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Schneller als der Normenzyklus

SBZ: Vor welchen Aufgaben steht der BVF aus technischer Sicht?

Joachim Plate: In unserem Verband sind derzeit 49 Mitgliedsunternehmen organisiert – vom System- bis zum Komponentenanbieter, teils mit sehr unterschiedlichen Vertriebswegen, Marktzugängen und Zielgruppen. Diese Vielfalt bildet die Grundlage für unsere technische Arbeit. Denn das Alleinstellungsmerkmal des BVF ist die technische Kompetenz in allen Feldern der Flächenheizung und Flächenkühlung. Fragestellungen und Lösungen werden im BVF abgebildet, diskutiert und fließen in die Regelwerke ein. Ein Beispiel ist die intensive Beschäftigung mit dem Thema Anbindeleitungen. Die praktische Hilfestellung des BVF ist in die Überarbeitung der DIN V 18599-5 eingegangen.

Bernd Quiel: Als weiteren Punkt möchte ich die Entwicklung der Schnittstellenkoordinationen nennen. Die mannigfaltigen Systeme werden klar und deutlich ihrem Verantwortungsbereich zugeordnet und in ihrer Ausführung beschrieben und zwar weitestgehend herstellerneutral. Das Handwerk soll seine Belange finden, aber auch für die anderen Bereiche sensibilisiert werden. Darüber hinaus müssen wir die Chance nutzen, die Flächenheizung bzw. Flächenkühlung auch unter politischen Aspekten voranzubringen. Die Voraussetzungen dafür sind bereits geschaffen – Stichwort Energie- bzw. Wärmewende oder positive ErP-Labelarbeit. Energieeffizienz heißt das Stichwort. Von allen zurzeit werbetechnisch verarbeitet, ist das für den BVF eigentlich ein alter Hut. Schon mit der Wärmeschutzverordnung von 1995 hat der BVF auf das Wertepaar 35/28 °C hingewiesen. Erst mit den aktuellen politischen Rahmenbedingungen treten die niedrigen Temperaturen wieder stark in den Vordergrund.

Plate: Außerdem sehe ich große Potenziale im Bereich Sanierung von Bestandsgebäuden sowie der Nutzung von Wänden und Decken als Flächenheizung. Beim Einsatz von Wärmepumpen denke ich an den immer wichtiger werdenden Aspekt der stillen Kühlung. Wir müssen weg davon, dass nur die benötigte Heizlast als Argument für oder gegen die Flächenheizung eingesetzt wird – was viel mehr zählt, ist die Behaglichkeit über das ganze Jahr.

SBZ: Gewinnt damit die elektrische Flächenheizung an Gewicht?

Plate: In Zukunft werden elektrische Flächenheizungssysteme an Bedeutung zunehmen – insbesondere dann, wenn der Anteil des regenerativ erzeugten Stroms weiter ansteigt. Hieraus resultiert die weitere Absenkung des Primärenergiefaktors Strom, der aktuell mit 1,8 in der EnEV bewertet ist.

SBZ: Was bedeutet das fürs Fachhandwerk?

Quiel: Es geht um die gewollte, politische Effizienz und Einsparung, auch im Hinblick auf die zukünftigen Hybrid-Heizungsanlagen. Jede regenerativ erzeugte und selbst verbrauchte kWh-Strom dient dem großen Ziel der CO2-Reduktion. Das kommt z. B. der strombetriebenen Wärmepumpe sehr entgegen. Und die ist wiederum prädestiniert für die Kombination mit einer Flächenheizung.

Plate: Die Differenz zwischen den Primärfaktoren für fossile Energien – Erdgas und Heizöl liegen aktuell bei 1,1 – und Strom wird somit zukünftig weiter abnehmen. Generell kann die elektrische Flächenheizung eine gute Alternative sein, auch weil die Investitionskosten niedrig sind. Dies gilt insbesondere für die ab 2018 vorgeschriebenen Niedrigstenergiegebäude. Diesen Sachverhalt beschreibt auch unser Fachblatt: BVF Infodienst Nr. 14. Darüber hinaus steht unser diesjähriges Symposium am 24. und 25. November in Berlin unter diesem Thema.

SBZ: Eine Veranstaltung für Fachhandwerker und Fachplaner. Wen spricht der BVF darüber hinaus mit seiner Arbeit an?

