Jäger: Ich gewinne den Eindruck, heizungstechnisch läuft es auf eine Konfrontation hinaus. Auf der
einen Seite stehen Wasserstoff-Fürsprecher, die darin den klimaneutralen Brennstoff der Zukunft sehen.
Auf der anderen Seite befinden sich Vertreter regenerativ betriebener Heizungssysteme, etwa von
Biomasseanlagen.
Geßler: Unbestreitbar ist: Regenerativ vorweg marschiert die Heizungswärmepumpe. Mehr als 150 000 installierte Anlagen waren es vergangenes Jahr. Dazu erhält sie politisch aktuell extrem starken
Rückenwind. Das birgt insofern Sprengkraft, als vor allem konventionell betriebene Energieerzeuger ins Hintertreffen geraten. Im Neubau geht die Zeit der Gasheizung ihrem Ende entgegen, Öl spielt schon seit Jahren keine Rolle mehr.
Jäger: Die beide aber gerade im Bestand nach wie vor unverzichtbar sind. Nicht jedes Gebäude, schon gar nicht jede Wohneinheit im Mehrfamilienhaus kann einfach so umschwenken. Rund 20 Millionen Gas- und einige Hunderttausend Ölkessel sind wohl kaum über Nacht ersetzbar. Wenn Erdgas mittelfristig mit einem hohen Anteil regenerativ erzeugtem Wasserstoff angereichert wird – letztlich vielleicht sogar komplett ersetzt – dann ist mit Blick auf die Energiewende viel erreicht.
Geßler: Jetzt mal langsam, Kollege. Das sind Planspiele, auf die recht unterschiedliche Faktoren Einfluss ausüben, die wir noch gar nicht einschätzen können. Wann steht dieser regenerativ erzeugte
Wasserstoff in nennenswerten Mengen bereit? Wer darf sich zuerst bedienen: die Gebäudetechnik zum Heizen, die Industrie zum Produzieren oder gar der Verkehrsbereich, um Mobilität jenseits von Öl zu
ermöglichen? Antworten auf diese Fragen sind noch lange nicht gefunden, während Wärmepumpe und Biomasse erprobte Verfahren sind.
Jäger: Erprobt schon, aber die Branche hat die Systeme in der Vergangenheit doch eher wie das
ungeliebte Stiefkind behandelt, die liefen halt so nebenher mit, Aschenputtel lässt grüßen. Erst jetzt, wo die Abkehr von Gas und Öl sie zwingend in den Mittelpunkt rückt, ist echte Begeisterung entfacht. Vor
allem der Politik kann es gar nicht schnell genug gehen. Bloß, das SHK-Handwerk konnte ja bisher schon kaum über zu wenig Arbeit klagen. Und neben Wollen ist auch eben auch Können gefragt.
Geßler: Ständiges Rumlamentieren über die generell hohe Auslastung nutzt ebenso wenig wie mit dem Finger permanent auf das (noch) zu gering ausgeprägte Know-how zu zeigen, das es rund um
regenerativ betriebene Heizsysteme gibt. Die SHK-Branche befindet sich in der günstigen Situation, sich als leistungsstarker Motor der Energie- bzw. Wärmewende aufzustellen. Aber ja, da gibt es viel aufzuholen. Sachsen zum Beispiel bastelt an einer Änderung der Ausbildungsverordnung zum Anlagenmechaniker SHK. Das Ziel: den Schwerpunkt in der Heizungstechnik deutlich in Richtung regenerative Systeme zu verschieben. Das ist ein Anfang und ein Beispiel, das wortwörtlich bundesweit Schule machen muss.