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Planungsprogramm hilft beim Lüftungskonzept

Energie aus Abluft und Erdreich

Die Architektur des im Jahr 2012 neu erbauten Wohn- und Gästehauses an der Nordseeküste ist in historischem Charakter gehalten, doch der Baukörper entspricht den geltenden Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV). Dementsprechend weist die mit einer Klinkerfassade verkleidete Gebäudehülle einen hohen Dämmstandard und die nach EnEV vorgegebene luftdichte Bauweise auf. Damit kann der Luftaustausch nicht durch Infiltration (Austausch über ­teilweise luftdurchlässige Bauteile und Bauelemente wie z.B. Fensterfugen) gewährleistet werden. Diese Tatsache verpflichtet den verantwortlichen Planer dazu, lüftungstechnische Maßnahmen vorzusehen und ein ­Lüftungskonzept gemäß DIN 1946-6 zu erstellen.

Nach den geltenden Regelwerken ist es unzulässig, von einer ausreichenden aktiven Fensterlüftung durch die Bewohner auszugehen, da der geforderte Luftaustausch unabhängig vom Lüftungsverhalten des Nutzers erfolgen muss. Diese Vorgabe war bei diesem Projekt umso mehr von Bedeutung, da das Wohnhaus vorwiegend zur Nutzung als Ferien- und Gästehaus konzipiert und deshalb nur zeitweise bewohnt ist. „Mit einer mechanischen, permanenten Lüftung findet der Eigentümer auch nach längerer Abwesenheit stets ein gut durchlüftetes Haus vor“, betont Jan Rathsack, Fachberater beim Frischluftspezialisten Heinemann GmbH.

80 % Wärme aus der Abluft rückgewinnen

Das im Technikraum des Hauses zentral installierte Komfortlüftungsgerät holt aus der Raumluft einen großen Teil der Wärmeenergie zurück und überträgt diese Energie wieder an die einströmende Zuluft. Der Kreuzgegenstrom-Wärmetauscher des eingesetzten Vallox-Lüftungsgerätes vom Typ Valloplus SE 500 Sole erzielt einen Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung von über 80 % . Damit ­reduziert der Gebäudeeigentümer merklich die Kosten zur Deckung des Heizwärmebedarfs. So genügt zur Beheizung des Hauses mit 215 m2 Wohnfläche ein wandhängendes Gas-Brennwertheizgerät.

Das Komfortlüftungssystem regelt der Hausbesitzer über eine zentrale Bedieneinheit individuell. Eine zusätzliche, separate Steuerung hat der SHK-Betrieb Hintze Haustechnik für die Verriegelung mit dem Gasherd realisiert. Diese Steuerung ist notwendig, um beim Betrieb dieser raumluftabhängigen Gasfeuerstätte die Abführung der Verbrennungsgase und gleichzeitig die Zuführung von Frischluft zu gewährleisten. Eine Schalteinheit verriegelt die Gaszufuhr, wenn die Lüftungsanlage nicht in Betrieb ist.

Flexibles Rohrsystem ermöglicht Luftführung ohne Verkleidungen

Eine Herausforderung für die Installation des KWL-Systems bestand für das ausführende SHK-Fachunternehmen Hintze Haustechnik aus Tönning darin, dass vom Technikraum aus die Verbindung zu einer großen Zahl an Zuluft- und Abluftventilen herzustellen war. Insgesamt verteilen sich in dem hochwertig ausgestatteten Wohnhaus 16 Räume über zwei Etagen, davon sechs Wohn- und Schlafräume, vier Bäder und zwei WC-Räume. Deckenabhängungen waren nicht vorgesehen, auch sollten durch die Lüftungsleitungen keine Schächte oder Abkofferungen notwendig werden. Die Luftverteilung für die Räume im Erdgeschoss wurde deshalb in die Fußbodenkonstruktion im DG integriert, die mit 16,5 cm Aufbauhöhe vorgesehen war. Überdeckt wurden die Lüftungsleitungen aus flexiblen Kunststoffrohren mit 30mm Trittschalldämmung und 60mm Estrichaufbau.

Die Wohnräume im DG mit jeweils eigenem Duschbad sind für verschiedene Generationen konzipiert. „Die zahlreichen Winkel in der Dachkonstruktion erforderten zum Teil die Verlegung der Lüftungsrohre entlang der Dachschräge“, berichtet Stefan-Friedel Hintze, Inhaber des SHK-Fachbetriebes Hintze Haustechnik. Das verwendete Valloflex Rondo-Luftverteilsystem mit 75mm Außendurchmesser ermöglichte die platzsparende Anbindung an die Zuluftauslässe und Abluftventile. Im Dachgeschoss ermöglichte das flexible Rohrsystem ohne aufwendige Installation die Verlegung der Luftführung entlang der spitzwinkligen Dachkonstruktion. Dass für die zahlreichen Umlenkungen keine Formteile nötig waren, vereinfachte die Montage zusätzlich. Die Ventilkästen für Zu- und Abluft ließen sich in den im Dachgeschoss stellenweise erforderlichen Deckenverkleidungen integrieren. Obwohl sich durch die Verlegung entlang der Dachschrägen größere Leitungslängen ergaben, konnten mit dem Luftverteilsystem die maximal zulässigen Leitungslängen eingehalten werden. Im Technikraum des Hauses stellen Luftverteilkästen aus dem Valloflex-Sortiment von Heinemann die Verbindung zwischen Luftverteilung und dem zentralen Lüftungsgerät her.