Quiel: Neben den Fachpartnern haben wir Kontakt zu ganz unterschiedlichen Personen und Gruppen. Ein Beispiel: Jährlich erreichen uns per E-Mail oder Telefon rund 600 Anfragen zum Thema Flächenheizung, die wir allesamt beantworten. Das ist öfters eine sehr zeitintensive Aufgabe, aber sicherlich auch ein Alleinstellungsmerkmal des Verbands. Vom Verbraucher bis zum Sachverständigen erreichen uns Anfragen. Es geht zum Beispiel um allgemeine Informationen, Details oder die praktische Umsetzung.

SBZ: Geben Sie juristisch verbindliche Auskünfte?

Quiel: Zur Herausforderung werden Anfragen dann, wenn sie auch juristische Relevanz besitzen. Das ist manchmal eine Gratwanderung, denn meist werden wir erst dann um Rat gebeten, wenn in einem Projekt bereits Probleme aufgetreten sind. Manche Anfragen von Bauherren etwa sind schon richtige Hilferufe. Da sollen oft aus dem Zusammenhang gerissene Interpretationen und Aussagen bewertet werden. Das ist schwierig, sogar riskant, weil manche Fragen einfach aus dem Zusammenhang herausgestellt sind. Die Umstände lassen oftmals schon auf einen laufenden Rechtsstreit schließen. In solchen Fällen können wir leider nur auf konkrete Fragen antworten.

Plate: Bei den Anfragen mit juristischer Relevanz werden wir gerne zur Klärung komplexer technischer Zusammenhänge befragt. Hierbei ist es gelegentlich so, dass schon Sachverständige gehört worden sind. Der BVF kann nicht als Sachverständiger operieren. Aber das Gros der Anfragen stammt auch nicht von den ausführenden Gewerken.

Quiel: Das allerdings könnte sich in Zukunft ändern, wenn der Trend zu Wand oder Decke geht, die Sanierung stärker in den Vordergrund rückt und die Regelungstechnik komplexer wird – auch mit Blick auf Smart-Home. Das Ineinandergreifen verschiedener Gewerke ist dabei immer eine Herausforderung.

SBZ: In welchen Bereichen sehen Sie bereits heute großen Klärungsbedarf?

Quiel: Die Themen Rohre und Leitungen auf Rohdecken, Trittschallanforderungen oder Trockenbaulösungen für Fußboden und Wand sind stark gefragt. Darüber hinaus suchen viele der Anfragenden nach Textpassagen, die ihre Probleme abhandeln. Auch da ist der BVF aktiv und up-to-date. Ein Resultat sind die bereits genannten Schnittstellenkoordinationen für Neubau und bestehende Gebäude. Aus der aktiven Mitarbeit in den Normen leiten sich die technischen und normenbezogenen Unterlagen, die BVF-Informationsdienste, ab. Wir helfen hier mit Unterlagen, die sich mit der Arbeitspraxis befassen, z. B. was durchlaufende Zuleitungen oder Bodenbeläge betrifft. Auch über Dünnschichtsysteme, die in den Normen und Richtlinien noch nicht ausreichend Berücksichtigung finden, wird informiert.

SBZ: Wie nahe sind Sie da an der Praxis?

Quiel: Entwicklungen gehen weiter, andere Rahmenbedingungen bringen andere Sachverhalte vor Ort, so z. B. die durchlaufenden Zuleitungen mit ihrer Wärmeabgabe oder Sonderkonstruktionen, die noch nicht in der Norm abgebildet sind. In regelmäßigen Abständen werden die technischen BVF-Infodienste überarbeitet, schneller als der Normenzyklus. Das Verordnungswesen ist enorm. Aktuelle Unterlagen, die kurz und sachlich aufbereitet sind, vermeiden Konfliktpotenzial. Das ist uns als Verband für die Anwender besonders wichtig.

SBZ: Wie holen Sie das SHK-Handwerk dafür mit ins Boot?

Quiel: Die große Vielfalt an Möglichkeiten führt dazu, dass sich das Fachhandwerk auf bestimmte Systeme eingefahren hat. Solange sich die politischen und technischen Rahmenbedingungen nicht ändern, besteht keine Veranlassung zur Umorientierung. Wir bieten in dieser Hinsicht auch unsere Hilfe an, wenn sich jemand proaktiv mit Neuerungen auseinandersetzen möchte – am liebsten natürlich im Vorfeld. Die von uns angebotenen praktisch einzusetzenden Schnittstellenkoordinationen sind für die tägliche Arbeit sicherlich ein gutes Beispiel, das nach wie vor gefragt ist.

