Die Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebereich ist ein wichtiger Faktor für das Erreichen der klima- und umweltpolitischen Ziele der Bundesregierung. Eine große Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Wärmeenergieverbrauch in Mehrfamilienhäusern. Was dabei oftmals übersehen wird: Bereits durch die Optimierung des Nutzerverhaltens lässt sich der Energieverbrauch innerhalb des Gebäudes deutlich senken – ergänzend zu baulichen und anlagentechnischen Lösungen.
Wie das Modellvorhaben „Bewusst heizen, Kosten sparen“ der Deutschen Energie-Agentur (DENA) zeigt, müssen die Haushalte dafür allerdings regelmäßige Informationen über ihren Energieverbrauch erhalten. Die aktuellen Zwischenergebnisse belegen die nachhaltige Wirksamkeit einer monatlichen, transparenten Verbrauchsinformation sowie deren Wirtschaftlichkeit. Hiervon kann das Fachhandwerk profitieren, denn bei der Umsetzung kommt moderne Funktechnologie zur Verbrauchserfassung zum Einsatz.
Mithilfe der monatlichen Verbrauchsinformation konnten die insgesamt rund 200 Teilnehmer und Wirkungstester (Beschreibung siehe Kasten) des Projekts ihren Verbrauch im Vergleich zur Heizperiode 2012/13 (im weiteren Text als HP 0 bezeichnet) durchschnittlich um etwa 16 % reduzieren. Dabei hielt die Gruppe der Teilnehmer, die bereits seit zwei Heizperioden über ihren Verbrauch informiert wird, das im Vorjahr erreichte niedrige Verbrauchsniveau (Bild 1). Die Wirkungstester verzeichneten mit etwa 18 % den stärksten Verbrauchsrückgang.
Auch die nicht am Projekt teilnehmenden Bewohner – die sogenannten indirekt Beeinflussten – benötigten durchschnittlich 11 % weniger Energie. Dies hängt vermutlich mit der erhöhten Sensibilisierung der Bewohner in den Liegenschaften und mit dem Austausch innerhalb der Nachbarschaft zusammen. Auf diese Weise sank der Wärmeverbrauch in den teilnehmenden Liegenschaften um durchschnittlich etwa 12 %. Der Heizenergieverbrauch in der Kontrollgruppe stieg dagegen im Verlauf der Heizperioden leicht an (Bild 2).
In den Modellregionen sind die Energieeinsparungen zum Teil sogar deutlich größer. So reduzierten etwa die Teilnehmer aus München ihren Wärmeverbrauch mit – 26 % im Vergleich zur HP 0 am stärksten. In Berlin sank der Verbrauch um 19 %. Die einzige Ausnahme ist Essen. Hier war bei den Projektteilnehmern eine geringe durchschnittliche Verbrauchsreduktion von 2 % zu beobachten. Dabei waren die Einsparungen in zwei der drei teilnehmenden Mehrfamilienhäuser durchaus mit den positiven Ergebnissen in Berlin und München vergleichbar. In einer Essener Liegenschaft stieg der Verbrauch jedoch sowohl bei den Teilnehmern als auch bei den indirekt beeinflussten Nachbarn an. Dieses stark gegen den Trend laufende Ergebnis soll im weiteren Verlauf des Projekts genauer analysiert werden. Insgesamt erzielte die überwiegende Mehrheit der Mieter deutliche Einsparerfolge – insbesondere in Berlin und München.
Was dabei für Fachhandwerker besonders interessant ist: Die Energieeinsparungen waren weitgehend unabhängig vom energetischen Standard der Liegenschaften. Damit kann die Verbrauchsinformation problemlos ergänzend zur Erneuerung der Anlagentechnik umgesetzt werden. Die naheliegende Vermutung, dass in Wohnhäusern mit höheren Energieeffizienzklassen geringere Einsparpotenziale vorhanden sind, bestätigte sich nicht. So konnten die Bewohner der Liegenschaften mit guten und durchschnittlichen Energieeffizienzklassen (B bis E nach EnEV 2014) ihren Verbrauch im Vergleich zur HP 0 deutlich reduzieren.
Welche Rolle spielt der energetische Gebäudestandard?
Die Bandbreite reicht hier von 9 bis 20 %. In den energetisch schlechteren Liegenschaften mit den Effizienzklassen F und G wurde ein Verbrauchsanstieg beobachtet, der allerdings allein auf den beschriebenen Sonderfall in Essen zurückzuführen ist. Selbst in energetisch sanierten Häusern lässt sich durch die monatliche Verbrauchsinformation also noch zusätzlich Energie einsparen.
