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Führungswechsel: Wohin steuert der ZVSHK?

“Zehn Jahre voraus denken“

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Wie geht es beim ZVSHK nach dem Wechsel in der Hauptgeschäftsführung jetzt weiter? Michael von Bock und Polach ging Ende Juli in den Ruhestand. 33 Jahre stand er an der Spitze der Berufsorganisation und hat der Branche wie kein anderer den Stempel aufgedrückt. Innerhalb nur weniger Jahre wurde der charismatische Rechtsanwalt zur Drehscheibe der SHK-Branche. Dr. Martin Viessmann bezeichnete ihn einmal als „beinharten Kämpfer für das SHK-Handwerk“. Unter seiner Ägide wurde der Zentralverband zu einer schlagkräftigen, finanziell gesunden Berufsorganisation, die ihresgleichen sucht. Sein Nachfolger, der Jurist Elmar Esser, zuvor Hauptgeschäftsführer bei den Dachdeckern, hat das Amt übernommen und steht vor keiner leichten Aufgabe. Wohin wird der neue Kapitän das Verbandsschiff steuern? Wird es gravierende Änderungen geben? SBZ-Chefredakteur Dirk Schlattmann und Kollege Markus Sironi (IKZ) unterhielten sich unmittelbar vor der Wachablösung mit den beiden Hauptgeschäftsführern.

SBZ: Herr von Bock und Polach, als eine der charismatischen Persönlichkeiten der Branche hat niemand wie Sie die SHK-Branche über drei Jahrzehnte hinweg geprägt. Was waren in diesen 33 Jahren die wesentlichen Meilensteine Ihrer Tätigkeit?

Von Bock und Polach: Da gilt es zu differenzieren. Was die Organisationsentwicklung angeht, ist es gelungen, den Zentralverband zu einem anerkannten, kompetenten Gesprächspartner in unserem Wirtschaftskreis zu machen. Das war und ist sehr wichtig, um auf gleicher Augenhöhe mit der Industrie, dem Handel, aber auch mit den Vertretern der Politik und der Verwaltung zu sprechen.

Der zweite Punkt war die Ausrichtung der Verbandsarbeit. Anfangs war es so, dass der Verband auch den letzten schwachen Betrieb mitziehen wollte. Das haben wir schrittweise geändert, denn auch die Berufsorganisation steht im Wettbewerb zu anderen Einrichtungen und muss sich leistungsorientiert ausrichten. Da ist es notwendig, ein Leitbild für leistungsstarke und leistungsbereite Handwerksunternehmen zu entwickeln. Und es bedarf einer starken Zukunftsorientierung. Mir war es wichtig, der aktuellen Entwicklung gedanklich stets um zehn Jahre voraus zu sein...

SBZ: ...was Sie auch schon in die Situation gebracht hat, dass Ihre Anliegen von einigen Landesverbänden und Innungen nicht verstanden, bzw. dass Ihnen nicht gefolgt wurde.

Von Bock und Polach: Das stimmt und wird auch in Zukunft nicht einfacher. Es ergibt sich oft ein Spagat zwischen Denkfabrik und Zukunftsorientierung auf der einen Seite und andererseits einer Dienstleistungszentrale, von der ebenso vieles erwartet wird.

SBZ: Herr Esser, finden Sie die SHK-Handwerksorganisation zeitgemäß oder haben Sie sich bereits Gedanken gemacht, wo Sie justieren würden?

Esser: Feinjustieren muss man immer. Doch das, was ich in der kurzen Zeit kennengelernt habe, zeigt mir, dass hier eine gute Struktur und Organisation besteht.

SBZ: Neben der Interessenvertretung gegenüber Politik, Industrie und Handel wird eine Aufgabe sein, den Abschmelzprozess beim Organisationsgrad wieder umzudrehen. Wie wollen Sie das realisieren?