SBZ: Verstärkt das BVF-Siegel diese Wirkung?

Plate: Damit wollen wir ganz klar eine Lanze brechen für den Systemgedanken. Wir haben in der täglichen Arbeit festgestellt, dass die gemischten, selbst zusammengestellten Systeme der größte Risikofaktor sind. Mit einem Flächenheizungssystem fährt man einfach sicherer. Was viele Fachhandwerker nicht zu wissen scheinen: Setzen sie Komponenten verschiedener Herkunft selbst zu einem System zusammen, werden sie zum Systemintegrator – und haben damit im Schadensfalle die Gewährleistung zu tragen. Bei vorgefertigten Systemen sind sie da auf der sicheren Seite. Darüber hinaus kann der Fachhandwerker dem Endkunden über das BVF Siegel vermitteln, welche Vorteile sich durch den Einsatz einer Flächenheizung eines Siegelträgers ergeben – und hat damit auch ein weiteres Verkaufsargument.

SBZ: Herr Plate, Herr Quiel, herzlichen Dank für das Gespräch.

Info

Branchenkompetenz unter einem Dach

Der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e. V., kurz BVF genannt, ist ein Zusammenschluss namhafter System- sowie Komponentenanbieter. Sein Ziel ist nicht nur die Verbesserung der Branchenkompetenz, sondern auch die Förderung von Flächenheizungen und Flächenkühlungen im Allgemeinen. Der BVF gilt seit über 40 Jahren als anerkannter Ansprechpartner für Planer, das verarbeitende Gewerbe, interessierte Bauherren sowie Modernisierer. Besonderen Wert legt der Verband dabei auf die sachliche und produktneutrale Informationspolitik in allen Themenbereichen rund um Flächenheizungen und Flächenkühlungen.

www.flaechenheizung.de

Tipp

Schnittstellenkoordination

Reklamationen und Mängel bei der Erstellung von beheizten Fußbodenkonstruktionen sind in der Vergangenheit mehrheitlich auf Abstimmungsfehler der Gewerke untereinander zurückzuführen. Um Abhilfe zu schaffen, erarbeitete der BVF in seinen Broschüren „Schnittstellenkoordination bei Flächenheizungs- und Flächenkühlungssystemen“ ein Schnittstellenprotokoll, das detailliert und eindeutig die auszuführenden Arbeitsschritte darlegt. Damit steht eine praxisbezogene Anleitung zur Planung, Ausführung und Bauüberwachung von unterschiedlichen Systemen der Flächenheizung und Flächenkühlung in Boden, Wand und Decke im Neubau und im Bestand zur Verfügung. Mehr zum Thema auf der Homepage des Verbandes.

BVF-Siegel

Bei der Wahl des geeigneten Flächenheizungssystems kommt es vor allem auf Details an. Auf der sicheren Seite sind Planer, Fachhandwerker und Bauherren, wenn sie auf hohe Qualität und Sicherheit achten. Das heißt, aus einer Hand stammende Produkte, DIN-Prüfungen und das Siegel des Bundesverbandes Flächenheizungen und Flächenkühlungen (BVF). Dieses Gütezeichen zeigt den hohen Standard einer Flächenheizung auf den ersten Blick. Von Bedeutung ist außerdem, dass sämtliche Komponenten des Flächenheizungssystems aufeinander abgestimmt sind. So müssen Systemanbieter, deren Produkte das Siegel tragen, zukünftig alle Bestandteile von Herstellern beziehen, die den Kriterien des BVF gerecht werden. Auf diese Weise kann auch im Sanierungsfall ohne Bedenken auf eines der zahlreichen verfügbaren Flächenheizungssysteme zurückgegriffen werden.

www.bvf-siegel.de

SBZ Tipp

Nutzen Sie unser Online-Archiv

Alle SBZ-Beiträge der vergangenen Jahre finden Sie im PDF-Format online – auch zum Thema Flächenheizung. In der Rubrik „Wissen“ können Sie zudem aufgabenorientiert recherchieren.

www.sbz-online.de