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Anspruch an Lüftungsgeräte steigt

Mit den sperrigen Titeln „Richtlinie 2009/125/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte“ oder „Richtlinie 2010/30/EU über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen“ kann wohl weder ein Verbraucher noch ein Handwerker etwas anfangen. Mit den konkreten Auswirkungen der Ecodesign- bzw. der Richtlinie zur Energieverbrauchskennzeichnung und ihren Durchführungsverordnungen dagegen schon.

Bestes Beispiel: Das EU-Effizienzlabel, das bei Waschmaschinen, Kühlschränken oder Glühbirnen den Energieverbrauch dieser Produkte auf einen Blick erkennbar machen und die Kaufentscheidung hin zu besonders energieeffizienten Produkten lenken soll – wenn nicht zuvor schon unzureichend effiziente Produkte vom Markt genommen wurden.

Anforderungen an Raumklima- und Lüftungsgeräte

In der Klima- und Lüftungstechnik waren bisher nur wenige Produkte von diesen gesetzlichen Bestimmungen betroffen. Raumklimageräte etwa müssen bei einer Kühlleistung bis 12 kW seit 2013 in Energieeffizienzklassen A+++ bis D eingestuft werden, ein entsprechendes Energielabel tragen und im Kühlbetrieb mindestens die Anforderungen der Energieeffizienzklasse A erfüllen (EU 206/2012). Für Ventilatoren ab 125 Watt gelten ebenfalls seit 2013 Mindestanforderungen, die im Jahr 2015 nochmals verschärft wurden (EU 327/2011).

Mit dem Inkrafttreten der EU-Verordnungen 1253/2014 und 1254/2014 zum 1. Januar 2016 greifen erstmals entsprechende Ökodesign-Anforderungen an RLT-Zentral- und Wohnungslüftungsgeräte. RLT-Zentralgeräte müssen seitdem Mindestanforderungen im Hinblick auf die Ventilatorstromaufnahme und die Effizienz der Wärmerückgewinnung einhalten (EU 1253/2014). Wohnungslüftungsgeräte müssen zu diesem Zeitpunkt mindestens so viel Primärenergie einsparen, wie sie verbrauchen (EU 1253/2014) und außerdem ein Energieeffizienzlabel von A+ bis G tragen (EU 1254/2014). Ab dem 1. Januar 2018 werden diese energetischen Mindestanforderungen dann nochmals erhöht. Bei Wohnungslüftungsgeräten muss dann der Lüftungswärmebedarf des Wohngebäudes in etwa halbiert und mindestens die Effizienzklasse D erreicht werden.

Anforderungen an Wohnungslüftungsgeräte

Seit dem 1. Januar 2016 müssen die Kennzahlen von Wohnungslüftungsgeräten nach EU 1253/2014 europäisch einheitlich angegeben und in den nationalen energetischen Bewertungsverfahren, in Deutschland nach der Energieeinsparverordnung (EnEV), verwendet werden können. Geräte mit einem Nennluftvolumenstrom bis 1000 m³/h werden pauschal als Wohnungslüftungsgeräte betrachtet. Sie müssen zur besseren Verbraucherinformation zusätzlich ein Energielabel nach EU 1254/2014 tragen. Ausnahmen gibt es für kleinere Abluftgeräte mit einer elektrischen Eingangsleistung unter 30 W sowie für Geräte zwischen 250 und 1000 m³/h, wenn sie als RLT-Gerät für den Einsatz in Nichtwohngebäuden, etwa in Schulen, deklariert werden. Diese Geräte müssen zwar kein Energielabel tragen, aber die spezifischen energetischen Anforderungen an RLT-Geräte im Nichtwohnbereich erfüllen.

Das EU-Energielabel klassifiziert die betreffenden Wohnungslüftungsgeräte mit Hilfe eines Kennwertes für den spezifischen Energieverbrauch SEV (Bild 1). Dieser Wert spiegelt die mögliche Primärenergieeinsparung (Stromaufwand für Ventilatoren minus Heizenergieeinsparung) dieses Lüftungsgerätes in Relation zu einer Fensterlüftung gleicher Luftqualität. Je höher dieser negative Wert ist, desto mehr Primärenergie spart das Gerät ein. Klasse G: SEV = 0 bedeutet gleichwertig zur Fensterlüftung, Klasse A: SEV = – 40 eine Primärenergieeinsparung von 40 kWh/(a m²). Der spezifische Energieverbrauch SEV setzt sich aus folgenden Geräteeigenschaften zusammen:

  • Stromverbrauch und Regelung der Ventilatoren
  • Art und Güte der Wärmerückgewinnung
  • Regelung der Geräte (manuell, zeit- oder bedarfsgesteuert mittels Luftqualitätssensoren).

Zusätzliche Informationen auf dem Energielabel

Zusätzlich gibt das Energielabel Informationen über den Nennluftvolumenstrom und den Schallleistungspegel des Gerätes. Der Nennluftvolumenstrom dient zur Feststellung, ob die Größe des Gerätes zur Wohnungsgröße passt. Grundlage für die Auslegung ist in Deutschland die DIN 1946-6. Für eine mittlere Wohnung können zur Abschätzung etwa 1,3 m³/h Nennluftvolumenstrom pro m² Wohnfläche angesetzt werden. Ein Gerät mit 130 m³/h Nennluftvolumenstrom ist also etwa für 100 m² ausreichend.

