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Vom Bild-Blödsinn nicht beirren lassen

Es gilt im Sinne einer sauberen journalistischen Verbreitung von Nachrichten eigentlich immer, jeder Veröffentlichung eine Überlegung voranzustellen: Steht der Einzelfall für das Ganze? Diese Betrachtungsweise hat die „Bild“ im Fall der vermeintlichen „Klempner-Krise“ (gerne) ignoriert. Was bleibt, ist eine nicht zu übersehende Rufschädigung. Beiträge wie dieser treiben Verbraucher geradezu in die Arme von Onlineplattformen und anderen „Dienstleistern“. Es wird ein schiefes Bild erzeugt, zum Schaden des lokalen Fachhandwerkers vor Ort. In einem weiteren Beitrag hat die Tageszeitung in einer späteren Ausgabe schließlich noch Jugendliche gefunden, „die keinen Bock haben auf eine Ausbildung im Handwerk“. Nur um wiederum einige Ausgaben später erneut nachzulegen mit Azubis, denen es im Handwerk doch gut gefällt. Der Verdacht liegt nahe, dass man bei dieser Anzahl von Beiträgen von einer durchgeplanten Kampagne sprechen kann.

Noch ein interessanter Punkt: Die Bild-Redakteure verwechseln Installateure mit Klempnern. Damit treten sie (ungewollt) Zehntausenden Handwerkern auf die Füße. Aufgrund schlechter Recherche sowie der seit Jahrzehnten vorherrschenden öffentlichen Verwirrung um die Berufsbezeichnung werden rund 18 000 Klempner mit 250 000 Anlagenmechanikern gleichgesetzt, heißt es vonseiten des ibb (Internationaler Interessenbund Baumetalle).

Die SBZ hat zu dem Thema lesenswerte Meinungen von verschiedenen Branchenvertretern eingeholt. Sie rücken die Behauptungen der Zeitung ins rechte Licht und geben Tipps zum Umgang mit den Bild-Aussagen und der grundsätzlichen Problematik. Wir geben die Kommentare im Folgenden wieder.

Auf den nächsten Seiten lesen Sie außerdem ein Interview mit ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Bramann. Zudem greift auch unser Gastkommentar von Dr. Wolfgang Schwarz (Hauptgeschäftsführer Fachverband SHK Bayern) auf Seite 3 in dieser Ausgabe die „Klempner-Krise“ auf.

Meinung 1: Fachverband SHK Baden-Württemberg

Wolfgang Becker (Hauptgeschäftsführer): „Kunden klagen über lange Wartezeiten, Betriebe klagen über Nachwuchsmangel, Beschäftigte klagen über schlechte Löhne. Deutschland in der Klempner-Krise!“ Wenn ich diese Schlagzeilen lese, frage ich mich als Erstes, ob die Bild zur „Klage-Mauer“ verkommen ist. Gefolgt von dem Gedanken, ob die Herren und Damen in der Redaktion tatsächlich den Klempner meinen oder vor lauter Wehklagen schlecht recherchiert haben und tatsächlich wohl die Rede vom Anlagenmechaniker SHK ist?

Aussagen wie „Wer sich die Wohnung malern lassen oder die Heizung erneuern möchte, muss teilweise mit Wartezeiten von zwei Jahren rechnen“ pauschalisieren und schränken die eigene Glaubwürdigkeit mit Worten wie „teilweise“ und „rechnen“ ein. Weder sind konkrete Belege genannt noch Häufigkeiten solcher Fälle. Angesichts der ohnehin angeschlagenen Glaubwürdigkeit von Medien (Stichwort: Fake News) tun sie sich damit keinen Gefallen.

Wobei, sollte es die Absicht der Bild gewesen sein, auf den Fachkräftemangel hinzuweisen, dann ist das per se ja nichts Schlechtes. Auch wenn mal wieder jegliche Sachlichkeit verloren gegangen ist. Denn de facto können wir seit einigen Jahren wachsende Ausbildungszahlen vorweisen und auch die Zahl an Mitarbeitern im SHK-Handwerk ist gestiegen.

