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Habecks Gas-Sparpflichten sind nicht durchdacht!

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Vor der politischen Sommerpause ging es Schlag auf Schlag: Das Bundeswirtschaftsministerium hat immer neue Ideen und Papiere veröffentlicht, um die „grünen Weichen“ im Heizungsmarkt der Zukunft zu stellen. Am 20. Juli 2022 hat Robert Habeck den dritten Fortschrittsbericht Energiesicherheit vorgelegt. Dieser enthält im Kern drei Elemente:

  • Die Befüllung der Gasspeicher wird noch einmal gestärkt,
  • der Erdgasverbrauch in der Stromerzeugung weiter gesenkt,
  • Effizienz- und Einsparmaßnahmen werden ­erweitert.
  • Diese weiteren Maßnahmen sollen in den kommenden Wochen und nach der Sommerpause Schritt für Schritt in enger Abstimmung innerhalb der Bundesregierung umgesetzt werden.

    Diese Gas-Sparpflichten sind geplant

    Zu den einzelnen Punkten hat Habeck am 21. Juli 2022 im Rahmen des sogenannten Energiesicherungspakets konkretere Maßnahmen vorgestellt. Dazu gehören auch Maßnahmen zur Heizungsoptimierung. Unter der Zwischenüberschrift „Energieeffizienzmaßnahmen im Wohngebäudebereich“ werden dazu genannt:

    Heizungscheck

  • Wer seine Heizungen einem Check unterzieht und sie optimiert, kann damit Energie und Geld sparen, indem zum Beispiel die Vorlauftemperaturen gesenkt werden oder die Nachtabsenkung stärker wird.
  • Diesen Heizungscheck sollten möglichst alle Eigentümer und Eigentümerinnen von Gasheizungen vornehmen. Damit das ­gelingt, wird er künftig vorgegeben – mit ausreichenden Fristen.
  • Über die Umsetzung sind Gespräche mit dem Zentralverband ­Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) angelaufen. In einer gemeinsamen ­Anstrengung der Gebäudeeigentümer, des Handwerks und der Schornsteinfeger sollen bis zum Ablauf der übernächsten Heizperiode (2023/24) alle Erdgasheizungen in Deutschland ­gecheckt werden.
  • Die Regelung wird auf maximal 2 Jahre angelegt sein.
  • Hydraulischer Abgleich

    Weitere Einsparungen sind möglich über einen sogenannten hydraulischen Abgleich. Dadurch wird das Heizwasser optimal verteilt. Ihn sollen künftig alle Eigentümer von Gebäuden mit zentraler Wärmeversorgung – also in der Regel Mehrfamilienhäusern – machen, wenn sie es nicht schon in den letzten Jahren getan haben.

    Da es sich hierbei um eine Instandhaltungsmaßnahme handelt, trägt hierfür der Eigentümer bzw. der Vermieter die Kosten.

    Der Heizungscheck ist prinzipiell ein sinnvolles, effektives und neutrales Beratungsinstrument, das in der Vergangenheit auch schon vom Bund gefördert wurde. Anhand einer vorgegebenen Tabelle werden Sichtbefunde und einige Messungen vor dem Hintergrund einer optimalen ­Anlagenführung bewertet.

    Bild: www.intelligent-heizen.info / VdZ

    Der Heizungscheck ist prinzipiell ein sinnvolles, effektives und neutrales Beratungsinstrument, das in der Vergangenheit auch schon vom Bund gefördert wurde. Anhand einer vorgegebenen Tabelle werden Sichtbefunde und einige Messungen vor dem Hintergrund einer optimalen ­Anlagenführung bewertet.

    Austausch von Heizungs-/Zirkulations­pumpen

    Ebenfalls für Gebäude mit zentraler Wärmeversorgung soll der Austausch ineffizienter, ungesteuerter Heizungspumpen verbindlich werden – auch das eine Investition, die sich rechnet. Denn ungesteuerte Heizungspumpen wie Heizkreispumpen oder Zirkulationspumpen sind große Energiefresser. Der Austausch von Heizungspumpen refinanziert sich innerhalb der Nutzungsdauer, teilweise mehrfach.

    Keine Pool­beheizung mehr

    Künftig soll es untersagt werden, dass Hausbesitzer private Pools mit Gas beheizen. Neben hohem Energiebedarf für die Heizung können durch den Wegfall der Beheizung auch Einsparungen bei der Umwälzung und bei Filteranlagen erreicht werden.

