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Was der Kunde wirklich will

Bei der Befragung zur aktuellen Wohnsituation zeigt sich auf der Skala von 1 (sehr zufrieden) bis 6 (sehr unzufrieden) eine durchschnittliche Bewertung zwischen 2 und 3. Den höchsten Zufriedenheitswert erhält zuerst einmal das Wohnzimmer. Es folgen das Schlafzimmer, dann gleichauf Küche, Garten und Kinderzimmer. Die geringste Zufriedenheit gibt es bei Fitness und Wellness, gefolgt von den Bereichen Bad, Elektrik / Vernetzung und dem Arbeitszimmer (Bild 1). Gerade für den Bereich Elektrik / Vernetzung gibt es kaum sehr zufriedene Rückmeldungen. Betrachtet man auf der anderen Seite die geäußerten Renovierungswünsche, so erkennt man eine hohe Priorität bei Bad / Wellness vor neuen Möbeln, einem neuen Innenanstrich, einer neuen Außengestaltung und einer neuen Heizung noch vor einem kompletten Umbau / Anbau.

Deutlich geringer ist der Wunsch nach einer Smart-Home-Ausstattung, altersgerechtem / barrierefreiem Wohnen, dem Außenanstrich und neuen Bodenbelägen. Abgeschlagen am Ende folgen die Wärmedämmung sowie eine umfassende Haussanierung und der Bereich neue Elektrik. Derzeit überhaupt nicht mehr aktuell ist das Thema Solar / Photovoltaik. Als Ergebnis bleiben die folgenden Aussagen:

  • Bad / Fitness und Wellness laufen parallel hinsichtlich geringer Zufriedenheit und hohem Renovierungswunsch und werden als sehr wichtig bewertet.
  • Die Elektrik / aktuelle Vernetzung im Haus führt zu wenig Zufriedenheit und bietet Potenziale, dennoch ist hier derzeit kaum ein Renovierungswunsch erkennbar.
  • Der Innenanstrich und eine neue Außengestaltung haben eine sehr hohe Priorität bei den Renovierungswünschen. Dies resultiert aus der Tatsache, dass diese wahrscheinlich als unproblematisch und gut machbar erscheinen und gleichzeitig über die optischen Veränderungen eine hohe positive Wirkung bei den Bewohnern erzielen.

Hemmnisse für eine Durchführung der Renovierung

Auch wenn grundsätzlich ein hoher Bedarf im Hinblick auf die Renovierung vorliegt (latenter Bedarf), bedeutet dies nicht, dass dieser auch wirklich zur Umsetzung kommt im Hinblick auf eine kaufkräftige Nachfrage. Die größten Hemmnisse für eine Durchführung der Renovierung sind, wie Bild 2 zeigt, das Thema „Keine Zeit für Projektabwicklung“ (36,1 %) und die Bequemlichkeit (31,8 %). Dann folgen aber schon die Angst vor der Kostenexplosion (29,9 %) und die niedrige Priorität der Geldausgaben für die Renovierung (25,9 %) sowie die Tatsache, dass sich die Investition nicht rechnet (mit 21,9 %). Dies sind alles Themen, die mit den Kosten der Renovierung in Verbindung stehen. Weitere Hemmnisse sind Schmutz / Störung beim Wohnen (23,1 %), Mangel an zuverlässigen Handwerkern (14,8 %), zu erwartender Ärger beim Projekt (13,6 %), unkalkulierbare Gefahren wie Schimmelbildung bei Wärmedämmung (8,3 %) sowie typische Probleme infolge der Renovierung, deren Durchführung und weitere Konsequenzen.

Hemmnisse – verursacht durch Medien und Gesetzgebung

Als letzter großer Block zeigen sich die Sorgen, welche durch entsprechende Sendungen im Fernsehen sicherlich noch geschürt werden. Dies beginnt mit der großen Verunsicherung durch widersprüchliche Informationen, z. B. zur Wärmedämmung (8 %), Angst vor Nichtfunktion (5,6 %), keine Zukunftssicherheit der Technik wie Brennstoffzelle oder Gasheizung (4 %), Gefahr virtueller Einbrüche und Datenunsicherheit bei Smart-Home (3,4 %). Gerade für den Bad/Wellness-Bereich ist die Erwartung von Schmutz / Störung beim Wohnen und Ärger beim Projekt eine riesige Barriere für die Umsetzung, ebenso wie die Angst vor der Kostenexplosion, welche durch die Komplexität des Projektes enorm hoch ist. Die eigene Projektabwicklung ist hier sehr riskant für den Eigentümer und daher siegt die Bequemlichkeit, auch wenn die Frau des Hauses mit der Ist-Situation nicht zufrieden ist.

