SBZ: Herr Müller, der Fachkräftemangel sorgt mittlerweile sogar in der Tagespresse für Schlagzeilen. Trifft es die SHK-Branche im Besonderen?
Andreas Müller: Das SHK-Handwerk kämpft – wie andere Branchen auch – gegen den zunehmenden Fachkräftemangel. Auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist dies momentan ein grundlegendes Problem. Dank einer ungebrochen guten wirtschaftlichen Entwicklung ist die Auftragslage sehr gut, bedeutet im Umkehrschluss aber auch einen höheren Bedarf an Fachkräften.
SBZ: Die SHK-Berufsorganisation muss sich mit der Kritik auseinandersetzen, dass sie über zu wenig Fachkräfte verfügt. Mal zweifeln Hersteller, mal ein Politiker, mal die Verbraucherverbände oder die Wohnungswirtschaft daran, dass die Aufgaben durch das SHK-Handwerk zeitnah realisiert werden können. Schließlich soll die Modernisierungsrate im Bereich Heizung verdoppelt werden. Auch geht es um eine Vielzahl dringend benötigter barrierefreier Bäder. Führt die komfortable Lage in den Auftragsbüchern zum Notstand auf hohem Niveau?
Müller: Die Politiker und sonstige Schlauberger sollen mal schön die Füße stillhalten und zusehen, dass sie ihre eigenen Arbeiten in Berlin und Brüssel erledigt bekommen. Die SHK-Unternehmen haben im letzten Jahr über 700 000 Heizungsanlagen und über 500 000 Bäder installiert. Da der Arbeitsmarkt leider nicht mehr gut ausgebildete Fachkräfte hergibt, sind wir stärker denn je darauf angewiesen, den dringend erforderlichen Nachwuchs selbst auszubilden und bei den SHK-Betrieben zu halten. Abwerbungen durch Marktpartner sind zum Beispiel für den ZVSHK inakzeptabel. Bekanntlich hat die SHK-Berufsorganisation mit ihren 17 Landesverbänden die bundesweite Nachwuchskampagne „Zeit zu starten“ ins Leben gerufen.
SBZ: Zeigt das Erfolg?
Müller: Die Ausbildungszahlen befinden sich in den letzten Jahren langsam wieder im Aufwärtstrend. Unsere Mitgliedsbetriebe bilden gegenwärtig ca. 35 000 junge Menschen aus. Das ist eine beachtliche Leistung.
SBZ: Das Vermarktungskonzept Elements einer Großhandelsgruppe umfasst nicht mehr nur das Bad, sondern dehnt sich jetzt auf den Bereich Heizung aus. Ist diese Initiative des Großhandels eine Bereicherung für den dreistufigen Vertriebsweg? Oder weist die Entwicklung für das Fachhandwerk in die falsche Richtung?
Müller: Es geht nicht darum, auf plakative Art zu bewerten, ob das Konzept eines Großhändlers aus Sicht der Handwerksorganisation gut oder schlecht ist. Viel wichtiger sind die Entwicklungen, die im Markt zu erkennen sind. Entscheidend ist, wie der hohe Qualitätsstandard, der das Leistungsbündnis der deutschen SHK-Branche im nationalen wie internationalen Vergleich über Jahrzehnte prägte, in Partnerschaft und auf Augenhöhe der Marktpartner gegenüber neuen Wettbewerbern erhalten werden kann. Verkaufsausstellungen, egal ob vom Handwerk oder Großhandel betrieben, können hierzu einen Beitrag leisten, aber im ungünstigsten Fall auch das Leistungsbündnis schwächen. Insbesondere dann, wenn der wirtschaftliche Erfolg bei einem Partner ausbleibt.
SBZ: Was bedeutet das konkret?
Müller: Der traditionelle Absatzweg der SHK-Branche sieht sich konfrontiert mit der zunehmenden Globalisierung der Märkte und nicht zuletzt durch die Digitalisierung. Der Onlinehandel führt zwangsläufig zu ganz neuen Informations- und Angebotsstrukturen. Das Kundenverhalten ändert sich. Ebenso verändern sich die Anforderungen an die Produkt-, Lieferungs-, Service- und Dienstleistungsqualität. Auf diese Entwicklungen muss die SHK-Branche partnerschaftliche Antworten finden und geben.
SBZ: Beginnt dadurch die Marktpartnerschaft zwischen Handwerk und Großhandel zu wackeln?
Müller: Nein, ganz bestimmt nicht. Sie verändert sich aber, ohne dass wir die grundsätzliche Marktpartnerschaft aufgeben.
SBZ: Was ist dabei wichtig?
