligten. Die dafür notwendigen (wettbewerbs- und kartell-)rechtlichen Instrumente liegen auf dem Tisch.

Bevor man mit zu teuer avisierten Markenprodukten aufläuft und nichts verkauft, bietet man dem Endkunden eben gleich Produkte an, die einerseits in dessen Budget passen und andererseits mindestens „gut genug“ sind, um die Qualitätserwartungen zu erfüllen.

Bild: Darya - stock.adobe.com

Bevor man mit zu teuer avisierten Markenprodukten aufläuft und nichts verkauft, bietet man dem Endkunden eben gleich Produkte an, die einerseits in dessen Budget passen und andererseits mindestens „gut genug“ sind, um die Qualitätserwartungen zu erfüllen.

Autor

Markus Nessler MBA
ist Rechtsanwalt, ­Unter­nehmer und Keynote Speaker. Er berät Unter­nehmen aus der Konsum- und Gebrauchsgüterindustrie zu Vertriebs- und Konditionssystemen, ist Herausgeber von businessler.de und ­Initiator des „businessler WirtschaftsForums“.

Bild: Nessler

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