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Der Fluch der guten Tat

Inhalt

Sofern durch den Handwerker bereits im Bauvertrag „klare“ Verhältnisse zur „kurzen“ Verjährungsfrist geschaffen werden, kann vielen Streitigkeiten zu nur schwer oder gar nicht aufklärbaren Streitigkeiten mit Kunden über die Lebensdauer und Laufzeit von Verschleißteilen vorgebeugt werden.

Grundsätzlich gilt für alle Folgen, die sich aus der natürlichen Abnutzung eines Anlagenteiles oder einer Anlage ergeben, dass auch im BGB keine Gewährleistungs-/Mängelhaftungspflicht des Unternehmers gegeben ist. Diese Abnutzungserscheinungen können nach den nachfolgenden Kriterien bei besonderen Umweltbedingungen oder falscher Bedienung der Anlage durch den Kunden oder durch sonstige Eingriffe Dritter auch schon vor Ablauf von zwei bzw. fünf Jahren auftreten.

Eine zeitlich starre Grenze – wie beispielsweise von zwei Jahren nach § 13 Absatz 4 Ziffer 2 VOB/B 2016 – besteht hierfür im BGB jedoch nicht. Hierzu ist vielmehr nach den folgenden Kriterien immer eine Feststellung im Einzelfall zur „natürlichen Lebensdauer“ eines Produktes unter einer technischen Einzelfallbewertung erforderlich.

Im BGB-Werk und Bauvertrag existieren keine konkreten Zeiträume zur „Haltbarkeit“ bestimmter Produkte oder Verschleißteile. Das Produkt muss vielmehr die „natürliche“ Lebensdauer erreichen, die je nach Materialgüte und -art sehr unterschiedlich ausfallen kann. Im Zweifelsfall ist auch hier­über erneut durch ein technisches Sachverständigengutachten zu entscheiden, das ggf. durch Sachverständigenwissen mit Erfahrungswerten über bestimmte SHK-Produkte vorweggenommen werden kann. Rechtliche Relevanz haben derartige Erfahrungswerte aber nicht, allenfalls Hinweischarakter über den Ausgang eines konkreten Sachverständigengutachtens.

Bei Mängeln mit Verschleißteilen hilft oft auch die Beweislast

Hinzu kommt, dass der Kunde, wenn einMangel auftritt, grundsätzlich nach Vorliegen einer Abnahme die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass der Mangel bereits bei Abnahme vorlag. Hieraus ergibt sich, dass sich nicht weitergehend aufklärbare Sachverhaltszusammenhänge bei Mängelursachen zulasten des Kunden auswirken.

Allgemeiner Kostenvorbehalt bei Mängelrügen immer ratsam

Handwerker machen sich bei Erhalt einer Mängelrüge – neben der oft übersehenen Frage einer bereits eingetretenen Verjährung – leider auch keine weitergehenden Gedanken darüber, dass schon bei Erhalt oder im Nachgang zu einer Mängelrüge weitere Kostenpositionen auf beiden Seiten entstehen können und daher eine Absicherung des Handwerkers bereits „in den ersten Minuten“ erforderlich ist.

Die Rechtsprechung hat hier einschlägig geurteilt: Dem Handwerker wird die Möglichkeit eingeräumt, den Kunden allgemein bei Erhalt einer Mängelrüge auf den Umstand hinzuweisen, dass der Handwerker die Kosten für die Bearbeitung der Mängelrüge oder eine etwaige Mängelbeseitigung gerade dann nicht zu tragen hat, wenn sich bei einem Ortstermin beim Kunden herausstellen sollte, dass die Verantwortung und Verursachung des gerügten Mangels allein beim Kunden liegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung muss bei einem derartigen vorangegangenen Kostenvorbehalt der Kunde bereits die Anfahrt und den Aufwand der Mängelsuche vor Ort beim Kunden mit den ortsüblichen betriebswirtschaftlichen Kostenansätzen bezahlen (§ 632 Abs. 2 BGB), weil er die betreffende Mängelrüge ausgesprochen und daher – bei einem nicht vorliegenden Mangel – die kostenwirksame Tätigkeit des Handwerkers dennoch schuldhaft verursacht hat.

Musterschreiben mit ­Kostenvorbehalt

Der ZVSHK hat für Innungsmitglieder ein Musterschreiben mit Kostenvorbehalt bei unberechtigten Mängelrügen entworfen, das über die Landesinnungsverbände erhältlich ist. Damit können Handwerker höflich, aber bestimmt und rechtssicher gegenüber ihren Kunden darauf hinweisen, dass Mängelrügen zwar begründet sein können und dies bei einem Vor-Ort-Termin beim Kunden gerne geklärt werden kann. Erweist sich jedoch dann vor Ort beim Kunden der Mangel als nachweisbar unbegründet, kann der Handwerker auch die Anfahrt, den Fehlersuchaufwand sowie die notwendigen Reparaturkosten abrechnen.

