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Eine Operation am offenen Herzen

  • Die Unternehmensnachfolge ist angesichts der Komplexität eines solchen Vorgangs mit ausreichend zeitlichem Vorlauf zu planen.
  • Bei der Nachfolgeplanung spielen die komplexen Fachgebiete Psychologie, Recht, Betriebswirtschaft und Steuern eine maßgebliche Rolle.
  • Psychologische Barrieren und andere Stolpersteine sorgen gerade in mittelständischen Handwerksbetrieben immer wieder für Schwierigkeiten.
  • Eine Betriebsübergabe kommt einer Operation am offenen Herzen gleich: Die Verantwortung über den eigenen Handwerksbetrieb in neue Hände zu legen, zählt zu den herausforderndsten Aufgaben eines Chefs bzw. einer Chefin. Damit gehen Veränderungen einher, die so gut wie alle Lebens- und Arbeitsbereiche betreffen. Familie, Mitarbeitende, Kunden und Lieferanten trifft das ebenso wie die übergebende und die übernehmende Person. Psychologische, finanzielle und nicht zuletzt auch menschliche Befindlichkeiten sind zu berücksichtigen, um ein Scheitern zu verhindern. Darüber hinaus ist Zeit ein kritischer Faktor. Gute Planung bildet die Basis einer für alle Beteiligten erfolgreichen Übergabe.

    Die Realität sieht oft anders aus: Aller Aufklärung zum Trotz setzt sich immer noch jeder zweite Unternehmenslenker zu spät mit der Übergabe seines Lebenswerkes auseinander und geht damit ein hohes Risiko ein. Die übergebende Generation möchte einerseits das eigene Lebenswerk für die Nachwelt erhalten, andererseits ihren Verpflichtungen gegenüber der Familie, der Firma und den Mitarbeitern nachkommen. Aber: Ein solide geplanter Übergabeprozess braucht Zeit. Denn er ist komplex und Psychologie spielt dabei eine Hauptrolle. Viele Unternehmer können ihr Lebenswerk emotional nicht loslassen, überzogene Kaufpreisvorstellungen sind an der Tagesordnung. Das macht den Generationswechsel äußerst schwierig.

    Welche Ursachen und Auslöser führen eigentlich zur Übertragung von Unternehmen? In den meisten Fällen besteht der Anlass darin, dass der Chef/die Chefin das Renteneintrittsalter erreicht hat. Nicht zu unterschätzen ist zudem der Punkt, dass Übergaben auch durch unerwartete Vorfälle wie Unfall oder Krankheit ausgelöst werden können. Um den Handwerksbetrieb gegen einen unvorhergesehenen Fall möglichst gut zu schützen, empfiehlt sich die Vorbereitung und Hinterlegung eines „Notfallkoffers“, in dem bei Ausfall der Firmenleitung in kompakter Form die wichtigsten Informationen zur nahtlosen Weiterführung des Betriebs hinterlegt sind.

    Aller Aufklärung zum Trotz setzt sich immer noch jeder zweite Unternehmenslenker zu spät mit der Übergabe seines Lebenswerkes auseinander und geht damit ein hohes Risiko ein.

    Bild: amnaj - stock.adobe.com

    Aller Aufklärung zum Trotz setzt sich immer noch jeder zweite Unternehmenslenker zu spät mit der Übergabe seines Lebenswerkes auseinander und geht damit ein hohes Risiko ein.

    Im Zuge einer vorausschauenden Nachfolgeplanung muss eine Reihe wichtiger Aspekte möglichst gut aufeinander abgestimmt werden. Die Basis der Nachfolgeplanung bildet der wirtschaftliche Rahmen des Unternehmens, denn daraus leitet sich der Unternehmenswert ab. Die Herkunft des Nachfolgekandidaten (z. B. aus der Familie, dem Kreis der Mitarbeiter oder von extern) beeinflusst die Nachfolgeform, die Zeitplanung sowie die Funktion des Seniors nach erfolgter Übergabe des Unternehmens. Schließlich muss eine umsichtige Nachfolgeplanung auch geeignet sein, die Interessen der übrigen Familienmitglieder zu berücksichtigen, um den Familienfrieden dauerhaft zu wahren.

    Dies macht einerseits deutlich, dass jede Nachfolgeplanung eine individuelle Lösung benötigt, da die Situation und die Ausprägungen der Einflussfaktoren z. T. vollkommen unterschiedlich gelagert sind. Klar wird aber auch, dass sich im Zuge der Nachfolgeplanung mehrere in sich komplexe Fachgebiete überschneiden:

  • Psychologie
  • Recht
  • Betriebswirtschaft
  • Steuern.
  • Psychologische Barrieren und Stolpersteine sorgen gerade in mittelständischen Handwerksbetrieben immer wieder für Schwierigkeiten und können den Nachfolgeprozess empfindlich stören oder sogar zum Scheitern bringen. Denn im mittelständischen Familienunternehmen sind die wirtschaftlichen Belange regelmäßig durch menschliche Beziehungen überlagert. Drei in der Praxis häufig anzutreffende Beispiele für psychologische Hemmnisse im Nachfolgeprozess sind:

