SBZ: Die Bild-Zeitung hat Mitte Februar die „Klempner-Krise“ für Deutschland ausgerufen. Was ist dran an der Nachricht? Wofür müssen sich Klempner verantworten?
Helmut Bramann: Die Klempner sind hier für nichts verantwortlich. Ihre leider oft missverstandene Berufsbezeichnung wurde plakativ benutzt. Die Bild-Zeitung hat in ihrer bekannten journalistischen Qualität mit einer zugespitzten Überschrift auf einen Nachwuchsmangel aufmerksam machen wollen, an dem das ganze Handwerk in Deutschland leidet. Das Wort „Klempner-Krise“ ist kürzer und klingt knackiger als „Handwerker-Krise“. Das ist eben Bild-Zeitungs-Stil.
SBZ: Trotzdem bleibt es ärgerlich.
Bramann: Ärgerlich daran ist, dass die gewählte Berufsbezeichnung bei den allermeisten Menschen eine völlig falsche Vorstellung der damit verbundenen Arbeit auslöst. Der Klempner wird im alltäglichen Sprachgebrauch als Handwerker mit Rohrzange hingestellt, oft auch mit einem Sanitärinstallateur verwechselt. Klempner arbeiten aber gar nicht im Bad oder an Rohrleitungen, sondern erstellen hochwertige Metalldächer und Metallfassaden.
Die Verwechslung der Berufsbezeichnungen im allgemeinen Sprachgebrauch wäre zu verschmerzen, wenn dieser Umstand inzwischen nicht erhebliche Auswirkungen auf die Nachwuchssicherung in unseren Gewerken hätte. In den Statistiken über die Nicht-Besetzung von Ausbildungsplätzen taucht der Klempner seit Längerem auf den vorderen Plätzen auf. Wir haben bei den wirklichen Klempnern, also den Spezialisten für Metalldach- und -fassadentechnik, ein erhebliches Problem, die Ausbildungsplätze zu besetzen. Über ein Drittel blieb 2017 unbesetzt.
SBZ: Welche Folgen bringt das mit sich?
Bramann: In der medialen und öffentlichen Wahrnehmung gilt der Klempner als vermeintlich unattraktiver Mangelberuf. Das Gegenteil ist der Fall. Was den eigentlichen Installateur betrifft, geht die öffentliche Einschätzung ebenso völlig an der Realität vorbei. Bei den Anlagenmechanikern SHK ist noch nicht einmal ein Zehntel des Lehrstellenangebots unbesetzt geblieben. Er zählt aktuell zu den drei beliebtesten Ausbildungsberufen im Handwerk und das zu Recht, denn es handelt sich um ein breites, hochattraktives Berufsfeld, das zudem glänzende Zukunftsaussichten bietet.
SBZ: Das heißt, einen Nachwuchs- und Fachkräftemangel gibt es bei den vom ZVSHK vertretenen Gewerken nur bei den Klempnern? Lag denn die Bild-Zeitung völlig daneben mit ihrer Klage über lange Wartezeiten auf den mit „Klempner“ falsch titulierten Installateur?
Bramann: Nein, natürlich nicht! Der Nachwuchsmangel trifft das gesamte Handwerk, denn es bleiben eigentlich überall Lehrstellen unbesetzt. In manchen Gewerken mehr, in manchen weniger. Wir würden uns auch bei den Anlagenmechanikern SHK einen noch größeren Zuspruch von ausbildungsbereiten Jugendlichen wünschen. Gemessen an den vor uns liegenden Aufgaben und der bestehenden Auslastung der Betriebe ist das eigentlich auch zwingend. Wir kämpfen hier – wie das gesamte Handwerk – aber mit dem, was die Bild-Zeitung im Kontext ihrer Titelstory auch behandelt hat: der Unlust vieler Schulabgänger auf eine Ausbildung im Handwerk. Aus Unkenntnis heraus oder Vorurteilen folgend heißt es: Ich mach mir doch nicht die Hände schmutzig. Gewählt wird die vermeintlich bequemere Ausbildung im Büro. Und viel zu viele junge Menschen zieht es ohnehin mit Macht an die Universitäten, an denen nicht wenige leider scheitern.
SBZ: Was lässt sich gegen den Mangel an Attraktivität unternehmen?
Bramann: Eine duale Berufsausbildung kommt als Alternative meist gar nicht in Betracht. Dabei könnte sie je nach Neigung auch die ideale Grundlage für ein späteres Studium sein. Unser Handwerk braucht heute und in Zukunft zahlreiche qualifizierte junge Menschen, die dabei helfen, die uns gestellten Aufgaben zu meistern – etwa die Energiewende im Wärmemarkt. Daher arbeiten wir mit Hochdruck daran, der breiten Öffentlichkeit noch deutlicher aufzuzeigen, wie attraktiv und zukunftssicher die Berufe in den vier SHK-Gewerken sind.
Mit unserer Kampagne „Zeit zu starten“ gehen wir direkt an die Schulen, um die attraktiven Berufe des Sanitär-Heizung-Klima-Handwerks vorzustellen. Immerhin haben wir derzeit 35 000 junge Menschen in der Ausbildung. Ohne unsere Experten sind weder Klimaschutz und die erforderliche Energiewende auf dem Dach, an Fassaden, vor allem im Wärmemarkt, noch die Bedürfnisse einer älter werdenden Gesellschaft nach einer barrierefreien und pflegegerechten häuslichen Umgebung realisierbar. Letzteres wird insbesondere im privaten Badbereich zunehmend wichtig. Alles in allem hochspannende und sehr attraktive Aufgaben für junge Menschen, die nicht nur über die gesellschaftlichen Probleme reden, sondern konkret an Lösungen mitarbeiten wollen.
SBZ: Es gibt Stimmen im Handwerk, die durch die Schlagzeile der Bild-Zeitung einen ganzen Berufsstand diskriminiert sehen. Teilen Sie diese Ansicht?
Bramann: Ich kann jeden unserer Handwerker verstehen, der impulsiv oder empört auf den Bild-Zeitungs-Text reagiert. Wobei der auch noch unterlegt war mit sehr pauschal dargestellten Vorwürfen über lange Wartezeiten und steigende Kosten.
Aber es ist wie so oft im Leben: In jeder Krise steckt eine Chance. Die vom Massenmedium thematisierte „Klempner-Krise“ gibt uns die Möglichkeit, dies als Vorlage für die eigene Nachwuchswerbung zu nehmen. Getreu dem Motto: Wer jetzt als junger Mensch nicht seinen Berufsweg im Handwerk sucht, ist selber schuld. Handwerker, gerade in der Gebäudetechnik, sind mehr denn je dringend gesucht: Klempner, Heizungsbauer, Sanitärinstallateure beschäftigen sich schon heute mit Trends der Zukunft bei der Wärmeversorgung, bei erneuerbaren Energien, Wohnkomfort und digitaler Vernetzung von Technologien im intelligenten Haus. Ihnen winken für Jahre glänzende Berufsaussichten.
Selbst die Bild-Zeitung hat das so für sich genutzt. Fünf Tage nach dem „Klempner-Krise“-Artikel erschien ein Beitrag, überschrieben mit „Wir sind die Neuen“. Vorgestellt wurden junge Leute, die im Handwerk ihren Traumberuf gefunden haben. Es geht auch anders!