Erdwärmesystem zum Heizen und Kühlen

Der Bauherr hat sich für eine Ausführung mit einem Sole-Wärmetauscher entschieden. So kann die ganzjährig nahezu konstante Erdtemperatur zur Vorwärmung oder Kühlung genutzt werden. Das Erdwärmetauschersystem führt die Außenluft nicht durch das Erdreich, sondern sammelt die Erdwärme mit einem Sole-Erdkollektor. Der Solekreislauf gibt die Energie an den Sole-Wärmetauscher weiter, der dem Lüftungsgerät vorgeschaltet ist. Bei kalten Außentemperaturen wird die einströmende Außenluft mit der Wärme aus dem Erdreich über ein Vorheizelement vorgewärmt. Im Sommer dient der Sole-Wärmetauscher zur Kühlung der Zuluft. Ohne zusätzlichen Energieaufwand lässt sich damit auch während des Tages die Innenraumtemperatur absenken. Durch diese Kombination spart das Komfortlüftungssystem neben der Wärmerückgewinnung durch die Nutzung von kostenloser Umweltwärme zusätzlich Energie.

Info

KWL-System mit Sole-Element

Das Lüftungsgerät kann mit dem Erdwärmetauschersystem Valloflex Geo Sole ergänzt werden. Aufgabe des Sole-Erdwärmetauschers ist es, die ­Außenluft vorzutemperieren. Je nach Jahreszeit und dem Verhältnis von Außenlufttemperatur zu Erdreichtemperatur wird die Außenluft somit vorgeheizt oder gekühlt. Das Sole-Element besteht aus einem Rohrpaket, einem Hydraulik- und Regelungspaket und der erforderlichen Soleflüssigkeit, die als Wärmeträgermedium dient.

Vorheizfunktion im Winterbetrieb: Sinkt die Außentemperatur unter den eingestellten Wert, so aktiviert die Steuerung die Solepumpe. Damit wird ein frostfreier Betrieb des Lüftungssystems ­sichergestellt und ein Vereisen des Wärmetauschers vermieden. Falls die Außenlufttemperatur trotz Vorheizfunktion unter den Frostschutz-Sollwert absinkt, schaltet der Zuluftventilator ab. Bei einer Außentemperatur bis +5°C lässt sich die Außenluft um bis zu 14K vorwärmen.

Kühlfunktion im Sommerbetrieb: Steigt die Zulufttemperatur über einen voreingestellten Wert, aktiviert die Steuerung die Solepumpe, um mit der im Verhältnis zur Außenluft kühleren Soletemperatur die Außenluft zu kühlen. Ab einer Außentemperatur von +20°C wird bei diesem Projekt die Außenluft über den Sole-Erdwärmetauscher gekühlt.

Info

Lüftungskonzept

Das Lüftungskonzept und die Auslegung des Lüftungssystems wurden mit dem Planungsprogramm Airplan erstellt. Für die Auslegung des Lüftungsgerätes berücksichtigt das Programm automatisch den Infiltrationsvolumenstrom. Der Infiltrationsvolumenstrom bezeichnet den natürlichen Luftaustausch, der auch in luftdicht erstellten Gebäuden in einem bestimmten Maß gegeben ist. Dieser natürliche Luftaustausch wird im Programm anhand eines Berechnungsverfahrens nach DIN 1946-6 in die Auslegung mit einbezogen. Die Berechnung des Infiltrationsvolumenstroms erfolgt auf der Grundlage der zur Auslegung herangezogenen Gebäudedaten.

Das Planungstool Airplan wird durch die Heinemann GmbH zur Verfügung gestellt. Der Funktionsumfang umfasst die Projektierung eines Lüftungssystems sowie die Erstellung eines Lüftungskonzepts nach DIN 1946-6. Der Anwender wird Schritt für Schritt durch die Programmteile von Projektdatenerfassung über Eingabe der Gebäudedaten und der Raumerfassung bis zum Auslegungsassistent geführt. Nach Abschluss der Produktauswahl stellt das Programm verschiedene Ausgabemöglichkeiten wie Angebot, Leistungsverzeichnis, Strangschema und Lüftungskonzept zur Auswahl.

Als weiterführende Information zum Lüftungskonzept finden Sie unter den SBZ-Extras eine Zu- und Abluftdatentabelle, ein Strangschema und das Zertifikat zur Ansicht.

Info

Luftmengenempfehlung

Der Anbieter Heinemann empfiehlt die Komfortauslegung für die Luftmengenermittlung, die auf der Klassifizierung durch den Mindestaußenluftvolumenstrom von 30 m3/h und Person bei Standard-Raumnutzung basiert:

Wohn- und Schlafräume 60 m3/h

Kinderzimmer 30 m3/h

Diese Werte basieren auf den Untersuchungswerten nach Pettenkofer, der einen Grenzwert für die CO2-Konzentration von rund 1000 ppm (0,1 Vol.- % CO2) für den Menschen definiert hat. Um diesen Grenzwert nicht zu überschreiten, hat sich in der Praxis für Räume, die dem Aufenthalt von Personen dienen, die Luftmenge von 30 m3/h bewährt. So ist auch in der DIN EN 13779 zur Einhaltung der Raumluftqualität 3 (= mittlere Raumluftqualität) ein Außenluftvolumenstrom von 22 bis 36 m3/h x Personenzahl festgelegt.

Die Raumluft in einer Wohnung wird als saubere Atemluft definiert, wenn ein Mindestluftwechsel von 0,5 h-1 (Austausch der Hälfte des Luftvolumens innerhalb einer Stunde) eingehalten wird.

Extras

Wie im Info-Kasten „Lüftungskonzept“ angekündigt, bieten wir Ihnen bei den SBZ-Extras zusätzliches Material zum Herunterladen an: https://www.sbz-online.de/tags/extras-zum-heft

Autor

Wolfgang Heinl schreibt als Fachjournalist für die SHK-Branche, 88239 Wangen, Telefon (0 75 22) 90 94 31, wolfgang.heinl@t-online.de