Speziell beim Anlagenmechaniker SHK (dem Bild-Zeitungs-„Klempner“) befanden sich in Baden-Württemberg im Jahr 2017 insgesamt 3921 Auszubildende in allen vier Lehrjahren, das waren 1,3 % mehr als im Vorjahr. 2016 hatten wir sogar ein Plus von 4,6 % gegenüber 2015. Betrachtet man den Gesamtzeitraum von 2012 bis 2017, so schauen wir auf einen Zuwachs an Lehrlingen von 10,8 %, also jährlich im Schnitt 2,2 %. Angesichts eines enormen demografischen Rückgangs an Jugendlichen im gleichen Zeitraum ist die Situation im SHK-Handwerk deutlich besser als manche Wahrnehmung.

Der Beruf des Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik gehört zu den drei beliebtesten Ausbildungsberufen im Handwerk, er ist so attraktiv, dass wir wachsen und sogar noch mehr Lehrlinge einstellen könnten. Schlagzeilen wie „Jugendliche scheuen eine Lehre im Handwerk“ sind pauschal nicht richtig und erweisen der Sache einen Bärendienst. Da halten wir es lieber mit der Kampagne unseres Wirtschafsministeriums „Ja zur Ausbildung!“.

Bei der Aussage „Bauleistungen steigen um 4 Prozent“ von „explodierenden Preisen“ zu sprechen, ist eben auch Bild-Zeitungs-Niveau. Angesichts der enormen Nachfrage sind 4 % eher bescheiden. Zumal beim Handwerker selbst oft nicht viel übrig bleibt, weil sowohl die Einkaufspreise deutlich steigen als auch die Tariflöhne.

In Tarifverhandlungen fordern die Gewerkschaften in der Regel derzeit 5 bis 6 %. Ob das angemessen ist, sei dahingestellt, nur sollte man wenigstens mit dem gleichen Maß messen – und sich klarmachen, dass steigende Tariflöhne gerade im personalintensiven Handwerk wiederum auf die Verbraucher und Kunden zurückfallen.

Und ist das nicht ein Paradebeispiel für Marktwirtschaft? Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Steigen die Verkaufspreise, verdient der Handwerker mehr, der Beruf wird attraktiver, es können noch bessere Löhne bezahlt werden, das zieht wiederum Nachwuchs und Mitarbeiter in die Branche. So kann die Nachfrage besser bedient werden. Derlei Preisbildungsprozesse brauchen eben eine Weile.

Ist dieser Bild-Zeitungs-Artikel nicht wie gemacht für den Gemeinschaftskunde-Unterricht in der Schule? Es können nicht nur volkswirtschaftliche Zusammenhänge analysiert werden, sondern auch die Wirkung von Boulevardjournalismus. Und on top kann noch eine Medienbeobachtung draufgesattelt werden, denn ich bin gespannt, welche Medien on- wie offline auf dieses Thema nun aufspringen werden.

Insofern sehen Sie mich von dieser „Krisen-herbei-Klagerei“ wenig schockiert. Ich sehe jede öffentliche Aufmerksamkeit als Chance, unsere SHK-Gewerke als das darzustellen, was sie sind: zukunftssichere Berufe in der modernen Haus- und Gebäudetechnik.

Meinung 2: bad & heizung AG

Dirk Schlattmann (Handwerksmeister und Vorstand): Allein der Titel „Klempner-Krise“ zeigt einmal mehr, wie wenig sich die „Bild“ um echte Aufklärung und sachliche Darstellung bemüht. Viel rote Farbe, ein paar triefende Einzelfälle und fertig ist die populistisch aufgemachte „Klempner-Krise“. Sogar die korrekte Berufsbezeichnung haben sich die Blattmacher verkniffen. Gleichwohl legt das Boulevardblatt den Finger in die Wunde von Fachkräfte- und Nachwuchsmangel. Unsere Monteure freut es sicherlich, wenn sie in fetten schwarzen Lettern lesen, wie wertvoll sie sind.

Und was nimmt der geneigte Leser mit? Handwerker sind rar und wertvoll? Ist doch eine tolle Botschaft für SHK-Handwerksbetriebe! Lassen Sie uns die Steilvorlage nutzen und sagen wir doch unseren Stammkunden einmal mehr, wie gut sie es bei uns haben. Die in unserer Handwerkerkooperation, der in Geislingen ansässigen bad & heizung AG, aktiven Betriebe bieten ihren Kunden ein Rundum-sorglos-Paket inklusive Wochenend-Notdienst. So ein Service muss natürlich auch bezahlt werden. Für Schnäppchenjäger, die nur „billig“ wollen, wird es eng, gute Handwerkerleistungen sind dafür nicht zu bekommen.

Trotzdem weisen immer noch zu viele Handwerksbetriebe nicht auskömmliche Verrechnungssätze aus. Allein der Materialaufschlag soll es bringen. Da müssen wir uns nicht wundern, dass Onlineshops à la Reuter florieren und SHK-Handwerksbetriebe wegen der transparenten Materialaufschläge als Abzocker dastehen. Solange immer noch viele Handwerkskollegen mit Stundenlöhnen von 35 Euro unterwegs sind, fällt es Full-Service-Betrieben schwer, die betriebswirtschaftlich notwendigen 60 bis 80 Euro Stundenlohn auszuweisen. Denn wenn nicht jetzt, wann dann? Die „Klempner-Krise“ arbeitet da für uns – es ist sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis auch der letzte Bauherr bzw. Renovierer erkannt hat, was die Stunde geschlagen hat.

Meinung 3: Team Handwerk e. V.

Stefan Scheelen (erster Vorsitzender): Wenn es jemand weiß, dann ganz sicher die Bild. In schöner Regelmäßigkeit wird in diesem Blatt mit Kanonenkugeln auf Spatzen geschossen. Es gibt in Deutschland wohl keine zweite Zeitung, die annähernd so viele Gegendarstellungen drucken muss, weil sie über das Ziel hinausschoss. Ja, auch wir bei uns haben schon davon gehört, dass es zu wenig Fachhandwerker geben und der Nachwuchs ausbleiben soll. Hier wird aber pauschal eine Parole herausgeschrien, wo man fälschlicherweise die „Klempner“ mit unserem SHK-Fachhandwerk in einen Topf wirft.

Also, Stand jetzt gibt es im SHK-Fachhandwerk keinen akuten Notstand. Wir würden uns zwar alle wünschen, dass unser Berufsbild in der Außendarstellung besser wegkommt, sich junge Menschen um unsere Ausbildungsplätze reißen und der Endkunde unserer Arbeit die Wertschätzung entgegenbringt, die wir verdient haben.

Wir sind aber weit davon entfernt, dass wir uns Sorgen um unsere Zukunft machen müssten. Das Fachhandwerk stellt sich wie eh und je den Herausforderungen und wird es auch zukünftig schaffen, dass junge Menschen den Weg zu einem handwerklichen Beruf finden.

Die profilierenden Angstschürer der Bild-Zeitung tun dem Fachhandwerk mit ihrer übertriebenen Berichterstattung keinen Gefallen. Sie sollten viel lieber von den abwechslungsreichen, zukunftssicheren Berufen berichten, die bei uns im Fachhandwerk zu finden sind. Unser Beruf ist sexy, hochtechnologisch und Garant für die Energiewende!

TIPP

Was Sie jetzt tun können

Die SBZ greift die Themen Fachkräfte- und Nachwuchsgewinnung, Imagewerbung und Profilierung gegenüber Verbrauchern in schöner Regelmäßigkeit auf. Um lokale Handwerksbetriebe in allen Belangen zu stärken. Passend zum Bild-Beitrag möchten wir Ihnen diese Artikel aus der SBZ empfehlen – garantiert reflektiert geschrieben:

SBZ 1-2019: Die #lustaufhandwerk zeigen

SBZ 20-2017: Hier bin ich Mensch, hier will ich arbeiten

SBZ 19-2018: Sechs Wege der Empfehlungswerbung