SBZ: Herr Bramann, der Begriff Digitalisierung begegnet einem derzeit überall - verstärkt auch im Handwerk. Warum ist es so wichtig, sich mit dem Thema zu befassen?
Helmut Bramann: Digitalisierung ist neben der Fachkräftesicherung die wichtigste Herausforderung für die Zukunftssicherung im SHK-Handwerk, davon bin ich überzeugt. Wir als Verbandsorganisation müssen uns, genau wie jeder einzelne SHK-Betrieb, damit auseinandersetzen.
SBZ: Weshalb?
Bramann: Interne Betriebsabläufe bei Planung, Einkauf, Produktion oder Logistik im SHK-Handwerk erfolgen zunehmend digital. Die neuen digitalen Technologien ermöglichen Angebotserweiterungen bzw. die Skalierung bestehender Geschäftsmodelle durch digitale Erreichbarkeit größerer Kundengruppen. Onlineportale bieten nicht nur die Produkte an, sondern verkaufen die Handwerksleistung – ein komplettes Bad, Heizungsmodernisierung – gleich mit. Die Kundenansprache verlagert sich ins Internet.
Dazu kommt: Im SHK-Bereich werden auch die Produkte intelligent. Die Haustechnik im sogenannten smarten Haus vernetzt sich und kommuniziert digital mit Nutzern, Betreibern und Wartungsdienstleistern. Hier entstehen neue Berufschancen für das SHK-Handwerk, die nur erfolgreich wahrgenommen werden können, wenn der Zugriff auf die erforderlichen Daten gesichert ist. Nicht zuletzt wird auch die Interaktion mit Lieferanten, Kooperationspartnern und in Kundennetzwerken zunehmend digital.
SBZ: Was bedeutet das für einen Verband?
Bramann: Diese Entwicklungen verfolgen wir als Verbandsorganisation sehr genau, versuchen in die richtige Richtung zu lenken und entwickeln gezielte Hilfestellungen für unsere Innungsbetriebe. Unser Ziel ist, das SHK-Handwerk mit digitalen Angeboten so auszustatten, dass der Betrieb beim Kunden seine Rolle als unabhängiger Berater, Planer und ausführender Betrieb auch in Zukunft optimal wahrnehmen kann.
SBZ: Herr Bramann, inwiefern unterstützt der ZVSHK seine Mitgliedsverbände und deren Innungsmitglieder bei diesem Prozess?
Bramann: Wir bieten bereits heute Software wie ZVPlan, ZVTool und weitere digitale „Helfer“ an, mit denen Innungsbetriebe ihre Geschäftsprozesse optimieren können. Wir unterstützen beim Auf- und Ausbau einer eigenen Onlinepräsenz und bieten u. a. in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Digitales Handwerk ein umfassendes Beratungsangebot. Derzeit in Entwicklung sind zudem eine digitale Wartungsplattform sowie ZVConnect als neuartiges herstelleroffenes und intelligentes Smarthome-Angebot.
SBZ: Ein wichtiges Thema ist auch die Qualität der Artikelstammdaten.
Bramann: Über die Datenplattform Open Datapool unter www.open-datapool.de bündelt der ZVSHK für das SHK-Handwerk qualitätsgeprüfte Produktdaten (Stammdaten, Plandaten, Bilddaten, Videos etc.) der Industrie auf einer Plattform. Dieser Datendienst ist bereits heute der größte in der SHK-Branche und bildet alle wichtigen Datenformate ab. Es sind rund 500 Lieferanten mit 1,7 Millionen qualitätsgeprüften Artikelstammdaten präsent. Vorgeschaltet ist eine Qualitätsprüfung, die auf einer gemeinsam zwischen Herstellern, Handel und ausführenden Unternehmen vereinbarten Datenqualitätsrichtlinie fußt. Die Mitgliedsunternehmen erhalten damit entlang der Wertschöpfungskette im Handwerk alle prozessrelevanten Informationen qualitätsgeprüft und aktuell.
SBZ: Herr Dr. Henning, im Juni haben der Deutsche Großhandelsverband Haustechnik und der ZVSHK eine engere Zusammenarbeit in der Digitalisierung der Branche beschlossen. Ist für die Digitalisierung nicht jedes Unternehmen selbst verantwortlich?
