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Bad & Heizung Jahrestagung 2014

Ihren Energieausweis bitte!

Inhalt

Unter dem Motto „Denkanstöße“ bot die Jahrestagung der Bad & Heizung AG viele Ideen für das Handwerksmarketing und die Positionierung des eigenen Handwerksbetriebs als Top-Marke im lokalen Markt. Außergewöhnlich war dabei die Idee von Erich Erling, Vorstand Bad & Heizung, als Überraschung des Tages eine Theatertruppe nach Mannheim zu holen, um den Kooperationspartnern mit dem Stück „Energiekosten – ein Drama“ ordentlich einzuheizen. Statt eines Prologs überfielen die Schauspieler das Publikum aus dem Hinterhalt mit aufdringlichen Energiepolizeiallüren und verlangten mit Nachdruck und Lautstärke die Energieausweise zwecks Kontrolle.

Keine fertigen Konzepte, sondern eher Impulse wie das Theaterstück, bei denen sich jeder Betrieb überlegen muss, ob es für ihn der richtige Weg sein könnte, versprach Erling bei der Begrüßung der 111 Teilnehmer aus der Bad & Heizung Gruppe. Von den insgesamt 73 Mitgliedsbetrieben der Kooperation waren 46 präsent. Um sein Publikum gleich zu Beginn auf Betriebstemperatur zu bringen, ließ Erling einen Flyer vom Obi Baumarkt an die Wand projizieren. Die Werbeaussage: „Wir arbeiten, Sie entspannen im Hotel.“ Damit soll Kunden der Bäderumbau schmackhafter gemacht werden. Erling meinte hierzu, dass solche Angebote durchaus auch von Handwerkern darstellbar wären, wenn man mit Hotels entprechende Rahmenvereinbarungen abschließen würde.

Grundsätzlich sieht Erling aber die Auftragsbeschaffung nicht mehr als zentrales Thema eines Handwerksbetriebes. Zumindest die guten Betriebe hätten heute eher Kapazitätsprobleme. Deshalb sollten sie sich als Arbeitgeber in ihrer Region selbst zu einer Topmarke machen. Allein aufgrund des Nachfolgerproblems würden in den nächsten Jahren voraussichtlich 25 % der SHK-Betriebe schließen. Dann steht für die freigesetzten Mitarbeiter die Frage an, wo sich diese bewerben. Gute Gesellen und Meister haben jedenfalls die Wahl. Dass ein als Top-Marke angesehener Handwerksbetrieb dann Attraktivität besitzt, zeigte Erling am Beispiel Stuttgart auf, wo es etwas gilt, wenn Mitarbeiter sagen können, dass sie beim Daimler, Bosch oder Porsche arbeiten.

Auch die Bad & Heizung AG will das Thema Personal offensiver angehen und so soll es neben einem Jobportal unter https://www.karriere-badundheizung.de/ noch viele andere Aktivitäten geben. Schließlich gebe es schon jetzt in fast jedem Mitgliedsbetrieb mindestens zwei offene Stellen zu besetzen.

Vermarkten mit grünem Gewissen

Der eine mag es als eine Art des modernen Ablasshandels sehen, für andere stellt es einen wichtigen Teil des öffentlichen Auftritts dar: Das „klimaneutrale“ Unternehmen. Über die Kooperation von Bad & Heizung mit Trees of Life lässt sich auch ein „klimaneutraler“ Handwerksbetrieb darstellen. Dirk Kessler, Gründer der Organisation Trees of Life stellte sein Konzept vor, bei dem sich ein Handwerksunternehmen zunächst auf der Grundlage von Fahrzeugflotte, Stromverbrauch und anderen energetisch relevanten Größen ausrechnen lässt, wie hoch eine dem Energieverbrauch äquivalente CO2-Menge wäre. Daraus ließe sich dann eine Zahl von Bäumen berechnen, die für die Kompensation dieser CO2-Menge gepflanzt werden müsste. Für jeden Baum sind 2,50 Euro fällig. Bei Zeichnung der entsprechenden Anzahl von Bäumen könne dann der Betrieb mit „Klimaneutralität“ werben. Für jeden Baum gibt es eine Art Zertifikat in Form einer Postkarte, mit dem das Handwerksunternehmen seine Kunden beschenken könne. Der Kunde kann dann im „virtuellen“ Wald ( http://www.trees-of-life.org ) mit dem sog. Baumcode auf der Postkarte seinen Baum pflanzen. Durch die Postkarten erhofft sich Kessler einen gewissen viralen Effekt für die Verbreitung dieser Idee. Von diesem könnten auch Unternehmen der Gruppe profitieren, die nicht das volle Programm der „Klimaneutralität“ fahren, sondern nur eine bestimmte Zahl von Bäumen als Kundengeschenke kaufen wollen. Die Kosten hierfür sollen steuerlich absetzbar sein.