Esser: Dieser Abschmelzprozess hat, so glaube ich, die Talsohle erreicht. Ein Zuwachs an Mitgliedsbetrieben wollen wir dadurch erzielen, indem wir exklusive und attraktive Dienstleistungen für Fachbetriebe ent­wickeln. Die Botschaft lautet hier: Wenn Du als Handwerksbetrieb erfolgreich sein willst, dann nur, wenn Du in der Organisation bist! Unter dieser Maxime werden wir die Betriebe an die Organisation heranführen.

SBZ: Es gibt nur wenige junge Ehrenamtsträger in der Organisation. Zu Amt und Würden kommt man oft erst kurz bevor man in Ruhestand geht. Und auch die neuen Betriebe halten die Innung oft für einen Altherrenverein. Ist das nicht ein Problem?

Von Bock und Polach: Um ehrenamtliche Funktionen gut auszufüllen und die Anliegen der Kollegen zu vertreten, bedarf es einer gewissen Erfahrung. Ich sehe da eher ein Prob­lem bei den neu gegründeten Betrieben, die wir oft nicht so erreichen, wie wir das wollen. Früher gehörte es zum guten Ton, dass ein Handwerksmeister Mitglied der Innung ist. Das ist heute nicht mehr automatisch so. Auch bei den Betriebsnachfolgern kann es gegenteilige Effekte geben. Wenn ein Jungunternehmer sieht, wie sich sein Vater in der Innung engagiert hat und was da alles gemacht wurde ist das zeitliche Engagement des Vaters eher abschreckend für ein eigenes Engagement.

SBZ: Wie wollen Sie denn bei der Mitgliederwerbung etwas erreichen?

Von Bock und Polach: Seit geraumer Zeit entwickelt die Verbandsorganisation Produkte, die man eben nicht an jeder Ecke bekommen kann und die dem Unternehmer in den Betriebsabläufen Wettbewerbsvorteile bieten. Dies sieht beispielsweise so aus, dass Datenbanken bestimmte Qualifikationen einzelner Fachbetriebe gespeichert haben. Über den Menupunkt Handwerkersuche findet der Endverbraucher dadurch direkt zum Mitgliedsbetrieb. So treiben wir Bedarfsweckung und Bedarfslenkung exklusiv zu den organisierten Betrieben.

SBZ: Es gibt schon viele Dinge mit Mehrwert, die exklusiv Verbandsmitgliedern vorbehalten sind. Junge Betriebe erreichen Sie aber offensichtlich damit nicht immer?

Von Bock und Polach: Hier gilt es dicke Bretter zu bohren. Wir müssen an diese Leute ran! Wir müssen gemeinsam mit den Landesverbänden und den Innungen auch neue Wege gehen. Ich bin sicher, dass Herr Esser da Akzente setzen wird, um dieser jungen Generation den Zugang zur Organisation nahezubringen.

SBZ: Sollte da der Hebel nicht schon in der Meisterschule angesetzt werden?

Esser: Solche Ansätze gibt es schon und wir werden dies weiter verfolgen. Auch dort werden wir handfeste Argumente wie unsere Kataloge zur barrierefreien Badgestaltung sowie zu den erneuerbaren Energien präsentieren. Wir werden mehr denn je deutlich machen, dass Mitglieder der Berufsorganisation in vielen Punkten einen Mehrwert erhalten. Wir wollen es schaffen, in den kommenden Jahren den Trend umzukehren, junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern und auch die Mitgliederstruktur wieder zu stärken.

SBZ: Wissen Sie schon, wie Sie die Betriebe besser erreichen können?