Dr. Hans Henning: Für die Teile der Digitalisierung, die man tatsächlich sieht, sprich Onlineshops und Serviceportale, ist natürlich jedes Unternehmen selbst verantwortlich – da haben Sie recht. Allerdings ist der Onlinehandel nur ein Baustein der Digitalisierung. Die Basis bilden optimierte, digitale Prozesse, die oft unbemerkt im Hintergrund ablaufen. Essenziell für den Erfolg sind gemeinsame Standards oder Plattformen für den Transfer von Daten und die Verständigung auf eine für alle ausreichende Datenqualität. Wenn jeder Händler oder Handwerker mit einer Vielzahl an Datenformaten arbeiten muss und fallweise einzelne Details beim Hersteller gesondert anfragt, verlieren wir wertvolle Zeit in der Auftragsbearbeitung. Hier helfen gemeinsame Plattformen wie Open Datacheck und Open Datapool.
SBZ: Herr Bramann, was ist aus Ihrer Sicht der Grund für eine engere Zusammenarbeit mit dem Deutschen Großhandelsverband Haustechnik?
Bramann: Datenformate und Transferstandards sind der Schlüssel zur durchgängigen Datenkommunikation in der SHK-Branche, da sind wir uns mit dem DG Haustechnik einig. Das brauchen wir auch, um den Open Datapool mit seinen qualitätsgeprüften Daten in die Prozesse des Handwerks zu tragen und dessen Produktivität zu steigern.
Aktuell bereiten wir zum Beispiel die Ablösung des Stammdatenformates Datanorm durch ein modernes, leistungsfähigeres XML-Format vor. Weitere Projekte drehen sich um die durchgängige Digitalisierung des Bestell-, Auftragsbestätigungs- und Lieferungswesens bis zur Verarbeitung im Warenwirtschaftssystem des Handwerks. Dabei beziehen wir natürlich die Hersteller und Softwarehäuser des Handwerks offen und partnerschaftlich ein. Unser Ziel ist, alle für die Geschäftsprozesse des SHK-Handwerks erforderlichen Daten an einer Stelle qualitätsgesichert zur Verfügung zu stellen und mittels funktionierender moderner Schnittstellen direkt in die Prozesse des Handwerks zu transferieren.
Im Bereich der Prüfung und Qualitätssicherung eingelieferter Daten arbeiten wir übrigens schon seit Längerem mit dem DG Haustechnik und dem dort betriebenen Instrument Open Datacheck zusammen.
SBZ: Was genau ist Open Datacheck?
Dr. Henning: Open Datacheck ist ein Webservice, den der DG Haustechnik 2016 in Zusammenarbeit mit der ITEK GmbH für seine Mitglieder ins Leben gerufen hat. Hier können Lieferanten ihre Produktdaten schnell und komfortabel in den Formaten XML, Excel und CSV im Tool hochladen. Das Tool prüft die Daten gegen die Vorgaben der gemeinsamen Datenqualitätsrichtlinie und findet eventuelle Fehler, Auslassungen und Dopplungen. Der abschließende Prüfbericht ist als PDF abrufbar und hilft den Lieferanten bei der Optimierung der Daten.
SBZ: Herr Dr. Henning, was ist neu durch die jüngste Kooperation der Verbände?
Dr. Henning: Durch die Kooperation zwischen ZVSHK und DG Haustechnik entsteht zunächst nichts Neues. Wir haben vor allem die Basis für weitere gemeinsame Aktivitäten gelegt. Aktuell nutzen wir die bestehenden Synergieeffekte, da die beiden Systeme Open Datacheck und Open Datapool im Prinzip gut funktionieren und im Markt bereits etabliert sind. Aber die Wege werden jetzt kürzer. Der Lieferant muss nur eine Plattform bedienen. Er lädt seine Daten über Open Datacheck hoch und diese sind sofort auch über Open Datapool verfügbar, wenn er sich für die Weitergabe über Open Datapool entscheidet.
Die Prozesse werden – auch durch die gemeinsame Definition der Anforderungen an die Daten – für alle Beteiligten schneller und schlanker. Langfristig planen wir, über die Stammdatenthemen hinaus gemeinsam alle Prozesse des Handwerks zu digitalisieren.
