Wann und warum verursacht Erdgas Probleme? Dieser Frage ist die Bundesfachgruppe SHK nachgegangen. Haupt- und ehrenamtliche Vertreter aus den Landesverbänden trafen sich mit den technischen Referenten des ZVSHK am 4. und 5. April 2017 zur Sitzung in St. Augustin. Die Verwendung von Erdgas und damit verbundene Schwierigkeiten tangierten diesmal gleich mehrere Tagesordnungspunkte. Zunächst ein Problem, das erstmalig bereits vor etwa 15 Jahren dokumentiert wurde und in der Bufa SHK bereits vor zwei Jahren Thema war.
Auffälligkeiten sind regional begrenzt
In Gasleitungen aus Kupfer kann Schwefelwasserstoff bewirken, dass es zu einer Belagbildung kommt (Kupfersulfid). Partikel können sich im Laufe der Zeit von den Innenflächen lösen, mit dem Gas transportiert werden und gegebenenfalls den Filter oder die Düsen eines Gasgerätes zusetzen, sodass die Gasanlage mangels Fließdruck über das gestörte Flammenbild abschaltet. Bereits vor zwei Jahren setzte sich die Bufa SHK mit zwei Forschungsvorhaben auseinander. Sie haben klären können, wie es zur Sulfidbildung kommt. Doch aufgrund der Forschungsergebnisse können Experten beispielsweise bis heute nicht sagen, warum sich die eine Gasanlage störungsanfällig zeigt, eine andere – vermeintlich baugleiche – aber nicht.
Auch ist nicht ergründet, warum das Phänomen einer vermehrten Sulfidbildung nur in einigen Regionen sporadisch aufgetreten ist. Vermutungen, dass es mit Unregelmäßigkeiten bei der Einspeisung verschiedener Gasqualitäten zu tun haben könnte, haben sich laut Aussage von Experten nicht erhärten lassen. Einige Mitglieder der Bufa sehen jedoch sehr wohl einen Zusammenhang. Störungen an Anlagen wurden in den letzten Jahren dort bekannt, wo auch Produzenten von Biogas Zugang zum Gasnetz gefunden haben. Aus Sicht der Bufa könnten minutengenaue Dokumentationen mit einem Chromatographen die erforderliche Transparenz im Gasnetz bringen, ob es zu einem kurzzeitigen Peak mit hohem Schwefelgehalt kommt. Doch zeigen Erfahrungen aus verschiedenen SHK-Landesverbänden, dass sich Gasversorger bei der Wahrheitsfindung eher unkooperativ zeigen, statt für eine Ursachenforschung den Schulterschluss mit dem Fachhandwerk zu suchen, hieß es aus dem Kreis der Bufa.
Lösung für Sulfidprobleme
Daher rücken für die SHK-Betriebe Lösungsansätze in den Mittelpunkt, die das Problem einer Sulfidbildung reduzieren oder ausschalten. So lässt sich bei Neuanlagen statt Kupfer auf Edelstahl wechseln. Eine weitere Alternative besteht in der Verwendung von Mehrschichtverbundleitungen.
Bei kupfernen Gasinstallationen ist der Fachbetrieb gut beraten, dass bei einem Ausfall einer Anlage zunächst Grobfilter (z. B. in einem Gasdruckregelgerät) gecheckt werden, bevor sich die Störungssuche auf andere Bereiche konzentriert. Auch bei einer Wartung sollte die Überprüfung auf Anzeichen von abgelösten Kupfersulfidpartikeln ein wichtiger Punkt auf der Checkliste sein.
Ursachenforschung geht weiter
Bislang haben sich zwei Forschungsvorhaben rein wissenschaftlich mit der Sulfidbildung auseinandergesetzt. In diesem Jahr soll in einem dritten Ansatz danach geforscht werden, wie sich Probleme in Anlagen zukünftig abwenden lassen. Ausdrücklich erwähnt sei an dieser Stelle, dass in den letzten Jahren nur vereinzelt weitere Störfälle bekannt geworden sind. Weitgehend unbekannt ist den Gasexperten bislang, was sich im Inneren von Leitungen einer häuslichen Gasanlage exakt abspielt. Doch darin könnte der Schlüssel zu weiteren Erkenntnissen liegen.
Insbesondere sollen Auswirkungen der Sulfidbildung auf die Sicherheitskette genauer untersucht werden. Können sich beispielsweise Probleme beim Material Kupfer ergeben? Dies scheint aufgrund des vernachlässigbaren Materialabtrags nicht der Fall zu sein, hieß es zur Sitzung. Vielmehr stelle sich die Frage, ob Sulfidgriesel oder -staub zur Fehlfunktion in einem Gasdruckregelgerät oder in einem Gasströmungswächter führen, die vielleicht für lange Zeit unentdeckt bleiben könnte?
