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Neue Kältemittel gesucht

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Fluorierte Treibhausgase (F-Gase), einst als Ersatzstoffe für die unter das Montrealer Protokoll (1987) fallenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW und HFCKW) entwickelt, werden unter anderem als Kältemittel in vielen Klimasystemen, Kälteanlagen, Kaltwassersätzen und Wärmepumpen eingesetzt. Mit der verschärften Fassung der aus dem Jahr 2006 stammenden F-Gase-Verordnung, die Anfang 2015 in Kraft trat, will die Europäische Union zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls (1997) die negativen Umwelteinflüsse der F-Gase deutlich verringern.

Die aktuellen Kältemittel sind mittlerweile frei von ozonabbauenden Bestandteilen, die bisher dominierenden Arbeitsstoffe haben jedoch ein hohes Treibhauspotenzial (GWP). So liegt beispielsweise das GWP des weitverbreiteten Kältemittels R134a um 1430-mal höher als der Referenzwert von CO2. Der GWP-Wert gibt an, wie hoch das Potenzial eines Gases ist, mit dem es zur Klimaerwärmung beiträgt. Als Bezugsgröße dient dabei CO2 mit einem GWP-Wert von 1. Deshalb spricht man auch von CO2-Äquivalent.

F-Gase liegen bei üblichen Umgebungsbedingungen gasförmig vor und sind damit flüchtig. Durch Verluste bei der Befüllung und beim Entsorgen sowie durch Leckagen können sie in die Umwelt gelangen und in der Atmosphäre über lange Zeiträume zum Treibhauseffekt beitragen. Um dem zu begegnen, werden in der F-Gase-Verordnung Regeln für die Verwendung und das Inverkehrbringen, die Kennzeichnung, die Überprüfung von Anlagen und die Entsorgung fluorierter Treibhausgasen festgelegt.

Die F-Gase-Verordnung gibt ein stufenweises Phase-down-Szenario für das Treibhauspotenzial neu in der EU in den Verkehr gebrachter F-Gase einschließlich Kältemitteln vor. Bis 2030 wird damit das jährlich neu in der EU in den Markt eingebrachte CO2-Äquivalent gegenüber dem Jahresdurchschnitt von 2009 bis 2012 um 79 % verringert.

Verbote des Inverkehrbringens

Zudem enthält die F-Gase-Verordnung datierte Verbote des Inverkehrbringens bestimmter Erzeugnisse und Einrichtungen. So dürfen beispielsweise „ortsfeste Kälteanlagen, die HFKW mit einem GWP von 2 500 oder mehr enthalten oder zu ihrem Funktionieren benötigen“, seit dem 1. Januar 2020 nicht mehr in Verkehr gebracht werden (Ausnahmen gelten z. B. für die Produktkühlung auf Temperaturen unter -50 °C).

Ebenfalls seit dem 1. Januar 2020 ist die Verwendung von fluorierten Treibhausgasen mit einem Treibhausgaspotenzial von 2 500 oder mehr zur Wartung oder Instandhaltung von Kälteanlagen mit einer Füllmenge von 40 t CO2-Äquivalent oder mehr untersagt (40 t entspricht bei einem GWP von 2 500 einer tatsächlichen Füllmenge von 16 kg). Typische Kältemittel mit einem GWP über 2 500 sind R404A (GWP = 3 922) und R507A (GWP = 3 985).

Eine Wiederbefüllung oder auch nur eine Auffüllung mit „frischem“ Kältemittel ist bei diesen Anlagen dann nicht mehr erlaubt. Bis zum 1. Januar 2030 gibt es aber eine Übergangsregelung für recycelte oder aufgearbeitete Kältemittel. Stehen diese aber nicht mit den in der Verordnung definierten Voraussetzungen zur Verfügung, muss eine betroffene Anlage spätestens beim Auftreten von Störungen oder Defekten außer Betrieb genommen werden.

Das Kältemittel R410A, welches aktuell in den meisten Klimasystemen verwendet wird, ist mit einem GWP von 2 088 nicht von diesem Verbot betroffen. Es besteht jedoch aufgrund des Phase-down-Szenarios die Möglichkeit, dass es zukünftig in deutlich geringeren Mengen verfügbar sein wird. Gleiches gilt auch für das bei Kaltwassererzeugern eingesetzte Kältemittel R134a, das einen GWP von 1 430 hat.

Ein Verbot des Inverkehrbringens gibt es seit 1. Januar 2022 auch für „mehrteilige zentralisierte Kälteanlagen mit zwei oder mehr parallel betriebenen Kompressoren für die gewerbliche Verwendung mit einer Nennleistung von 40 kW oder mehr, die fluorierte Treibhausgase mit einem GWP von 150 oder mehr (außer im primären Kältemittelkreislauf in Kaskadensystemen, in dem fluorierte Treibhausgase mit einem GWP von weniger als 1 500 verwendet werden dürfen) enthalten“.

Für neue Mono-Splitklimageräte mit Füllmengen bis 3 kg wird es ab 2025 Einschränkungen geben. Diese dürfen dann keine Kältemittel mehr mit einem GWP über 750 enthalten.

Keine Auswirkungen hat das Phase-down-Szenario auf aufbereitetes Kältemittel, das sich bereits im EU-Markt befindet und umweltschonend wiederverwendet wird. Dieses Recycling wird bereits praktiziert und erzeugt technisch einwandfreies Kältemittel, das die gleichen Eigenschaften wie neu hergestelltes Kältemittel hat.

Phase-down-Szenario von F-Gasen in der EU bis 2030 mit einer Reduzierung auf 21 %. Ausgangswert ist der Jahresdurchschnitt der Gesamtmenge (CO2-Äquivalent), die von 2009 bis 2012 auf dem EU-Markt in Umlauf gebracht wurde.

Bild: Mitsubishi Electric

Phase-down-Szenario von F-Gasen in der EU bis 2030 mit einer Reduzierung auf 21 %. Ausgangswert ist der Jahresdurchschnitt der Gesamtmenge (CO2-Äquivalent), die von 2009 bis 2012 auf dem EU-Markt in Umlauf gebracht wurde.

Einordnung der Kältemittel

Nach EN 378-1 Anhang E sind die Kältemittel in Sicherheitsklassen eingeteilt. Diese setzen sich zusammen aus der Toxizitätsklasse A, B (A = ungiftig; B = giftig) und den Brennbarkeitsklassen 1, 2L, 2, 3 (1 = nicht brennbar; 2L = schwer entflammbar; 2 = geringe Brennbarkeit; 3 = größere Brennbarkeit). Ein Kältemittel der Klasse A1 gilt somit als ungiftig und nicht entflammbar.

Ein weiteres Ordnungskriterium ist die Einteilung der Kältemittel in natürliche und synthetische Kältemittel. Zu den natürlichen Kältemitteln zählen z. B. Ammoniak (NH3), Kohlenstoffdioxid (CO2), Kohlenwasserstoffe (HC) und Wasser. Synthetische Kältemittel sind die halogenierten Kohlenwasserstoffe, also die F-Gase. Letztere gehören in der Regel zu den Sicherheitskältemitteln, haben aber meistens ein hohes Treibhauspotenzial (GWP). Anders die natürlichen Kältemittel; deren GWP liegt zwischen 0 (Ammoniak) und 3 (Propan und Butan). Sie sind aber, wie beispielsweise Ammoniak, giftig, oder wie einige Kohlenwasserstoffe schwach bis mäßig giftig oder leicht entflammbar (z. B. Butan).

Kältemittel werden in Sicherheitsgruppen entsprechend ihrer Brennbarkeit und Giftigkeit eingeteilt.

Bild: Mitsubishi Electric

Kältemittel werden in Sicherheitsgruppen entsprechend ihrer Brennbarkeit und Giftigkeit eingeteilt.

Das ideale Kältemittel

In den letzten Jahren wurde viel Forschung betrieben, um neue Kältemittel zu finden, die alle Anforderungen, Vorgaben und Sicherheitsaspekte erfüllen. Das ideale Kältemittel sollte neben einem geringen GWP-Wert weder brennbar noch giftig sein. Kältemittel mit diesen Eigenschaften werden als Sicherheitskältemittel der Klasse A1 bezeichnet. Leider stößt man bei der Erfüllung dieser Kriterien schnell an Grenzen, die durch die chemischen und physikalischen Gesetze gegeben sind.

Eine Ursache für hohes Treibhauspotenzial ist auf die chemische Stabilität vieler Kältemittel zurückzuführen. Kältemittel wie R134a oder R410A sind chemisch sehr stabil und halten sich bei einer Freisetzung in die Umwelt sehr lange in der Atmosphäre auf. Über die Zeit gehen die Teilchen Verbindungen mit anderen Stoffen ein und beeinflussen den Treibhauseffekt dabei maßgeblich.

Mit abnehmender chemischer Stabilität werden Stoffe jedoch zunehmend brennbar, was wiederum beim Einsatz in Gebäuden einen unerwünschten Risikofaktor darstellt. Andere Stoffe, die sowohl chemisch stabil als auch CO2-neutral sind, eignen sich wiederum aufgrund der thermodynamischen Anforderungen nicht oder schlecht als Kältemittel oder sind durch gesundheitsschädigende Eigenschaften in der Klimatechnik nicht einsetzbar.

Ein nahezu ideales Kältemittel aus ökologischer und sicherheitstechnischer Sicht ist Kohlenstoffdioxid (CO2, R744). Es ist ein natürliches Kältemittel, besitzt mit einem ODP (Ozone Depletion Potential) von 0 keinerlei Ozonabbaupotenzial und hat mit einem GWP von 1 relativ gesehen eine geringe Treibhauswirkung. Zudem ist es weder giftig noch brennbar und chemisch inaktiv. Eigenschaften, die eine Rückgewinnung oder Entsorgung nicht erforderlich machen.