Weitere Hemmnisse oder Anreize kommen von der Gesetzgebung. Derzeit wurde z. B. die erwartete Förderung von energetischen Renovierungsmaßnahmen wieder gekippt. Von der Gesetzgebung erwartet der Kunde, wie Bild 3 zeigt, konkret:

  • mehr Förderung für Energieeinsparung (42 %), mehr Förderung für die Schaffung von Wohneigentum (36,1 %) bzw. mehr Förderung für bezahlbares Wohnen (28,7 %) sowie allgemein
  • weniger Einmischung und Vorgaben (27,2 %) und klare stabile Vorgaben (24,7 %).

Wichtiger als der Preis ist das Vertrauen

Interessant ist, dass 32,4 % der Kunden direkt zum Handwerker des Vertrauens gehen, ohne erst einmal an den Preis zu denken (Bild 4). Hier spielt die Erfahrung mit dem Handwerker, der den Kunden fair behandelt hat, eine wichtige Rolle. Faires und langfristiges Denken beim Handwerker rechnet sich, durch die Mundpropaganda muss er kein eigenes Marketing machen und häufig auch keine detaillierten Angebote erstellen, woraus sich für ihn geringe Nebenzeiten ergeben.

Es muss die Zielsetzung des guten Handwerkers sein, über das Vertrauen der Kunden Aufträge zu erhalten, die für beide Parteien, Handwerker wie Kunden, eine Win-win-Situation schaffen. Die Angebotsumwandlungsquote ist ein sehr guter Indikator hierfür und sollte sehr hoch liegen, möglichst deutlich über 50 %. Basis dafür ist auch eine effiziente Abwicklung vom Kundenkontakt zum Angebot über die Materialbeschaffung und die Projektrealisierung zur Projektabrechnung. Denn gleichzeitig gilt, dass der Durchschnittskunde preissensibel ist und nur die wirklich benötigten wertschöpfenden Leistungen bezahlen will.

Hohe Materialzuschläge sind nicht mehr durchsetzbar

24,4 % der Befragten vergleichen heute nicht nur die Gesamtpreise, sondern auch die Preise für das Material miteinander und mit dem Internet. Dazu kommt, dass 16,4 % das Material preiswerter selbst beschaffen und beistellen bzw. mit den Preisen aus dem Internet den Handwerkerpreis drücken wollen (6,5 %). Dies wiederum ist für viele Handwerker eine ernste Bedrohung, da man mit einem viel zu knappen Stundensatz und hohen Zuschlägen auf das Material kalkuliert. Dazu passt, dass nur 69 % der Befragten bekannt war, dass sich Handwerker zum Großteil auch über einen Aufschlag auf das Material finanzieren. Die Akzeptanz für einen größeren Aufschlag ist mit 21 % recht gering (davon 9 % wegen Rund-um-sorglos-Paket und 12 % wegen Abhängigkeit vom Handwerker). Ansonsten versteht die Mehrheit der Kunden (42,3 %), dass ein Aufschlag nötig ist, und zahlen diesen auch, während 18 % zu einem geringen Aufschlag bereit sind (Bild 5).

Angebote versus Beratungsleistung

Es wird überwiegend erwartet, dass Angebote immer kostenfrei sein müssen (45 %). Nur 3 % der Befragten sind vorbehaltlos bereit, wirklich Geld für ein gutes Angebot zu zahlen. Für die Beratung gilt dies aber nicht in gleichem Maße. 13 % der Befragten akzeptieren, dass die Angebotsausarbeitung selbst wirklich etwas kostet. Allerdings nur dann, wenn man daraus Kapital schlagen kann als eigenständige Beratungsleistung, um davon anschließend über Ausschreibung und eigenständigen Materialeinkauf wieder zu profitieren. („Die Ausarbeitung eines umfassenden technischen Angebots mit Ausmessen / Begutachtung vor Ort kostet Zeit und Geld. Ich bin bereit dies zu vergüten, wenn ich detaillierte Infos erhalte und damit dann Wettbewerbsangebote und Materialpreise einholen kann sowie später auch das Material beistellen kann“). 37 % der Befragten waren bereit, solch ein detailliertes technisches Angebot zu vergüten, wobei sie davon ausgehen, dass diese Bezahlung bei einer Beauftragung angerechnet wird (Bild 6).

Kunden einschätzen und auf Bedürfnisse eingehen

Fast allen Befragten ist gute Beratung und Handwerkerleistung etwas wert, aber ebenso ist ein fairer Preis (83,2 %) sehr wichtig (Bild 7). Bei 10,9 % der Befragten ist das Budget sehr begrenzt, was direkt zu einer sehr hohen Priorität beim Preis führt sowie häufig zum Do-it-yourself zwingt. Nur 5,9 % der Befragten müssen und wollen nicht auf den Preis achten. Dies führt zu folgender Tatsache: 49,4 % der Befragten wollen eine detaillierte Preisaufstellung und vergleichen dann verschiedene Angebote, während 34,3 % nur die Gesamtpreise vergleichen.

Wichtig für den Handwerker ist es klar zu erfassen, was der Kunde an (Dienst-)Leistungen wünscht und was er fähig und bereit ist zu bezahlen. Es ist nur anzubieten und zu leisten, was der Kunde wünscht. Wenn der Kunde weitgehend sein Projekt selbst plant und mit einem konkreten Wunsch zum Handwerker kommt, gilt es diesen auf die Machbarkeit zu prüfen, aber dann keine Planungsleistungen mehr anzubieten. Wenn der Kunde die Beschaffung und gegebenenfalls Teilgewerke selbst ausführen will, gilt es auch dies soweit möglich und sinnvoll mit zu berücksichtigen.

Basis dafür ist, dass der Handwerker die eigenen Kosten und Aufwände sehr gut kennt und die Leistungen verursachungsgerecht anbietet und verrechnet. Dies bedeutet, dass nur ein sehr begrenzter Materialgemeinkostenzuschlag für Einkauf und Materialmanagement sinnvoll ist und die Stunden für Beratung möglichst dem jeweiligen Projekt zugeordnet werden müssen bzw. über die Stundensätze verrechnet werden sollten.

Umsetzung von Renovierungen

Bei den erfolgten letzten Renovierungen waren bei den Befragten der Innenanstrich (24,4 %) vor der Außen- / Gartengestaltung (20,7 %), vor dem Umbau / Anbau mit 20,1 % sowie neuer Küche (19,8 %) und neuen Möbeln (18,5 %) am häufigsten durchgeführt worden. Erst dann folgen das Bad mit 17,9 % und die Heizung (16,7 %) (Bild 8). Dies zeigt:

  • Der Innenanstrich einzelner Räume und Dekoration sowie Veränderungen in der Außenanlage werden sehr viel schneller durchgeführt und erscheinen sehr unproblematisch.
  • Gerade die Badrenovierung wird zwar gewünscht, aber doch eher selten umgesetzt, da diese als sehr störend betrachtet wird und eine hohe Komplexität und damit Ärger-Potenzial aufweist.
  • Für die Heizung ist eine zukunftssichere Technik sowie eine entsprechende Förderung relevant für die Entscheidung, die Wärmedämmung ist ins Gerede gekommen und zusammen mit Solar/Photovoltaik ohne staatliche Förderung nicht mehr interessant.
  • Smart Home scheint noch nicht angekommen im Bereich der Renovierung, auch wenn man sich über die alte Elektrik ärgert.

Dabei geben 46,6 % an, in den letzten zwei Jahren eine „größere“ Renovierung durchgeführt zu haben, was als nicht sehr wahrscheinlich bewertet werden kann, aber zeigt, wie schnell die Renovierung als größer eingestuft wird. Wenn renoviert wird, liegt die Priorität bei Langlebigkeit, Qualität und geringen Folgekosten (Priorität 1,2). Es folgen dann ein günstiges Preis-Leistungsverhältnis und ein ansprechendes Design (jeweils Priorität 1,6), während die bekannten Marken im Durchschnitt (Priorität 1,9) noch hinter der Ökologie und Umweltverträglichkeit (Priorität 1,8) liegen (Bild 9).

Dies sollte gerade den Handwerkern zu denken geben und diese sollten den Fokus mehr auf Langlebigkeit und Qualität sowie ein gutes Preis-Leistungsverhältnis legen, ohne allerdings ein innovatives Design aus dem Auge zu verlieren. Wenn die Marke mit Langlebigkeit, Qualität und geringen Folgekosten besetzt ist, wird ein höherer Preis akzeptiert werden, es liegt ja weiterhin ein gutes Preis-Leistungsverhältnis vor.

Konsequenzen für Handwerker

  • Der gute Handwerker lebt von seinem guten Ruf und dem Vertrauen der Kunden, das er nie missbraucht.
  • Die Handwerker müssen die Angstschwellen bei den Endkunden insbesondere im Bereich Bad / Wellness / Heizung herabsetzen, welche dazu führen, dass Renovierungsinvestitionen verschoben werden. Dazu dienen Sicherheitspakete und Festpreisgarantien.
  • Die Handwerker müssen den Kunden sehr schnell kennenlernen und einschätzen, um dann dem Kunden die benötigte Leistung – und nur diese – anzubieten. Die Erbringung von Service ohne Notwendigkeit kann schnell zum Aus aufgrund des Preises führen.
  • Die Leistung muss bezahlbar bleiben für den Kunden, was nur über die Einfachheit der Angebote und Leistungen möglich erscheint. Dazu sind die Effizienz der Dienstleistungserbringung (Beratung, Angebotserstellung) und der tatsächlichen Leistungserbringung (keine Fehlteile auf der Baustelle, keine Nacharbeiten) ebenso wichtig wie günstige Einstandspreise beim Einkauf.
  • Handwerker sollten für die Zukunft im Rahmen der Angebotskalkulation berücksichtigen, dass die Handwerkerrenovierungsleistung steuerlich absetzbar ist, während dies für das Material nicht gilt. Der Materialpreis muss fair kalkuliert sein, während der Stundenlohn entsprechend real angesetzt werden muss. Dieser sollte dem Kunden klar erklärt werden über die Umlage der Zusatzstunden für Beratung, Angebotserstellung, Koordination der Abwicklung, Qualitätssicherung usw.
  • Günstige Einkaufspreise kann der Handwerker vom Handel nur erwarten, wenn er kooperativ zusammenarbeitet und die Kosten im Handel und bei den Herstellern gering hält (kaum Rückgaben, keine Erwartungshaltung im Hinblick auf Incentives (Vergnügungsreisen), effiziente Qualifizierung, damit keine Reklamationen auftreten; Mengenbündelung bei einem Großhändler).
  • Die Spezialisierung auf einige wenige Marken und deren Verarbeitung bietet die Chance zur Effizienz, welche gerade argumentativ im Preiswettbewerb positiv einsetzbar ist. Es passieren darüber hinaus weniger Fehler und das Materialmanagement wird einfacher.
  • Es gilt, eine klare eigene Positionierung als Handwerker anzustreben, wobei die High-End-Positionierung mit umfassendem Serviceangebot nur ein sehr begrenztes Marktsegment abdeckt, auf welches man sich dann gezielt ausrichten muss.
  • Qualität zu vernünftigen Preisen und zufriedene Kunden wiederum sind die beste Basis für langfristigen Erfolg und bieten die Chance, dank des aufgebauten Vertrauens auch wiederum eine klare, effiziente Leistungserbringung argumentativ durchsetzen zu können.

Fazit

Die Befragung zeigt, dass die Preissensibilität in Deutschland größer ist, als man bei der derzeit positiven wirtschaftlichen Lage erwartet. Das Luxussegment bleibt sehr überschaubar, in dem ein umfassendes Dienstleistungsangebot erwartet und bezahlt wird. Vorhandene Renovierungspotenziale werden nicht realisiert, weil die Investitionshemmnisse „Zeit und Bequemlichkeit“, „Kostenunsicherheit des Projekts“, „hohe Störungs- und Risikopotenziale“ und „Angst / Unklarheit“ vorhanden sind und nicht aufgelöst werden durch entsprechende Angebote.

Das Internet und seine Möglichkeiten führen zu einer dramatischen Veränderung des Marktes im Bau-, Haustechnik- und Elektrobereich. Der bisherige klassische dreistufige Vertriebsweg gerät unter Druck durch die Materialpreistransparenz und sowohl der Großhandel als auch der Handwerker müssen sich mit ihrem Angebot an den Preisdruck anpassen. Dazu kommt: Bestechung hat der Baubranche einen schlechten Ruf eingebracht und zu überteuerten Preisen geführt. Bei der heutigen Preistransparenz gilt es, sich von liebgewonnenen Incentives der Hersteller und des Handels zu verabschieden und klar auf eine effiziente gemeinsame Wertschöpfung für den Endkunden zu konzentrieren.

Der Handwerker muss sich konsequent am jeweiligen Kunden ausrichten und dessen Wunsch respektieren und effizient umsetzen. Dem Kunden muss klar gemacht werden, dass nur der gewünschte und der notwendige Aufwand erbracht und in Rechnung gestellt wird und man langfristig für ihn denkt im Sinne einer zuverlässigen Zusammenarbeit. Dann hat man als Handwerker in Zukunft eine sehr positive Perspektive, auch finanziell.

autor

Prof. Dr. Alexander Neumann leitet den Studiengang BWL – Branchenhandel Bau, Haustechnik, Elektro an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Mosbach, 74821 Mosbach, Tel. (0 62 61) 9 39-1 13, neumann@dhbw-mosbach.de Unterstützt bei diesem Beitrag wurde er von den Dozenten Kirsten Bock und Dr. Steffi Gal.