Warum bereichert das Geschäftsfeld Lüftungstechnik im SHK-Handwerk nicht die Top-Auftragslage, sondern läuft für viele Betriebe eher nebenher? Diese Frage bestimmte das 8. Forum Wohnungslüftung in Köln. Michael Pohl, Obermeister der Kölner SHK-Innung, stellte in seiner Begrüßungsrede fest, dass nur jeder zweite SHK-Betrieb Lüftung anbietet. Liegt es daran, dass man nicht sehen, allenfalls riechen kann, ob Atemluft qualitativ hochwertig ist oder schlecht? Um eine befriedigende Antwort zu finden, könnte man auf ein anderes vertrautes Gewerk schauen – die Trinkwasserinstallation. Hier spielt die Hygiene inzwischen eine wichtige Rolle, obwohl niemandem die Legionellengefahr „ins Auge springt“. Dabei ist der Kontakt mit vernebeltem Trinkwasser vergleichsweise gering, der Bedarf an guter Atemluft dagegen ständig gegeben.
„Wenn das Lüftungskonzept im Neu- oder Altbau eine Anlage vorsieht, der Betreiber aber keine will, sollte der Fachbetrieb unbedingt Bedenken anmelden“, sagte Ulrich Thomas vom Fachverband SHK Nordrhein-Westfalen auf dem Forum. Er setzte sich in seinem Vortrag mit der allgemeinen Akzeptanz der Wohnungslüftung auseinander. Dabei arbeitete er heraus, dass bei den Entscheidungskriterien pro und contra Wohnungslüftung nicht die Amortisation im Vordergrund stehen dürfe. Vielmehr seien die Beschwerden über Lärm oder Feuchte wichtig. Bezeichnend fand er, dass eine Untersuchung unter Immobilienkäufern bzw. Kaufinteressenten offenbart hatte, dass die Wohnungslüftung unter den zur Verfügung stehenden persönlichen Auswahlkriterien gar nicht auftaucht.
Wenn jeder Atemzug von einer guten Raumluft profitieren sollte, dies jedoch nicht im Bewusstsein des Bewohners und seiner elementaren Bedürfnisse verankert ist, ergebe sich Handlungsbedarf für den Fachhandwerker. Beispielsweise, in dem SHK-Unternehmer nicht nur Lüftungslösungen anbieten, sondern die Notwendigkeit der erforderlichen Raumlufthygiene argumentativ unterstreichen.
Schimmel macht Misserfolg deutlich
Ein wichtiges Argument für die Beratungskompetenz des Handwerksunternehmers nannte Hans-Jürgen Westfeld, als Sachverständiger in puncto Schimmelbildung unermüdlich um Aufklärung vor Gericht und unter Handwerkern, Planern und Betreibern bemüht. Aufgrund seiner zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen konnte er die aktuelle Rechtsprechung deutlich machen. „Der Richter sieht Schimmel als Misserfolg – Normen zählen da nicht“, stellte er in Köln klar. „Die Lüftung hat nutzerunabhängig zu funktionieren. Taucht Schimmel auf, ist der bauseitige Mangel eigentlich bereits offenbar.“
Angesichts einer solchen Einschätzung ist es offenbar müßig, einem Nutzer den Ratschlag zu erteilen, in regelmäßigen zeitlichen Abständen oder grundsätzlich nach dem Duschen oder dem Wäschetrocknen die Wohnung einer Stoßlüftung zu unterziehen. Schimmelt es – aus welchem Grund oder Nutzerverhalten auch immer – ist der Mangel in der nicht ausreichend im Gebäude bereitgestellten Lüftung zu suchen. Westfeld brachte zwei wichtige Punkte an, die er an die Teilnehmer des Forums weitergab:
- Die zugrunde liegende Regelung der Lüftungsanlage muss vom Nutzer unabhängig funktionieren. Dabei werden Präsenz, Feuchte und CO<sub>2</sub>-Gehalt erfasst, um entsprechend reagieren zu können. Darüber hinaus kann der Nutzer in begrenztem Umfang Veränderungen an der Steuerung vornehmen.
- Die meisten Lüftungsanlagen werden nicht richtig eingemessen, sondern arbeiten gemäß ihrer Werkseinstellung oder aufgrund grober Vorgaben.