Falls möglich, sollte die erforderliche Reparatur beim Kunden – auch bei Verwendung dieses Schreibens – bestenfalls nur gegen schriftliche Zusage der Kostenübernahme aller anfallenden Reparaturkosten angeboten werden, am besten – sofern möglich – mit vorab konkret bezifferten Reparaturkosten. Ist der Kunde hierzu nicht bereit, kann sich der Handwerker zumindest auf den Inhalt seines vorangegangenen Musterschreibens mit Kostenvorbehalt bei unberechtigten Mängelrügen berufen, das dem Handwerker dem Grunde nach gesetzliche Erstattungsansprüche zubilligt.

Lässt sich allerdings vom Handwerker vor Ort beim Kunden die Verantwortlichkeit und Verursachung des Mangels nicht klären, muss abgewogen werden, ob die Angelegenheit weiterhin streitig ausgetragen werden soll oder nicht. Weigert sich nämlich der Handwerker, einen gerügten Mangel zu beseitigen, müssen später gegebenenfalls auch Kosten zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens, der Einschaltung eines Rechtsanwaltes und etwaige Gerichtskosten sowie etwaige Mehrkosten zur Mängelbeseitigung durch einen Drittunternehmer ersetzt werden, wenn sich die Mängelbehauptung des Kunden doch in technischer und rechtlicher Hinsicht als begründet erweisen sollte.

Allgemein kann hierzu nur der Ratschlag erteilt werden, dass nur bei offensichtlich nachweisbar verjährten Mängelrügen und bei Sachverhalten, bei denen die Verantwortlichkeit und Verursachung durch den Kunden (zum Beispiel bei Sabotage oder offensichtlicher Fehlbedienung durch den Kunden, offensichtlichem Verschleiß, offensichtlichen Betreiberrisiken usw.) „auf der Hand liegt“, die Beseitigung von Mängeln verweigert werden sollte.

Auch wenn der Kunde bei Auftreten eines Mangels und bei vorliegender Abnahme offensichtlich seiner Darlegungs- und Beweislast nicht genügen kann, dass der Mangel bereits bei Abnahme vorlag, wirken sich nicht weitergehend aufklärbare Sachverhaltszusammenhänge bei Mängelursachen oft zulasten des Kunden aus.

Ansonsten ist eine gütliche Einigung in der Praxis oft sinnvoller, als sich eventuell einem jahrelangen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang auszusetzen. Wie der Handwerker sich bei einer derartigen gütlichen Einigung effektiv und sinnvoll absichert, erfahren Sie in den beiden nachfolgenden Textabschnitten.

Unterbrechung der Verjährung bedeutet, dass mit der Unterbrechung die vereinbarte oder gesetzlich geltende Verjährungsfrist nochmals für die nachgebesserte Leistung „bei null“ beginnt.

Bild: Getty Images / rizal999))

Unterbrechung der Verjährung bedeutet, dass mit der Unterbrechung die vereinbarte oder gesetzlich geltende Verjährungsfrist nochmals für die nachgebesserte Leistung „bei null“ beginnt.

Mängelbeseitigung bei „laufender“ Verjährung nur auf Kulanz

Oft wollen Handwerker vom Kunden erhobene Mängelrügen innerhalb der „laufenden“ Verjährungszeit nicht zeitintensiv streitig stellen. Oder sie wollen keinen allgemeinen Kostenvorbehalt bei Erhalt einer Mängelrüge erklären. Stattdessen ziehen sie es aus Imagegründen für das Unternehmen vor, etwaige Mängelrügen einerseits „geräuschlos“ und andererseits für den Kunden zufriedenstellend zu erledigen. Um in diesem Zusammenhang als Unternehmer taktisch klug vorgehen zu können, sollte folgendes Hintergrundwissen im Baurecht berücksichtigt werden:

Allein der Zugang einer Mängelrüge beim Handwerker führt im BGB-Bauvertrag nicht zu einer Verjährungshemmung oder -unterbrechung. Hemmung der Verjährung bedeutet, dass der zeitliche Ablauf der Verjährung um die Zeitdauer zwischen Zugang der Mängelrüge und berechtigter Nacherfüllung verlängert wird.

Unterbrechung der Verjährung bedeutet, dass mit der Unterbrechung die vereinbarte oder gesetzlich geltende Verjährungsfrist nochmals für die nachgebesserte Leistung „bei null“ beginnt.

Erst die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens zum „unverjährten“ Zeitpunkt (BGH 28.10.2010 AZ: VII ZR 172/09) oder ein etwaiges Mangelanerkenntnis durch die „vorbehaltlose“ kostenfreie Nachbesserung hätte gegebenenfalls Auswirkung auf die Verjährung (23.08.2012 AZ: VII ZR 155/10).
Für eine etwaige „Verjährungsverlängerung“ im BGB-Bauvertrag kommt es daher entscheidend darauf an, ob die „kostenfreie“ Nacherfüllung bzw. Nachbesserung durch den Handwerker als Mangelanerkenntnis ausgelegt werden kann oder nicht.