Die Teilnehmer und Wirkungstester des Modellvorhabens sparten durchschnittlich 102 Euro an Heizkosten pro Jahr ein. Für die beiden Gruppen handelte es sich hierbei um Netto-Einsparungen, weil sie die monatliche Verbrauchsinformation kostenlos nutzen dürfen. In einem typischen deutschen Mieterhaushalt müssen zudem die anfallenden Kosten für die etwaige Umstellung der Messtechnik sowie die Einrichtung und Verwendung des Energiedatenmanagements berücksichtigt werden.
Für die Mieter rechnet der Energiedienstleister ista als Projektbeteiligter bei der monatlichen Verbrauchsinformation mit Kosten von lediglich 21 Euro pro Wohnung und Jahr, sofern in dem jeweiligen Gebäude bereits Funktechnologie zur Verbrauchsablesung verwendet wird. Diese Technologie, mit der bereits etwa 50 % der Liegenschaften in Deutschland ausgestattet sind, bildet die Basis für das Energiedatenmanagement.
Welche Nettoeinsparungen erzielten die Teilnehmer?
Ist die Aufrüstung elektronischer Zähler oder die Umrüstung klassischer Verdunster auf Funk-Fernauslesung notwendig, steigen die Kosten auf 33 bzw. 41 Euro pro Jahr. Dementsprechend würden die Teilnehmer und Wirkungstester des Modellvorhabens selbst nach Abzug dieser Beträge noch Netto-Einsparungen von 61 bis 81 Euro pro Jahr verzeichnen.Dies bedeutet für Mieterhaushalte zugleich, dass sich die Maßnahme bereits bei einer geringen Reduzierung des Wärmeverbrauchs lohnt. Je nach vorhandener Technik zur Verbrauchserfassung liegt die Rentabilitätsschwelle bei Einsparungen von lediglich 3,3 bis 6,5 %. Ausgehend von den durchschnittlichen Energieeinsparungen in Höhe von 16 % wäre die monatliche Verbrauchsinformation damit für fast alle Projektteilnehmer wirtschaftlich.
Wie wurden die Verbrauchswerte regelmäßig erfasst?
Zur Umsetzung der Maßnahme nutzen die Projektverantwortlichen das von ista entwickelte Energiedatenmanagement. Funkfähige Energiezähler und Heizkostenverteiler ermöglichen die regelmäßige, komfortable Fernauslesung des aktuellen Energieverbrauchs. Zu diesem Zweck werden die Mess- und Verteilgeräte in ein Funksystem mit der Bezeichnung symphonic-sensor-net eingebunden. Der bisherige Ablesetermin vor Ort entfällt somit.
Das Funksystem nutzt eine bidirektionale Funktechnologie, bei der jedes Endgerät mit jedem anderen Endgerät kommunizieren kann. Selbst unter schwierigen Bedingungen ermöglicht dies die Ablesung, Programmierung oder Überprüfung der Mess- und Verteilgeräte aus der Ferne, ohne Betreten der Wohnung bzw. der Liegenschaft. Zudem können mithilfe eines Impulsmoduls zusätzlich Strom-, Gas- oder Hauswasserzähler mit entsprechender Schnittstelle integriert werden.
Zentraler Punkt des Funksystems ist dabei die Kommunikationseinheit mit dem Namen memonic-3-radio-net, die als Schnittstelle zwischen der funkenden Messtechnik und dem Mobilfunknetz fungiert. Einmal pro Woche wird ein Funknetzwerk aufgebaut, um die Daten der Endgeräte an die Kommunikationseinheit weiterzuleiten. Diese überträgt die Verbrauchswerte in regelmäßigen Abständen per GPRS an ein Rechenzentrum. Über ein Internetportal, eine Smartphone-App oder per Post erhalten die Mieter dann ihre aktuellen Verbrauchsinformationen (Bild 3) zeitnah.
Wie zufrieden waren die Teilnehmer mit den Ergebnissen?
Angesichts der erreichten Energieeinsparungen gaben fast 80 % der Teilnehmer des Modellvorhabens an, mit dem Projekt zufrieden bis sehr zufrieden zu sein – dies ergaben zwei im März und Mai 2015 durchgeführte Umfragen. Zudem sagten mehr als 70 % der befragten Nutzer, dass sie seit Projektbeginn sparsamer mit Heizenergie umgehen würden (Bild 4). Neun von zehn Projektteilnehmern, deren Umgang mit Heizenergie sich verändert hat, führen dies auf die regelmäßige Information über den Wärmeverbrauch zurück. Dementsprechend würden 86 % der Befragten ihren Freunden oder Arbeitskollegen die Nutzung des Energiedatenmanagements empfehlen (Bild 5). Wichtig ist den Mietern die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme. Laut der Befragungsergebnisse würden fast 90 % der Teilnehmer und Wirkungstester die für die Nutzung eines Energiedatenmanagements anfallenden Kosten übernehmen, sofern die Heizkostenersparnis höher ist.