Von Bock und Polach: Da sind wir beim zentralen Problem, das die Organisation hat. Wir bekommen notwendige Informationen nicht in der Schnelligkeit dorthin, wo sie hingehören nämlich direkt an die Betriebe. Wir müssen die Organisationsstruktur schlanker gestalten, und die eine oder andere Ebene, die bisher neben ihren zahlreichen wertvollen Aufgaben leider auch als Informationsfilter agierte, in diesem Bereich entlasten. Die Organisation, angefangen beim Zentralverband, über die Landesverbände hinweg bis hin zu den Innungen muss sich klar am Leistungsprinzip orientieren und als starke Einheit als unsere Berufsorganisation auftreten. Das waren strategische Gedanken einer Initiative, mit denen Ehrenpräsident Bruno Schliefke und ich im Gesamthandwerk leider gescheitert sind.

SBZ: Was für Auswirkungen hätte die Umsetzung zur Folge gehabt?

Von Bock und Polach: Demnach sollte jeder Unternehmer frei entscheiden können, wo er sich in welcher Innung organisieren will. Das kann auch auf einen Kammerbezirk begrenzt sein. Er könnte Leistungskriterien zugrunde legen, in dem er sagt, diese Innung beschäftigt sich genau mit den Themen, die ich als Unternehmer wichtig und für richtig halte und deshalb würde ich mich gerne dort organisieren. Wenn in einer Innung Themen behandelt werden, die den Nachwuchs nicht interessieren, dann muss ich mich nicht wundern, wenn die Leute nicht mehr in die Innung gehen oder austreten. Wenn wir eine freie Wahl hätten, würde das zu einer Dynamisierung an der Basis führen und sich auf die anderen Ebenen auswirken.

SBZ: Wie haben die Landesverbände auf Ihre Perspektiven reagiert?

Von Bock und Polach: Wir hatten eine sehr starke Bereitschaft innerhalb der SHK-Organisation, diese Freiwilligkeit in der Mitgliedschaft und die damit verbundene stärkere Leistungsorientierung mitzutragen. Wir haben dann nur am Ende bei den Beschlussfragen nicht die erforderliche Mehrheit bilden können.

SBZ: Schwache Innungen wären dadurch weiter geschwächt und starke weiter gestärkt worden...

Von Bock und Polach: Das hätte sicherlich einen Bereinigungsprozess mit sich gebracht. Doch es muss ja nicht das Alles-oder-nichts-Prinzip gelten. Man könnte die Aufgaben auch verteilen, indem die einen Innungen wichtige Dinge für das professionelle Geschäft übernehmen. Andere können durchaus weiter bestehen bleiben, weil dort das Miteinander, alle diese Werte, die das Handwerk immer ausgezeichnet hat, im Vordergrund stehen und gepflegt werden können.

SBZ: Sehen sie noch weiteren Optimierungsbedarf im Rahmen der handwerklichen Selbstverwaltung?

Esser: Die Problematik reicht bis in die Kreishandwerkerschaften. Denn Innungen können sich auch keine beliebige Kreishandwerkerschaft aussuchen. Teilweise herrschen dort desolate Verhältnisse – teilweise erbringen die Kreishandwerkerschaften auch sehr gute Leistungen. Wenn wir auch da einen Wettbewerb hätten, würde dies viel eher dem Idealbild einer freiwillig ausgewählten Organisa­tion entsprechen und die Qualität der angebotenen Leistungen verbessern.

Von Bock und Polach: Der einzelne Handwerker müsste sich sogar auch gegen eine Mitgliedschaft in einer Kreishandwerkerschaft entscheiden können. Beispielsweise dann, wenn es eine leistungsfähige Innung und einen guten Landesverband gibt. Dann könnte man sich diese Kosten sparen.

SBZ: Vor 20 Jahren hat der ZVSHK bereits Ebenen übersprungen und Obermeistertage durchgeführt. Viele interessante Themen wurden da mit hochrangigen Politikern und den Multiplikatoren an der Basis behandelt.

Von Bock und Polach: Die Idee war, Grundsatzthemen zu erörtern und die Distanz zur Basis zu verringern. Aber das wurde innerhalb der Verbandsstruktur nicht so sehr gewünscht. Erfolgreich waren diese Veranstaltungen allemal.