    „Pflicht hin oder her:
    Jedem Fachbetrieb steht es frei, eine Kundenanfrage
    anzunehmen oder ­abzulehnen sowie individuell zu ­kalkulieren.“

    guukaa - stock.adobe.com

    Heizungschecks können ­aufwendig werden

    Der Heizungscheck ist prinzipiell ein sinnvolles, effektives und neutrales Beratungsinstrument, das in der Vergangenheit auch schon vom Bund gefördert wurde. Der ZVSHK definiert das bewährte Beratungstool wie folgt: „Der Heizungs-Check 2.0 ist die ‚standardisierte‘ energetische Bewertung einer Heizungsanlage – vom Thermostatventil bis zum Wärmeerzeuger. Anhand einer vorgegebenen Tabelle werden Sichtbefunde und einige Messungen vor dem Hintergrund einer optimalen Anlagenführung bewertet. Der Kunde erhält eine übersichtliche Auflistung der Schwachstellen seiner Heizung …“

    Hinweis: Basis des Heizungschecks ist die DIN EN 15378. Die Bezeichnung Heizungs-Check 2.0 wurde 2016 eingeführt nachdem die „erste Version“ um die Bewertungen von Warmwasserbereitung und zusätzlicher Wärmeerzeuger, z. B. Wärmepumpen, ergänzt wurde.

    Das vorliegende Verfahren durchleuchtet also die Bereiche Erzeugung, Verteilung und Abgabe von Raumwärme sowie Warmwasserbereitung. Bezogen auf die energetische Bewertung des Heizungssystems ist das ein ganzheitlicher Ansatz. Aufgrund der möglichen Systemkomplexität und wegen des Alters der vorhandenen Heizsysteme kann der Heizungscheck zu einer fachlich anspruchsvollen Tätigkeit werden, sofern er sorgsam umgesetzt wird.

    Ist der Heizungscheck ein ­unkalkulierbarer ­Zeitfresser?

    Ein Fachhandwerker, der eine zu untersuchende Heizanlage das erste Mal sieht, muss sich selbst erst einmal einen Überblick verschaffen. Problematisch kann sein, dass es keine Unterlagen zur Anlage, zur Bedienung der Regelung etc. gibt und der Eigentümer die Historie der Anlage nicht kennt, weil er das Haus z. B. mit der Heizung gekauft hat.

    Unter solch erschwerten Umständen dürfte die Arbeitszeit von etwa einer Stunde für den „reinen Check“, die der ZVSHK ansetzt, nicht ausreichen. Hinzu kommt anschließend noch das Beratungsgespräch mit dem Kunden. Spätestens dann wird es mit der Zeitkalkulation extrem schwierig: Angesichts der aktuellen Situation dürften auf den Heizungsfachmann viele Fragen niederprasseln. Und die werden sich nicht nur mit den Optimierungsmaßnahmen, sondern auch mit der Heizungsmodernisierung befassen, z. B. der Umrüstung auf eine Wärmepumpe.

    „Eine Beratung von Besitzern älterer Heizungen (z. B. ab 20 Jahren) wäre effektiver und ­effizienter, als alle dazu zu verpflichten.“

    Heizungscheck für alle 14 Millionen Gaskessel?

    Die Heizperiode 2023/24 läuft bis ca. April 2024. Würde die Pflicht vom BMWK im Oktober 2022 in Kraft treten, hätten die Eigentümer und die SHK-Branche 18 Monate Zeit zur Umsetzung. Bei etwa 14 Millionen installierten Gaskesseln in Deutschland wären bei etwa 360 Arbeitstagen (240 pro Jahr) und bei vier Checks pro Tag (ca. 1,5 Stunden + An-/Abfahrt + Dokumentation) durchgängig rund 10 000 SHK-Fachhandwerker beschäftigt.

    Und nach erfolgtem Check sind keinerlei Optimierungsmaßnahmen umgesetzt: Weder sind die Heizkurve noch die Nachtabsenkung eingestellt noch der Pumpentausch und der hydraulische Abgleich durchgeführt. Das müsste separat beauftragt werden. Allenfalls sind die Kunden sensibilisiert und ändern ihr Verhalten. Dies lässt sich allerdings mit anderen Instrumenten wesentlich effektiver erreichen, z. B. mit allgemein verständlichen YouTube-Tutorials oder schriftlichen und bebilderten Leitfäden von Fachleuten/Experten für Hausbesitzer. Davon würden dann alle Anlagenbesitzer profitieren – egal, welchen Energieträger sie zum Heizen einsetzen.