Im Hinblick auf den Schallleistungspegel ist zu beachten, dass dies nur die Geräteabstrahlung betrifft und nicht den Wert, der tatsächlich im Wohnraum oder beim Bewohner ankommt. Bei raumweisen Geräten ist der Schalldruckpegel, der beim Bewohner ankommt, je nach Raumgröße und Raumabsorption etwa 6 bis 10 dB(A) niedriger, als auf dem Label angegeben. Bei zentralen Geräten, die meist nicht in Aufenthaltsräumen, sondern in Dach- oder Kellerbereichen installiert werden, hängt der Schallleistungspegel von der Installation und dem Luftverteilnetz ab. Schalldämmmaßnahmen können den Wohnbereich vollständig abkoppeln, sodass die Lüftungsanlage für den Bewohner nicht hörbar ist. Diese Aspekte müssen bei der Planung und Installation berücksichtigt und gegenüber dem Verbraucher auch klar kommuniziert werden.

Welche Gerätekategorien sind von der Labelpflicht betroffen?

Durch die bereits beschriebene Obergrenze von 1000 m³/h Nennluftvolumenstrom und die Untergrenze der elektrischen Eingangsleistung von 30 W sind einige Wohnungslüftungsgeräte faktisch von der Labelpflicht ausgenommen. Nicht in den Anwendungsbereich fallen die meisten Ventilatoren, die ausschließlich zur Bad- und Toilettenentlüftung (etwa nach DIN 18017) dienen.

Zentrale Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung in Mehrfamilienhäusern haben in den meisten Fällen Nennluftvolumenströme über 1000 m³/h, gelten als RLT-Gerät und entfallen dadurch ebenso. Zentralsysteme für Abluft mit Abwärmenutzung durch Wärmepumpe oder Zuluftsysteme mit solarer Lufterwärmung sind Sonderfälle, die ebenfalls nicht gelabelt werden müssen.

Typischerweise gelabelt werden müssen zentrale Zu- und Abluftgeräte mit Wärmerückgewinnung je Wohneinheit, also Zentralgeräte im Einfamilienhaus oder wohnungsweise Zentralgeräte im Mehrfamilienhaus. Diese Geräte liegen typischerweise über 30 W und erreichen keine 1000 m³/h. In Bild 2 ist ein beispielhaftes Energielabel mit typischen Kennzahlen für den Schallleistungspegel und den Nennluftvolumenstrom dargestellt für die Funktion eines Zentralgerätes im Einfamilienhaus.

Zeitgesteuerte Geräte erreichen meist Energieeffizienzklassen bis A, bedarfsgeregelte Geräte gehen bis Energieeffizienzklasse A+. Auch zentrale und dezentrale Abluftgeräte in Mehrfamilienhäusern fallen im Normalfall mit über 30 W unter die Labelpflicht. Bild 3 zeigt ein dezentrales Abluftsystem in einem Mehrfamilienhaus. Ein entsprechendes, beispielhaftes Energielabel mit typischen Kennzahlen für Schallleistungspegel und Nennluftvolumenstrom ist in Bild 4 dargestellt. Zeitgesteuerte Geräte erreichen typischerweise Energieeffizienzklasse E oder F, bedarfsgeregelte Geräte bis Energieeffizienzklasse B.

Bewertung und Ausblick

Der europäische Markt für Wohnungslüftungsgeräte in Europa ist bisher geprägt von vielen verschiedenen nationalen und internationalen Zulassungs- und Zertifizierungsprogrammen. Die neue Regelung stellt nun zumindest sicher, dass eine vergleichbare Datenebene für alle Produkte in Europa existiert, auf die die Mitgliedsstaaten dann in ihren nationalen Verfahren zurückgreifen müssen. Dies ist ein kleiner, aber erster sichtbarer Schritt hin zu einem transparenten und einheitlichen europäischen Markt für Wohnungslüftungssysteme.

Das Energielabel führt zudem zu besserer Verbraucherinformation und höherer Markttransparenz. Nun muss sich die neue Regelung in der Praxis bewähren und durchsetzen, wobei auch der Marktaufsicht eine entscheidende Rolle zukommt. Die entsprechenden, energieeffizienten raumlufttechnischen Lösungen der innovativen deutschen Klima- und Lüftungsindustrie stehen jedenfalls zur Verfügung – selbst die Anforderungen für die zweite Stufe könnten schon jetzt problemlos umgesetzt werden. Wie praktikabel und wirtschaftlich die Regelungen sind, wird sich dann in den kommenden Jahren zeigen.

Autor

Dipl.-Ing. Claus Händel ist technischer Referent beim Fachverband Gebäude-Klima (FGK) und Obmann in einigen Normungsgremien im Bereich Klima- und Lüftungstechnik. www.fgk.de