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Der Gegensatz

FR: Bei Reuter.de können Kunden Badewannen und Waschbecken online kaufen. Braucht man Sie und Ihre Beratung nicht mehr, Herr Steup?

Steup: Das Angebot ist nicht für jeden Kunden geeignet. Es gibt Leute, die sind handwerklich geschickt und können Badewannen einbauen. Die können dort ihr Glück finden. Die größere Gruppe benötigt neben der Badewanne aber auch die Dienstleistung drumherum und den fachgerechten Einbau. Allerdings wird Ihre Internetseite von einigen Kollegen als eine Art Wikipedia verwendet, wenn sie die passenden Maßblätter gerade mal nicht zur Hand haben.

FR: Sind Reuter-Kunden nur die Bastler?

Reuter: Do-it-yourself ist der geringste Teil unseres Geschäfts. Die Selbstbastler holen sich ihre Waren doch überwiegend im Baumarkt. Wir verkaufen komplette Bäder – und das sehr erfolgreich.

Steup: Sie verkaufen die Einrichtung. Da fehlen aber sämtliche Materialien in der Wand. Außerdem Fliesen, Elektrik, Trockenbau – darum muss sich der Kunde selbst kümmern. Sowas plant das Handwerk mit.

Reuter: Ein Großteil unserer Kunden sind doch Profi-Handwerker, weil wir mehr Teile als der Großhandel verfügbar haben und günstiger sind. Zu uns kommen die Installateure sogar aus dem Ruhrgebiet.

FR: Leute wie Sie, Herr Steup?

Steup: Ich bestreite nicht, dass es diese Kollegen gibt. Man sollte aber das große Ganze sehen: Für den einzelnen Handwerker mag es sinnvoll sein. Die Branche braucht allerdings den Großhandel, weil der über die gesamte Produktpalette verfügt, und nicht wie Sie nur über Möbel, Porzellan und Armaturen. Bei Ihnen findet man nicht den notwendigen Kleinkram wie Ventile, Rohre, Fittings oder Befestigungen.

Reuter: Es spricht ja nichts dagegen, den im Großhandel zu kaufen.

Steup: Das ist doch unfair. Man kann nicht nur die Produkte verkaufen, die viel Geld bringen wie die Badewanne und den Rest dem Großhandel überlassen. Das zerstört das System. Am Ende haben wir eine Situation wie in England, wo Privatleute ihre Ware irgendwo kaufen und Handwerker sie nur noch einbauen.

Reuter: Der Hersteller liefert dort an große Installateure und die kleinen kaufen es da – das ist für den Handwerker doch total gut. Da hält kein Großhandel die Hand auf. Das System ist von gestern. Manche Handwerker können heute theoretisch zwölfmal am Tag von Großhändlern versorgt werden – das schafft bei uns im Ort nicht mal die Apotheke. Da werden Kostenapparate aufgebaut, die kein Mensch braucht.

Steup: Wir haben mit dem englischen System ganz schlechte Erfahrungen gemacht – vieles war so schwer zu bekommen, dass wir am Ende alle Teile aus Deutschland importiert haben. Als Handwerker brauche ich verlässliche Partner.

Reuter: Oft muss der Großhandel die Sachen doch selbst bestellen. Wozu brauchen wir Bestellungs-Besteller? Dann sollten die Hersteller die Handwerker besser direkt beliefern. Der Großhandel ist für alles gut, was er vorhalten kann, etwa für Notfälle. Er muss dann einfach die Preise anpassen. Dann kostet das Teil tagsüber beispielsweise 100 Euro und nachts das Doppelte.

Steup: Das würde bedeuten, dass Menschen in einer Notlage unglaublich blechen dürfen, während diejenigen, die beispielsweise in Ruhe ein Badezimmer planen, günstiger wegkommen. Wir müssen uns fragen, ob wir das wollen. Momentan werden solche Kosten solidarisch über alle verteilt. Der dreistufige Vertriebsweg ist im deutschen Mittelstand branchenübergreifend selbstverständlich und nicht wegzudenken.

Reuter: Wir betreiben unser Geschäft nicht, um irgendeinen Großhandel zu schützen, der sich hinter Traditionen verbarrikadiert und für einen Artikel unzählige verschiedene Artikelnummern erfindet, um alles intransparent zu machen. Uns geht es um das Beste für den Kunden, egal ob Privatmann oder Handwerker.

Steup: Dann haben wir ja schon mal eine Gemeinsamkeit – uns ist der Kunde nämlich auch wichtig.

Reuter: Dann verstehe ich nicht, warum das Handwerk alles so kompliziert macht. Einen Spiegelschrank bekommt man als Endkunde in den Bad-Ausstellungen des Großhandels zum Beispiel nur, wenn man einen Installateur an der Hand hat. Das ist doch absurd.

Steup: Der einzelne Spiegelschrank ist in unserem Alltag auch eher die Ausnahme. In der Regel beraten wir persönlich vor Ort, messen korrekt auf, bestellen für den Kunden und bauen ein. Sowas gibt es im Internet nicht.

Reuter: Das ist doch total altbacken. Das möchte kein Mensch mehr. Meine Töchter kaufen so nicht ein. Außerdem gibt es auch im Internet Beratung: Wir bieten eine Hotline mit Fachberatung sieben Tage die Woche bis 22 Uhr an.

Steup: Das ist nicht altbacken. Und teurer auch nicht. Wenn man nur die Materialkosten vergleicht, sind Sie klar günstiger. Wenn man aber das ganze Paket berücksichtigt – also auch Montage, Planung und Bauleitung – sind die Preise nahezu gleich. Wer bei Ihnen Badewannen und andere Dinge bestellt, weiß bis zum Schluss nicht, welche Gesamtkosten auf ihn zukommen. Das Handwerk nennt solche Kosten und ist Ansprechpartner für die Gewährleistung.

Reuter: Der Kunde möchte einfach nur die Produkte günstig kaufen und dann die Dienstleistung. Wo ist das Problem, sich den Warenkorb auszudrucken und damit zum Installateur oder zum Fliesenleger zu gehen und sich ein Angebot einzuholen?

Steup: Das Problem ist, dass der Kunde alles selber machen muss. Sogar die Lieferung erfolgt ja nur frei Bordsteinkante. Das heißt, die Badewanne steht erstmal auf der Straße. Der Großhändler liefert die Ware in die Wohnung, wo sie der Installateur weiterverarbeitet.

Reuter: Es gibt Kunden, die weiter den Rundum-Service wollen, aber es gibt auch viele Kunden, die ihr Bad auf der Couch zusammenstellen können. Die wollen die Produkte nicht über den Handwerker kaufen – ich kaufe ja auch nicht über meine Autowerkstatt mein Auto. In den bisherigen Strukturen war das aber gar nicht möglich. Oder erstellen Sie Kunden Angebote, auf denen sie genau den Materialwert und die Lohnkosten erkennen können?

Steup: Im Handwerk ist es Tradition, dass die Stundenlöhne niedrig gehalten werden, damit auch Leute mit weniger Geld Reparaturen finanzieren können. Dafür verdienen wir über das Material mit. Wenn wir nur noch die Arbeitsleistung abrechnen können, bedroht das in manchen Fällen die betriebliche Existenz.

Reuter: Dann muss sich die Branche eben ändern und die Stundenlöhne anpassen. Wir haben mal errechnet, dass ein Betrieb im Schnitt 67 Euro pro Stunde nehmen müsste – plus Mehrwertsteuer. Dafür muss man natürlich strukturiert arbeiten.

Steup: Sie tun so, als wären Handwerker alle Trottel.

Reuter: Nein, ganz und gar nicht. Vieles ist einfach noch altmodisch.

FR: Wie wird bei Ihnen gearbeitet, Herr Steup?

Steup: Wir sind ein moderner Handwerksbetrieb. Wir verplempern nicht unsere Zeit, wenn Sie das meinen. Unsere Branche ist getrieben von immer neuen Technologien und Produktinnovationen, da müssen wir Schritt halten. Natürlich arbeiten wir handwerklich und zum Teil auch noch traditionell, aber wenn wir uns nicht verändert hätten, würden wir heute noch Bleirohre löten.

FR: Welchen Einfluss hat denn die Digitalisierung?

Steup: Eine eigene Internetseite sollte heute selbstverständlich sein. Und Bäder planen wir als digitales 3D-Modell. Die virtuelle Realität bietet uns in Zukunft tolle Möglichkeiten in Bezug auf die Kundenberatung.

Reuter: Wissen Sie auch in Echtzeit, wo sich Ihre Monteure bewegen und wie Ihr Lagerbestand aktuell ist? Das könnte ich Ihnen alles sagen.

Steup: Das glaube ich, Sie sind aber auch kein Handwerksbetrieb, sondern Großhandel. Ich glaube, dass die Branche durchaus dabei ist, neues Feuer zu entfachen: Schon jetzt werden Heizungen per App gesteuert und per Laptop gewartet.

Reuter: Trotzdem weiß ich immer noch nicht, wann der Handwerker kommt. Wenn ich ihn um neun Uhr erwarte, kommt er um 13 Uhr. Sowas ließe sich doch auch mit Technik überwachen.

Steup: Wir halten Termine ein, wie jeder andere auch. Bei manchen gibt es Probleme, die vorher nicht absehbar waren. Und dann ist doch klar, dass der Handwerker sie löst. Das kann der Internet-Händler nicht. Letztlich entsteht so ja auch ein Vertrauensverhältnis zwischen Handwerk und Kunde.

FR: Kennen Ihre Kunden den Handwerker, der alles einbaut, Herr Reuter?

Reuter: Das kommt darauf an, ob sie ihn sich selber suchen. Über unseren Online-Shop empfehlen wir Montagepartner. Bei uns gibt es allerdings keine Liste mit Namen. Die hatten wir mal, aber einige Handwerker bekamen keine Ware mehr vom Großhandel, als bekannt wurde, dass sie unsere Produkte einbauen. Das hat nichts mit Wettbewerb zu tun, das ist wegmobben.

FR: Wo liegen denn die Grenzen des Online-Handels?

Steup: Ich glaube, dass es weiterhin Orte geben muss, an denen man die Sachen anfassen und ausprobieren kann. Badezimmer werden weiterhin persönlich mit dem Fachbetrieb geplant – das macht Kunden ja auch Spaß. Wer sie dabei ganzheitlich berät, wird überleben. Wer nur 08/15 macht, wird es schwer haben.

Reuter: Händler wie Amazon werden zukünftig sehr viele Produkte verkaufen. Und es wird Spezialisten geben, die einen Service leisten, den die großen Spieler nicht leisten können und wollen. Für den traditionellen Großhandel wird es eng.

Das Interview ist zuerst erschienen in der Rheinischen Post. Das Gespräch führte Florian Rinke, Wirtschaftsredakteur der Zeitung mit Sitz in Düsseldorf. www.rp-online.de.

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Was sagen Sie? Liegt Bernd Reuter mit seiner Kritik an den Vertriebsstrukturen der SHK-Branche richtig? Hat Holger Steup Recht, wenn er auf die Gewährleistung durch das Handwerk pocht? Wie sehen Sie die Zukunft des dreistufigen Vertriebs? Schreiben Sie uns, wir sind auf Ihre Reaktionen gespannt.

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