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Interview

Kundenlotse sein

SBZ: Das SHK-Konjunkturhoch ist stabil, die Aufträge fallen Handwerksunternehmern fast wie reifes Obst in den Schoß. Warum eigentlich sollen sich Fachbetriebe jetzt noch darum bemühen, ihre Kommunikation in Richtung Kunden zu verbessern?

Andreas Bremer: Das ist natürlich eine gute Einstiegsfrage. Die einfache Antwort darauf: Wenn nicht jetzt, wann dann? Gerade jetzt ist die Kommunikation zum Kunden extrem wichtig. Durch die gute Auftragslage entstehen Wartezeiten. Dem Kunden dies auch als Qualität des Betriebes zu verkaufen, geht nur durch gute Kommunikation zum Kunden. Viele Betriebe lehnen inzwischen Aufträge ab. Wie schaffe ich es, in einem solchen Fall den Kunden nicht zu verärgern? Oder besser, wie schaffe ich es, den Auftrag trotz einer Wartezeit zu erhalten? Darüber hinaus hat jeder Betrieb genau jetzt die Chance, den guten Auftragseingang auch für eine gute Kundenbindung zu nutzen.

SBZ: Die meisten Firmen sind doch mit ihrer bisherigen Strategie gut gefahren. Reicht das nicht mehr aus?

Bremer: Handwerker in Deutschland besitzen ein hohes Maß an Fachkompetenz. Aber kann der Kunde die fachliche Kompetenz eines Handwerkers überhaupt beurteilen? Nach welchen Kriterien beurteilt der Kunde denn die Kompetenz eines Handwerkers? Auftreten, Pünktlichkeit, Gewissenhaftigkeit und auch die Art der Kommunikation spielen eine entscheidende Rolle. Handwerker sind heute keine Fachinformationsgeber. Sie sind Lotsen ihrer Kunden durch ein Labyrinth von Informationen, die sich der Kunde bereits eingeholt hat. Heute ist jede Information zu jeder Zeit im Internet verfügbar. Hinzu kommen die neuen Wettbewerber durch das Internet. Der Kunde hat heute zahlreiche Alternativen zum klassischen Handwerker.

SBZ: Heißt das, den Unternehmen mangelt es am adäquaten Auftreten? Da reagiert doch manch gestandener Geschäftsführer sicher erst einmal etwas pikiert, oder?

Bremer: Es geht nicht darum, den Handwerkern und den Mitarbeitern zu sagen, sie hätten was falsch gemacht. Ganz im Gegenteil. Ein Kundendienst-Techniker hat mindestens 600 Kundenkontakte im Jahr. Die Mitarbeiter am Telefon eventuell ein Vielfaches davon. Ist die Ausbildung der kommunikativen Kompetenz nicht mindestens genauso wichtig wie die fachliche? Da es ein Comedy-Programm und ein Buch über die Erlebnisse mit Handwerkern gibt, gibt es bestimmt an der Wahrnehmung etwas zu verbessern. Laut Bauherren-Report sind 90 % aller Probleme und Störungen zwischen Bauherren und Handwerkern Kommunikationsprobleme. Da gilt es anzusetzen.

SBZ: Was macht denn den guten Kontakt zum Kunden überhaupt aus?

Bremer: 80 % der Kommunikation zwischen Menschen wird auf der Beziehungsebene wahrgenommen. Im Kundenkontakt ist es von elementarer Bedeutung, diese Beziehungsebene zum Kunden zu erreichen. Das startet bereits mit der Begrüßung am Telefon. Für uns als Handwerker sind viele Dinge normal und selbstverständlich. Wir sehen die fachliche Bedeutung unserer Arbeit. Die Sachebene. Damit der Kunde diese Qualität auch erkennt und unsere Leistung versteht, müssen wir diese auf der Beziehungsebene transportieren.

SBZ: Und wie sollte der Kontakt zu den Mitarbeitern gestaltet werden?

Bremer: Ein guter Kontakt zum Kunden setzt den guten Kontakt zum Mitarbeiter voraus. Sie werden nur als Team Erfolg haben. Jeder Mitarbeiter ist in jedem Kundenkontakt die Visitenkarte des Unternehmens. Ob am Telefon, beim Kunden vor Ort oder in der Ausstellung. Die Mitarbeiter so zu führen, dass sie als Team gemeinsam an der Kundenbindung arbeiten, das ist ein wesentlicher Bestandteil für den Erfolg.