Inbetriebnahme dauert Stunden
„Eine ordentliche Inbetriebnahme dauert allein im Einfamilienhaus fünf Stunden, kostet beim Werkskundendienst 275 Euro plus 25 Euro für jedes zusätzliche Tellerventil“, beschrieb Steffen Guhlemann die Serviceleistung der Firma Heinemann während des Forums. Die Gründe: Im nötigen Lüftungskonzept werde jedem Raum ein Mindestluftwechsel zugeordnet. Doch erst durch die richtige Inbetriebnahme arbeite eine Anlage erst gebrauchstauglich. Die sei ähnlich wie beim hydraulischen Abgleich eines Heizungssystems. Es dauere deshalb so lange, weil es aller Erfahrung nach zweier hintereinander folgender Messreihen bedarf, bis tatsächlich die richtigen Luftmengen eingestellt seien.
Auch sei ein Flügel-Anemometer kein geeignetes Messinstrument für diesen Job, weil sich zu leicht Fehler ergeben würden. „Ein Differenzdruckmessgerät in Trichter-Bauform, das sich über das Lüfterventil setzen lässt, ist einzig zielführend“, stellte Guhlemann klar.
Schwebeteilchen reizen die Atemwege
„Wenn ich die Lüftung so sorgsam wie ein Auto warten lasse, werde ich mit einer Lüftungsanlage kein Problem bekommen“, prophezeite Niko Henrich von Zimmermann Lüftungs- und Wärmesysteme. Über Ursache und Wirkung gesundheitlicher Beschwerden führte er aus, dass es nicht etwa die Luft sei, durch die es zu Reizungen komme. Vielmehr sei die Ursache im Schwebestaub zu suchen. Dabei spiele es eine große Rolle, wie trocken die Luft ist. Denn je trockener, desto weniger würden sich Partikel absenken und durch die Raumluft wirbeln.
„Ein 0,4-facher Luftwechsel ist optimal für ein Ein- oder Zweifamilienhaus nach Standard KfW EH 40plus“, erklärte dazu Lothar Grimm (Maico). Nach einem üblichen Lüftungskonzept für eine 80 m2 große Wohnung würde bei einem 0,5-fachen Luftwechsel bereits nach zwei Stunden ein kompletter Austausch der Wohnungsluft erreicht. Von einer noch größeren Leistung der Lüftungsanlage riet er bei Standardbedingungen ab. Denn bei einem einfachen Luftwechsel zeige sich erfahrungsgemäß im Winter, dass es aufgrund der trockenen kalten Außenluft im Inneren nur noch zu einer relativen Feuchte von etwa 40 % komme. Dies könne zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen.
Für Betreiber ist Feuchte ein Thema
Das Thema Feuchte sei in der Wohnungswirtschaft für Betreiber ein wichtiges Thema in Bezug auf den Gebäudeschutz. Im Geschosswohnungsbau komme man bei Wohnungen bis zu 80 m2 mit Lüftungssystemen klar, die mit einer reinen Feuchte-Führung betrieben würden und dem Nutzer keine Einflussmöglichkeiten ließen, führte Christian Bolsmann (Pluggit) aus. Auf Betreiberseite wolle man zwar mittlerweile mehr als ein simples Abluftsystem, doch nur zu geringen Mehrkosten. Mehr als 5 Cent pro m2 und Jahr dürften es bei einer 80 m2 großen Wohnung nicht sein, damit Zusatzkosten unter 50 Euro blieben. Und Bolsmann zeigte, dass sich die Lüftungshersteller durch passende Bauformen für das Sanierungsgeschäft darauf eingestellt haben. So könne man beispielsweise das neue Bad anders gestalten: Statt des sonst typischen Wandversprungs von etwa 20 cm oberhalb der Vorwandinstallation, ließe sich dort die Lüftungsanlage platzieren.
Schlussbemerkung
In Sachen Lüftungstechnik bedarf es keiner neuen Erfindungen, um der Technik zum Durchbruch zu verhelfen. Es klemmt an anderer Stelle. Denn Raumlufthygiene wird heute immer noch nicht als eine selbstverständlich zu erbringende Leistung verstanden. Beim Gesetzgeber liegen alle Fakten vor, um tätig werden zu können. Angefangen von gesundheitlichen Erkenntnissen über einen nötigen Mindestluftwechsel bis hin zum zusätzlichen Energieaufwand für Lüftungssysteme im energieneutralen Gebäudebestand 2050. Dennoch bleibt die Schlussfolgerung bzw. die Anweisung aus, dass nur noch Wohnungen in einen modernen Zustand versetzt werden dürfen, wenn auch eine hohe Raumluftqualität nutzerunabhängig sichergestellt ist. Dieser Missstand ist bedauerlich, kann für SHK-Unternehmer allerdings Ansporn sein, sich durch Beratungskompetenz zu profilieren.