Über 70 % wären sogar zur Kostenübernahme bereit, wenn die Maßnahme lediglich kostenneutral wäre. Angesichts der im Rahmen des Modellprojekts erzielten Kosteneinsparungen kann man also von einer hohen Akzeptanz für das Energiedatenmanagement ausgehen.
Wie die Zwischenergebnisse des Modellvorhabens „Bewusst heizen, Kosten sparen“ zeigen, ermöglicht die Optimierung des Nutzerverhaltens mithilfe einer monatlichen Verbrauchsinformation deutliche Energieeinsparungen im Gebäudesektor. Ergänzend zu baulichen und anlagentechnischen Lösungen leistet diese Maßnahme damit einen beachtlichen Beitrag zur Energieeffizienz einer Immobilie. Insbesondere bei der Beratung von Kunden aus der Wohnungswirtschaft können Fachhandwerker mit der Verbrauchsinformation eine interessante Perspektive aufzeigen. Schließlich bietet sich hier die Möglichkeit, mit geringen Investitionskosten den Energieverbrauch zu senken – und entsprechende Messtechnik zu installieren. Für den weiteren Verlauf des Modellvorhabens haben bereits 71 zusätzliche Mieter aus Berlin ihre Teilnahme zugesagt, sodass die Gesamtzahl der Nutzer der monatlichen Verbrauchsinformation auf mehr als 250 steigt. Die finalen Ergebnisse sollen im Herbst 2016 vorliegen.
Info
Das Modellvorhaben „Bewusst heizen, Kosten sparen“
Initiatoren
Das von 2013 bis Mitte 2016 laufende Modellvorhaben „Bewusst heizen, Kosten sparen“ wurde von der Deutschen Energie-Agentur (Dena) gemeinsam mit ista Deutschland, dem Deutschen Mieterbund und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit initiiert. Mieter in ausgewählten Liegenschaften erhalten hier monatlich aktualisierte Daten zum eigenen Energieverbrauch. Möglich macht dies die Beteiligung der Allbau AG in Essen, der Münchener GWG-Gruppe sowie des Vaterländischen Bauvereins e.G. in Berlin als weitere Projektpartner. Die Liegenschaften der drei Wohnungsbaugesellschaften besitzen zwischen 12 und 278 Wohneinheiten und wurden zwischen 1905 und 2009 erbaut. Bis zum Herbst 2014 wurde die Teilnahme am Modellvorhaben etwa 700 Haushalten mit einer Gesamtwohnfläche von nahezu 40 000 m² angeboten.
Teilnehmerstruktur
139 Mieter entschlossen sich in der Heizperiode 2013/14 (HP 1) zur Teilnahme am Projekt. Sie erhalten die monatliche Verbrauchsinformation bereits seit zwei Heizperioden, sodass sich anhand ihrer Ergebnisse Rückschlüsse auf die Nachhaltigkeit der Maßnahme ziehen lassen.
Wirkungstester: Zu Beginn der Heizperiode 2014/15 (HP 2) kamen 51 nachträglich gewonnene Projektteilnehmer aus München und Berlin hinzu. Hier zeigt sich die Wirkung der Maßnahme auf Mieter, die 2013/14 nicht teilgenommen hatten. Die Mitglieder dieser Gruppe heißen daher Wirkungstester.
Indirekt Beeinflusste: Hierbei handelt es sich um die nicht am Modellvorhaben teilnehmenden Mieter in den Liegenschaften. Obwohl diese nach wie vor lediglich ihre jährliche Heizkostenabrechnung erhalten, könnten sie als Nachbarn der Projektteilnehmer sensibilisiert worden sein und sind daher als Kontrollgruppe ungeeignet.
Kontrollgruppe: Diese wurde aus mehreren Tausend Liegenschaften mit insgesamt 7955 Wohneinheiten in ganz Deutschland gebildet. Dabei befinden sich die Gebäude in einem energetisch vergleichbaren Zustand wie diejenigen des Modellvorhabens. Die Bewohner wurden nicht angesprochen und erhalten keine unterjährigen Informationen zu ihrem Heizenergieverbrauch.
Autor
Antonio Fischetti ist Bereichsleiter Marketing & Business Development, ista Deutschland GmbH, 45131 Essen, info@ista.de