Ein Mangelanerkenntnis sollte daher vermieden und hierdurch rechtlich bewirkt werden, dass bei einer Kulanzleistung durch den Handwerker nicht nochmals die zweijährige bzw. fünfjährige Verjährungsfrist ab Abnahme der Nacherfüllung/Nachbesserung anläuft. Verhindert werden kann dies klar und deutlich dadurch, dass der Handwerker vor Ausübung der Nacherfüllung bzw. Nachbesserung eine Kulanzerklärung bzw. einen Freiwilligkeitsvorbehalt abgibt, deren Inhalt ein Mangelanerkenntnis ausschließt.

Mängelbeseitigung bei „eingetretener“ Verjährung nur auf Kulanz

Noch wichtiger ist es aus Sicht des Handwerkers, erhobene Mängelrügen bei bereits „eingetretener“ Verjährung rechtlich korrekt und taktisch klug zu behandeln. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass wegen der insoweit auch gegenüber dem Baumateriallieferanten bereits eingetretenen kaufrechtlichen Verjährung keinerlei Rückgriffsmöglichkeit im Hinblick auf eine kostenlose Ersatzlieferung angeblich oder tatsächlich defekten Baumaterials besteht.

Auch würde der unbedacht vorgehende Handwerker unbeabsichtigt bei einem Mangel­anerkenntnis schon verjährte Ansprüche für Nachbesserungshandlungen quasi aus der Verjährung zurückholen und die Verjährung bei null für die nachgebesserte Bauleistung wiederbeginnen lassen. Dies sollte durch Kulanz­erklärungen gegenüber dem Kunden unbedingt vermieden werden.

Fazit

Nach Erhalt einer Mängelrüge muss der Handwerker planvoll und strategisch geschickt agieren. Zuerst sollte die Verjährung geprüft und bei offensichtlicher Verjährung jede Mängelbeseitigung bereits „vom grünen Tisch aus“ verweigert werden. Hierbei sind nach der einschlägigen Rechtsprechung die zweijährige Verjährungsfrist ab Abnahme (bei kleineren Reparaturen, Wartungen, Austauschvorgängen oder Anlagenerweiterungen an bestehenden Anlagen) sowie die fünfjährige Verjährungsfrist ab Abnahme (bei Grundsanierung und Neubau von Gesamtanlagen) immer strikt zu unterscheiden.

Die Rechtsposition des Handwerkers bei bereits eingetretener Verjährung ist sehr gut. Sie kann sich jedoch durch jeden „Gefallen“, den der Handwerker dem Kunden in dieser Situation ggf. einräumen will, verschlechtern. Insoweit muss der Handwerker also bei bereits eingetretener Verjährung besonders behutsam agieren.

Sind die Mängelansprüche des Kunden nicht verjährt, sollte der Handwerker nach jeder Mängelrüge zunächst den allgemeinen Kostenvorbehalt gegenüber dem Kunden für die Fälle anbringen, in denen sich bei einem Ortstermin beim Kunden herausstellt, dass die gerügten Mängel nicht vom Handwerker, sondern vom Kunden selbst zu verantworten sind oder verursacht wurden. Dieser Kostenvorbehalt begründet Ansprüche des Handwerkers für Anfahrt und Mängelsuchaufwand nach allgemeinen ortsüblichen betriebswirtschaftlichen Kostenansätzen (§ 632 Abs. 2 BGB), wenn sich vor Ort in technischer Hinsicht herausstellt, dass keine Mängel vorliegen oder die Verantwortlichkeit bzw. Verursachung allein beim Kunden liegt.

Lassen sich die Mängel auch durch Orts­termin beim Kunden nicht abschließend klären, kann die Chance für beide Parteien darin bestehen, eine gütliche Einigung anstelle eines jahrelangen Rechtsstreits mit oft ungewissem Ausgang zu suchen. Wenn der Handwerker hierbei aktiv wird, muss er jedoch unbedingt darauf achten, dass er etwaige Nachbesserungen nur vornimmt, wenn er vorab einen Freiwilligkeits- und Kulanzvorbehalt dahingehend abgegeben hat, dass er nur im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung freiwillig und ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht agiert.

Hierdurch vermeidet der Handwerker jede – auch ungewollte und unbemerkte – Einwirkung auf die Hemmung oder den Neubeginn der Verjährung. Ansonsten folgt leider der „Fluch der guten Tat“, was aus Sicht des Handwerkers unbedingt vermieden werden sollte.

Nach Erhalt einer Mängelrüge muss der Handwerker planvoll und strategisch geschickt agieren. Zuerst sollte die Verjährung geprüft und bei offensichtlicher Verjährung jede Mängelbeseitigung verweigert werden.

Bild: Getty Images/skynesher

Nach Erhalt einer Mängelrüge muss der Handwerker planvoll und strategisch geschickt agieren. Zuerst sollte die Verjährung geprüft und bei offensichtlicher Verjährung jede Mängelbeseitigung verweigert werden.

Autor

Assessor Matthias Bergmann
war langjähriger Referent des Fachverbandes SHK Baden-
Württemberg in Stuttgart.

Bild: FV SHK BW