Müller: Unsere Leitlinien der Zusammenarbeit mit dem Großhandel schließen den gegenseitigen Wettbewerb aus, sie achten die unternehmerischen Grundfreiheiten, die freie Kundenwahl, die freie Produktwahl sowie die freie Vertragsgestaltung. Entscheidend ist die Preis- und Kalkulationsfreiheit. Dies gilt im Übrigen auch für die Nutzung von Ausstellungen des Großhandels.
SBZ: Genau diese genannten Merkmale sind es gewesen, die beim Start von Elements vor drei Jahren großen Argwohn in der SHK-Handwerksorganisation ausgelöst haben. Ist von den Befürchtungen nichts geblieben? Schließlich soll Elements jetzt seinen Wirkungskreis auch noch erweitern.
Müller: Die Bewertungsmaßstäbe für alle „Partnermodelle“ sind und bleiben die unternehmerischen Grundfreiheiten. „Abhängigkeitsmodelle“, in die Handwerksunternehmer freiwillig oder unfreiwillig hineingeraten, finden verständlicherweise keine mehrheitliche Unterstützung in der Handwerksorganisation.
SBZ: Wo setzt Ihre Kritik an?
Müller: Die Digitalisierung wird, so ist unsere Prognose, zu sogenannten digitalen Abhängigkeiten führen. Sich diesen technischen Weiterentwicklungen zu verweigern, würde allerdings keine Lösung bringen. Der ZVSHK will in der Marktpartnerschaft klarstellen, dass Mehrwerte nur durch eine Kooperationsstrategie geschaffen werden können. Die Digitalisierung installiert halt noch keine Heizung.
SBZ: Noch zu einem weiteren Brennpunkt der Branche. In den letzten Jahrzehnten hat es zahlreiche Fälle gegeben, in denen kommunale Versorger versucht haben, über eigene Fachbetriebe und Dienstleistungsangebote in den Wettbewerb zum SHK-Fachhandwerk einzutreten. Sind Stadtwerke und Energieversorger weiterhin erklärte Partner des SHK-Handwerks – oder zunehmend Konkurrenten?
Müller: Es ist richtig, dass einige Energielieferanten versuchen, den Verkauf heiztechnischer Produkte an die Energielieferung – zum Beispiel Gas oder Strom – zu koppeln. Damit treten diese Unternehmen dann in den unmittelbaren Wettbewerb zum lokalen Heizungsbauerhandwerk.
SBZ: Haben sich diese einzelnen Versuche mittlerweile zu einem Trend weiterentwickelt? Verschärft sich die Entwicklung gar?
Müller: Ob man hier schon von einem Trend sprechen kann, können wir nicht beurteilen, weil hierzu eine belastbare Datengrundlage fehlt. Wird das Handwerk innerhalb dieser Kopplungsgeschäfte allerdings nur zum Schrauber degradiert, so lehnen wir diese Wettbewerbsverzerrungen entschieden ab.
SBZ: Es gibt doch klar definierte Leitlinien in der Zusammenarbeit zwischen den Energieunternehmen der Erdgasversorgung und dem SHK-Handwerk?
Müller: In der Tat gelten weiterhin die Leitlinien der Zusammenarbeit zwischen ZVSHK und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Dort ist festgehalten, dass bei allen Vermarktungsaktivitäten der „gemeinsame Kunde“ im Mittelpunkt stehen soll, der von den jeweiligen Partnern in der Regel mit unterschiedlichen Leistungen bedient wird, die bestmöglich aufeinander abgestimmt sein sollten.
Info
SHK-Branche auf Erfolgskurs
Trotz eines sehr engen Arbeitsmarktes wächst die Anzahl der Beschäftigten seit zehn Jahren kontinuierlich um durchschnittlich 1 % pro Jahr. Dennoch fehlen gut ausgebildete Fachkräfte. Bei einer leicht rückgängigen Anzahl von 50 812 Betrieben ist die Zahl der Beschäftigten 2017 gegenüber dem Vorjahr zwar auf 369 219 gestiegen, der derzeitige Bedarf bei einem extrem hohen Auftragsbestand ist aber ungleich höher. So berichtete im Jahr 2017 mit 46 % fast jeder zweite SHK-Innungsbetrieb über offene Stellen. Der durchschnittliche Auftragsbestand der Betriebe lag 2017 bei rund elf Wochen.
Profitiert hat das SHK-Handwerk in den letzten Jahren vom ungebrochenen Bauboom in Deutschland und vom Modernisierungsgeschäft bei Bädern und Heizungen. 71,8 % Umsatzanteil stammen aus dem Modernisierungsgeschäft. Der Umsatzanteil beim Neubaugeschäft lag bei 28,2 %. Hauptkundengruppe waren mit einem Anteil von 61,2 % die privaten Auftraggeber – gefolgt von gewerblichen Kunden (15,2 %), Wohnungsbaugesellschaften (14,6 %) und der öffentlichen Hand (9,0 %).