Erst im Jahr 1983 wurde in Erding bei München nach Öl gebohrt – und in 2350 Meter Tiefe eine 65 °C heiße Thermalwasserquelle entdeckt. Das ließ die Stadtväter nicht ruhen – und so investierten sie 1999 rund 25 Millionen Euro in ein Freizeitbad. Mittlerweile ist das Gesamtvolumen vier Mal so hoch und in Erding das nach Angaben der Betreiber größte Saunaparadies der Welt entstanden. Über 1,5 Millionen Menschen kommen hier jährlich zu Besuch und erleben die Therme unter all den „Spaßbädern“ im Lande in jeder Hinsicht als Ausnahmeerscheinung.
Das gilt beispielsweise für die Größe der Anlage (Gesamtfläche: 145000 m²) genau so wie für die Kuppeln über Thermen-, Sauna- und Rutschenparadies, die sich zwischen 25 und 100 Prozent öffnen lassen. Ähnlich beeindruckend sind die 150 echten Großpalmen oder die mehr als zwei Dutzend Saunen, in denen über 900 Saunagäste gleichzeitig Platz finden. Über 32 der insgesamt 100 Millionen Euro Investitionssumme flossen alleine in den Ausbau dieses Bereiches: Auf einer Fläche von rund 13000 m² entstanden 26 Saunaattraktionen, die jeweils bestimmten Themen zugeordnet sind. Dazu gehören die Außensauna-Anlage Stonehenge, eine isländische Geysirhöhle, eine bayerische Zirbelstube und eine asiatische Meditationssauna.
160 °C bei 12,5 bar Druck
Die reinen Investitionskosten sind bei einem solchen Projekt aber nur die eine Seite der Medaille, die laufenden Betriebskosten die andere. So war in der Vorplanung die Installation von 26 elektrisch betriebenen 60-kW-Kesseln vorgesehen, um die Saunen an gut 90 Stunden pro Woche auf Temperaturen zwischen 55 und 90 °C aufzuheizen. Für das Erdinger Projekt hätte dies Strom- und Bereitstellungskosten von jährlich mehr als eine Million Euro bedeutet. Um die Bezugsmenge abzusichern, wäre außerdem der Bau einer neuen Umspannstation notwendig geworden – natürlich auf Kosten der Thermen-Betreiber.
Von Stromheizung auf Gaskessel
Zusammen mit den Riedlinger SHK-Profis Helmut und Markus Feurer entwickelten die Investoren Josef Wund sen. und Jörg Wund jun. daher die Alternative, die Saunen statt über stromversorgte Öfen mit Heißluft zu beheizen. Jetzt erzeugt ein zentraler 1300-kW- Gaskessel genug Heißwasser, um mit 160 °C Vor- und 130 °C-Rücklauftemperatur die Heizregister in den Saunen hoch effizient mit Wärme zu versorgen. Bei gleichzeitigen Drücken zwischen 11,5 und 12,5 bar sind das Betriebswerte, die die Heißwasseranlage schon fast in den Dampfkesselbereich rückt. Und genau in diesem speziellen Segment hat Helmut Feurer auch die Erfahrungen gesammelt, die ihm nun bei der Entwicklung der Anlagentechnik in der Erdinger Therme halfen: „Im Wesentlichen fahren wir vom Gaskessel aus zwei Versorgungskreise an. Die Außensaunen sind dabei mit 190 bis 350 kW, das Saunaparadies mit 310 bis 900 kW Leistung veranschlagt. Die dafür notwendigen Volumenströme liegen je nach Positionierung der Sauna sowie der entsprechend abgestimmten Dimensionierung der Anbindeleitungen in DN 20 bis DN 32 zwischen 0,6 und 1,32 m³/h.“
In den Saunen selbst erfolgt die Übergabe, abhängig von Größe und gewünschter Lufttemperatur, über Heizregister mit einer Wärmeleistung zwischen 16 und 46 kW. Daraus ergeben sich Zulufttemperaturen in der Sauna von bis zu 120 °C.