SBZ: Wollen Sie derartige Dinge wieder aufgreifen Herr Esser?

Esser: Es gilt das Kommunikationsverhalten von heute zu berücksichtigen. Für mich ist es ein wichtiger Punkt, wie man diesen Kontakt zu den Betrieben auf zeitgemäße Art intensivieren kann. Wenn dabei der Wunsch für ein Obermeistertreffen deutlich würde, sind wir sicherlich die letzten, die sagen, das können wir nicht machen. Aber das werden wir sicher mit den Landesverbänden abstimmen. Es gilt, die Aufgaben des Zentralverbandes in seiner Vordenkerrolle klar herauszustellen und die Landesverbände mit ihren vielen anderen Aufgabe einzubeziehen und gemeinsam die Kommunikation zu optimieren.

SBZ: Bleiben wir bei den neuen Kommunikationswegen. Wie nutzen Landesverbände und Mitgliedsbetriebe den Auftritt ihrer Internetplattform wasserwaermeluft.de?

Von Bock und Polach: Unzureichend, ganz eindeutig. Es wird von verschiedenen Landesverbänden und Innungen nicht in dem Maße propagiert, wie es innerhalb der Organisation angebracht ist. Und wenn wir uns teilweise sogar Wettbewerb in dieser Kommunikationsform leisten, dann wird es absurd. Für meinen Nachfolger wird dies keine leichte Aufgabe sein, diese hervorragenden Möglichkeiten zu einer besseren Nutzung zu entwickeln.

SBZ: Wo steht das Handwerk im Sommer 2009? Für die Industrie wirkt sich die Finanzkrise als Wirtschaftskrise aus – bei Sanitär noch stärker als bei Heizung. Aber wie sieht es im Handwerk aus?

Von Bock und Polach: Ich habe bereits im letzten Herbst die These vertreten, dass wir Profiteure der Krise sein können, wenn wir es richtig angehen. Und es scheint der Fall zu sein. Private Investoren konzentrieren sich in unsicheren Zeiten auf die Wertsteigerung der eigenen Immobilie. Auf der anderen Seite kommen uns Entwicklungen wie öffentlich geführte Energiedebatten zugute. Positiv ist auch, dass die Notwendigkeit gesehen wird, den privaten Bereich zu optimieren, um langfristig Kosten zu sparen. Seit Februar hat sich unseren Umfragen zufolge der Auftragsvorlauf sogar auf jetzt sechs Wochen steigern können.

SBZ: Gehen Sie davon aus, dass die SHK-Handwerke in der Zeitspanne bis Sommer 2010 noch harte Auftragseinbrüche zu meistern haben ?

Von Bock und Polach: Ich halte das für unwahrscheinlich. Dazu muss man berücksichtigen, dass wir bereits eine zwölfjährige Rezession am Bau hinter uns haben. In dieser Phase haben wir 100000 Arbeitsplätze im SHK-Handwerk verloren. Auch die Lehrlingszahlen haben sich in dieser Zeit auf 37000 halbiert. Deshalb sehe ich in weiterer Zukunft ein ganz anderes gravierendes Prob­lem. Der Mangel an qualifizierten Fachkräften wird kommen. Ganz zu schweigen von der Nachfrage durch vier Millionen veraltete Kessel und die Situation im Bad-Bereich ist ja nicht minder problematisch. On Top kommen dann noch Serviceaufgaben und Energiedienstleistungen auf die SHK-Handwerke zu. Ich bin absolut sicher, dass genügend Arbeit da ist...

SBZ: Deutschland ist zweigeteilt. Wir haben zum einen Norden und Osten, wo Lehrstellen quasi nicht mehr zur freien Verfügung stehen, zum anderen Baden-Württemberg, wo in diesem Jahr 1100 freie Lehrstellen gemeldet wurden, die nicht besetzt werden können.