    Betriebe entscheiden selbst über ihren Zeiteinsatz

    Pflicht hin oder her: Jedem Fachbetrieb steht es frei, eine Kundenanfrage anzunehmen oder abzulehnen sowie individuell zu kalkulieren. Die meisten Heizungsfachbetriebe sind (sehr gut) ausgelastet. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es lukrativer, eine Heizungsmodernisierung durchzuführen, als die ohnehin knappe Zeit für Optimierungen mit geringem Materialeinsatz einzusetzen. Zur Überbrückung von Lieferengpässen, insbesondere bei Wärmepumpen, sowie zur Kundenakquise wäre vor allem der Heizungscheck interessant.

    Denkbar ist natürlich, dass die Betriebe den Heizungscheck, Pumpentausch und hydraulischen Abgleich „zu auskömmlich kalkulierten Preisen“ anbieten. Ob dies der Markt dann auch akzeptiert, bleibt abzuwarten. Oder müssten Gasheizungsbesitzer die eventuell hohen Preise akzeptieren, um die Pflichten des BMWK umzusetzen und um nicht bestraft zu werden?

    (Denk-)Fehler im Text vom BMWK?

    Kopfschütteln verursachte bei mir folgender Satz zum hydraulischen Abgleich: „Ihn sollen künftig alle Eigentümer von Gebäuden mit zentraler Wärmeversorgung – also in der Regel Mehrfamilienhäusern – machen.“ Weiß man im BMWK nicht, dass die zentrale Wärmeversorgung vor allem in den Ein-/Zweifamilienhäusern am weitesten verbreitet ist? Zudem sind im älteren Mehrfamilienhaus-Bestand häufig noch Gas-Etagenheizungen anzutreffen. Und weshalb sollte diese Art von „dezentralen“ Heizanlagen keinen Abgleich benötigen?

    Und noch ein Problem könnte sich stellen: Derzeit ist es möglich, den Heizungscheck, den hydraulischen Abgleich und den Heizungspumpentausch im Rahmen der „BEG – Einzelmaßnahme“ vom Bafa mit 15 % bezuschussen zu lassen – vorausgesetzt wird ein Mindestbetrag von 300 Euro. Doch was gilt, falls die Maßnahmen zur Pflicht werden? Entfällt dann die Fördermöglichkeit?

    Fazit: Anregungen zur ­Optimierung

    Die vom BMWK vorgeschlagenen Optimierungsmaßnahmen für Gasheizungen sind zwar generell sinnvoll, aber nicht als kurzfristig umzusetzende Pflichten. Das BMWK sollte jetzt nicht in (blinden) Aktionismus verfallen und die knappen, wertvollen SHK-Fachkräfte- und Energieberatungs-Ressourcen verschwenden.

    Die Bundesregierung muss die Zukunftsziele im Auge behalten: die Wärmewende hin zu einer energieeffizienten, erneuerbaren und nachhaltigen Wärmeversorgung in Gebäuden (Stichwort: „65 % EE-Anteil“) mit einem hohen energetischen Effizienzstandard.

    Die geplanten Optimierungspflichten könnte die Gasheizungsbesitzer aufgrund hoher Marktpreise teuer zu stehen kommen. Oder sie finden keinen Fachbetrieb, der dafür Zeit hat. Und: Nicht immer ist es effektiv und finanziell sinnvoll, zeitnah einen hydraulischen Abgleich oder einen Pumpentausch vorzunehmen: z. B. falls in absehbarer Zeit ein neuer Wärmeerzeuger eingebaut wird.

    Mit Blick auf die knappen Fachkräfte-Ressourcen und die möglichen Gas-/CO2-Einsparungen wäre vor allem eine Beratung von Besitzern älterer Heizungen (z. B. ab 20 Jahren) effektiver und effizienter, als alle dazu zu verpflichten. Alte Wärmeerzeuger müssten sich eigentlich anhand des Effizienzlabels/Energielabels, das die Schornsteinfeger seit 2019 verteilen, identifizieren lassen.

    Zielführend wäre es außerdem, bei Bedarf den Heizungscheck mit einem Beratungsgespräch zur (erneuerbaren) Heizungsmodernisierung und/oder mit einer Energieberatung für Wohngebäude zu verzahnen, um das Gebäude z. B. „Wärmepumpe-ready“ zu machen.

    Autor
    Dipl.-Ing. (FH)
    Jürgen Wendnagel ist SHK/TGA-­Fachjournalist in ­Esslingen.
    jwendnagel@aol.com

    SBZ / Gentner