Damit R744 jedoch als Kältemittel verwendet werden kann, benötigt es sehr hohe Betriebsdrücke und eine entsprechende Auslegung der Anlagenbauteile. Bei der Anwendung im Komfortklimabereich entsteht letztlich durch die Drucklage ein Risikofaktor und aufgrund der hohen Anforderungen an die Systemkomponenten ist auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Realisierung schwer zu rechtfertigen.

Eine interessante Alternative zu den bisher überwiegend eingesetzten HFKW-Kältemitteln ist die Verwendung von R744 in Wärmepumpen. Aufgrund seiner thermodynamischen Eigenschaften ermöglicht das Kältemittel CO2 hohe Leistungszahlen beim Einsatz in Trinkwasser-Wärmepumpen, da sie mit einer großen Temperaturdifferenz zwischen Wasserein- und -austritt betrieben werden können. So entwickelt beispielsweise Mitsubishi Electric neben den Wärmepumpen, die traditionell das Kältemittel R410A nutzen, mit der Trinkwasser-Wärmepumpe QAHV auch Systeme, in denen das natürliche Kältemittel CO2 eingesetzt wird.

Kohlenwasserstoffe, wie Propan (R290) und Isobutan (R600a), gehören ebenfalls zu den natürlichen Kältemitteln. R600a weist ähnliche physikalische Eigenschaften wie der Fluorkohlenwasserstoff R134a auf, hat aber im Gegensatz zu diesem nur einen GWP von 3. Der Nachteil von R600a ist, dass eine hohe Brennbarkeit (Sicherheitsklasse A3) besteht und sich in Verbindung mit Luft explosive Stoffe bilden können. Aus diesem Grund werden Kohlenwasserstoffe derzeit nur bei Anwendungen mit sehr geringen Füllmengen (z. B. Kühl- und Gefriergeräte) eingesetzt, um insbesondere beim Einsatz in Gebäuden die Anforderungen an Brandschutz und Brandlast erfüllen zu können.

Ein klassisches natürliches und klimaneutrales Kältemittel mit GWP und ODP von jeweils 0 ist Ammoniak (R717). Es wird aufgrund seiner sehr guten thermodynamischen Eigenschaften vorwiegend in Industrieanlagen von mehr als 500 kW eingesetzt, beispielsweise zur Kälteerzeugung in der Chemie. Ammoniak ist giftig, wird aber aufgrund der guten Warnwirkung seines stechenden Geruchs der Sicherheitsgruppe B2 (größere Giftigkeit, geringere Brennbarkeit) und damit der L-Gruppe L2B zugeordnet.

Ammoniak wird inzwischen auch in Bereichen eingesetzt, in denen bisher synthetische Kältemittel bevorzugt wurden. So findet Ammoniak als Kältemittel Anwendung in Brauereien, Schlachthäusern und Tiefkühlanlagen, aber auch in großen Hallen, die mit Ammoniak-Flüssigkeitskühlern energiesparend klimatisiert werden. Allerdings ist der Installationsaufwand für Ammoniak-Kälteanlagen größer, da im Gegensatz zu Anlagen mit Kohlenwasserstoffen als Kältemittel keine Buntmetalle (Kupfer, Messing) eingesetzt werden dürfen.

Auch Wasser kann als Kältemittel (R718) eingesetzt werden. Um allerdings eine ausreichende Kühlleistung zu erzielen, wird ein enormer Wasserdampfvolumenstrom benötigt, sodass Wasser als Kältemittel bisher nur in Sonderfällen Anwendung findet.

Den derzeit aussichtsreichsten Ansatz in der Klimabranche bieten Kältemittel wie R32 und R1234ze. Hierbei handelt es sich um Einstoff- Kältemittel und teilhalogenierte Fluor-Olefine (HFO) mit ähnlichen thermodynamischen Eigenschaften wie R410A und R134a, jedoch mit deutlich geringerem Treibhauspotenzial.

Im zweiten Teil der Beitragsserie ( SBZ 04-20) wird die Bedeutung der A2L-Kältemittel aufgezeigt und die damit einhergehenden Chancen für die Klimabranche erläutert.

Die Trinkwasser-Wärmepumpe QAHV von Mitsubishi Electric wird mit dem natürlichen Kältemittel CO2 (R744) betrieben.

Bild: Mitsubishi Electric

Die Trinkwasser-Wärmepumpe QAHV von Mitsubishi Electric wird mit dem natürlichen Kältemittel CO2 (R744) betrieben.

Autor

Dipl.-Kfm. Martin Schellhorn 
ist Fachjournalist und Geschäftsführer der Schellhorn ­Public Relations GmbH,
45721 Haltern am See,

Bild: Schellhorn PR