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Das lange Warten auf die Erstattung von Lohnkosten

In diesem Moment dämmerte mir, warum Föderalismus und Pandemie schlecht zusammengehen.

Liebe SBZ-Leser, ich verstehe den Föderalismus nicht mehr. Werfen Sie einen Blick mit mir in den journalistischen Alltag der SBZ. Vor einigen Tagen haben mich SHK-Handwerksunternehmer auf einen lästigen Umstand hingewiesen: Sie warten bis heute noch auf die „Erstattung von Lohnfortzahlungen gem. § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz“. Das heißt: Wer als Chef auf Mitarbeiter verzichten muss bzw. musste, die sich in häuslicher Quarantäne befanden, hat zwar deren Gehalt erst einmal weitergezahlt, auch wenn sie für ihn „unproduktiv“ waren. Er darf aber im Nachhinein auf eine Erstattung von staatlicher Seite hoffen. Ein im Grunde sehr feiner Zug der Regierung.

Aber ich hätte ganz sicher nicht diesen Text geschrieben, wenn alles glatt laufen würde. Denn leider zieht sich der Prozess ziemlich in die Länge, selbst nach bürokratischen Zeitmaßstäben. Ihre SHK-Kollegen haben mich darauf hingewiesen, dass sie bereits im November des vergangenen Jahres eine Erstattung beantragt hatten. Geschehen ist bis heute: nix.

Also, Start der Ursachenforschung. Ausführende Verwaltungsebene sind die Regierungspräsidien. Weil Ihr SBZ-Chefredakteur das Problem aber bei der Wurzel packen wollte, ist er mit seinen Fragen zur konkreten Handhabung der Anträge gleich zu Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gegangen. In der Annahme, sein Haus wäre im Zuge all der holperig laufenden Corona-Hilfszahlungen auch für das Thema „Erstattung von Lohnfortzahlungen gem. § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz“ zuständig. Aber Pustekuchen.

Die Hoheit über diesen Unterstützungstopf liegt im Bundesgesundheitsministerium, dem Verfasser des Gesetzes, sagte man mir. Also, Anfrage an Jens Spahn gerichtet. Lapidare Antwort: Das Haus könne keine Auskunft zu dem Prozess geben, zuständig für die Durchführung der Regelung seien die Länder. Aha. In diesem Moment dämmerte mir, warum Föderalismus und Pandemie einfach schlecht zusammengehen.

Schlussendlich ist Ihr SBZ-Chefredakteur doch wieder in den Presseabteilungen der Regierungspräsidien Stuttgart und Karlsruhe gelandet. Schriftlich teilten mir beide im gleichen Wortlaut mit: „Landesweit gab es zum Stichtag 06.04.2021 rund 98.000 Anträge von Arbeitgebern nach § 56 Abs. 1 IfSG. Von diesen wurden zum Stichtag rund 26.000 Anträge bewilligt. Es kann durchaus vorkommen, dass Anträge aus dem November 2020 noch nicht abschließend bearbeitet wurden.“ Laut Pressestelle liege der Bearbeitungsstau „aber nicht nur an der großen Zahl an Anträgen, sondern oftmals auch an unvollständigen Unterlagen, die erst nachgefordert werden müssen. Auch gab es in der Vergangenheit stellenweise Anpassung bei rechtlichen Aspekten.“ Könnte es nicht auch am Verfahren und an der personellen Ausstattung der Behörden an sich liegen? Die Antwort: „Den zuständigen Regierungspräsidien steht für die Abarbeitung der Anträge ein länderübergreifendes Fachverfahren zur Verfügung, das neben dem Land Baden-Württemberg von elf weiteren Bundesländern genutzt wird.“ Ach, Bürokratie.

Ich fasse zusammen: Im Bund wird etwas beschlossen, was an die Länder delegiert und von den Regierungspräsidien umgesetzt wird. Die dann doch wieder Ländergrenzen-übergreifend ein gemeinsames Verfahren bemühen. Bin nur ich jetzt leicht verwirrt? Jedenfalls fühle ich mich zu dieser Aussage hingerissen: Betrachtet man die ganze Prozesskette, dürften Ihre SHK-Kollegen dankbar sein, wenn die Erstattung irgendwann eintrudelt, am besten bevor die betreffenden Mitarbeiter in Rente gehen …
Bleiben Sie gesund!

Ihr

Dennis Jäger
SBZ-Chefredakteur

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