SBZ: Aber mal ehrlich: Anbieter theoretischer Ansätze gibt es doch viele, die an der Verbesserung der Kommunikation und des Kundenkontakts feilen. Nicht jeder Ansatz ist dabei wirklich SHK-branchentauglich. Was ist bei Ihnen anders, um in der Praxis auch tatsächlich zu wirken?

Bremer: Da haben Sie natürlich vollkommen recht. Zum Thema Kundenkontakt, Kommunikation und Verkaufen gibt es zahlreiche Anbieter und zahlreiche Medien, Bücher, Onlineschulungen oder offene Seminare. Wir gehen dabei einen Schritt weiter. Wir trainieren nicht ein oder zwei Mitarbeiter aus einem Betrieb in einer offenen Schulung. Wir gehen in die Handwerksbetriebe hinein. Wir schulen alle Mitarbeiter, vom Azubi bis zum Chef, vom Büroangestellten bis zum Techniker. Unsere Trainings sind anders gestaltet. Wir stellen keine theoretischen Ansätze vor, wir arbeiten mit dem gesamten Team aktiv an Lösungen und Umsetzungen. In unseren Trainings leben wir das vor, was wir unseren Teilnehmern im Kundenkontakt und in der Mitarbeiterführung vermitteln wollen. Für uns ist es immer wichtig, den Blickwinkel zu verändern und auch aus Kundensicht auf das Tun und Handeln zu schauen.

SBZ: Aha. Welche Faktoren in einem Betrieb sind denn aus Ihrer Sicht entscheidend für eine tragfähige Basis, um beim Kunden „gut anzukommen“?

Bremer: Natürlich ist die Umsetzung entscheidend. Dabei geht es nicht nur um persönliche Aufgaben, sondern auch darum, was man als Betrieb verändern kann. Ein klar definierter Auftragsprozess beispielsweise vermeidet Fehler und überträgt Verantwortung. Der Kunde ist der Erste, der merkt, wenn Prozesse und Abläufe nicht stimmen. Und er ist der, der darunter leidet. In jedem Training erhält jeder Teilnehmer einen Umsetzungsplan. Hier trägt er seine Erkenntnisse aus dem Training ein und bespricht sie mit seinem Chef. Gemeinsam wird dann an der Umsetzung gearbeitet.

SBZ: Wenn Sie all Ihre Erfahrungen aus zurückliegenden Coachings zusammennehmen, was, glauben Sie, erzielt die stärkste Wirkung auf die Kundschaft?

Bremer: Am Ende entscheidet der Kunde. Ob und an wen er den Auftrag vergibt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein Kunde wird niemals einen Auftrag vergeben, wenn er seinem Handwerker nicht vertraut und auch zutraut, diesen Auftrag in seinem Sinne auszuführen. Und genau das ist der entscheidende Unterschied. Wenn wir es schaffen, die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden zu verstehen und diese in seinem Interesse umzusetzen, dann erhalten wir auch den Auftrag.

SBZ: Warum reicht es nicht, sich allein auf diesen Punkt zu konzentrieren?

Bremer: Kundenbindung geht vor Kundengewinnung. Ein begeisterter Kunde kommt wieder. Und er bringt neue Kunden mit. Deshalb ist die professionelle Kundenbindung für die Zukunft eines Handwerksbetriebes enorm wichtig. Betriebe müssen sich als Dienstleister präsentieren. Gut 90 % aller Kunden waren im Internet und haben sich informiert, bevor sie zum Fachhandel gegangen sind. Trotzdem haben fast 30 % aller Handwerker keinen Internetauftritt, nicht nur SHK.

SBZ: Sie meinen also, eine professionell angelegte und gelebte Kommunikationsstrategie ist auch für kleine Handwerksbetriebe unverzichtbar, um das wirtschaftliche Überleben zu sichern?

Bremer: Unbedingt. Der Markt hat sich durch das Internet deutlich gewandelt. Neue Wettbewerber, Onlinehandel und Direktverkauf ermöglichen dem Kunden, neue Wege zu gehen. Gerade, weil es jetzt gut läuft. Handwerker, die in Zukunft erfolgreich und selbstbestimmt arbeiten wollen, brauchen den Kunden und somit eine gute Kundenbindung.