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Transporter mit integrierter Doppelkabine: Opel Vivaro

Für sechs Mann plus Siebensachen

Inhalt

Man könnte es abenteuerlich nennen, wie mancher Kombi auf der Baustelle anzutreffen ist – doch das hieße, den meist wilden Mix aus Werkzeug und Material hinter der Sitzbank schön zu reden. Gibt es in einem Kombi nicht einmal eine Trennwand und wird vor der Fahrt keine Ladung verzurrt, würde ein Auffahrunfall eine Lawine auslösen, denen die Insassen nahezu chancenlos ausgesetzt sind. Opel hat daraus Konsequenzen gezogen und bietet den Handwerkern die Option für mehr Sicherheit im kombinierten Transport. Gilt es für Praktiker, nicht nur den Frachtraum auszulasten, sondern gleich auch noch mit etlichen Personen vor Ort zu sein, dann lässt sich beim Vivaro (und übrigens auch beim größeren Bruder Movano) eine Doppelkabine in den Kastenwagen integrieren.

Transporter plus Einbau gilt als Serienfahrzeug

Diese Kombination aus drei Sitzplätzen plus Trennwand kommt vom niederländischen Spezialausbauer Snoeks (http://www.snoeksautomotiv.com) und wird nach der Fahrzeugfertigung auf dem Weg zum Opel-Händler ein­gebaut. Der Kunde erhält ein komplettes Serien­fahrzeug in einheitlichem Sitzdekor mit Dreipunktgurten, Kopfstützen und einer Dachhimmelverkleidung. Der Zugang zur hinteren Sitzbank realisiert die Schiebetür auf der rechten sowie optional auch auf der anderen Seite. Mit Trittstufe und geschützten Kanten wirkt der seitliche Einstieg solide. Die Rasterung der geöffneten Tür ist allerdings bei Gefälle leicht überwindbar, sodass die Schiebetür unbeabsichtigt ins Rollen geraten kann. Zum Test stand ein Vivaro mit langem Radstand zur Verfügung, sodass hinter der Trennwand aus Kunststoff ein Frachtraum von 3,7 m³ genutzt werden konnte (kurzer Radstand: 2,7 m³). Zudem stand die Nutzlast von mindestens 780 kg für den Transport von Mensch und Material zur Verfügung. Die Hecktüren öffnen üb­licherweise im Schwenkbereich von 180 Grad, sind optional aber auch auf 250 Grad erweiterbar. Diesen Komfort weiß man spätestens dann zu schätzen, wenn es gilt, das Fahrzeug neben einem Fahrradweg barrierefrei zu be- und entladen. Die Seitenwände sind zum überwiegenden Teil durch Kunststoffverkleidungen geschützt, nicht aber die Radhäuser mit einer Durchschiebbreite von 125 cm.