  • Der Senior „kann nicht loslassen“, verschiebt die Nachfolgeregelung immer wieder und belastet oder zerstört dadurch sein eigenes Lebenswerk.
  • Durch mangelnde Qualität der Kommunikation ergeben sich zwischen den Beteiligten des Nachfolgeprozesses Missverständnisse und Konflikte.
  • Kurzsichtiges Gerechtigkeitsempfinden kann zu Auswirkungen führen, welche den Interessen der Beteiligten vollkommen zuwiderlaufen.
  • Die Begleitung des gesamten Nachfolgeprozesses durch einen versierten, branchenerfahrenen Moderator kann helfen, auf direktem Wege eine ausgeglichene Nachfolgelösung für alle Beteiligten zu finden, psychologische Klippen von vornherein zu umschiffen und Risiken zu vermindern.

    Regelungen im Zuge der Unternehmensnachfolge ziehen regelmäßig steuerliche Auswirkungen nach sich. Daher besteht eine wesentliche Zielsetzung auf der Suche nach der passenden Nachfolgelösung auch in einer steuerlichen Optimierung. Diese Thematik zeichnet sich allerdings durch eine hohe Komplexität und Veränderungsdynamik aus. So ziehen in Deutschland unterschiedliche Rechtsformen unterschiedliche steuerrechtliche Auswirkungen nach sich. Darüber hinaus unterliegt das Steuerrecht regelmäßig Änderungen und Modifikationen durch neue Gesetze, Verwaltungsanweisungen und die aktuelle Rechtsprechung. Deshalb ist eine individuelle Betrachtung und steuerliche Optimierung der beabsichtigten Nachfolgelösung durch einen versierten Steuerberater als unerlässlich anzusehen.

    Regelmäßige Gegenstände einer individuellen Betrachtung durch den Steuerberater sind eine

  • unentgeltliche Übertragung innerhalb der Familie
  • entgeltliche Übertragung innerhalb der Familie
  • entgeltliche Übertragung an fremde Dritte
  • Übertragung gegen Renten, Raten oder dauernde Lasten.
  • Bei der Übertragung von Unternehmen sind aber auch rechtliche Aspekte zu beachten. So empfiehlt sich die Einschaltung eines Rechtsanwaltes für die Ausarbeitung eines individuellen Kaufvertrages. Zentrale praxisrelevante Regelungsbereiche eines Unternehmenskaufvertrages sind Besonderheiten beim Share Deal (Übertragung von Unternehmensanteilen) sowie beim Asset Deal (Übertragung einzelner Vermögensgegenstände).

    Ein häufiger Streitpunkt liegt in der Bewertung des Warenlagers. Daher empfiehlt es sich, verbindliche Regeln zur Bewertung des zum Übergabezeitpunkt vorhandenen Warenlagers in den Kaufvertrag aufzunehmen. Im Vergleich zu früheren Zeiten hat sich die Gestaltung von Unternehmenskaufverträgen z. T. deutlich verändert. Gerade durch den Einfluss der amerikanischen Vertragspraxis nehmen die Aspekte Haftung und Gewährleistung des Verkäufers heute in der Regel einen breiteren Raum ein.

    Die Anfertigung eines fundierten Wertgutachtens bietet dem Verkäufer den Vorteil, dass der errechnete Unternehmenswert überzeugend und nachweisbar argumentiert werden kann.

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    Die Anfertigung eines fundierten Wertgutachtens bietet dem Verkäufer den Vorteil, dass der errechnete Unternehmenswert überzeugend und nachweisbar argumentiert werden kann.

    Weitere typische Regelungsbereiche des Unternehmenskaufvertrages sind: Verkaufsgegenstand, Stichtag der Übereignung, Unternehmenskaufpreis, Abtretung von Forderungen, Übernahme von Verbindlichkeiten, Stichtagsbilanz/Kaufpreisanpassung, Zustand Gesellschaft/Zusicherungen, Rechtsfolgen (Rücktritt, Haftung), nachträgliche Steuerbelastungen, Übernahme von Verträgen, Übergang von Arbeitsverhältnissen, weitere Tätigkeit des Verkäufers, Wettbewerbsverbot, Zustimmungen zum Kaufvertrag, Schlussbestimmungen und Kosten.

    Eine Schlüsselrolle kommt im Zuge der Unternehmensnachfolge der betriebswirtschaftlichen Komponente zu. Denn der Dreh- und Angelpunkt der Nachfolgeplanung ist der Unternehmenswert, welcher durch ein international anerkanntes und wissenschaftlich abgesichertes Bewertungsverfahren errechnet werden muss. Um die zukünftigen wirtschaftlichen Ergebnisse möglichst treffend prognostizieren zu können, bedarf es einer detaillierten Analyse der zurückliegenden Geschäftsperioden. Ein professionelles Wertgutachten berücksichtigt folgende Aspekte: Unternehmensbild, Makrostandort, Mikrostandort, Marktprofilierung, Branchenentwicklung.

