SBZ: Als Mann der ersten Stunde sind Sie verantwortlich für den erfolgreichen Weg vom relativ kleinen Unternehmen zu einem Weltakteur. Ist Ihre Motivation eher Spaß oder Pflichtgefühl?
Klaus Grohe: Ein Unternehmer, der nicht mit Begeisterung Unternehmer ist, kann keinen Erfolg haben. Auf der anderen Seite empfinde ich eine große Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das sind mittlerweile mehr als 3200, denen ich mich menschlich sehr verbunden fühle. Was mich wirklich vorantreibt und was mich die Hansgrohe-Mannschaft vorantreiben lässt, ist die permanente Lust, die besten Armaturen und Brausen der Welt zu machen. Innovationen in Technologie und Design zu kreieren, zu tüfteln, den Menschen das Leben etwas zu verschönern und zu vereinfachen. Es vergeht hier kein Tag, an dem ich nicht in der Produktentwicklung bin und mir ein Bild von den Neuheiten mache, an denen wir gerade arbeiten: anfassen – korrigieren – zum Testen mit nach Hause nehmen.
SBZ: Welchen Einfluss hat Design auf den Erfolg der Marke Hansgrohe?
Klaus Grohe: Durch unsere Affinität zum Design und die harmonische Kombination mit innovativen Technologien ist Hansgrohe so etwas wie ein bunter Vogel geworden. Weil wir farbiger sind als der Wettbewerb, haben wir immer wieder Trends setzen können. Das zeigen auch die vielen Nachahmerprodukte am Markt.
»Seit Jahren schreiben wir in punkto Umsatz, Ertrag und Beschäftigtenzahlen neue Rekordmarken.«
SBZ: Ein besonderes Händchen in der Ansprache von Designern hatten Sie auch mit Philippe Starck. Es heißt, Sie sind Nachbarn?
Klaus Grohe: Tatsächlich haben sowohl Philippe Starck als auch ich ein Haus auf Formentera. Dazwischen liegen schützende 20 Minuten mit dem Bike. Wir treffen uns bei ihm auf der Terrasse um über Produktideen zu reden. Dabei hilft es enorm, dass wir mit Französisch beide die gleiche Sprache sprechen. Außerdem herrscht auf Formentera eine sehr kreative Atmosphäre.
»Hansgrohe ist so etwas wie ein bunter Vogel geworden«
SBZ: Mit Philippe Starck kam der Durchbruch ihrer Marke Axor.
Klaus Grohe: Ja 1994 fingen wir mit Philippe Starck und der Kollektion Axor Starck Classic an. Diese Kollektion und die Kooperation mit Starck waren für unsere Designermarke, die inzwischen mein Sohn Philippe leitet, wichtige Wegmarken – nicht nur wegen des großen Erfolgs, sondern auch, weil uns dies konzeptionell weitergebracht hat.
SBZ: Wie sehen Sie die heutige Marktposition von Hansgrohe?
Klaus Grohe: Wir sind in den letzten Jahren überaus dynamisch gewachsen – im Inland genauso wie im Ausland. Seit Jahren schreiben wir in punkto Umsatz, Ertrag und Beschäftigtenzahlen neue Rekordmarken. Nahezu überall haben wir dank unserer Innovationsstärke Marktanteile hinzugewonnen. Wir werden auch 2008 weiter expandieren. Und zwar nicht durch Zukäufe – das kann ja jeder – sondern aus eigener Kraft. Dabei setzen wir ganz stark auf das Qualitätssiegel „Made in Germany“, mit dem wir gerade in den Wachstumsmärkten in Osteuropa sowie im Mittleren und Fernen Osten punkten können. Nicht von ungefähr haben wir gerade in Offenburg mit dem Bau einer Armaturenfabrik begonnen.
SBZ: Die ständige Suche nach neuen Ideen ist augenfällig. Was treibt Sie an?
»Dass es Unternehmen gibt, die vor 30, 40 Jahren wesentlich weiter waren als wir und nun in unserem Kielwasser mitfahren, erfüllt uns ein Stück weit mit Stolz.«
Klaus Grohe: Ich habe immer an vorderster Front gestanden und selbst Hand mit angelegt, das gehört heute einfach zu unserem Firmenstil. Wir entwickeln unsere Unternehmensphilosophie jedes Jahr weiter, ohne dass wir sie je als Hochglanzbroschüre herausgegeben hätten. Das ist vielmehr so eine Art Fortschreibepapier, in dem es auch eine Seite zur „Innovation“ gibt. Wir bekennen uns zu unserem Innovationsanspruch, Dinge immer besser machen zu wollen – da ist Stillstand einfach nicht möglich.
SBZ: Regen Sie sich denn über die Kopierversuche der Wettbewerber auf, denen Hansgrohe ausgeliefert ist?