Langgut passt bis unter die Rückbank

Weil die Trennwand leicht geneigt und die Hecktüren 7 cm niedriger bemessen sind als der 137 cm hohe Frachtraum, ließe sich ein Quader mit 165 cm Länge einschieben. Dagegen kann man Langgut (z.B. Leiter) bis zu einer Länge von 229 cm auf der Bodenplatte deponieren, weil auch der Stauraum unter der Rückbank einbezogen werden kann. Übrigens: Von der Kabine aus lässt sich das Sitzpolster nicht anheben, um den Stauraum erreichen zu können. Auch eine Durchlademöglichkeit bis zum Armaturenbrett gibt es nicht, denn solche Lösungen wären nicht konform mit dem Ladungssicherungsgesetz der Berufsgenossenschaften. Dass die Kunststoff-Oberflächen im Frachtraum recht kratzempfindlich sind, mag man in einem Handwer­kerauto noch verschmerzen, doch die bei diesem Ausbau fehlenden definierten Verzurrpunkte oder -leisten im mittleren und oberen Frachtraumbereich wird man ver­missen. Schade, dass man das Ausbau-Paket in dieser Disziplin – durch Eigeninitiative – verbessern muss, um Ladung jeglicher Bauform sicher verzurren zu können. Von den drei möglichen Aggregaten (66 kW/90 PS, 84 kW/115 PS sowie 107 kW/145 PS) arbeitete der mittelstarke Diesel im Testwagen. Mit seinem 6-Gang-Getriebe galt es häufig zu schalten, um ihn bei Laune zu halten, denn in mittleren Drehzahlen fühlte sich der agile Vivaro am wohlsten. Von der als ausreichend empfundenen Leistung her lässt sich diese Kombination für den Job in Stadt und Umkreis empfehlen. Die Einrichtung des Cockpits ist auf Pkw-Niveau und gefällig nicht aber, dass sich wegen der Joystick-Schaltung auf dem mittleren Sitz (bei einer Bank) nur ­eine „halbe Portion“ befördern lässt. Dass die Cockpitbeleuchtung blendet, kann man verschmerzen. Ärgerlich ist dagegen, dass die Weitwinkelsegmente in den Außenspiegeln nicht verstellbar sind und einem großen Fahrer kaum verwertbare Informationen liefern, weil sie Straßenbereiche zu niedrig erfassen. Als Einstiegspreis für diesen getesteten Vivaro L2H1 (2,9-Tonner) weist die Opel-Liste knapp 25000 Euro aus. Gegenüber der Kasten-Variante bedeutet die integrierte Doppelkabine einen Aufpreis von etwa 2600 Euro (Preise zzgl. MwSt.).

Opel Vivaro: Stärken + Schwächen

+ Transporter bietet neuzeitliches Nutzfahrzeugkonzept

+ Pkw-Niveau in der Cockpit-Ausstattung

+ Fahrverhalten des Transporters unkompliziert

+ Drehfreudige Diesel-Motoren sind je nach Stärke für Stadt/Land bzw. Autobahn gerüstet

+ Geräuschentwicklung von Dieselmotoren und Fahrwerk akzeptabel

+ Kopf- und Beinfreiheit sind ausreichend gegeben

+ integrierte Doppelkabine lässt sichere Transport-Kombination von Mensch und Material zu

+/– Mittlerer Beifahrersitz vorne bietet nur beengte Mitfahrgelegenheit

+/– Keine Verzurrmöglichkeiten im oberen Frachtraumbereich

+/– Cockpit-Beleuchtung nicht blendfrei

+/– Schutzleisten verhindern nicht, dass Türkanten beim Öffnen anstoßen können

– Außenspiegel mit nicht verstellbaren Weitwinkelsegmenten

– Raste der geöffneten Schiebetür kann bei Gefälle versagen

Eine Trennwand sichert noch keine Ladung

Ein Handwerksbetrieb hat oftmals einen erstaunlichen Mix an Werkzeugen, Hilfsmitteln und Material zu transportieren. Die Entscheidung für eine Trennwand ist daher bereits ein wichtiger Schritt in der Maßnahmenkette für die passive Sicherheit im Fahrzeug. Doch sie verführt andererseits viele Fahrzeuglenker dazu, dem dünnen Blech oder Kunststoff im Crash-Fall wahre Wunder abzuverlangen. Oft wird der Frachtraum dann nämlich ohne nennenswerte Sicherungsmaßnahmen einfach vollgepackt. Auch sind nicht selten in Handwerker-Fahrzeugen selbstgezimmerte Holzregale zu sehen. Wie tückisch diese Einrichtungen sind, wollte Einrichter Sortimo nicht länger der grauen Theorie überlassen, sondern die Probe aufs Exempel machen. Eine typische Einrichtung Marke Eigenbau wurde entsprechend mit Utensilien bestückt (Gesamtgewicht ca. 120 kg) und einem 50 km/h-Crashtest ausgesetzt – mit erschreckendem Resultat. Die nebenstehende Aufnahme verdeutlicht, dass durch die 22-fache Belastung aus Eigengewicht und Beladung (entspricht ca. 11,5 t) nur noch Trümmer übrig blieben. Doch nicht nur das. Durch die abrupte Verzögerung in nicht einmal 100 Millisekunden schossen die Regale samt Beladung nahezu ungebremst in Richtung Fahrerkabine. Die Insassen hätten in diesem Fall mit schweren Verletzungen rechnen müssen.