SBZ: Die Hersteller von Brennstoffzellengeräten sprechen von verkauften Stückzahlen im dreistelligen Bereich für 2016. Sehen Sie ein Anziehen des Markts für 2017 bzw. mit welchen Stückzahlen rechnen Sie für das laufende Jahr?
Markus Staudt: Für das laufende Jahr rechnen wir damit, mindestens 1000 Brennstoffzellen-Heizgeräte zu verkaufen. Die Zahlen der KfW machen uns optimistisch: Seit Start des Förderprogramms im August 2016 werden bislang monatlich durchschnittlich 100 Anlagen gefördert. Das ist ein guter Anfang.
SBZ: Wird die Brennstoffzelle eher ein Nischenprodukt bleiben oder erwarten Sie eine Erfolgsstory?
Staudt: Der Heizungsmarkt braucht Brennstoffzellen-Heizgeräte, um einen neuen Lebenszyklus von Gasgeräten einzuleiten. Brennwerttechnik und Solarwärme sind Standardprodukte, die wir ständig verbessern. Mit der Brennstoffzelle haben wir aber eine weitere Effizienzsteigerung erreicht, die Geräte bieten auch mehr als eine herkömmliche Heizung. Sie erzeugen Wärme und Strom und tragen dazu bei, dass Verbraucher unabhängiger von der Strompreisentwicklung sind. Wir streben selbstverständlich an, die Technologie aus der Nische herauszuführen. Die Produktionskapazitäten passen die Unternehmen flexibel der Nachfrage an, sodass wir den Weg hin zu größeren Stückzahlen Schritt für Schritt begehen.
SBZ: Aber die Dekarbonisierung wird seitens der Politik vorangetrieben. Hier steht vor allem Strom als zukünftige Energiequelle im Blickpunkt. Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die Entwicklung des Gasgerätemarkts im Allgemeinen und der Brennstoffzelle im Besonderen?
Staudt: Der Gasgerätemarkt ist ein Zukunftsmarkt. Mit erneuerbarem Gas aus Biomasse und Power-to-Gas sinken die Emissionen von CO2 sowieso, durch den Einsatz der Brennstoffzelle zusätzlich um mindestens 30 %. Das sind wichtige Beiträge zum Klimaschutz und der Dekarbonisierung im Wärmemarkt. Betrachtet man ferner den hohen Anteil von Gasgeräten im Heizungsbestand und die Präferenz der Bauherren für Gastechnologien, so wird der Bedarf an Gasheizungen auch in den nächsten Jahrzehnten anteilig am größten sein. Wer einen Erdgasanschluss nutzt, wird schon allein aus technischen Gründen nicht mal eben auf Elektro-Wärmepumpen setzen.
SBZ: Vaillant legt die Entwicklung der Brennstoffzelle auf Eis. Was bedeutet das Aussetzen Vaillants für die Branche?
Staudt: Das Aussetzen der Markteinführung führt natürlich zu Diskussionen über die Relevanz der Brennstoffzellentechnologie. Es ist aber ganz einfach: Die Brennstoffzelle ist eine der effizientesten Heiztechniken, die es derzeit gibt. Sie hat gegenüber anderen Geräten den Vorteil, im erdgasdominierten Gebäudebestand eingesetzt werden zu können. Zudem bekommen Brennstoffzellen von der Politik Rückenwind. Das KfW-Förderprogramm ist ausgezeichnet ausgestattet und zeigt, dass Brennstoffzellen für Politik und Industrie eine Win-win-Situation darstellen. Als Interessengemeinschaft, die die Technologie von den ersten Feldtests bis zur Etablierung des attraktiven Förderprogramms und dem jetzigen Markthochlauf begleitet hat, überrascht uns natürlich der Zeitpunkt der Marktaussetzung. Es ist die unternehmerische Entscheidung eines Unternehmens, die wir respektieren, die aber das Engagement der übrigen Marktteilnehmer in keiner Weise bremst.
SBZ: Als offiziellen Grund führt Vaillant fehlende Wirtschaftlichkeit an. Halten Sie das für eine Fehleinschätzung bzw. warum gehen andere Hersteller von einer Wirtschaftlichkeit aus?
Staudt: Wenn wir die Wirtschaftlichkeit von Brennstoffzellen-Heizgeräten aus Unternehmenssicht perspektivisch nicht sehen würden, wäre der Einsatz für diese Technologie sowieso fraglich. Bei Produkten wie der Brennstoffzelle müssen wir anteilig pro abgesetztem Gerät anfangs selbstverständlich mehr investieren als bei Dauerläufer- und Mengenprodukten wie einer Brennwertheizung. Das liegt in der Natur von Lebenszyklen. Die Erwartungen von Politik und Industrie sind derart, dass wir die Brennstoffzellen-Stückzahlen hochfahren möchten, um durch Skaleneffekte Kostendegressionen zu erzielen. Natürlich wäre dieser Weg einfacher zu beschreiten, wenn alle großen Marktakteure diesen verfolgen.
SBZ: Trotz Förderung durch die KfW stellt eine Brennstoffzelle nach wie vor eine hohe Investition dar. Von einer Amortisation über Einsparungen am Brennstoff und am Strom kann hier nur schwer gesprochen werden. Wie soll der Handwerker dem Endkunden eine Brennstoffzelle schmackhaft machen?
Staudt: Mitsamt Förderung lässt sich schon heute die Wirtschaftlichkeit von Brennstoffzellen-Heizgeräten abbilden. Die Mehrkosten werden durch die Eigennutzung von Strom, die Einspeisung und auch die Vergütung durch das KWKG wieder eingespielt. Wirtschaftlichkeit ist aber für die Käufer solcher Anlagen nicht das einzig schlagende Argument. Der Mehrwert besteht unter anderem in der Zukunftsfähigkeit, die sich in geringen Emissionen, der Eigenproduktion von Strom und der Vernetzung mit smarten Applikationen darstellt.
SBZ: Zusätzlich zur Wartung der Spitzenlast-Gasgeräte muss ja auch die Brennstoffzelle an sich gewartet bzw. eventuell der Stack ausgetauscht werden. Kommen hier unkalkulierbare Kosten auf den Kunden zu, zum Beispiel durch die Lebensdauer der Stacks?
Staudt: Nein, Käufer einer Brennstoffzelle haben Investitionssicherheit. Dafür sorgt allein schon der Gesetzgeber, der die Inanspruchnahme des Förderprogramms an einen Vollwartungsvertrag von zehn Jahren koppelt, der sogar förderbar ist. Der Austausch eines Stacks ist Teil dieser Verträge. Für die Kunden gibt es keinerlei Risiko.
SBZ: Sehen Sie in naher Zukunft stark sinkende Investitionskosten für Brennstoffzellen?
Staudt: Ja, die Kosten werden mit steigenden Stückzahlen sinken. Das ist unser erklärtes Ziel und der Plan, den wir verfolgen. Das ist im Übrigen bei allen neuen Technologien so, dass Menge und Kosten korrelieren. Die Brennstoffzelle stellt da keine Ausnahme dar.
SBZ: Vielen Dank für das interessante Gespräch!