    Die Anfertigung eines fundierten Wertgutachtens bietet dem Verkäufer den Vorteil, dass der errechnete Unternehmenswert überzeugend und nachweisbar argumentiert werden kann. Denn ein sorgfältig und professionell erstelltes Wertgutachten wird auch harten Verhandlungen standhalten. Dies ist die Voraussetzung dafür, um für das eigene Lebenswerk einen marktgerechten Preis erzielen zu können. Doch die Errechnung des Unternehmenswertes ist lediglich einer von mehreren Bausteinen im Kontext einer unternehmerischen Finanz- und Ruhestandsplanung.

    Zusammengefasst gelten folgende Handlungsempfehlungen: Die Unternehmensnachfolge ist angesichts der Komplexität der Thematik mit ausreichend zeitlichem Vorlauf zu planen. Ideal ist es, zehn Jahre vor dem geplanten Ausstieg mit strategischen Überlegungen zu beginnen. Der Wert des Unternehmens sollte ebenfalls rund zehn Jahre vor der geplanten Übergabe errechnet werden, das hat zwei Vorteile: Erstens erhält man durch die Analyseergebnisse eines professionell erstellten Gutachtens die Möglichkeit, die Rentabilität des Unternehmens bis zum geplanten Verkaufszeitpunkt zu optimieren („die Braut schmücken“). Das erhöht gleichzeitig den Wert des Unternehmens. Zweitens gibt der errechnete Unternehmenswert Aufschluss über ein zentrales Element der finanziellen Planung des künftigen Ruheständlers.

    In den meisten Fällen besteht der Anlass der Übergabe darin, dass der Chef/die Chefin das Renteneintrittsalter erreicht. Nicht zu unterschätzen ist ­außerdem, dass Übergaben auch durch unerwartete Vorfälle wie Unfall oder Krankheit ausgelöst werden können.

    Bild: Kzenon - stock.adobe.com

    In den meisten Fällen besteht der Anlass der Übergabe darin, dass der Chef/die Chefin das Renteneintrittsalter erreicht. Nicht zu unterschätzen ist ­außerdem, dass Übergaben auch durch unerwartete Vorfälle wie Unfall oder Krankheit ausgelöst werden können.
    Gut wäre außerdem, wenn der Nachfolger auch weiterhin die SBZ liest!

    Bild: Yakobchuk Olena - stock.adobe.com

    Gut wäre außerdem, wenn der Nachfolger auch weiterhin die SBZ liest!

    Woran Übergaben scheitern

  • Übergeber und Übernehmer haben unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen, wie der Betrieb weitergeführt werden soll. Die Kommunikation läuft hier schief.
  • „Nicht loslassen können“ ist ein häufiger Grund für einen Konflikt. Der Übergeber hat sein ganzes Herzblut in den Betrieb gesteckt – meistens nicht nur an den Wochentagen, sondern auch am Wochenende. Dadurch mangelt es ihm oft an der Fähigkeit, jemand anderem Verantwortung abzugeben und keine Entscheidungen mehr zu treffen. Ratschläge werden abgelehnt. So entstehen Spannungen.
  • Wissensweitergabe: Der Übergeber möchte nicht einfach „ersetzbar“ sein und hält Wissen zurück, um weiterhin mitmischen zu können – ­gerade bei familieninternen Übergaben stellt dies ein häufiges Problem dar.
  • Unsicherheit färbt auf die Mitarbeitenden ab, die aufgrund mangelnder Kommunikation nicht konkret wissen, wo der Betrieb momentan steht
  • Übernehmer sind mit neuen Aufgaben überfordert, weil zu wenig vorbereitet wurde oder weil sie sich zu wenig mit den Aufgaben auseinandergesetzt haben.
  • Wie Übergaben gelingen

    Zur Vorbereitung und Übergabe des Betriebes sollten Übergebende klären:

  • die Form der Betriebsübergabe
  • mit wem man im Zuge der Unternehmensnachfolge sprechen sollte
  • was im Zuge der Übergabe alles erledigt werden muss
  • welche Auswirkungen die Unternehmensnachfolge auf rechtliche und steuerliche Fragen hat
  • Aspekte der Bewertung und der Finanzierung.
  • Im Zuge der Unternehmensnachfolge sollten Nachfolger klären:

  • welches Image das Unternehmen hat und wie die Eigentumsverhältnisse sind
  • welches Angebot der Betrieb hat und ob es wettbewerbsfähig ist
  • wie die ABC-Kundenstruktur aussieht und ob die Kunden eher preis- oder qualitätssensitiv sind
  • wie die Lieferantenstruktur des Unternehmens aussieht
  • wie sich Bilanzen und Ertragszahlen des Unternehmens entwickelt haben und über welche Werte das Unternehmen verfügt
  • wie der Betrieb organisiert ist und wie die Personalstruktur aussieht
  • wie Ausstattung und Standort beschaffen sind
  • was sich rechtlich und steuerlich bei der Unternehmensübernahme auswirkt.
  • Autor

    Dennis Jäger
    ist SBZ-Chefredakteur.

    Bild: SBZ

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