Klaus Grohe: Dass es generell zahlreiche Nachahmerprodukte etwa von Raindance Brausen, Talis S oder Axor Citterio gibt, zeigt, wie sehr es uns gelungen ist, Trends zu setzen, auf die andere nun aufspringen möchten. Darum kommen wir auch mit dem Untertitel „das Original“; nicht zuletzt deshalb, weil wir mit der Gründung 1901 eines der ältesten Unternehmen der Sanitärbranche sind. Wir sind sicher, dass die Sanitärprofis es zu schätzen wissen, wer wirklich die Originalprodukte und die damit verbundenen Innovationen entwickelt, vermarktet und in den Handel gebracht hat. Dass es Unternehmen gibt, die vor 30, 40 Jahren wesentlich weiter waren als wir – die vor uns etwa Thermostate oder Einhebelmischer hatten – und nun in unserem Kielwasser mitfahren, erfüllt uns ein Stück weit mit Stolz. Dies auch weil wir damit umsatzunabhängig zur Nr. 1 werden.
»Wir entwickeln unsere Unternehmensphilosophie jedes Jahr weiter, ohne dass wir sie je als Hochglanzbroschüre herausgegeben hätten.«
SBZ: Lassen Sie uns nach vorn schauen. Wie wird das Badezimmer in zwanzig Jahren aussehen?
Klaus Grohe: Gerade in den letzten 10 bis 15 Jahren hat das Bad eine enorme Wertschöpfung erfahren. Ich erwarte, dass die Durchgängigkeit im Badezimmerstil noch stärker wird. Statt des heute noch üblichen Mix & Match wird das Bad einheitlicher werden. Heute sehen uns Handel und Handwerk, aber auch Architekten und Innenarchitekten häufig noch als Komponenten-Lieferanten, der sich nicht in die Badgestaltung einmischen darf. Es werden sich andere Formen ergeben und die Bäder von der Einzelbestückung mit Komponenten wegkommen und stilistisch durchgängig werden.
SBZ: Wird es dann auch irgendwann Produkte geben, die den Installateur überflüssig machen?
Klaus Grohe: Ich kann es mir nicht vorstellen. Ein Installateur bringt eine Menge Know-how mit. Denken Sie daran, wie schwierig es ist, die ganze Wasserverrohrung unter Putz zu legen, die Boilerbemessung zu kennen, die Durchlaufmengen müssen stimmen, das muss alles aufeinander abgestimmt sein. Ich glaube nicht, dass man ohne den Installateur auskommt.
SBZ: Werden Ihre Produkte auch in zwanzig Jahren noch über den dreistufigen Vertriebsweg verkauft?
Klaus Grohe: Ich glaube schon. Heute ist es logistisch nicht mehr schwierig, ein einzelnes Bad über den Installateur zum Kunden zu bringen. Aber es gibt auch noch andere Dinge, die zwischen Installateur und Sanitärgroßhandel eine Rolle spielen. So übernimmt der Händler zum Teil die Rolle einer Bank: Der Installateur lässt da gewissermaßen anschreiben. Der Händler übernimmt das Inkasso in dem Fall, wo der Hersteller Probleme hätte. Selbst wenn es möglich wäre, die Produkte als Badkommission direkt an den Installateur zu liefern, dreht sich beim Installateur mit ein paar Badezimmern einfach zu wenig, sodass er die Ausstellungsfunktion nicht voll übernehmen kann. Die ist zentral beim Handel besser aufgehoben.
SBZ: Wo geht denn die Reise im Design hin? Viel minimalistischer sind Armaturen ja nicht zu fertigen.
Klaus Grohe: Die Formen werden immer vielfältiger. Minimalistisches Design ist mittlerweile mainstreamfähig geworden. Gleichzeitig erleben wir, dass viele Menschen wieder „mehr Mehr“ wollen. Hinzu kommt, dass immer öfter unterschiedliche Stile gemischt werden. Nehmen Sie die Kollektion Axor Massaud, die geometrische und organische Elemente miteinander kombiniert.
»Es wird künftig darauf ankommen, ein Höchstmaß an Gestaltungsfreiheit in den Bädern zu garantieren.«
Es wird künftig darauf ankommen, ein Höchstmaß an Gestaltungsfreiheit in den Bädern zu garantieren. Das heißt nicht, dass das Produkt an sich unwichtig wird – seine Funktionalität, seine Ästhetik, seine Emotionalität werden weiter wichtig sein. Aber das einzelne Produkt selbst wird getragen von einem Design- und Raumkonzept. Darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass die Frage an Gewicht gewinnen wird, wie wir vermitteln können, dass Wasser wertvoll ist; dass Wasser eigentlich auch heute schon ein Luxus ist, obwohl es meist als Selbstverständlichkeit betrachtet wird.
SBZ: Sie ziehen sich von Ihrer Aufgabe als Vorstandsvorsitzender der Hansgrohe AG zurück. Gehen Sie jetzt aufs Altenteil?
Klaus Grohe: Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich habe zwar meine Aufgabe als Vorsitzender abgegeben, werde mich künftig aber stärker als bisher auf die Bereiche Produktentwicklung und Markenführung konzentrieren.
SBZ: Dann wünschen wir Ihnen auch für diesen neuen Lebensabschnitt viel Erfolg. Vielen Dank für das Gespräch.