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Den Technologiesprung wagen

Diesmal hat das europäische Umfeld die Nase weit vorn – und Deutschland zieht hinterher: In gewerblichen und öffentlichen Immobilien hat sich die VRF-Technologie im Ausland längst einen Stammplatz in der ganzjährigen Gebäudeklimatisierung gesichert. In Deutschland wächst der Markt zwar stark, ist aber lange noch nicht mit anderen europäischen Ländern vergleichbar. Warum das so ist, kann nur gemutmaßt werden: konservative Überzeugungen hinsichtlich der Dreiteilung der Aufgaben und Strukturen in Heizung, Lüftung und Klimatechnik? Zu wenig Berührungspunkte mit der VRF-Technologie, die erstrangig immer noch von Kälte- und Klimaanlagenbauern eingesetzt wird? Keine Informationen über die Möglichkeiten der VRF-Technologie und den Voraussetzungen, sie planen und einsetzen zu können? Genau hier setzt die SBZ-Serie an und bietet dem interessierten Fachhandwerker die Basis, um einen Blick auf den Wachstumsmarkt VRF zu werfen.

Worum handelt es sich bei der Technologie?

VRF-Anlagen arbeiten mit Kältemitteln. einem Stoff, den SHK-Fachhandwerker früher gescheut haben. Doch aufgrund des wachsenden Wärmepumpen-Marktes gibt es schon Berührungspunkte zu diesem Energieträger. Wer hier die Potenziale erkannt hat, sucht schnell nach weiteren Geschäftsfeldern in diesem Umfeld. Und gelangt dann zur VRF-Technologie mit ihren vielfältigen Möglichkeiten. Aufgrund von Effizienzvorgaben der EU und der Bundesregierung dürfte sich dieser Trend in den kommenden Jahren weiter beschleunigen.

Um es stark vereinfacht zu sagen: VRF-Geräte sind Wärmepumpen – und dem Fachhandwerk dadurch grundsätzlich eine bekannte Technologie. Anders als bei den gewohnten Luft/Wasser-Wärmepumpen handelt es sich hierbei aber um Luft/Luft-Wärmepumpen. Das heißt: Die Wärme- oder Kälteenergie wird nicht auf Wasser, sondern vom Kältemittel auf die Luft übertragen.

Das englische VRF steht dabei für „Variable Refrigerant Flow“ und bedeutet übersetzt „variabler Kältemittelstrom“. VRF-Geräte arbeiten in der Regel als Direktverdampfer, die bei der Energieübertragung ohne zusätzliches Wärmetransportmedium, wie z. B. Wasser auskommen. Das Kältemittel fließt direkt in Kupferrohren vom Außengerät zu zahlreichen Inneneinheiten – fast ähnlich wie bei den bekannten Luft/Wasser-Split-Wärmepumpen.

Was können die Anlagen und was gehört dazu?

Mit VRF-Systemen lässt sich die Raumluft im Umluftbetrieb kühlen, heizen und entfeuchten. Die meisten VRF-Innengeräte verfügen darüber hinaus standardmäßig über einen Anschluss zur Frischluftzufuhr. Somit kann auch die Frischluftversorgung erfolgen. Alternativ stehen Frischluftgeräte mit Wärmerückgewinnung zur Verfügung, die steuerungstechnisch eingebunden werden können. Zur Leistungsregelung werden DC-Inverter-geregelte Kompressoren eingesetzt, die mit einer variablen Spannung und Frequenz die erforderliche Leistung modulierend, d. h. stufenlos an den aktuellen Bedarf der Verbraucher (den Innengeräten) anpassen.

Neben den Außen- und Inneneinheiten sowie den Rohrleitungen werden darüber hinaus Bedienelemente zur Regelung der einzelnen Innengeräte bzw. Klimazonen eingesetzt, mit denen unterschiedliche Parameter wie Temperatur, Gebläsestufe oder Timer-Einstellungen gewählt werden können. Je nach Größe und Ausführung der Anlage können zentrale Fernbedienungen mit Web-Funktion zum Einsatz kommen, die auch mit der Gebäudeleittechnik kombinierbar sind.