Breiter Wobbe-Index
Die Bufa SHK beschäftigte sich mit einem weiteren Aspekt, der die Gasqualität betrifft. Wie Erfahrungen zeigen, beteuern Stadtwerke in aller Regel, dass das bereitgestellte Erdgas in gleichbleibender Qualität mit einem nahezu konstanten Wobbe-Index geliefert wird. Für den SHK-Fachbetrieb war dies bislang eine verlässliche Größe. Der für die Verbrennungsgüte wichtige Wobbe-Index darf jedoch innerhalb einer festgelegten Bandbreite variieren. Und diese Variabilität soll offenbar vermehrt genutzt oder möglicherweise auch noch erweitert werden – im Gegensatz zu vergangenen Jahren. Binnen Stunden kann sich offenbar der Wobbe-Index des Gases leicht ändern, was die Verbrennungsprozesse in Gasgeräten beeinflusst.
Um Probleme oder gar Störungen in Gasanlagen zu minimieren, sind die Fachbetriebe daher gut beraten, wenn sie im Modernisierungsgeschäft dem Kunden selbstkalibrierende Gasgeräte empfehlen und die Begründung für den etwas höheren Preis in der Beratung gleich mitliefern. Zusätzlich sollte man sich die Bestätigung des Herstellers für die Eignung einholen.
Umstellung von L- auf H-Gas
Wo gasadaptierende Geräte den entscheidenden Trumpf ausspielen können, müssen andere passen: Hunderttausende Heizungsanlagen oder Kochstellen zwischen Ostfriesland und Rheinland-Pfalz sowie auch in Thüringen und weiteren Regionen werden in den nächsten Jahren davon betroffen sein. Der Grund: Die Niederlande kündigen die Lieferverträge für L-Gas nach und nach bis spätestens zum Jahr 2030, weil Vorkommen zur Neige gehen und mittlerweile auch bereits erhebliche Bergschäden zu beklagen sind.
Umrüstungen von Gasgeräten in den niedersächsischen Pilotregionen Walsrode und Schneverdingen sind inzwischen abgeschlossen. Die dort gesammelten Erfahrungen zeigen, dass sich z. B. von insgesamt 8000 Gasgeräten einer Region etwa 6800 auf H-Gas umrüsten ließen. Für die Zukunft lässt sich nur ungefähr schätzen, wie die Umstellung fortschreitet. Bis zum Jahr 2020 könnten es 250 000 oder vielleicht auch 450 000 Geräte sein. Derzeit sind etwa 100 Personen für Umrüstarbeiten autorisiert. Doch gebraucht werden mindestens viermal mehr Spezialisten, die es auf dem Arbeitsmarkt jedoch nicht gibt – und eine kurzfristige Qualifizierungsmaßnahme von Laien kommt aus Sicherheitsgründen nicht infrage.
Zwei Jahre Vorlauf für den Endverbraucher
Folgende Fakten haben bei der Umstellung eine Relevanz:
- 3,8 Millionen Gasgeräte sind älter als 25 Jahre. Würde eine mögliche Umrüstung anstehen, wäre aufgrund des Anlagenalters sicher der Ersatz des kompletten Systems naheliegend – und eine Steilvorlage für die Akquise durch den SHK-Fachbetrieb. Die Empfehlung lautet: gasadaptives Gerät.
- Der jeweilige Energieversorger muss die Pläne zur Gasumstellung den Endverbrauchern zwei Jahre vorher bekannt geben. Hier sollte der Wartungsbetrieb seine Chance nutzen und dem Kunden mit Rat zur Seite zu stehen.
- Konstruktionsbedingt lassen sich bestimmte Systeme nicht auf den Betrieb mit H-Gas umrüsten, darunter fallen nach derzeitigem Kenntnisstand beispielsweise auch bestimmte KWK-Anlagen.
- Großkesselanlagen lassen sich nur mit der Assistenz durch den Hersteller umrüsten.
- Die Gesamtkosten der Umrüstung bis zum Jahr 2030 sind mit 2,5 bis 3 Milliarden Euro veranschlagt. Ein bundesweit geltender Solidarisierungsanteil im Gaspreis sorgt dafür, dass diese Kosten refinanziert werden können.
Harte Zündung
Für die Bufa SHK verdichten sich Hinweise, dass Gasarmaturen einer größeren Störanfälligkeit bzw. einem stärkeren Verschleiß unterliegen als bisher vermutet. Störungen können sich zum Beispiel dadurch bemerkbar machen, dass es zu einer harten Zündung kommt. So empfiehlt ein Hersteller beispielsweise eine modifizierte Gebrauchsfähigkeitsprüfung. Seitens der Bufa SHK wird es deshalb stichprobenhaft Befragungen unter Mitgliedsbetrieben geben, ob sich ein generelles Problem abzeichnet. Wegen der gekapselten Bauform kann der Fachbetrieb einer Störungsursache nicht auf den Grund gehen, sondern lediglich die komplette Einheit tauschen.