SBZ: Ein gemeinsamer Ausblick, wo geht die Reise hin?
Dr. Henning: Wir als DG Haustechnik arbeiten seit Jahren eng mit dem ZVSHK zusammen. Für optimale Prozesse und eine erfolgreiche Branche ist es wichtig, im ständigen Dialog zu stehen und die aktuellen Bedürfnisse entlang der Lieferkette genau zu kennen. Digitale Prozesse vom Hersteller über den Großhandel bis hin zum Handwerk sind nur dann sinnvoll, wenn wir alle mit den gelieferten Daten arbeiten können. Sobald auf einer Stufe händisch nachgearbeitet werden muss, verlieren wir wertvolle Ressourcen. Daran werden wir weiter arbeiten, zum Nutzen der Branche.
Bramann: Dem ist kaum etwas hinzuzufügen. Als ZVSHK ist es natürlich unser Ziel, über das dreistufig vertriebene Produktspektrum hinaus alle relevanten Anbieter im SHK-Bereich einzubeziehen und unserem Handwerk auch Produktbereiche für Leistungen aus einer Hand zur Verfügung zu stellen – unter anderem aus den Bereichen Elektro, Fliesen, Trockenbau, Metalldach und mehr.
SBZ: Herr Bramann, Herr Dr. Henning, vielen Dank für das Gespräch.
Info
Zusammenarbeit intensivieren
Bei einem Treffen beider Vorstände in Berlin Anfang Juni haben der Deutsche Großhandelsverband Haustechnik (DG Haustechnik) und der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) eine Zusatzvereinbarung zu dem seit 2014 bestehenden Kooperationsvertrag unterzeichnet. Ein wesentlicher Punkt dabei ist die Zusage des DG Haustechnik, die Nachwuchskampagne „Zeit zu starten“ des ZVSHK weiterhin aktiv zu unterstützen. Darüber hinaus spezifizieren die beiden Spitzenverbände in der SHK-Branche die Weiterentwicklung gemeinsam getragener Branchenstandards sowie Optimierungsmöglichkeiten in den Vertriebs- und Geschäftsprozessen.
DG Haustechnik und ZVSHK wollen sich unter anderem gemeinsam starkmachen für eine schnellstmögliche Ablösung des bisherigen Datanorm-Formates durch den neuen, moderneren Standard Open Masterdata. Zudem soll die Datenqualität innerhalb der SHK-Branche weiter verbessert werden. Dies betrifft insbesondere eine über die Stammdaten hinausgehende Plandatenqualität, Begleitdokumentation und die Ergänzung von Ersatzteilkatalogen.
Das vom Handwerk betriebene Datenportal für qualitätsgeprüfte Herstellerdaten (Open Datapool) und das Datenportal des Großhandels (Open Datacheck) arbeiten gemäß Zusatzvereinbarung zukünftig noch enger zusammen mit dem Ziel, dem SHK-Handwerk perfekte Stammdaten zur Verfügung zu stellen. Dabei wird sichergestellt, dass Open Datapool und Open Datacheck die gleiche Datenqualität erhalten. Der DG Haustechnik will in diesem Kontext seinen Mitgliedern die Verteilung der Produktdaten von Handels- und Exklusivmarken des Großhandels über Open Datapool empfehlen.
Zur weitergehenden Optimierung der Prozesse in Großhandel und SHK-Handwerk soll eine Projektgruppe mit Vertretern aus Handwerk, Großhandel und Softwareanbietern etabliert werden. Sie soll konkrete Prozesse optimieren helfen, wie etwa die automatische Erstellung eines digitalen Lieferscheins für alle Lieferungen und Abholungen, die im Warenwirtschaftssystem des Handwerks verarbeitet werden.
Die Zusatzvereinbarung dokumentiert auch noch eine Absichtserklärung beider Verbände, bei der Umsetzung des Verpackungsgesetzes zu kooperieren. Demnach wollen sich ZVSHK und DG Haustechnik gemeinsam für die praxisgerechte Entsorgung von Verpackungen mithilfe einer Branchenlösung einsetzen.