Einhebelmischer verursachen kritische Druckstöße.
Zahlen lügen nicht: Nach DIN 1988-200 darf in einer Trinkwasserinstallation der zulässige Betriebsüberdruck in Höhe von 10 bar nicht überschritten werden. Je nach Regelwerk und Umgebungsfaktoren wie etwa dem Fließdruck des Wassers gelten sogar 7 bzw. 8 bar als zulässige Grenzwerte. Die Angaben sind eindeutig, dennoch werden die Werte täglich in Zigtausenden Installationssystemen gerissen. Der Grund dafür ist so banal wie Händewaschen: Verantwortlich für Druckspitzen weit jenseits der genannten Werte ist die unsachgemäße Bedienung von Einhebelmischern in Bad und Küche.
Behutsam schließen – das hat jeder Installateur schon mal gehört. Mancher erzählt es seinen Kunden auch heute noch, wenn er Armaturen tauscht. Nur, beachtet wird dieser Hinweis viel zu wenig. In der Realität werden Einhebelmischer immer noch „zugeschlagen“, die Konstruktion verführt ja auch ein Stück weit dazu. Das geschieht meist unbedacht, in Eile oder wenn Kinder am Waschbecken loslegen. Ein im Grunde harmloser Vorgang, der jedoch risikobehaftet ist. Denn jede abrupte Unterbrechung des Wasserflusses erzeugt eine Druckwelle im Installationssystem, die je nach Gegebenheiten auch jenseits der 20 bar liegen kann.
Den Ernst der Lage hat der jüngste SBZ-Praxistest „Einhebelmischer und Druckstöße“ erschreckend deutlich aufgezeigt. Gemeinsam mit der Hochschule Esslingen hat die SBZ ermittelt, welche Formen und Auswüchse diese Druckspitzen annehmen können. Wir haben mehr als 30 Einhebelmischer (Bedienung von oben) auf ihr Druckstoßverhalten hin überprüft (Beitrag ab Seite 14 „Bitte nicht zuschlagen“). Der überwiegende Teil der Messreihen hat selbst unseren Experten Prof. Hans Messerschmid in Staunen versetzt, so weit befanden sich manche Ergebnisse jenseits der Grenzwerte (Interview ab Seite 22 „Spitzenwerte liegen über 24 bar“).
Das hat Folgen. In harmlosen Fällen führt der Effekt zu Komforteinbußen im Gebäude, vornehmlich durch „klopfende“ Rohrleitungen. Kritischer fällt da der Blick auf andere Bauteile in der Installation aus, die für solche Druckbelastungen nicht ausgelegt sind, bis hin zur Materialermüdung in der extremsten Ausprägung: einem Wasserschaden mit vermeintlich unbekanntem Auslöser. Ein Mittel dagegen kann der Einbau eines Wasserschlagdämpfers sein (mehr dazu im Beitrag ab Seite 26).
Die Krux an der Sache ist, dass es für andere Armaturenarten, z. B. für elektronische Sanitärarmaturen, eine Produktnorm für die Herstellung gibt, die genau vorschreibt, wie schnell bzw. langsam die Armatur schließt und wie hoch der maximale Druckstoß sein darf, der von ihr ausgeht. Nach dem SBZ-Praxistest stellt sich uns in der Redaktion wie auch den Kollegen um Prof. Messerschmid an der Hochschule Esslingen vor allem eine Frage: Warum gibt es solch eine Produktnorm nicht auch für manuell bedienbare Sanitärarmaturen – vor allem für Einhebelmischer? Antworten auf diese Frage gibt es in der nächsten SBZ, Ausgabe 6-2021 (erscheint am 7. Mai).
Wir bleiben dran.
Herzlichst,
Ihr
Dennis Jäger
SBZ-Chefredakteur