Esser: Die Betriebe im Osten werden mehr ausbilden müssen, denn nach der Wiedervereinigung gebaute Heizungsanlagen sind nach einer Betriebsdauer von 20 Jahren unter energetischen Gesichtspunkten erneuerungsbedürftig. Das wird zwar lukrative Aufträge bringen, doch in den neuen Bundesländer braucht man dafür qualifiziertes Personal, das künftig nicht mehr ausreichend vorhanden sein wird. Und im Süden Deutschlands ist der Personalfaktor bereits jetzt ein entscheidendes Erfolgkriterium.

SBZ: Die Bundesregierung hat mit Kfw-Programmen, dem Marktanreizprogramm sowie dem Konjunkturpaket II finanzielle Anreize geschaffen. Bedarf es noch anderer Mittel?

Von Bock und Polach: Wir haben uns auch dafür eingesetzt, dass diese Programme übersichtlich und möglichst verbrauchernah gestaltet werden. Die Präferenz sollte auch auf den Zuschussprogrammen liegen. Eine Kre­ditierung von Heizkesseln macht keinen Sinn. Auch die steuerliche Abschreibung einer Heizungsmodernisierung – so wie dies nach §82a bei der Einkommensteur Mitte der 80er-Jahre möglich war – hätte meiner Einschätzung nach einen erheblichen Erfolg.

SBZ: In Sachen Förderpolitik gab es Meinungsunterschiede, die mit ein Grund waren für den Austritt der Heizungsindustrie aus der Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft VdZ. Sie, Herr von Bock, haben immer auf Marktpartnerschaft gesetzt – und jetzt so ein schwerer Betriebsunfall!

Von Bock und Polach: Es gilt, sich hier offen und ehrlich mit den Gründen zu befassen. Ziel muss es sein, wieder zu einer gemeinsamen Interessenvertretung zu kommen. Momentan wird die zentrale Baustelle nicht angegangen, sondern die VdZ operiert am Rande, ermuntert andere Verbände Mitglied zu werden und weitet die Geschäftsfelder aus. Dagegen gilt es vielmehr zu erklären, dass man auf den BDH nicht verzichten will. Im Gegenzug kann der BDH nicht hingehen und seinen Austritt für unwiderruflich erklären. Da hat es an einer eingehenden Folgenabschätzung gemangelt. Wenn wir eine vernünftige Interessenvertretung in Bund und Ländern sowie in Brüssel organisieren wollen, muss die Branche wieder zueinander finden.

SBZ: In Brüssel werden viele Entscheidungen getroffen, die das Handwerk unmittelbar angehen. Wie wichtig ist die Lobbyarbeit dort für den ZVSHK?

Esser: Von zentraler Bedeutung. 60 bis 70 Prozent aller nationalen Gesetzesvorhaben sind vorgegeben durch Richtlinien und Entscheidungen aus Brüssel...

SBZ: Leider!

Von Bock und ­Polach: Nein, da teile ich Ihre Auffassung nicht. Gerade im Bereich der Energiepolitik und CO2-Minimierung hat Brüssel hervorragende Arbeit geleistet. Nehmen Sie beispielsweise die Richtlinie für die erneuerbaren Energien, die Effizienzrichtlinie oder die Gebäuderichtlinie...

SBZ: Und das Schornsteinfegergesetz...

Von Bock und Polach: Man bricht damit auch verkrustete Strukturen auf, Monopole passen nicht mehr in diese Zeit. Der Punkt, wo ich Ihre Kritik teile ist, dass diese Verordnungen und Richtlinien nicht sauber aufeinander abgestimmt sind. Und deshalb ist es unsere zentrale Aufgabe in Brüssel, dass Verordnungen oder Richtlinien ohne Widersprüche eine gemeinsame Richtung verfolgen, die dann auch national umsetzbar sind. Also keine Regulierungen im Detail, wie jetzt die aberwitzige Idee zum Beispiel mit den Qualifikationsanforderungen bei der Installation von Wärmepumpen über Zertifizierungssysteme. Das ist ein völlig falscher Weg. Da gibt man einen allgemeinen Rahmen vor und der Rest ist Angelegenheit der Mitgliedsländer.