Die virtuellen Bäume werden, so Kessler, natürlich auch tatsächlich gepflanzt, nämlich auf Madagaskar, wo es einen großen Bedarf für Aufforstung gebe. 90 % der ehemaligen Regenwaldfläche soll dort verschwunden sein. Aufforstprojekte geben den Menschen dort Arbeitsplätze und Nahrung, weil sie die Versteppung und Bodenerosion umkehren. Dass die Teilnahme an solchen Projekten den für das Marketing so wichtigen „Storytelling-Effekt“ automatisch mit sich bringt, ergänzte Erling zum Vortrag. Bad & Heizung sei dann auch die erste Organisation in der Branche, die eine solche Idee aufnimmt.

Innovation und Trends im Bereich Bäder

Mit einem geschichtlichen Abriss der Badentwicklung eröffnete Andreas Dornbracht, Geschäftsführender Gesellschafter von Aloys F. Dornbracht, seinen Vortrag über Innovationen und Trends im Badbereich. Erst nach dem Krieg hätte es überhaupt einen breiteren Trend gegeben, das Bad in einem eigenen Raum unterzubringen. Darüber hinaus hätte es jedoch ausgenommen von Dampfbad und Dusch-WC keine wirklich umwälzenden technischen Neuerungen gegeben. Entsprechend sind Bäder auch als langfristiger Invest von Kunden zu sehen. Deshalb empfiehlt Dornbracht den Handwerkern, sich nicht zu stark von kurzfristigen Moden und Konsumtrends beeinflussen zu lassen – abgesehen vielleicht von Accessoires oder Handtuchfarben. Wichtiger seien die Megatrends, die den Markt langfristig bestimmen. Einer dieser Mega­trends sei die Nachhaltigkeit. Für das Bad heißt das zum Beispiel, dass die EU den Bürgern das Wassersparen von oben aufzwingen will. Im gehobenen Marktsegment gehöre jedoch ein eher etwas großzügiger Wasserverbrauch durchaus zum Geschäftsmodell. Deshalb könne hier das Thema Grauwasser, das sich bislang nicht erfolgreich vermarkten ließ, und das Thema Wärmerückgewinnung, wo Dornbracht für die nächste ISH bereits einen Programmpunkt ankündigte, künftig vermehrt in den Fokus rücken.

Ein weiterer Megatrend seien die Themen Prävention und „Bad als Gesundheitscenter“, die vor allem durch die Demographie befeuert werden. Dabei spiele die Digitalisierung im Bad eine wichtige Rolle. Der erste Schritt ist, dass sich Produkte auf ihre Nutzer einstellen können, sei es nun durch die richtige Duschtemperatur oder die gewünschte Füllhöhe der Wanne. Dornbracht entwickelt hier aber noch ganz andere Visionen: Vielleicht wird ein Physiotherapeut seinen Klienten demnächst USB-Sticks mit individuell angepassten Szenarien im Bad mitgeben, die diese dann zu Hause aufspielen. Immerhin steige der Anteil von Luxuswohnungen an, die für solche Produkte in Frage kommen.

Die Individualisierung von Produkten nannte Dornbracht als weiteren Megatrend. In der Badbranche erstellen Handwerker zwar mit jedem Bad ein Unikat, aber dies eben nur mit standardisierten Einzelprodukten. Das ist heute schon in vielen Branchen anders. Klassisches Beispiel ist sicher die Automobilindustrie, wo jedes Fahrzeug durch die individuelle Ausstattung in Stückzahl 1 produziert wird. Da komme auf die Branche noch einiges zu. Um diese Herausforderungen zu bewältigen oder besser noch, um solche Märkte überhaupt erschließen zu können, müssen die Handwerksbetriebe ihr Profil und ihre Qualifikationen entsprechend ausbauen.

Da müssen dann die Schnapspralinen auf den Tisch

Womit das SHK-Handwerk künftig gutes Geld verdient, damit beschäftigte sich Hans-Arno Kloep, Inhaber der Querschiesser Unternehmensberatung, in seiner unnachahmlichen Art. So brachte er den demographischen Wandel, auf den sich das Handwerk einstellen müsse, dergestalt auf den Punkt, dass beim Beratungsgespräch künftig eben die Schnaps­pralinen auf den Tisch müssten, denn die Demographie wird alt und weiblich und wenn die alten Damen das Sagen haben, müssten – etwas seriöser formuliert – eben andere Verkaufsargumente genutzt werden. Eines davon ist das Empfehlungsmarketing. Insbesondere durch das Internet gebe es heute keinen Unterschied mehr zwischen Daten und Informationen und das größte Problem sei das Filtern und die Bewertung gewaltiger Datenmengen. Da schaffen Empfehlungen Orientierung. Der erste Schritt zur Empfehlung sei, so Kloep, die Überwindung der Angst, den Kunden nach der Arbeit zu fragen, ob er denn zufrieden sei. Voraussetzung ist natürlich die einwandfreie fachliche Leistung.

Das vielzitierte Seniorenmarketing gebe es eigentlich gar nicht – abgesehen vielleicht von einer Renaissance der Werte. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Tatsache, dass alte Menschen nicht mehr gerne investieren. Dem begegnet der Handwerker am besten durch eine intensive Stammkundenbetreuung. Dabei sollte der Fokus auch auf das Haus an sich gelegt werden, da die Bewohner in absehbarer Zeit wechseln werden. Dann ist es hilfreich, wenn der Betrieb eine Art Kataster mit relevanten Gebäudedaten und Wartungsverträge hat.

Im Zusammenhang mit dem demographischen Wandel gab Kloep den Betriebsinhabern auch eine Empfehlung in Sachen Kapitalanlagen. Derzeit sei es sinnvoller, seine Einfamilienhäuser gegen Appartements mit 60 bis 80 m2 und einem auf Ältere zugeschnittenen Management einzutauschen. Und als weiteren Tipp am Rande sollten die Handwerker zuschauen, dass sie ihre Aktien los werden.

In der PV sieht Kloep einen der großen Zukunftsmärkte. Wärmepumpen, Smartgrid und Maßnahmen zur Netzstabilität werden dafür sorgen, dass Strom neben Gas und Öl zur dritten Energieart im Haus wird. Dafür ist vor allem der SHKler prädestiniert: „Haben Sie ein Auge auf PV, Wärmepumpen, Kälte und Lüftung und stürzen Sie sich in diesen Markt. Da wird sich richtig etwas tun.“

Wenn Kunden und Mitarbeiter das Unternehmen lieben

Über Personalmarketing und zukünftige Führungsstile sprach Anne M. Schüller, Buchautorin und Expertin für Loyalitätsmarketing. Wer es schafft, dass sich Kunden und Mitarbeiter in das eigene Unternehmen verlieben, der hat gewonnen. Denn wer verliebt ist, wird blind und taub gegenüber den Wettbewerbern. Wie das innerhalb eines Handwerksunternehmens angepackt werden könnte, dazu gab Schüller einige Tipps. Zunächst müsse sich der Chef von der klassischen Top-Down-Struktur verabschieden und eine neue Unternehmenskultur aufbauen. Beispielsweise sollten Mitarbeiter wissen, dass sie ihrem Chef auch widersprechen können – natürlich in einem geeigneten Rahmen. Bei Meetings könnte ein Tagesordnungspunkt eingeführt werden, an dem diskutiert wird, von welchen überflüssigen Regeln man sich trennen sollte. Schließlich lassen sich auch Schwimmwesten aus Beton nach DIN und ISO zertifizieren – so fern die Produktion in reproduzierbarer Qualität sichergestellt wird. Auch miese Laune, die jeder mal hat, sollte ein Chef seinen Mitarbeitern nicht zumuten, denn die wirkt sich bis auf die Qualität der Kundenkontakte aus. Dann lieber mal zu Hause bleiben oder wenigstens im Büro verschanzen. Gute Laune hingegen steckt an und motiviert.

Wie Kunden und Mitarbeiter ticken, darauf findet Anne M. Schüller auch in der modernen Hirnforschung Hinweise. So gibt es beispielsweise drei Reaktionsmöglichkeiten auf Gefahren: abhauen, draufhauen oder tot stellen. In Betrieben, wo der Chef mit Angst und Schrecken regiert, werden die Mitarbeiter sich in der Regel tot stellen, also ihre Präferenzen in die Freizeit verlegen. Zudem läuft ein von Angst getriebener Mitarbeiter – um das bei Verhaltensforschern so beliebte Bild des Säbelzahntigers zu bemühen – 100m weit, ein modernes Unternehmen braucht aber Langstreckenläufer.

Um auch in Zukunft gute Mitarbeiter und vor allem Nachwuchs zu finden, ist der erste Schritt die Erkenntnis, wie die jüngeren Leute ticken und welche Werte sie haben: Die ab etwa 1980 Geborenen nennt Schüller die Digital Natives. Statistisch gehen sie 150 mal jeden Tag an ihr Smartphone. Klassische Statussymbole sind nicht mehr so relevant. Loyalität empfinden sie nach Wichtigkeit gestaffelt zu sich selbst, zu ihrem Arbeitgeber, zu ihren Kollegen, zur Arbeit und zu ihren Netzwerken. Wer diesen Lebensstil nicht akzeptiert, werde diese Leute nicht als Mitarbeiter gewinnen können. Bei den etwa ab 2000 Geborenen, die auch bald ins Berufsleben einsteigen, stehe die Suche nach Sinn im Vordergrund. Diese jungen Leute leben in einer Welt des Teilens von Wissen, Autos und sogar der Wohnung. Insgesamt müsste sich der Mittelstand künftig auch mehr den sozialen Netzwerken öffnen. Dort sortieren heute schon potenzielle Mitarbeiter Unternehmen im Vorfeld aus oder sie entwickeln Interesse.

Ein Theaterabend für gute Kunden

Weniger als Vermarktungsaktion sondern vielmehr als Incentive für gute Kunden sieht Thomas Dietenmeier, Geschäftsführer der Dietenmeier + Harsch Haustechnik GmbH in Konstanz, die Aufführung von „Energiekosten – Ein Drama“ an seinem Heimatort. Die Idee für das Theaterstück kam von Rehau. Es geht hier um zwei Ehepaare, von denen eines beim Sanieren ihres Hauses einen guten Handwerker konsultiert hat und nun mit dem gesparten Geld einen Urlaub auf die Seychellen plant. Das andere Ehepaar hat bei der Sanierung gespart. Nun sitzen sie mit Schal und Daunenjacke im kalten Wohnzimmer und haben Krach wegen der Energiekosten. Der kompetente Energieberater bringt mit seinen Empfehlungen am Schluss den Haussegen natürlich wieder ins Lot.

Erling wies darauf hin, dass der Aufwand solcher Aktionen für den Einzelbetrieb sicher zu hoch sei, aber jeder hat ja auch sein Netzwerk vor Ort. Natürlich müsse auch nicht jeder Betrieb so ein Theaterstück in sein Konzept aufnehmen. Schließlich sei das Anliegen der Jahresversammlung in der Hauptsache das Vermitteln von Denkanstößen – oder wie es Anne M. Schüller in Ihrem Vortrag formulierte: „Jeder Betrieb liefert der Kooperation seine beste Idee und er bekommt dafür 72 beste Ideen zurück.“ UB