Passgenaue Lösungen aus einer Hand
Ähnlich differenziert berücksichtigte die Feurer-Planung die Schnittstelle zwischen Heißlufterzeugung bzw. -transport und Einleitung in die Saunen: Statt pauschal auf einen Typ Universalventilator zu setzen, wurden auch hier abgestimmte Lösungen bevorzugt. So stellen 15 Systemair-Thermoventilatoren vom Typ KBT 200 bis KBT 280 auf die jeweiligen Saunen bezogene Luftleistungen zwischen 2100 bis 4400 m³ pro Stunde zur Verfügung. Fünf weitere KE-/KT-Kanalventilatoren für Luftmengen zwischen 930 und 7000 m³/h kamen überall dort zum Einsatz, wo hohe Druckverluste überwunden werden mussten. Komplettiert wurde die Ventilatorenvielfalt schließlich noch durch diverse Dach-, Axial- und Rohrventilatoren, bei denen die Firma Feurer ebenfalls auf die Programmbreite von Systemair zurückgriff: „Gerade bei so komplexen Projekten ist die enge Zusammenarbeit mit einem leistungsstarken Systempartner technisch wie logistisch eigentlich zwingend. Denn technisch lassen sich auf diese Weise auch spezielle Anforderungsprofile aus einer Hand abdecken; in Bezug auf die Logistik ist die Verfügbarkeit der Produkte just-in-time auf der Baustelle unter anderem ein großes Thema. Ähnliches gilt später für Service und Wartung der permanent unter Hochdruck laufenden Ventilatoren.“
Gefahren werden die fast ausnahmslos mit Frequenzumformern ausgestatteten, also besonders stromsparend arbeitenden, Ventilatoren heute überwiegend temperaturgesteuert. Das sorgt zusätzlich für Betriebssicherheit, argumentiert Feurer: „Während nach knapp zwei Jahren Betriebszeit schon mehrere Stellmotoren an Mischerventilen ausgestiegen sind, versehen die Ventilatoren absolut störungsfrei ihren Dienst.“ Was Systemair-Vertriebsleiterin Elke Landwehr nicht zuletzt auf ein entscheidendes Detail des Konstruktionsprinzips zurückführt: Die Motoren der Thermoventilatoren sind komplett vom Luftstrom getrennt, treiben den Lüfter stattdessen über eine lange Welle an. Sie sind also der thermischen Belastung von bis zu 95 °C in deutlich geringerem Maße ausgesetzt als Ventilatoren konventioneller Bauart.
Unspürbare Heißluft
Damit die Sauna-Besucher den Heißluftstrom unspürbar genießen können, sind die notwendigen Ein- und Ausblasöffnungen der Lüftungsanlage baulich in die Szenarien eingebunden: Hinter Blenden oder Brüstungen versteckt finden sich die für hohe Volumenströme bei niedriger Ausblasgeschwindigkeit breit gefächerten Zuluftdüsen. Unter den Sitz- und Ruhebänken wiederum befinden sich in 20 bis 30 cm Höhe die entsprechenden Absaugöffnungen. Marco Neueder, technischer Leiter der Therme Erding: „Dadurch sind die Luftturbulenzen so gering, dass sie bislang noch keinem Besucher auffielen.“ Vor allem, weil zumindest die Illusion des klassischen Saunaofens auch in der Therme aufrecht erhalten wird. Denn dafür ist jede Sauna mit einer „elektrisch hilfsbeheizten Attrappe“ für die typischen Aufgüsse ausgestattet. Systemair-Vertriebsleiterin Elke Landwehr ist aber noch auf einen zweiten Aspekt stolz: „Es gibt für die Sauna-Gäste von der Heißluft-Technik nicht nur nichts zu fühlen – es gibt auch nichts zu hören“. Die überwiegend installierten Thermoventilatoren vom Typ KBT 200 bis KBT 280 sind nämlich mit ihrem Schalldruckpegel zwischen 40 und 51 dB/A so leise, dass selbst in der „Meditationssauna“ kein Geräusch die tiefe Entspannung stört. Ähnliches gilt für die ebenfalls verwendeten KE-/KTKanalventilatoren. Losgelöst von den grundsätzlich immer ergänzend eingebauten Zu- und Abluftdämpfern überzeugen sie durch eine ähnlich niedrige Gesamtschallleistung.
Wirtschaftlichkeitsziele erreicht
Die vom SHK-Unternehmen Feurer komplett geplante und bis ins Detail umgesetzte Heißwasser-Kesselanlage funktioniert aber nicht nur störungsfrei, sondern erreicht zudem die errechneten Wirtschaftlichkeitsziele. Mittlerweile steht fest: Bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 540000 Euro liegen die jährlichen Betriebskosten der Therme Erding rund 30 bis 40 Prozent niedriger als bei einer konventionellen Anlagentechnik – sagt Helmut Feurer. Und der technische Leiter Marco Neueder hat ausgerechnet, dass allein die ansonsten stromgebundenen Kosten – also vor allem die Beheizung der Saunen – ungefähr zwei bis drei Mal höher lägen als bei der jetzigen Wärmetechnik. „Minus 30 bis 40 Prozent“ oder „Faktor 2 bis 3 niedriger“ – auf Euro und Cent sind die Einsparungen in der Therme Erding insbesondere unter Berücksichtigung der zusätzlich niedrigeren Investitionskosten bislang noch nicht ausgerechnet worden.
Für Prokurist Uwe Barth aber ist das auch eher nachrangig. Viel entscheidender ist für ihn, dass auch in diesem Bereich die grundsätzliche Ausrichtung der Therme als harmonische Verbindung von Freizeit und Ökologie sichergestellt wird: „Das gesamte Konzept der Therme steht für diesen Einklang. Denn im Gegensatz zu anderen Saunenwelten halten wir genießende Erholung im Einklang mit Umwelt und Energieverbrauch nicht nur für eine Verpflichtung, sondern auch für wirtschaftlich machbar.“ Und vielleicht muss man dafür wirklich manchmal viel Erfahrung mitbringen und dann ganz neue Wege gehen. Auch in der Wärmeerzeugung und -verteilung.
Extras
Weitere Informationen zur Therme und zu den haustechnischen Anlagen, bzw zu den Produktlösungen gibt es unter:
https://www.therme-erding.de/ https://www.feurer-hkl.de https://www.systemair.com/de/