SBZ: Was die Normung anbelangt, ist Brüssel allerdings zum Reizwort für manchen SHK-Fachmann geworden. Es muss mit Normen gearbeitet werden, die teilweise 1000 Seiten Umfang haben.

Von Bock und Polach: Wenn Sie sich die Entwicklung in der Normung anschauen, wurde häufig parallel gearbeitet, obwohl man genau wusste, dass es eine europäische Norm geben würde. Wir haben hier ein grundsätzliches Problem. Wenn sich erstmal eine Normengruppierung oder ein Normenaufsteller im Markt etabliert hat, dann werden Sie den mit nur sehr massiven Maßnahmen davon abhalten, dass er jedes und alles normiert und über die Normung dann noch eingreift in die Prozesse bei den Unternehmen bis hin zur Schulung und Weiterbildung und Zertifizierung von Fachkräften.

SBZ: Müssten die Ausführungsnormen nicht eigentlich direkt vom Zentralverband kommen?

Von Bock und Polach: Die übliche Grundnormen für die Installation und Ausführung von Gas- oder Warmwasseranlagen dürfen nicht zwangläufig an einen Großkommentar mit ein paar hundert Seiten gekoppelt sein, damit man die Norm verstehen kann. Eine Norm sollte so gut und eindeutig geschrieben sein, dass der Fachmann den Wortlaut auch versteht. Doch das ist heute oft leider nicht so. Was wir brauchen sind erstens Normen, die sich an den Gegebenheiten des Bauens orientieren und kein Selbstzweck sind und zweitens, dass diese Normen dem Betrieb während des Baus notwendige Informationen gibt, damit er nichts falsch macht. Praxisgerecht aufbereitete Kurzinformationen, per Laptop abrufbar, das wäre eine zeitgerechte Aufgabenstellung für die Normengremien. Doch die haben sich im Laufe der Zeit leider eine Eigendynamik entwickelt, die die Planern und ausführenden Betrieben das Leben schwer macht.

SBZ: Und warum verfasst der Zentralverband nicht seine eigenen Fachregeln im Bereich Sanitär- und Heizung. Bei den Klempnern haben Sie das mit den Klempnerfachregeln erfolgreich durchexerziert.

Esser: Die Option eigener Fachregeln werden wir uns sicher vorbehalten, wenn die bisher an der Normung beteiligten Verbände und Gremien wie das DIN und der DVGW nicht wieder mehr auf die Forderungen der Verarbeiter eingehen.

SBZ: Herr von Bock, Sie haben stark auf Marktpartnerschaft gesetzt. Früher gab es einen Petersberger Kreis, in dem regelmäßig Fragen der Branche erörtert wurden. Heute sind Auseinandersetzungen härter geworden. Beispielsweise wehrt sich der Großhandel vehement gegen die Datentransparenz. Läuft heute vieles auf Konfrontation hinaus?

Von Bock und Polach: Das macht mir schon Sorgen. Dennoch bin ich der Meinung, dass die Marktpartnerschaft sich im Laufe der Jahre so entwickelt hat, dass die Beteiligten eigentlich von der Richtigkeit dieser Partnerschaft überzeugt sind. Das Beispiel Ruhrgas zeigt, dass es zunächst durch die Trennung von Netz und Lieferanten zu völlig neuen Erfahrungen in der Gaswirtschaft kam und auch zu einer Entfremdung mit dem Handwerk geführt hat. Doch bei den Spitzenleuten der deutschen Gaswirtschaft kam schnell die Erkenntnis zurück, dass es viel besser und richtiger ist, wenn man mit dem Marktpartner Handwerk die anstehenden Probleme gemeinsam löst. Dies bestätigt auch die Initiative Erdgas pro Umwelt.