Im Meinungsaustausch zu diesem Störpotenzial beklagte die Bufa, dass sich folgender Trend aufdränge: Während sich viele alte Heizsysteme durch Zuverlässigkeit auszeichnen, seien moderne Systeme vor allem auf Energieeffizienz ausgerichtet. Während sie tatsächlich Energie in erheblichem Maß einsparen, würden die Begleitkosten durch Wartung oder gar Störung im Gegensatz zu früher ansteigen. Ein geldwerter Vorteil für den Kunden ergebe sich dadurch nicht – dieser Trend sei nicht tolerabel.
Aktuelles in Kürze
Weitere Themen kamen zur Bufa-Sitzung in St. Augustin zur Sprache:
- Derzeit wird an der Novellierung der Technischen Regel für Gasinstallationen (DVGW-TRGI 2018) gearbeitet. Die neue Arbeitsgrundlage soll im Herbst 2018 in Kraft treten, Sanitärbetriebe werden entsprechend geschult. Auch wird es einen Kommentar zur neuen TRGI geben.
- Zur Absicherung einer Gasinstallation in Schule, Labor, Großküche (auch z. B. Döner-Imbiss), Goldschmiede, Dentallabor oder Vereinsheim ist eine eigensichere Armatur wichtig und nötig. Die neue Fassung des Arbeitsblattes G 621 beschreibt die Verwendung eines doppelten Magnetventils, um die Redundanz des Systems zu erhöhen.
- Sachversicherer haben die Absicht, für Leitungswasserschäden nicht tariftreue Betriebe unter Vertrag zu nehmen, die zu Sonderkonditionen Reparaturen ausführen.
- Die Bufa warnte vor möglichen Schäden bei solarthermischen Anlagen. Bei Systemen der Firma Buschbeck (Indach-Bauweise) sei es – vermutlich durch sommerliche Überhitzung der hölzernen Unterkonstruktion – zu Brandfällen gekommen, hieß es zur Sitzung. Etwa 16 000 Anlagen des inzwischen insolventen Herstellers seien verbaut worden, 15 Schadensfälle seien dokumentiert. Derzeit gibt es keine rechtssichere Beratung für involvierte Fachbetriebe. Organisierte SHK-Mitgliedsbetriebe sollten jedoch bei ihrem jeweiligen Landesverband Rat einholen.
- Zum Regelwerk Heizung wurde der aktuelle Bearbeitungsstand vorgestellt. Erwartet wird, dass der Entwurf für den Abschnitt Planung bis zum Frühjahr 2018 veröffentlicht werden kann.
- Im vergangenen Jahr hat die SHK-Berufsorganisation etliche Infoveranstaltungen zur Gaswärmepumpe durchgeführt. Dann wurde bekannt, dass Vaillant und Viessmann die Vermarktung ihrer Geräte einstellen.
- Eine Membranfiltration gegen Legionellen wirkt nur lokal. Zwar kann der Einbau in eine Zirkulationsleitung die Legionellenentwicklung im Speicher bzw. in den Zirkulationsleitungen verringern, doch eine Freiheit wird nicht erreicht. Somit bleibt das Risiko verbleibender hoher Konzentrationen in Stagnationsbereichen bzw. an Entnahmestellen. Momentan laufen Versuchsreihen, ob und unter welchen Voraussetzungen Membranfiltrationsanlagen sicher in der Trinkwasser-Hausinstallation eingesetzt werden können.
TIPP
Auf einen Blick
- In kupfernen Gasleitungen kann es zur Bildung von Kupfersulfidpartikeln kommen, wodurch der Filter eines Gasgerätes verstopfen kann und die Gasanlage mangels Fließdruck abschaltet.
- In den kommenden Jahren wird immer weniger L-Gas aus den Niederlanden geliefert. Die Umstellung von Geräten auf H-Gas betrifft Hunderttausende Endkunden in Regionen von Ostfriesland entlang der Rheinschiene bis nach Rheinland-Pfalz und auch z. B. in Thüringen.
- Der finanzielle Mehraufwand für ein gasadaptierendes Gerät lohnt sich. Die Empfehlung an den Kunden ist auch hinsichtlich des Wobbe-Index wichtig, weil ein solches Gasgerät auf die optimale Verbrennung ausgerichtet ist.
- Eine neue TRGI tritt voraussichtlich im Herbst 2018 in Kraft. Schulungen für die Sanitärbetriebe werden die Novellierung begleiten.
Info
Gut zu wissen: Wobbe-Index
Der Wobbe-Index dient zur Charakterisierung der Qualität von Brenngasen (z. B. Erdgas, Stadtgas). Die Messung erfolgt durch kontrollierte Verbrennung des Testgases. Er wird benötigt, um die Austauschbarkeit von Brenngasen zu beurteilen. Wenn z. B. Erdgas durch ein Propan-Luft-Gemisch ersetzt werden soll, reicht es nicht aus, eine Mischung mit gleichem Heiz- bzw. Brennwert zu erzeugen. Da dieses Gemisch eine andere Dichte als das ursprüngliche Erdgas hätte, würde durch den Brenner eine andere Menge strömen und sich deswegen ein anderer Energieumsatz ergeben. (Quelle: Wikipedia)