Zur Informationsübertragung und Regelung des Kältemittelstroms findet ein ständiger Datenaustausch zwischen den Innengeräten und dem Außengerät über eine BUS-Kommunikationsleitung statt. Dabei werden Informationen über Betriebszustände wie der Status der elektronischen Einspritzventile, aktuelle Überhitzung und Unterkühlung am Wärmetauscher der Innengeräte, Lüfterstufe sowie die jeweiligen Raumtemperaturen an das Außengerät übermittelt. Diese Daten werden vom Außengerät ausgewertet und auf dieser Grundlage automatisch der optimale und energieeffizienteste Betriebspunkt der Anlage eingestellt.

Das müssen Fachhandwerker wissen

Die beste Voraussetzung, um VRF-Anlagen sicher planen und auslegen zu können, ist die Ausbildung zum Klima- und Kälteanlagenbauer. Generell sollte Erfahrung in der Planung und Installation von Kälteanlagen vorhanden sein. Interessierte Fachhandwerksbetriebe können z. B. entsprechend ausgebildete Mitarbeiter einstellen und sich so einen neuen Geschäftszweig eröffnen. Von der reinen Qualifikation her wird der Sachkundenachweis für den Umgang mit Kältemitteln benötigt. Die Zertifikate werden in vier Kategorien vergeben. Für die Installation von VRF-Anlagen ist in jedem Fall die höchste Kategorie 1 erforderlich. Wichtig ist ein fundiertes Wissen rund um die Funktion, Planung und die besonderen Bedingungen der Installation von kältetechnischen Anlagen. Dazu zählen beispielsweise die Verwendung entsprechender Materialien wie Kupferrohre in Kühlschrankqualität, dampfdiffusionsdichtes Isoliermaterial oder das ausschließliche Hartlöten unter Stickstoff, um Zunderbildung zu vermeiden.

Darüber hinaus muss das Unternehmen an sich durch die örtliche Handwerkskammer zertifiziert werden. Hierbei handelt es sich in der Regel um eine reine Formsache, denn es wird in erster Linie geprüft, ob sachkundiges Personal zur Verfügung steht etc. Erst mit diesem Zertifikat ist der Einkauf von Kältemitteln und kältetechnischem Zubehör beim örtlichen Kältefachgroßhandel o. ä. möglich. In puncto Werkzeugen sind zusätzlich zum gewohnten Spektrum in der Heiz- und Sanitärtechnik u. a. eine Monteurhilfe, eine Vakuumpumpe, ein Lecksuch- und ein Bördelgerät sowie eine Absaugstation erforderlich. Mithin handelt es sich um überschaubare Investitionen, die sich in einem stark wachsenden Markt schnell bezahlt gemacht haben können.

Wie und wo lassen sich die Systeme einsetzen?

Die Basis für ein nachhaltig wirtschaftliches VRF-Klimasystem ist die sorgfältige Planung und Auslegung. Erst auf Grundlage der ermittelten Kühl- und Heizlasten kann dann eine Auswahl der Inneneinheiten der VRF-Anlage für die einzelnen Räume bzw. Zonen durchgeführt werden. Ist dies auf der Grundlage der einschlägigen Verordnungen und Richtlinien erfolgt, stehen eine große Auswahl an Innengeräten in unterschiedlichen Ausführungen sowie verschiedenen Leistungsstufen als Wand-, Stand- und Truhen- sowie Kanaleinbaugeräte zum Einbau in abgehängten Decken zur Verfügung.

Die notwendigen Heizlasten eines Gebäudes können mit einer VRF-Anlage bis zu Temperaturen von minus 25 °C gedeckt werden. Damit steht dem Einsatz als monovalente Anlagen nichts im Wege. Darüber hinaus können neben den Innengeräten als Umluftkühlgeräte auch Kühler in Luftkanälen zur Raum- und in Kaltwasserbereitern zur Prozesskühlung an das VRF-Netz angeschlossen werden. In Verbindung mit einer Technologie zur Energieverschiebung im Gebäude bzw. zur Energierückgewinnung wie beispielsweise der R2-Technologie von Mitsubishi Electric eignet sich ein VRF-System ideal zur Nutzung der Abwärme aus Technikräumen oder Produktionsprozessen. Worum es sich bei der R2-Technik genau handelt, wird in Teil 2 der Serie erläutert.

Wie lässt sich die Effizienz der Anlagen beurteilen

Genau wie bei Wärmepumpen gelten auch bei VRF-Anlagen die Maßstäbe Energy Efficency Ratio (EER) und Coefficient of Performance (COP). Sowohl EER als auch COP zeigen das Verhältnis von nutzbarer Wärme- bzw. Kälteleistung in Bezug zur eingesetzten elektrischen Leistung an. Der COP wird für die Heiz-, der EER für die Kälteleistung verwendet. Ein COP von 4,0 bedeutet: Aus einem kW elektrischer Leistung entstehen 4,0 kW Heizleistung.

Je höher der COP ist, desto effizienter ist die Anlage, weil dann für eine bestimmte Wärmeleistung weniger elektrische Energie verwendet werden muss. Der COP ist aber grundsätzlich abhängig von der Temperatur der Wärmequelle und den benötigten Heiztemperaturen. Dadurch bildet jede Kombination dieser beiden Parameter einen anderen COP. Damit die Anlagen unterschiedlicher Hersteller aber verglichen werden können, wurden einheitliche Parameter zur Bestimmung des COP in bestimmten Betriebspunkten festgelegt. Diese liegen für eine Luft/Luft Wärmepumpe außen bei 7 °C und innen bei 20 °C für 100 % Leistung.

Künftig werden sich hier auch im Rahmen der Energy related Product-Richtlinie (ErP) die Vorgehensweisen ändern. Mit dem Seasonal EER (SEER) bzw. Seasonal COP (SCOP) gemäß der DIN EN14825 findet die Leistungsmessung nicht nur bei einer einzigen Temperatur statt, sondern bei vier unterschiedlichen Werten. Darüber hinaus fließen auch Faktoren wie u. a. der Standby-Verbrauch in die Berechnungen ein.

Für Wärme- und Kälteversorgung geeignet

VRF-Systeme werden zum Standard, wenn es um eine effiziente Gebäudeklimatisierung geht. Sie kommen überall dort zum Einsatz, wo in Gebäuden Wärmelasten abzuführen sind und gleichzeitig oder im Jahreszeitenwechsel mit der Klimaanlage auch geheizt werden soll. Da VRF-Anlagen eher in größeren Leistungsbereichen anzusiedeln sind, eignen sie sich optimal zur Klimatisierung entsprechender Gebäudetypen wie beispielsweise Industrieanlagen, Bürohäuser, Einkaufszentren, Hotels, Kliniken und öffentliche Gebäude, aber auch für den Einsatz in Boutiquen, Kanzleien, Gewerbeobjekten, Einzelhandelsgeschäften oder Mehrfamilienhäusern.

Wie bereits erläutert lassen sich VRF-Systeme bei entsprechender Auslegung der Anlage auch als monovalente Wärmepumpen betreiben. Bis zu einer Temperatur von minus 25 °C bieten solche Systeme die benötigte Heizleistung. Somit kann dasselbe System zum Heizen und/oder Kühlen eingesetzt werden. In der Regel entfallen dann die Investitions- und Betriebskosten für eine klassische Heizungsanlage samt ihrer zum Teil sehr aufwendigen Peripherie (Gasanschluss, Abgasführung, Wartungs- und Reinigungskosten, Fußbodenheizung etc.).

Moderne VRF-Systeme mit zusätzlicher Wärmerückgewinnungsfunktion sind in der Lage, simultan zu heizen und zu kühlen. Im Gegensatz zu den branchenüblichen 3-Leitersystemen bietet Mitsubishi Electric ein 2-Leitersystem an, um eine simultane Betriebsweise zu ermöglichen. Dadurch wird der Montageaufwand vereinfacht und der resultierende Kostenaufwand wird gesenkt.

Technologie erzeugt Warmwasser

Zum einen: Mit der speziellen VRF-R2-Technologie kann Wärmeenergie, die sonst bei der Kühlung abgeführt werden muss, im Gebäude verschoben und als Warmwasser gespeichert werden. Durch die Speicherung dieser Wärmeenergie wird die ganzheitliche Energiebilanz verbessert. Zum anderen: Mit speziellen Wärmepumpen, die optisch genau wie VRF-Außengeräte aufgebaut sind und mit dem Kältemittel CO2 arbeiten, können wirtschaftlich hohe Wassertemperaturen von rund 90 °C erzeugt werden.

Im zweiten Teil der Serie dreht sich alles um die Planung von VRF-Anlagen und Technologien, die den Markt weiter befeuern werden.

Autor

Dipl.-Kfm. Martin Schellhorn ist Fachjournalist und Inhaber der Fachpresseagentur Kommunikationsmanagement Schellhorn in 45721 Haltern am See. Telefon (0 23 64) 10 81 99 martin.schellhorn@die-agentur.sh www.die-agentur.sh