Esser: Das SHK-Handwerk ist heute viel stärker gefragt als es noch vor ein paar Jahren der Fall war. Auch auf politischer Ebene werden wir gehört und das werden wir in den nächsten Monaten nutzen. Wir haben in unseren Wahlprüfsteinen formuliert, was wir im Rahmen einer neuen Regierung nach Möglichkeit auch in einem Koalitionsvertrag wiederfinden wollen. Da ist beispielsweise das Thema Energiedienstleistungsrichtlinie, das in Deutschland so umgesetzt werden sollte, dass wir alle damit leben können. Und das geht weiter mit allem, was zu tun hat mit Fragen rund um die Steigerung von Energieeffizienz.

SBZ: Alles Themen, die den Bereich Heizung tangieren. Was aber ist mit Ihren Marktpartnern im Bad-Bereich?

Esser: Auch mit der Sanitärwirtschaft gilt es etwas Neues zu entwickeln. Da bedarf es eines Rucks, wie wir mit einer stärkeren Präsenz agieren und den Badbereich wieder mehr in den Fokus unserer Betriebe und der Öffentlichkeit bringen können.

SBZ: Früher gab es dazu eine Gemeinschaftswerbung mit einem Etat über mehrere Millionen. Inzwischen haben die größten Player wie Hansa, Grohe oder Hansgrohe die Sanitär-Organisationen verlassen. Und es scheint, dass die verbliebenen Firmen nicht den Markt für die anderen mit aufbereiten wollen oder können.

Von Bock und Polach: Vielleicht muss man hier eine neue Organisationsform finden. ­Eine Aktion, wie wir es seinerzeit auch bei der Gasseite gemacht haben mit der Initiative Erdgas pro Umwelt. Dort hat man Kampagnen zusammengelegt. Wenn man sich das mal überlegt: Die Initiative wurde mit insgesamt 100 Millionen Euro Werbegeldern ausgestattet. Auf der Sanitärseite bekommt man bei einem Branchenumsatz von 12,4 Milliarden Euro gerade Mal eine Millionen Euro an Aktionsgeldern zusammen. Da stimmt etwas ganz und gar nicht. Das erfordert Führungskraft, da müssen sich die Branchenleader zusammensetzen und sich grundsätzlich Gedanken mache. Der VDS-Vorsitzende Herr Dornbracht ist in dieser Frage bereits angesprochen. Der Ball liegt im Feld – es muss bald etwas passieren.

SBZ: Andere Bereiche, so der Kälte- und Wärmepumpenbereich sind da aktiver. Was halten Sie davon, dass jetzt unter Mitwirkung des Kälteanlagenbauerhandwerks der Zentral­verband Wärmepumpen gegründet wurde?

Von Bock und Polach: Das hat schon Züge eines Aprilscherzes. Wärmepumpenanlagen werden schwerpunktmäßig von SHK-Fachbetrieben eingebaut, weil dies die Systemkompetenz mit sich bringt. Das Kälteanlagenbauerhandwerk mit seinem Sammel­surium an weitereren Komponenten kann hier nicht maßgebend sein. Das geht nicht.

SBZ: Warum laden Sie die Kälteanlagen­bauer nicht ein, Mitglied im ZVSHK zu ­werden? Die Klempner, Kachelofenbauer und Kupferschmiede sind als eigenständige Handwerke doch auch gut in der Haus­technik-Dachorganisation ZVSHK aufgehoben.

Von Bock und Polach: Als sie Vollhandwerk wurden nach der neuen Handwerksordnung, haben wir sie bereits eingeladen, Mitglied des ZVSHK zu werden. Wir sind im Zentralverband der Meinung, dass die Kälte­anlagenbauer bei uns gut aufgehoben sind und die Handwerksbetriebe von den zahlreichen Vorteilen einer starken Organisation enorm profitieren könnten. Entsprechende Gespräche haben wir geführt und wir waren uns eigentlich schon einig. Doch letztlich haben sich die Verantwortlichen im Kälteanlagenbauerhandwerk anders entschieden.

Esser: Eigentlich gehören die Kälteanlagenbauer schon aus sachlichen Gründen in unserer Gruppe, die Türen stehen nach wie vor offen.

SBZ: Beim Thema Marktpartnerschaft darf die Handwerkermarke nicht fehlen. Derzeit sind es 21 Partner. Sind Sie mit der Entwicklung zufrieden?

Von Bock und Polach: Auch hier ist es wie mit dem Bohren dicker Bretter. Es sind Qualitäts- und Leistungskriterien, die letztlich das prägen, was wir unter einer optimalen Zusammenarbeit mit der Industrie verstehen. Es gibt keinen Hersteller in der Branche, der sagt, das sind aus der Luft gegriffene Kriterien. Und die Handwerkermarke heißt ja eigentlich nur, dass wir dies im Rahmen eines Vertrages als verpflichtend erklären.

SBZ: Warum sind dann nicht mittlerweile 200 Hersteller Handwerkermarke?

Esser: Das wäre optimal. Wir haben ja bei der Haftungsübernahmevereinbarung eine Marktabdeckung, die weit über 80 Prozent liegt.

Von Bock und Polach: Es ist letztlich die Kür in der Marktpartnerschaft. Doch gibt es einzelne Unternehmen, die damit gewisse Probleme haben, weil ihre Produkte immer noch im großen Umfang im Baumarkt vorhanden sind. Die hätten dann ein Problem.

SBZ: Ist das Baumarkt-Kriterium gewichtig? Die Markenhersteller versuchen sicherlich den Baumarkt frei zu halten. Sie finden aber heute auch immer wieder Produkte von Handwerkermarkenpartnern wie Geberit, Duravit oder von Hansa in den Baumärkten...

Esser: Es ist vertraglich vereinbart, wie in solchen Fällen zu verfahren ist. Tatsache ist, dass kein Hand­werkermarken-Partner Baumarktgeschäft betreibt. Sie können aber nicht unterbinden, dass jemand Handwerkermarken-Produkte hortet und diese dann mit einer geringen Marge Baumärkten andient. Wenn die Produkte in Baumärkten auftauchen, muss der Marktpartner dafür sorgen, dass ­diese Quelle versiegt.

SBZ: Kann man bei den vielen Fällen wirklich noch von Fehllieferungen sprechen?

Von Bock und Polach: Das ist ein Phänomen. Allerdings ist mit Geberit jüngst massiv versucht worden, diesen neuen Partner zu diskreditieren. Das kennen wir. Dazu ist man zu lange im Markt. Da weiß man natürlich gleich, woher die Dinge kommen. Meist hört dies nach einer gewissen Zeit auf.

SBZ: Wenn Sie, Herr von Bock, zum Abschied gegenüber Großhandel, Heizungs- sowie Sanitärindustrie drei Wünsche frei hätten – wie würden die lauten?

Von Bock und Polach: Für alle Drei lautet mein Wunsch gleich: Das Prinzip der Marktpartnerschaft beibehalten. Dort wo es vielleicht ein bisschen weniger geworden ist, dies zu revitalisieren und zu versuchen, die Aufgabenstellungen, die Chancen und Möglichkeiten, die der Markt bietet, auf gleicher Augenhöhe vernünftig und arbeitsteilig anzugehen. Wenn man das in dieser Form macht, wird man gemeinsam Erfolg haben.

SBZ: Herzlichen Dank für dieses Gespräch. Ihnen Herr von Bock und Polach wünscht das SBZ-Team viel Freude an Ihren Hobbys und Ihnen Herr Esser viel Erfolg und ein glück­liches Händchen bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben!